20.12.2021

One Change a Week: Diese Startups liefern Lösungen im Kampf gegen die Klimakrise – ein Best-of 2021

One Change a Week ist das wöchentliche TV-Magazin des brutkastens zum Thema "Klimakrise & Innnovation". Zum Jahresende liefern wir euch einen Best-of.
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Welchen Beitrag können Startup-Gründer:innen mit ihren Geschäftsmodellen leisten, um die negativen Folgen der Klima- und Biodiversitätskrise abzuschwächen? Dieser Frage geht der brutkasten im wöchentlichen TV-Magazin “One Change a Week” gemeinsam mit Markus Linder, Nachhaltigkeitsexperte und Gründer des Wiener Impact-Startups Inoqo, nach.

Zum Jahresende werfen wir in einem Best-of einen Blick zurück auf die Startups, die 2021 zu Gast waren und ihre nachhaltigen Lösungen präsentierten – angefangen vom Thema Ernährung über Mobilität bis hin zur Energie. Neben Gründer:innen kamen in der TV-Show auch Investor:innen, Expert:innen und Poltiker:innen zu Wort. Zudem gab es 2021 auch eine Reihe an Spezial-Ausgaben, unter anderem zu den Themen “Ökosoziale Steuerreform”, “Erneuerbaren Ausbaugesetz” und “COP26”.


Digitale Lösungen für den Klimaschutz

Anna Alex | Planetly

Das Berliner Startup Planetly hilft Unternehmen, ihre CO2-Bilanz zu berechnen und in weiterer Folge zu reduzieren. Im Interview mit dem brutkasten spricht Co-Founderin Anna Alex darüber, wie dies genau funktioniert. Zudem gab die Serienunternehmerin erste Einblicke zur bevorstehende Expansion nach Österreich. Anfang Dezember wurde bekannt, dass Anna Alex gemeinsam mit ihrem Co-Founder das Startup an das US-Unternehmen OneTrust verkaufte.

Circly | Eric Weisz

Das niederösterreichische GreenTech-Startup Circly rund um den Serienunternehmer Eric Weisz hat ein KI-basiertes Prediction-System für den Lebensmittelhandel entwickelt, das das Kaufverhalten vorhersagt und so dabei hilft, Lagerbestände und Bestellungen zu optimieren. Das Startup konnte sich für das weitere Wachstum 2021 insgesamt 320.000 Euro von Austria Wirtschaftsservice und tecnet equity sichern.


Finance & VCs

Elisabeth Müller | Cleanvest

“Wir prüfen aktuell 4000 Anlageprodukte und über 12.000 Asset-Klassen auf unsere Nachhaltigkeitskriterien, die wir gemeinsam mit Partnern aus der Zivilgesellschaft definiert haben”, so Elisabeth Müller, ehemalige Country Managerin bei ESG Plus. Das Wiener Sozialunternehmen hat sich auf Nachhaltigkeitsberatung für den Finanzsektor spezialisiert und betreibt zudem die Online-Plattform Cleanvest, die Fonds auf Kinderarbeit oder fossile Energie prüft. Mittlerweile ist Müller zum Wiener Mobility-Startup Eloop gewechselt.

Philippe Singer | Leaders for Climate Action

Wie funktioniert eine Sustainability-Klausel für Risikokapitalgeber? Philippe Singer von Leaders for Climate Action hat uns im Frühjahr 2021 bei „One Change a Week“ mehr darüber erzählt. Zudem startete der gemeinnützige Verein am 22. April zum World Earth Day eine breit angelegte Klimaschutz-Kampagne. Insgesamt beteiligten sich mehr als 200 Tech-Firmen und zahlreiche Startups an der Aktion – angefangen von Spotify bis hin zu Tier Mobility.

Pale Blue Dot | Heidi Lindvall

Pale Blue Dot ist ein im schwedischen Malmö angesiedelter VC-Fonds, der in ClimateTech-Startups aus ganz Europa und den USA investiert. Im Interview spricht General Partner Heidi Lindvall über den Investmentfokus von Pale Blue Dot und erläutert, warum es bei Startups oftmals schwer ist, ihren Impact zu messen. Innerhalb von nur 18 Monaten konnten die drei Co-Founder von Pale Blue Dot Heidi Lindvall, Hampus Jakobsson und Joel Larsson rund 87 Millionen Euro für den neuen schwedischen ClimateTech-Fonds einsammeln – das Closing erfolgte im Frühling 2021.


Ernährung

Revo-Foods | Robin Simsa

Bereits im April diesen Jahres kündigte das Wiener Startup Revo Foods an, dass für Herbst 2021 die Listung im heimischen Einzelhandel erfolgen soll. Im Herbst war es dann soweit: Revo Food startete erstmals mit dem Verkauf seiner Räucherlachs-Alternative im Supermarkt. Zudem konnte sich Revo Foods 2021 Wachstumskapital in Millionenhöhe sichern und expandiert nun international.

Tolstoy | Daniil Klubov & Oliva Tucek

Das Wiener Startup Tolstoy rund um Gründer Daniil Klubov hat sich ein ambitioniertes Ziel gesteckt. Mit einem transparenten Franchise-Modell und einem eigens entwickelten IT-System soll Europas größte rein pflanzliche Restaurant-Kette entstehen. Um das ambitionierte Ziel zu erreichen, setzt das junge Wiener Startup auf ein firmeneigenes IT-System namens „TolstoyIS“. Das System steuert so ziemlich jeden Prozess im Gastronomiebetrieb. Dies beginnt beim Inventar- und Mitarbeiter-Management, umfasst die Abläufe in der Küche und reicht bis zum Bestellsystem, das über die neuesten Self-Service-Computer mit Touchscreen wie bei Mc Donalds verfügt.

Vytal | Alexandra Brandl

Im Sommer diesen Jahres wurde das Wiener Startup HeroBox wurde vom deutschen Startup Vytal gekauft, dass in Deutschland erfolgreich ein pfandfreies Mehrwegsystem mit mehr als 1400 Partnern anbietet. Bei “One Change a Week” spricht Alexandra Brandl über die Hintergründe zum Exit und erklärt, wie Vytal nun zum größten pfandfreien Mehrwegsystem Österreichs werden will.

One Meal A Day | Felix Günther

Vegane Ernährung umfasst weit mehr als nur “Kartoffeln und Salat”, so One Meal A Day Wien-Gründer Felix Günther, der Österreichs erste rein pflanzenbasierte Koch-Box auf den Markt gebracht hat. Bei One Change a Week spricht er über die Erkenntnisse der Verhaltensökonomie und wie wir sie im Kampf gegen die Klimakrise rund um das Thema Ernährung für uns nutzen können. Tipp der Redaktion: Als Gastautor liefert Günther für den brutkasten auch Experten-Inputs zu diesem Thema.

Zirp | Christoph Thomann

Das Wiener Startup Zirp rund um Gründer Christoph Thomann brachte 2021 ein neues Burger-Pattie auf den Markt, das zu 40 Prozent aus Buffalowürmern besteht. In diesem Jahr erfolgte auch die Listung im österreichischen Einzelhandel. Zudem konnte sich das Startup für das weitere Wachstum ein Investment von Biogena sichern. Bereits in der Vergangenheit hat Biogena in nachhaltige Food-Lösungen aus Österreich investiert. Neben Zirp ist die Unternehmensgruppe auch bei Neoh und Rebel Meat beteiligt.

Die Pflanzerei | Nadina Ruedl

Nadina Ruedl hat das Wiener Startup Die Pflanzerei gegründet. Gemeinsam mit einem Netzwerk an Metzgern produziert sie rein pflanzlichen Leberkäse. Bei “One Change a Week” sprach die überzeugte Veganerin über außergewöhnliche Zusammenarbeit mit Metzgern und erläutert die nächsten Wachstumsschritte ihres Startups. 2021 wurde sie zu den Top-10 greenstart Finalisten gekürt, dem


Mobilität

Eddi Bike | Stephan Ziegler & Bastian Kleindienst

Das “Netflix des Radfahrens”: Das Wiener Startup Eddi Bike ist 2021 in Österreich mit einem neuartigen Leihkonzept für Fahrräder an den Start gegangen. Über ein monatliches oder jährliches All-Inclusive-Abo können sich Nutzer:innen dauerhaft ein Fahrrad mieten. Im Abopreis ist zudem die Wartung & Reparatur inkludiert, die innerhalb von 48 Stunden gewährleistet wird. 2021 konnte sich Eddi Bike zudem eine sechsstellige Wachstumsfinanzierung sichern. 2022 möchte das Startup in Graz an den Start gehen.

Traivelling | Elias und Matthias Bohun

Das Wiener Startup Traivelling bietet vorab geschnürte Ticketpakete für Zugfernreisen von Europa bis nach Asien an. Zudem arbeitet das Startup rund um die Gründer Elias und Matthias Bohun an der Entwicklung eines innovativen Buchungstools, wodurch es der Branche erstmals möglich sein wird, internationale Zugreisen weitgehend automatisiert (fast) so einfach zu planen und zu buchen wie Flugreisen.

Energie

Gresco Power | Wieland Schmid-Schmidsfelden

Aus Holzabfällen der Industrie nachhaltig Energie zu erzeugen, diese Vision verfolgt Wieland Schmid-Schmidsfelden. Gemeinsam mit weiteren Partnern gründete er 2017 das österreichische Unternehmen Gresco Power, das mittlerweile nach siebenjähriger Entwicklungszeit zu einem weltweiten Technologieführer für Holzgaskraftwerke zählt und über zahlreiche Patente in diesem Bereich verfügt. Aktuell stehen die Zeichen auf internationale Expansion.

Kraftblock | Martin Schichtel

Das in Saarbrücken ansässige Startup Kraftblock entwickelt Hochtemperatur-Energiespeichersysteme, die Sonnen und Windenergie in Thermalenergie umwandelt und zudem Abwärme aus der Industrie speichern kann. Bei “One Change a Week” hat Gründer und CEO Martin Schichtel über das Potential der Technologie und die Beteilung von Frank Thelen gesprochen.

WIR Energie | Matthias Nadrag

WIR-Energie Gründer Matthias Nadrag spricht bei One Change a Week über den Launch seiner neuen Plattform, die künftig das Gründen von Energiegemeinschaften vereinfachen soll. Im Sommer hat der Nationalrat das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) beschlossen, das den Ökostromausbau für die nächsten zehn Jahre festlegt und Energiegemeinschaften ermöglicht.

Blue Power | Kathrin Zettel

Bei “One Change a Week” spricht Ex-Skistar Zettel darüber, warum sie sich für Blue Power engagiert und welche Bedeutung Erfolg für sie persönlich hat. In diesem Zusammenhang geht sie auf Unterschiede zwischen ihrer Karriere als Ski-Profi und Erfolge in der Unternehmenswelt ein. Das Unternehmen entwickelt und produziert Kleinwindkraftanlagen für den B2B und B2C Bereich.

Landwirtschaft

Pixofarm | Farid Edrisian

Das Wiener Startup Pixofarm hat eine AI-gestützte Smartphone-Lösung entwickelt, die Obstbauern bei ihrer Ernteprogonose unterstützt. Als strategischer Investor stieg im Sommer der auf nachhaltige Landwirtschafslösungen spezialisierte Konzern UPL ein, der in über 130 Ländern weltweit aktiv ist. Das Startup konnte sich ein Investment in Millionenhöhe sichern.

Kern Tec | Luca Fichtinger

Das österreichische Startup Kern Tec hat eine vollautomatisierte Technologie zur Aufspaltung, Sortierung und Veredelung von Steinobstkernen entwickelt. Kern Tec hat 2020 rund 1000 Tonnen Kerne verarbeitet und wurde nun in den renommierten Food Accelerator von Plug and Play aufgenommen. Der brutkasten hat mit Co-Founder Luca Fichtinger über die Teilnahme am Programm und die damit verbundenen Chancen gesprochen.

Beetle ForTech | Sebastian Vogler

“Interpol hat Schätzungen, die besagen, dass 30 Prozent des weltweiten Holzeinschlags illegal ist”, so Beetle ForTech Gründer Sebastian Vogler im One Change a Week Special am European Forum Alpbach. Das Tullner Startup entwickelt Technologien, die eine nahtlose Rückverfolgung von Holz bis zurück zum Ort der Fällung ermöglichen. Im Rahmen der Alpbacher Technologiegespräche konnte sich Co-Founder Sebastian Vogler das zweite Österreich-Ticket für das Finale des internationalen Ideenwettbewerbs “Falling Walls Lab” sichern.

Social Impact

Share | Sebastian Stricker

Das Social-Startup Share spendet für seine verkauften Produkte ein vergleichbares Produkt an Menschen in Not – angefangen von Mineralwasser über Bio-Nussriegl bis hin zu Hygieneartikel. Bei “One Change a Week” erläutert Co-Founder Sebastian Stricker, wie das “buy one, give one”-Modell funktioniert und welche Initiativen konkret unterstützt werden.

Impactory | Elke Pichler

Zum Start der Weihnachtszeit launchte das Wiener Social Startup Impactory eine mobile Spenden-App für Smartphones. Das Startup möchte so den Markt für Dauerspenden digitalisieren und NGOs die finanzielle Planungssicherheit vereinfachen. Für 2022 steht die weitere Expansion nach Deutschland am Programm.


Early Stage Startups

Reeduce | Birgit van Duyvenbode

Um einen Beitrag zur Nachhaltigkeit im Lärmschutz und im Straßenbau zu leisten, hat Reeduce rund um Gründerin Birgit van Duyvenbode eine ökologische Lärmschutzwand aus Schilf, Thermoholz und Lehm entwickelt.


Spezial-Ausgaben

COP26 | Kami Krista

Wie laufen die Verhandlungen bei COP26 in Glasgow hinter den Kulissen ab bzw. wie kann auf die Entscheidungsträger:innen Einfluss genommen werden? Einen Einblick lieferte uns der UN-Jugenddelegierte Kami Krista, der einen exklusiven Zugang zur blauen Zone am Konferenzort hatte, wo auch die Verhandlungen geführt werden. Kami Krista ist zudem Gründer des ClimatTech-Startups Elio, das Forschungsdaten zur Klimakrise sammelt und anschließend Entscheidungsträgern zugänglich macht.

Herkunftspflicht für Lebensmittel + regionale Direktversorgung + Innovation in der Landwirtschaft | Bundesministerin Elisabeth Köstinger

Im Mai 2021 war Bundesministerin Elisabeth Köstinger zu Gast bei “One Change a Week”. Im Videotalk diskutiert sie mit dem Brutkasten-Nachhaltigkeitsexperten Markus Linder über die Herkunftspflicht für Lebensmittel. Zudem bezieht sie Stellung zur damaligen Kritik der Bauernvertreter:innen rund um die Billa Regional Boxen und gab einen Ausblick zur Digitalisierung der Landwirtschaft.


Ökosoziale Steuerreform | Elisa Gramlich & Markus Linder von Inoqo

Ein erster Schritt für mehr Klimaschutz oder doch zu wenig ambitioniert? Wie ökologisch ist die neue Steuerreform wirklich? Darüber diskutieren im “One Change a Week”-Special die beiden Nachhaltigkeitsexperten und Inoqo-Gründer Markus Linder und Elisa Gramlich – angefangen vom CO2-Preis über den Klimabonus bis hin zum Dieselprivileg.


Erneuerbaren Ausbaugesetz (EAG) | Lorena Skiljan & Peter Gönitzer von der Nobilegroup

Welche Chancen bietet das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz für die Energiewende? Eine Antwort darauf liefern im Brutkasten-Talk Lorena Skiljan und Peter Gönitzer von der Nobilegroup. Mit elene haben die beiden Gründer eine Plattform entwickelt, die für Interessenten an Energiegemeinschaften das nötige Werkzeug und Know-how für die Gründung derartiger Gemeinschaften bereitstellt.

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Co-Founder und COO Michael Hofbauer auf der EICMA 2024 | (c) brutkasten / martin pacher

Die EICMA in Mailand ist eine Messe der Superlative. Schon am Eingang merkt man die gewaltige Anziehungskraft, die sie auf Motorradfans und Fachbesucher aus aller Welt ausübt: Geduldig stehen die Menschen bereits in der Früh in langen Schlangen und warten darauf, in die weitläufigen Hallen der sogenannten “Fiera Milano” zu gelangen. Drinnen erstrecken sich die Ausstellungsflächen über mehrere Hallen, jede gefüllt mit unzähligen Messeständen.

Ingesamt reisten heuer über 770 Aussteller aus 45 Ländern in die italienische Wirtschaftsmetropole, um ihre Neuheiten rund um motorisierten Zweiräder auf insgesamt 330.000 Quadratmetern Messeareal der Weltöffentlichkeit zu präsentieren. Ingesamt wurden mehr als 600.000 Besucher während der sechs Messetage gezählt – ein neuer Rekord.

Neben bekannten Marken wie Honda, Yamaha oder Ducati war in diesem Jahr mit der Acceleration Hub GmbH auch ein österreichisches Startup unter den Ausstellern vertreten. Das Unternehmen hat die Traditionsmarke der 1948 gegründeten Halleiner Motorenwerke (HMW) erworben und entwickelt unter anderem motorisierte Zweiräder im E-Mobility- und Verbrenner-Segment (brutkasten berichtete).

brutkasten war auf der EICMA in Mailand und hat Acceleration Hub Co-Founder und COO Michael Hofbauer am Messestand von HMW zum Interview getroffen. Im Gespräch geht Hofbauer unter anderem auf die strategischen Überlegungen ein, eine historische Marke mit modernen Mobilitätslösungen neu zu beleben.


brutkasten: Wie seid ihr mit der Acceleration Hub GmbH zu den Markenrechten von HMW (Halleiner Motorenwerke) gekommen?

Michael Hofbauer: Durch einen guten Freund und Experten im Oldtimer-Bereich sind wir zur Marke gekommen. Er ist inzwischen ein enger Freund und Berater für uns, nach wie vor gut vernetzt in der Oldtimer-Szene. Von Anfang an war klar, dass seine Ambition nicht in Neuentwicklungen liegt, sondern darin, die Marke zu bewahren. So haben wir die Markenrechte von ihm übernommen, die mittlerweile zu einer Weltmarke ausgeweitet sind, und freuen uns, ihn weiterhin an unserer Seite zu haben.

Welche strategischen Überlegungen stecken dahinter, als ein noch recht junges Mobility-Startup auf eine historische Marke zu setzen?

Unsere strategische Überlegung war, dass HMW vor allem in der Gründungszeit dafür bekannt war, die Menschheit mobil zu machen. Damals entwickelte Ingenieur Anton Fuchs den sogenannten Fuchs-Motor, der eines der ersten motorbetriebenen Zweirad-Fahrzeuge möglich machte. Ein Blick in die Historie zeigt, dass HMW kaum eine Fahrzeugart ausgelassen hat, teils mit skurrilen, aber mutigen Entwicklungen, die alle diesem Mobilitätsgedanken folgten. Als österreichisches Gründerteam fühlen wir uns diesem europäischen Erbe verbunden. Die Idee, eine historische Marke wie HMW, die früher stark nach Deutschland, Holland und darüber hinaus exportierte, in Europa wiederzubeleben, hat uns sehr angesprochen.

In der Branche kennt man einige Beispiele von alten Marken, die unter neuen Eigentümern reaktiviert werden. Inwieweit springt ihr hier auf einen Trend auf?

Für uns ist es entscheidend, uns nicht nur mit der historischen Marke  zu identifizieren, sondern mit HMW als Mobilitätsanbieter. Es geht uns nicht darum, ein einfaches Facelift zu machen und als klassische Heritage-Marke aufzutreten. Vielmehr sehen wir HMW als eine Marke mit einer Legacy, die wir schätzen, weil sie Mobilität in den Vordergrund stellt. 

Oft geht es bei solchen Projekten nur darum, das Image einer alten Marke zu nutzen, um Bekanntheit zu erlangen – das ist ganz und gar nicht unser Ansatz. Der ursprüngliche Gedanke, beispielsweise einen Motor auf ein Fahrrad zu montieren und das dann bis zur Serienreife zu bringen, oder Motorräder zu entwickeln, die sogar im Rennsport erfolgreich waren, das ist für uns echte Innovation. 

Im Gegensatz dazu wirkt der Ansatz, einfach Markenrechte einer historischen Marke zu kaufen und „ein bisschen Elektromobilität“ zu betreiben, eher banal und passt nicht zu unserem Anspruch. Unser Ziel ist es, mit verschiedenen Produktreihen den Spirit „Enable Mobility“ in die heutige Zeit zu tragen.

Die Classics-Serie | (c) HMW

Kommen wir nun auf eure neue Modellserie zu sprechen, die ihr hier auf der EICMA ausstellt. Auf der einen Seite habt ihr E-Mobility im Programm, mit der neuen Classics-Serie bietet ihr aber künftig auch Verbrenner an. Wie passt dies zusammen?

Man darf nicht unterschätzen, dass auch im Bereich der Verbrenner enorme Innovation stattfindet. Die Motoren sind heute auf dem neuesten Stand der Technik und haben nichts mehr mit dem lauten, stinkenden Image der Vergangenheit zu tun. Natürlich ist Elektromobilität auf dem Vormarsch, aber sie ist noch lange nicht so etabliert, wie sie sein könnte. Man sieht das am Beispiel von E-Autos: In Österreich wächst die Ladeinfrastruktur zwar schon langsam, aber in anderen Teilen Europas sieht es oft noch ganz anders aus, wodurch viele nach wie vor einen Verbrenner wählen. 

Um Mobilität für alle anzubieten, setzen wir daher auf eine Kombination: Für städtische und stadtnahen Verkehr – das „Interurban“-Segment – bieten wir Elektrofahrzeuge an. Für Pendler aus ländlichen Regionen, die in die Stadt fahren, bieten wir zudem verbrauchsarme, moderne Verbrennermotoren im Kleinsegment. Unser Fokus liegt dabei auf praktischen, komfortablen Fahrzeugen und nicht auf PS-starken Modellen für hohe Geschwindigkeiten.

Die Elektrofahrzeuge sind auf den Alltagspendler ausgelegt und profitieren von einer passenden Ladeinfrastruktur. Wir verwenden herausnehmbare „Bookstyle“-Batterien, die sich auch zu Hause laden lassen. 

Kommen wir zur Produktion zu sprechen. Wie arbeitet ihr aktuell mit euren Produktionspartnern in China zusammen? 

Wir arbeiten mit ausgewählten Produktionspartnern in China zusammen. Es gab zahlreiche Vorgespräche, und die Partnerschaften sind für beide Seiten fest etabliert. Wir haben nicht nur Visitenkarten gesammelt, sondern unsere Partner sorgfältig ausgewählt und bringen dabei viel Erfahrung aus früheren Projekten mit. Uns ist es wichtig, aktiv im Entwicklungsprozess dabei zu sein, und deshalb gibt es viel  Austausch in beide Richtungen. Aktuell ist das Team hier in Wien, wo Workshops stattfinden und offen über zukünftige Entwicklungen gesprochen wird. Die Kommunikation beschränkt sich nicht nur auf WeChat oder E-Mails – der persönliche Austausch ist für uns entscheidend.

FoxE ist Teil der Electrics-Serie | (c) HMW

Was macht ihr aktuell In-House in Europa? 

Bei uns erfolgt das gesamte Branding, Design, Engineering und die Forschung & Entwicklung (R&D) in-house, insbesondere im Bereich des Fahrzeug-Setups, des Testings und der Evaluierung. Das bedeutet beispielsweise, dass wir das komplette Rahmensetup inklusive Sitzposition und Fahrwerk intern entwickeln und dann in Abstimmung mit dem Produzenten umsetzen.

Die Mobilitätsbranche gleicht derzeit für Startups einem Minenfeld. Auch Mitbewerber in Österreich haben mit großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu kämpfen. Was wollt ihr anders machen, um langfristig wirtschaftlich erfolgreich zu sein?

Unser Ansatz basiert auf Diversifizierung – sowohl im Team als auch im Produktportfolio. Wir sehen großes Potenzial, uns in verschiedene Richtungen zu entwickeln: Elektromobilität, das Verbrennersegment mit qualitativ hochwertigen Produkten und als drittes den Bereich Smart Connected Mobility. Besonders in der Forschung und Entwicklung von Smart Mobility und Innovationslösungen sehen wir viel Potenzial, da diese sowohl im Portfolio Plattform-übergreifend, als auch auf einer komplett neuen Fahrzeugarchitektur aufbauen können. Ein aktuelles R&D-Projekt von uns konzentriert sich auf Predictive-Maintenance, Sensorik und Smart Mobility, um Mobilität neu zu gestalten und ideal zu ergänzen.

Wir möchten flexibel bleiben und nicht zu einseitig agieren, da der Markt oft nicht nur eine Richtung zulässt. Der gesamte Prozess, von der Supply Chain über die Customer Journey bis zum Customer Service, ist entscheidend – zum Beispiel in der klar strukturierten Ersatzteil-Logistik. Uns ist es wichtig, Partnerschaften auf Augenhöhe zu etablieren, die eine starke Grundlage für R&D, Produktion und Ersatzteil-Logistik bis hin zum Kunden bieten.

Dabei haben wir einen klaren Vorteil durch unser Brand-Building: HMW ist als Marke neu aufgestellt und steht jetzt für Qualität und Markenidentifikation.

Tradition trifft auf E-Mobilität | (c) HMW

Welche Strategie wollt ihr im Vertrieb verfolgen?

Wir befinden uns in der Evaluierungsphase und haben sorgfältig ausgewählt. Es gab bereits sehr vielversprechende Gespräche. Zum jetzigen Zeitpunkt können wir noch nicht viele Details preisgeben, aber durch die Erfahrung im Gründerteam beobachten wir den Markt genau und ziehen daraus unsere Schlüsse. Wir wissen also gut, mit wem wir sprechen.

Wann ist der Marktstart für die neue Classics-Serie geplant?

Der Launch der Classics ist für Anfang nächsten Jahres geplant. Wir sind dabei teilweise von Vertriebspartnerschaften abhängig, da die Nachfrage das genaue Datum beeinflussen kann. Die Electrics-Serie ist bereits jetzt verfügbar, und die Classics sind für Anfang 2025 vorgesehen – was ja nur noch zwei Monate entfernt ist. Lange dauert es also nicht mehr.

Wie habt ihr euch in der Vergangenheit finanziert und plant ihr derzeit eine Funding-Runde?

Die Entwicklung der Classics und Electrics-Serien sowie das gesamte Brand Development wurden über die Gesellschafter und Eigenmittel finanziert. Wir sind stolz, dass wir dank der FFG nun die Möglichkeit haben, auch im Bereich Innovation voll durchzustarten. Wir haben ein Forschungsprojekt initiiert, das uns ermöglicht, in den Bereichen Smarte Komponentenentwicklung, Predictive Maintenance, Machine Learning und modernste Technologie umfassend zu arbeiten und diese Kompetenzen inhouse aufzubauen.

Besonders erfreulich ist, dass wir für das Projekt ein starkes Team in den Bereichen Machine Learning und Elektrotechnik aufstellen konnten – ein Bereich, in dem einige Hersteller aktuell Schwierigkeiten haben. Unser Team hat bereits Test-Setups durchgeführt, um Sensorik und Komponenten am Fahrzeug selbst zu erproben. Damit wollen wir in diesem Segment zügig Fortschritte machen.

Parallel dazu haben wir eine Investorenrunde gestartet und suchen nach potenziellen Partnern. Dabei legen wir großen Wert auf Partnerschaften, die unseren Spirit teilen, um sicherzustellen, dass ein Investment unseren Weg nicht komplett verändert, sondern ergänzt und stärkt.

Welche Wachstumsziele verfolgt ihr für 2025? 

Für 2025 planen wir, in allen drei Segmenten voll voranzuschreiten: maximaler Marktstart im Bereich Electrics, den Launch der Classics und die Weiterentwicklung des Innovationsprojekts. Gerade bei Letzterem werden wir auch das Team weiter verstärken und haben bereits vielversprechende Leads und Kapazitäten ausgebaut. Unser Hauptmarkt liegt allerdings außerhalb Österreichs, was unser Wachstum beeinflusst und uns auch in der Standortplanung fordert.

Wir suchen aktiv nach Investoren und gleichzeitig nach größeren Räumlichkeiten sowie noch vielseitigeren Testmöglichkeiten. Unser Ziel ist nachhaltiges Wachstum, statt einen riskanten und und undurchdachten „Hockeystick“ anzustreben. Wir möchten solide aufgestellt in alle drei Richtungen wachsen und die Profitabilität in den jeweiligen Bereichen dynamisch, aber realistisch erreichen.


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