25.12.2023

Der große ClimateTech-Startup-Jahresrückblick 2023

Was hat sich 2023 in der heimischen ClimateTech-Landschaft getan? brutkasten Earth wirft einen Blick zurück und stellt die wichtigsten Entwicklungen österreichischer Startups und Scaleups in den Bereichen Energie, Mobilität, Ernährung und Landwirtschaft sowie Kreislaufwirtschaft vor.
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Um die Klimakrise wirksam zu bekämpfen, sind wir mehr denn je auf innovative Klimatechnologien angewiesen. Österreichische Startups liefern hier bereits seit mehreren Jahren Lösungen, die mittlerweile auch auf internationalen Märkten zur Anwendung kommen. Trotz der Dringlichkeit Klimatechnologien in die Skalierung zu bekommen, trifft die derzeit angespannte Markt- und Finanzierungslage für Startups auch die ClimateTech-Branche. So zeigt der jährliche “State of Climate Tech”-Report von PwC für 2023, dass die weltweiten Investitionen in Klimatechnologie-Startups das zweite Jahr in Folge rückläufig sind: Im Vergleich zum Vorjahr ist das Investitionsvolumen um 40,5 Prozent eingebrochen.

Spezifische Zahlen für Österreich liefert hingegen traditionsgemäß das EY-Startup-Barometer. Im ersten Halbjahr 2023 wurden zehn Finanzierungsrunden verzeichnet, die einen Sustainability-Bezug aufweisen. Das Finanzierungsvolumen stieg entgegen des internationalen Trends deutlich: Insgesamt wurden im ersten Halbjahr 58 Millionen Euro in österreichische Startups mit Sustainability-Fokus investiert, das entspricht einem Anteil von rund 16 Prozent an der insgesamt investierten Summe von 356 Millionen Euro. Im Vorjahreszeitraum lag der Anteil laut EY nur bei zwei Prozent. Zahlen für das zweite Halbjahr 2023 werden voraussichtlich am 28. Dezember veröffentlicht.

Trotz der guten Nachrichten für den österreichischen ClimateTech-Standort gab es 2023 auch für heimische Startups zahlreiche Herausforderungen zu meistern. Wie bereits im Jahresrückblick für 2022 bieten wir auch heuer wieder einen umfassenden Rückblick auf ein ereignisreiches Jahr – angefangen von Finanzierungsrunden in Millionenhöhe über Insolvenzen bis hin zur Liquidation von Unternehmen.


Energie

Im Feber 2023 gab das oberösterreichische Energy-Scaleup neoom den Abschluss seiner Series-B-Finanzierungsrunde in Höhe von 25 Millionen Euro bekannt. Die Runde wurde von der Investmentgesellschaft Summiteer angeführt. Sie ist unter anderem auch am deutschen Energy-Unicorn Enpal beteiligt. Mit dem frischen Kapital brachte sich neoom für die Expansion nach Deutschland in Stellung. Ende Mai folgte dann die Erweiterung der Series-B-Runde unter dem Lead der B&C Innovation Investments GmbH um weitere 16 Millionen Euro. Ende des Jahres flachte der rasante Wachstumskurs von neoom ab, wobei es zum Stellenabbau kam. Gründer Walter Kreisel argumentierte dies mit der “Ausbalancierung” von Wachstum und Profitabilität. Nur so könne das Preis-Leistungsversprechen gegenüber den Installations- und Systempartnern auch 2024 gewährleistet werden.

neoom
neoom-Gründer Walter Kreisel und CFO Philipp Lobnig (c) neoom

Neben neoom machte 2023 zudem auch das steirisches Energy-Scaleup EET mit einer Finanzierungsrunde in Millionenhöhe Schlagzeilen. Das Unternehmen, das aus dem Science Park Graz hervorging, entwickelt Solarkraftwerke für Balkone und konnte im Sommer 2023 eine Finanzierungsrunde in Höhe von 6,5 Millionen Euro abschließen. Mit Junction Growth Investors aus Belgien, Statkraft Ventures aus Norwegen und der deutschen Green Fortress-Gruppe beteiligten sich drei internationale Risikokapitalgeber. Im Zuge der Finanzierungsrunde kündigte das Unternehmen an, bis Ende des Jahres auf über 100 Mitarbeiter:innen anwachsen zu wollen.

Seinen Wachstumskurs konnte 2023 auch Hydrogrid fortsetzen. Das Unternehmen rund um CEO Janice Goodenough entwickelt eine Steuerungssoftware für Wasserkraftwerke. Hydrogrid ist mittlerweile in mehreren europäischen Märkten vertreten – darunter in Schweden, Norwegen und in Italien. Mitte Dezember gab das Scaleup den Abschluss einer Finanzierungsrunde in Höhe von 8,5 Millionen US-Dollar bekannt.

CEO Janice Goodenough mit ihrem Management-Team | (c) Hydrogrid

Ein weiteres Energy-Scaleup, das im Herbst 2023 mit einer Wachstumsfinanzierung in Millionenhöhe Schlagzeilen machte, ist Greenwood Power. Die Finanzierungsrunde belief sich auf 5,1 Millionen Euro und wurde vom österreichischen Venture Capital Investor eQventure und dem niederösterreichischen VC-Fonds tecnet equity angeführt. Das mittlerweile 160 Mitarbeiter:innen umfassende Unternehmen verzeichnete 2023 eine global stark wachsende Nachfrage nach seinen in Eigenproduktion gefertigten Strom- und Spannungssensoren für Netzstationen. Die Exportquote beträgt 99 Prozent. 2024 soll die USA-Expansion weiter forciert werden. Hierfür ist auch ein eigener Standort in den USA geplant.

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Die Nobilegroup Gründer:innen Lorena Skiljan und Peter Gönitzer | (c) Nobilegroup

Anfang August 2023 konnte zudem das Wiener Energy-Startup Nobilegroup eine Finanzierungsrunde in Millionenhöhe abschließen. Als Investor beteiligte sich Pallas Capital rund um Florian Koschat. Im Zuge des Investments kommunizierte das Startup auch die Gründung eines eigenen Gemeinschaftsunternehmens, namens Super Power Generation – kurz SPG. 50 Prozent werden dabei von der Nobilegroup selbst und 50 Prozent von Pallas Capital gehalten. Konkret handelt es sich laut Gründer Peter Gönitzer um eine “Asset Company”. Über sie soll 2024 verstärkt in erneuerbare Energieprojekte, wie PV- und Windkraft, investiert werden.

Mobilität

Gleich mehrere Millionen-Investments 2023 konnte das Wiener Mobility Startup Eloop für sich verbuchen. Im Zuge einer Finanzierungsrunde im März holte das Unternehmen die niederländische The Sharing Group” (TSG) an Bord. Im Zuge der Runde verkündete das Unternehmen seine Flotte auf 400 Fahrzeuge ausbauen zu wollen. Im September folgte dann die zweite Finanzierungsrunde in Höhe von 1,5 Millionen Euro. Mit “Energie360°” kam ein in Zürich ansässige Energieunternehmen an Bord. Damals hieß es, dass die “Tokenization as a Service”-Plattform von Eloop weiter ausgebaut wird. Unter anderem ging das Scaleup dafür am Web Summit in Lissabon auf die Suche nach neuen Partner:innen.

Eloop, 360Grad
Das Gründerteam von Eloop | (c) Eloop

Im Mai 2023 verkündete auch das Wiener E-Auto-Abo-Startup vibe seine Flotte ausbauen zu wollen. Insgesamt sollten rund 100 Millionen Euro in den rein elektrischen Fuhrpark investiert werden. Im Zuge der Ankündigung machte vibe auch Angaben zur bestehenden Flotte. So verfügte das Auto-Abo im Mai 2023 laut eigenen Angaben über 1.500 Fahrzeuge. Wie viele E-Autos bis Ende 2023 tatsächlich angeschafft wurden, ist allerdings nicht bekannt.

Für Aufsehen in der heimischen Mobility-Startup-Landschaft sorgte im Juni 2023 die Insolvenz des Wiener E-Cargo-Bike-Herstellers Gleam Bikes. Ein geplantes Sanierungsverfahren scheiterte im August. Auf Ansuchen des Masseverwalters wurde das Unternehmen geschlossen. Die Lagerrestbestände wurden im Anschluss über die Auktionsplattform Aurena.at verkauft. Als Grund für die Insolvenz führte CEO und Gründer Mario Eibl den sogenannten Bullwhip-Effekt an. Dabei handelt es sich um eine Asymmetrie in den Lagerbeständen, die sich über die Coronakrise aufgebaut hat.

Gleam Mario Eibl
Gleambikes-Gründer Mario Eibl | (c) Gleam

Mit dem sich eintrübenden Marktumfeld hat 2023 auch das Wiener Mobility Startup goUrban zu kämpfen gehabt. Ende August musste das Unternehmen, das ein Betriebssystem für Shared-Mobility-Anwendungen entwickelt, eine Sanierung unter Eigenverwaltung anmelden. In einem brutkasten-Interview gab Bojan Jukić, Gründer und Geschäftsführer von goUrban, die Neuausrichtung des Geschäftsmodells bekannt. Im Zentrum soll künftig die datenbasierte Optimierung von Fahrzeugflotten entlang der ESG-Thematik stehen.

Auf den Bereich Shared (E-)Mobility hat sich auch das Wiener Startup UBIQ – zuvor Parkbob – spezialisiert. Dabei geht es unter anderem um Nachfrage-Vorhersage, rechtzeitiges Laden und Effizienz-Optimierung. Für das weitere Wachstum konnte UBIQ im Frühjahr 2023 eine Finanzierungsrunde in Höhe von 4,35 Millionen Euro abschließen. Neben dem europäischen Markt ist das Startup mittlerweile auch in Nordamerika aktiv. Zum Abschluss der Finanzierungsrunde im April wurden rund 12.000 Autos durch die entwickelten SaaS-Produkte von UBIQ betreut.

Gründer und CEO von UBIQ | (c) UBIQ

Mit einer großen Ansage machte 2023 das steirische Mobility-Startup busfinder.com auf sich Aufmerksam. Im Zuge einer Finanzierungsrunde in Millionenhöhe kündigte das Unternehmen im Dezember 2023 an, zur größten Plattform für Busanmietungen und Busreise in Europa aufsteigen zu wollen. 2024 soll sich mit dem frischen Kapital die Belegschaft von derzeit 15 auf 30 Mitarbeiter:innen verdoppeln. Parallel dazu werden aktuell systematisch auch neue Buspartner in unterschiedlichen Regionen Österreichs, Deutschlands und der Schweiz an Bord geholt.

Ernährung & Landwirtschaft

2023 hat sich auch in der heimischen Food-Startup-Szene einiges getan. Schlagzeilen machte unter anderem das niederösterreichische FoodTech-Startup Kern Tec. Ende September gab das Unternehmen den Abschluss einer Finanzierungsrunde in Höhe von zwölf Millionen Euro bekannt. Für Diskussion in der Szene sorgte der Umstand, dass sich an der Runde kein einziger VC-Investor aus Österreich beteiligte. 2024 plant das Unternehmen mit seiner Technologie zur Aufbereitung von Steinobstkernen in die USA zu expandieren. Als neues Produkt launchte das Unternehmen unter der Consumer-Brand Wunderkern im Herbst 2023 einen veganen Käse.

Das Gründerteam von KernTec | (c) Kern Tec

Neben Kern Tec konnte auch Fermify 2023 ein Millionen-Investment an Land ziehen. Anfang Mai 2023 gab das Unternehmen den Abschluss einer Finanzierungsrunde in Höhe von 4,5 Millionen Euro bekannt, die im Juli um 1,5 Millionen Euro erweitert wurde. Das Unternehmen rund um Gründerin Eva Sommer entwickelt vegane Käsealternativen. Zum Einsatz kommt dafür eine sogenannten kontinuierliche Präzisions-Fermentierung, um Casein-Proteine herzustellen. Bis 2027 will das Startup bei den Produktionskosten mit klassischem Käse gleichziehen.

Neben Eigenkapitalfinanzierungen erhielten 2023 auch heimische Food-Startups Förderungen. Dazu zählt unter anderem das Wiener Startup Revo Foods. In Partnerschaft mit dem schwedischen FoodTech Mycorena holte sich das österreichische Unternehmen 1,5 Millionen Euro Förderung für seinen 3D-gedruckten veganen Fisch. Die Fördermittel stammen unter anderem aus dem EU-Programm Eurostars, das Forschungs- und Entwicklungsprojekte über Ländergrenzen hinweg in der EU fördert. Ziel ist es, gemeinsam dem schwedischen Unternehmen ein Mycoprotein zu entwickeln, das sich besonders gut für den 3D-Druck eignet. Dadurch sollen die veganen Fisch-Alternativen des Startups noch näher an die natürliche Vorlage gebracht werden. Mitte September brachte Revo Foods sein erstes 3D-gedrucktes veganes Lachsfilet auf den Markt.

Mit gleich zwölf neuen Produkten ging 2023 das Wiener Startup Die Pflanzerei an den Start, das vegane Hausmannskost anbietet. Zu den Produkten zählen rein pflanzlichen Käsekrainer, Fleischknödel, & Co. Für die Produktion der Produkte vertiefte Gründerin Nadina Ruedl ihre Zusammenarbeit mit regionalen Fleischerei-Betrieben. Dazu zählt unter anderem die Fleischerei Staudinger in Oberösterreich. Zudem wagte die Gründerin 2023 auch den Schritt nach Deutschland und stellte ihren veganen Leberkäse auf dem Münchner Oktoberfest vor.

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Nadina Ruedl | (c) Die Pflanzerei

Mitte September musste das Wiener Startup Pixofarm Konkurs anmelden. Das 2019 gegründete Unternehmen entwickelte eine AI-gestützte Smartphone-Lösung, die Obstbäuer:innen bei ihrer Ernteprognose unterstützte. Mithilfe des Tools konnten Landwirte Fotos von ihren Apfelbäumen machen, wobei eine eigens entwickelte Software Anhaltspunkte für die gezielte Bewässerung oder den Einsatz von Düngemittel lieferte. Grund für die Insolvenz war der Rückzug des strategischen Investors UPL, der sich fortan auf sein Kerngeschäft mit Düngemittel fokussieren wollte.

Erfreulichere News 2023 gab es hingegen vom digitalen Bauernmarkt markta.at, der den “Sprung in die Offline-Welt” schaffte. Mitte März 2023 eröffnete Gründerin und Geschäftsführerin Theresa Imre ihren ersten physische Laden in einer ehemaligen Bank-Austria-Filiale in der Alserstraße. Der neue markta-Laden soll zwar auf lange Sicht nicht der einzige physische Standort bleiben, laut Imre wird man sich aber mit der ersten Filiale Zeit nehmen, bevor eine weitere eröffnet wird. Anfang 2023 verkündete das Startup eine Partnerschaft mit dem Wiener Logistik-Scaleup Storebox, wodurch Konsument:innen die Abholung ihrer Bestellung per Click & Collect ermöglicht wird.

Die beiden Co-Founder und Managing Director von markta Theresa Imre und Julian Hödlmayer | (c) Oliver Topf

Eine Neuausrichtung vollzog 2023 das Wiener Startup inoqo, das 2020 mit einer auf Verbraucher:innen ausgerichteten App an den Start ging. Sie diente dazu, Endverbraucher:innen den Umwelteinfluss ihrer täglichen Lebensmitteleinkäufe zu verdeutlichen. Die App wurde 2023 eingestellt. Es kam zu einem Wechsel des Geschäftsmodells. Künftig möchte sich das Startup auf den B2B-Bereich fokussieren. Im Zentrum steht eine SaaS-Plattform mit der Lebensmittelhändler die Umweltauswirkungen ihrer Lieferkette bewerten können. Für das weitere Wachstum konnte inoqo im Herbst 2023 zudem eine Finanzierungsrunde in Millionenhöhe abschließen.

Das Wiener Startup Arkeon wandelt CO2 mittels Gasfermentation in organische Proteine für die menschliche Ernährung um und konnte dafür 2022 bereits mehr als zehn Millionen Euro an VC-Kapital aufnehmen. Im Juli 2023 gab das Unternehmen den Start seiner ersten Pilotanlage bekannt. Diese bilde “das Fundament für den nächsten Schritt des Skalierungsplans” hieß es damals vom Unternehmen. 2024 soll eine 3.000-Liter-Anlage folgen.

Kreislaufwirtschaft

Für das größte Investment in der heimischen Climate-Startup-Szene sorgte 2023 das Wiener Scaleup refurbed. Entgegen des anhaltenden Negativ-Trends am VC-Markt konnte refurbed im Herbst 2023 seine bislang größte Finanzierungsrunde in Höhe von 54 Millionen Euro abschließen. Zudem verfolgte das Unternehmen einen Wechsel in seiner Wachstumsstrategie. Bis Ende des Jahres sollten die Kernmärkte profitabel sein, wie Co-Founder Kilian Kaminski bereits im Sommer 2023 ankündigte. Zudem vertiefte refurbed 2023 seine Vertikalisierungsstratgie. Neben generalüberholten Smartphones und Laptops können über die Plattform nun auch Haushaltsgeräte gekauft werden. Dafür ging das Unternehmen unter anderem eine Kooperation mit der britischen Kultmarke Dyson ein. Zudem verstärkte refurbed 2023 seine Lobby-Arbeit auf europäischer Ebene, um eine kreislauforientierte Wirtschaft in Europa zu stärken.

Seinen Wachstumskurs konnte 2023 auch das Hartberger Startup Supaso fortsetzen, das sich auf nachhaltige Verpackungen spezialisiert. Für die Produktion seiner nachhaltigen Zellulosedämmstofflösung, die sich für den Kühl- und Tiefkühlversand eignet, investierte das Unternehmen einen siebenstelligen Betrag in einen neuen Produktionsstandort. Der Standort soll im Frühjahr 2024 fertiggestellt werden. Nur zwei Jahre nach Marktstart ist das Unternehmen mittlerweile in neun Ländern vertreten und zählt im B2B-Bereich mittlerweile über 190 Kunden.

Anfang Dezember 2023 gab Lignovations den Abschluss seiner Seed-Finanzierungsrunde in Höhe von 2,2 Millionen Euro bekannt. Das Spinoff der TU-Wien entwickelt biobasierte Alternativen zu vielen synthetischen Chemikalien, die in Kosmetika, Beschichtungen, Verpackungen, Klebstoffen und anderen Anwendungen verwendet werden. 2024 möchte das Unternehmen die Kommerzialisierung seiner Technologie vorantreiben.

Das Lignovations Co-Founder Team: Victor Tibo, Angela Miltner, Martin Miltner, Stefan Beisl (c) Lignovations

2023 gab es im Bereich der Kreislaufwirtschaft auch Übernahmen. So gab die Greiner AG Anfang April die Übernahme des niederösterreichischen Startups Zeroplast bekannt. Das Startup wurde 2015 gegründet und entwickelt Alternativen zu heute gängigen Kunststoffen. Abgewickelt wurde der Kauf durch die unternehmenseigene Innovationsschmiede Greiner Innoventures, die 2023 Stellen abbauen musste und sich neu ausrichtete. Zeroplast wird seit der Übernahme unter dem Namen Greiner Zeroplast fortgeführt.

Im Juni 2023 holte das niederösterreichische KI-Startup Circly ein Millionen-Investment. Das Unternehmen entwickelt eine Plattform gegen Ressourcen- und Lebensmittelverschwendung in Produktion und Handel. Damit hat das Unternehmen bereits einige größere Kunden überzeugt, zuletzt etwa Nah&Frisch, wo das System seit Frühjahr 2023 in 150 Filialen eingesetzt wird.

Im Kampf gegen die Lebensmittelverschwendung konnte 2023 auch Unverschwendet für sich verbuchen. Ende Oktober gab das Startup bekannt, dass gemeinsam mit Hofer unter der Marke Rettenswert 500 Tonnen an Lebensmittel gerettet wurden. Mittlerweile zählt das Sortiment 50 verschiedene Produkte in insgesamt neun verschiedenen Produktkategorien. Dazu zählen unter anderem auch Essiggurken, Knuspermüslis oder Säfte. 500 Tonnen Lebensmittel entsprechen übrigens rund 40 LKW-Ladungen, die so vor der Tonne bewahrt werden konnten.

Hofer
Unverschwendet-Gründer:innen Cornelia und Andreas Diesenreiter | (c) Hofer

Ebenfalls auf Wachstumskurs befindet sich das Linzer Startup Afreshed, das sich die Rettung und Lieferung von biologischem Obst und Gemüse spezialisiert hat. Das Unternehmen zählt für seine Boxen mittlerweile 8000 aktive Abonnent:innen. 2023 konnte der Umsatz auf 4,7 Millionen Euro ausgebaut werden. 2022 betrug er noch 2,8 Millionen Euro. Zudem errichtete das Unternehmen einen 1200 Quadratmeter großen Logistikhub in der Nähe von Wien.


Interviews mit Industry-Leader:innen | Highlights 2023

Die neuesten Nachrichten und Analysen zu Startups und Innovation im Bereich Nachhaltigkeit – einschließlich den Themen Energie, Mobilität, Ernährung und Landwirtschaft sowie Kreislaufwirtschaft findet ihr hier. Darunter findet ihr auch ausführliche Interviews mit Industry-Leader:innen. Hier eine Auswahl an Interviews, die wir 2023 geführt haben:

Videotipps von brutkasten Earth

2023 waren auch zahlreiche aufstrebende Gründer:innen und Industry-Leader:innen zu Gast bei uns im TV-Studio. Hier haben wir abschließend eine Auswahl der spannendsten Interviews für euch.

Refurbed | Wann wird Refurbed zum Unicorn?

Wann wird Refurbed zum Unicorn? Diese Frage haben wir Kilian Kaminski im brutkasten-Talk im Juli gestellt. Zudem erläutert der erfolgreiche Scaleup-Gründer, warum er unter die “EU-Lobbyisten” gegangen ist.

Kern Tec | Die Hintergründe zum Millionen-Investment & Rauswurf bei “2 Minuten 2 Millionen”

Erst im April sorgte Kern Tec mit einer selbst ausgerufenen Bewertung von 20 Millionen Euro bei “2 Minuten 2 Millionen” für einen TV-Eklat. Vor laufenden Kameras verglich Hans-Peter Haselsteiner die Bewertung als “Missbrauch an den Investoren” und verließ verärgert das Studio. Im Herbst folgte das zwölf Millionen Euro Investment. Wir haben mit Kern Tec Co-Founder Sebastian Jeschko Ende September über die Hintergründe gesprochen.

Planted | Diese Marketing-Strategie soll pflanzliches Fleisch zum Mainstream machen

Sternekoch Tim Raue als Werbebotschafter, Figlmüller als Kooperationspartner und “Planted-Chicken Jerusalem Style” von Haya Molcho im Supermarktregal. Das Schweizer Scaleup Planted arbeitet schon länger mit Top-Gastronomen zusammen. Marion Höchli von Planted hat uns im August mehr zur Marketing-Strategie des Schweizer Scaleups erzählt und auf welche Touchpoints das Unternehmen dabei setzt.

Gleam Bikes | Mario Eibl über das Scheitern seines Startups

Wie fühlt es sich an, zehn Jahre seines Lebens in eine Idee zu investieren, teilweise 60 bis 80 Wochenstunden dafür zu arbeiten und schlussendlich das Scheitern der eigenen Firma miterleben zu müssen? Teils sehr emotionale Antworten hat uns darauf hat uns Gleam Bikes Gründer Mario Eibl im August geliefert.

Nobile Group | Die Hintergründe zum Millionen-Investment

Mit Florian Koschat von Pallas Capital stiegt 2023 ein prominenter Investor bei der Nobile Group ein. Wir haben im August mit den beiden Gründern Peter Gönitzer und Lorena Skiljan über die Hintergründe des Millionen-Deals gesprochen und welche Pläne sie im Bereich der Energiegemeinschaften verfolgen.

Interspar-Chef über das Geschäft mit veganem Fleischersatz

Wann wird die erste rein vegane Filiale von Spar eröffnen? Wir haben im brutkasten-Talk im März 2023 bei Interspar-Österreich-Chef Johannes Holzleitner nachgefragt. Zudem spricht Holzleitner über die Besteuerung von Milchalternativen, die Produktion von Fleischersatz in den eigenen TANN-Werken und Laborfleisch.

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Doris Lippert (Microsoft | Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung) und Thomas Steirer (Nagarro | Chief Technology Officer)
Doris Lippert (Microsoft | Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung) und Thomas Steirer (Nagarro | Chief Technology Officer) | Foto: brutkasten

“No Hype KI” wird unterstützt von CANCOM Austria, IBM, ITSV, Microsoft, Nagarro, Red Hat und Universität Graz


Mit der neuen multimedialen Serie “No Hype KI” wollen wir eine Bestandsaufnahme zu künstlicher Intelligenz in der österreichischen Wirtschaft liefern. In der ersten Folge diskutieren Doris Lippert, Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung bei Microsoft Österreich, und Thomas Steirer, Chief Technology Officer bei Nagarro, über den Status Quo zwei Jahre nach Erscheinen von ChatGPT.

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„Das war ein richtiger Hype. Nach wenigen Tagen hatte ChatGPT über eine Million Nutzer”, erinnert sich Lippert an den Start des OpenAI-Chatbots Ende 2022. Seither habe sich aber viel geändert: “Heute ist das gar kein Hype mehr, sondern Realität“, sagt Lippert. Die Technologie habe sich längst in den Alltag integriert, kaum jemand spreche noch davon, dass er sein Smartphone über eine „KI-Anwendung“ entsperre oder sein Auto mithilfe von KI einparke: “Wenn es im Alltag angekommen ist, sagt keiner mehr KI-Lösung dazu”.

Auch Thomas Steirer erinnert sich an den Moment, als ChatGPT erschien: „Für mich war das ein richtiger Flashback. Ich habe vor vielen Jahren KI studiert und dann lange darauf gewartet, dass wirklich alltagstaugliche Lösungen kommen. Mit ChatGPT war dann klar: Jetzt sind wir wirklich da.“ Er sieht in dieser Entwicklung einen entscheidenden Schritt, der KI aus der reinen Forschungsecke in den aktiven, spürbaren Endnutzer-Bereich gebracht habe.

Von erster Begeisterung zu realistischen Erwartungen

Anfangs herrschte in Unternehmen noch ein gewisser Aktionismus: „Den Satz ‘Wir müssen irgendwas mit KI machen’ habe ich sehr, sehr oft gehört“, meint Steirer. Inzwischen habe sich die Erwartungshaltung realistischer entwickelt. Unternehmen gingen nun strategischer vor, untersuchten konkrete Use Cases und setzten auf institutionalisierte Strukturen – etwa durch sogenannte “Centers of Excellence” – um KI langfristig zu integrieren. „Wir sehen, dass jetzt fast jedes Unternehmen in Österreich KI-Initiativen hat“, sagt Lippert. „Diese Anlaufkurve hat eine Zeit lang gedauert, aber jetzt sehen wir viele reale Use-Cases und wir brauchen uns als Land nicht verstecken.“

Spar, Strabag, Uniqa: Use-Cases aus der österreichischen Wirtschaft

Lippert nennt etwa den Lebensmittelhändler Spar, der mithilfe von KI sein Obst- und Gemüsesortiment auf Basis von Kaufverhalten, Wetterdaten und Rabatten punktgenau steuert. Weniger Verschwendung, bessere Lieferkette: “Lieferkettenoptimierung ist ein Purpose-Driven-Use-Case, der international sehr viel Aufmerksamkeit bekommt und der sich übrigens über alle Branchen repliziert”, erläutert die Microsoft-Expertin.

Auch die Baubranche hat Anwendungsfälle vorzuweisen: Bei Strabag wird mittels KI die Risikobewertung von Baustellen verbessert, indem historische Daten zum Bauträger, zu Lieferanten und zum Bauteam analysiert werden.

Im Versicherungsbereich hat die UNIQA mithilfe eines KI-basierten „Tarif-Bots“ den Zeitaufwand für Tarifauskünfte um 50 Prozent reduziert, was die Mitarbeiter:innen von repetitiven Tätigkeiten entlastet und ihnen mehr Spielraum für sinnstiftende Tätigkeiten lässt.

Nicht immer geht es aber um Effizienzsteigerung. Ein KI-Projekt einer anderen Art wurde kürzlich bei der jüngsten Microsoft-Konferenz Ignite präsentiert: Der Hera Space Companion (brutkasten berichtete). Gemeinsam mit der ESA, Terra Mater und dem österreichischen Startup Impact.ai wurde ein digitaler Space Companion entwickelt, mit dem sich Nutzer in Echtzeit über Weltraummissionen austauschen können. „Das macht Wissenschaft zum ersten Mal wirklich greifbar“, sagt Lippert. „Meine Kinder haben am Wochenende die Planeten im Gespräch mit dem Space Companion gelernt.“

Herausforderungen: Infrastruktur, Daten und Sicherheit

Auch wenn die genannten Use Cases Erfolgsbeispiele zeigen, sind Unternehmen, die KI einsetzen wollen, klarerweise auch mit Herausforderungen konfrontiert. Diese unterscheiden sich je nachdem, wie weit die „KI-Maturität“ der Unternehmen fortgeschritten sei, erläutert Lippert. Für jene, die schon Use-.Cases erprobt haben, gehe es nun um den großflächigen Rollout. Dabei offenbaren sich klassische Herausforderungen: „Integration in Legacy-Systeme, Datenstrategie, Datenarchitektur, Sicherheit – all das darf man nicht unterschätzen“, sagt Lippert.

“Eine große Herausforderung für Unternehmen ist auch die Frage: Wer sind wir überhaupt?”, ergänzt Steirer. Unternehmen müssten sich fragen, ob sie eine KI-Firma seien, ein Software-Entwicklungsunternehmen oder ein reines Fachunternehmen. Daran anschließend ergeben sich dann Folgefragen: „Muss ich selbst KI-Modelle trainieren oder kann ich auf bestehende Plattformen aufsetzen? Was ist meine langfristige Strategie?“ Er sieht in dieser Phase den Übergang von kleinen Experimenten über breite Implementierung bis hin zur Institutionalisierung von KI im Unternehmen.

Langfristiges Potenzial heben

Langfristig stehen die Zeichen stehen auf Wachstum, sind sich Lippert und Steirer einig. „Wir überschätzen oft den kurzfristigen Impact und unterschätzen den langfristigen“, sagt die Microsoft-Expertin. Sie verweist auf eine im Juni präsentierte Studie, wonach KI-gestützte Ökosysteme das Bruttoinlandsprodukt Österreichs deutlich steigern könnten – und zwar um etwa 18 Prozent (brutkasten berichtete). „Das wäre wie ein zehntes Bundesland, nach Wien wäre es dann das wirtschaftsstärkste“, so Lippert. „Wir müssen uns klar machen, dass KI eine Allzwecktechnologie wie Elektrizität oder das Internet ist.“

Auch Steirer ist überzeugt, dass sich für heimische Unternehmen massive Chancen eröffnen: “Ich glaube auch, dass wir einfach massiv unterschätzen, was das für einen langfristigen Impact haben wird”. Der Appell des Nagarro-Experten: „Es geht jetzt wirklich darum, nicht mehr zuzuwarten, sondern sich mit KI auseinanderzusetzen, umzusetzen und Wert zu stiften.“


Folge nachsehen: No Hype KI – wo stehen wir nach zwei Jahren ChatGPT?


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