30.01.2024

“Sind ein 112 Jahre altes Startup” – IBM-Österreich-Chef Marco Porak im Talk

IBM-Österreich-Generaldirektor Marco Porak spricht über die Evolution des Weltkonzerns, strategische Entscheidungen und die aktuell wichtigsten Zukunftstechnologien des “112 Jahre alten Startups”.
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IBM, Porak
(c) IBM/Pepo Schuster - Österreich Generaldirektor Marco Porak.

IBM ist eines der größten Unternehmen der Welt, hat Stand 2022 rund 288.300 Mitarbeiter:innen und macht einen Umsatz von mehr als 60 Mrd. US-Dollar. Ältere Generationen schauen weniger auf diese Zahlen, sondern leben, wenn sie die drei Buchstaben sehen, diverse Erinnerungen durch – für viele war es der erste Kontakt mit einem PC. Doch seither hat sich viel getan.

Österreich-Chef Marco Porak bezeichnet heute IBM als 112 Jahre altes Startup, mit einer immerwährenden Transformation, immerwährender Revolution und Evolution.

IBM und die zwei grundlegenden Bereiche

“IBM ist ein Unternehmen, das im Wesentlichen aus zwei großen Bereichen besteht. Das eine ist der Technologiebereich, der Hardware, Software, Cloud (sowie Quantum) umfasst. Und auf der anderen Seite steht unser Beratungsbereich”, erklärt Porak. “Diese beiden arbeiten sehr eng zusammen, um unsere Kunden optimal zu betreuen.”

Der gesamte Video-Talk mit Marco Porak zum Nachsehen

Damit verweist der CEO auf die Kooperation in einer Art Ökosystem, konkreter auf den Bereich Technologie, der auf der einen Seite mit Consulting als internem und auf der anderen mit externen Partnern zusammenarbeitet.

“Consulting muss per se technologieoffen sein, arbeitet aber natürlich mit unserer eigenen Technologie und auch mit Technologien dritter”, sagt er. “Das Ganze fußt auf einem signifikanten Research- und Development-Apparat, der über die ganze Welt verteilt ist und sehr intensiv mit Academia und mit Universitäten an den ganz großen Themen der Zukunft forscht.”

Ein Grund für genau diese Ausrichtung liegt in der Vergangenheit verankert, als in den letzten Jahren dem Unternehmen zwei wesentliche Meilensteile gelungen sind. Zum einen wurde aus dem “Global Technology Services”-Bereich ein Spin-off, sprich, ein neues Unternehmen am Markt, das gar nichts mehr mit IBM zu tun hat: “Das ist nicht mehr in unserem Mehrheitsbesitz”, erklärt Porak. “Wir haben fast 90.000 Kolleginnen und Kollegen in dieses Unternehmen bewegt, 20 Milliarden Dollar Umsatz. Das war ein substanzieller Teil von IBM.”

Red Hat Ankauf

Der zweite Faktor der Ausrichtung war 2019 der Ankauf der Firma Red Hat (Anm.: 34 Milliarden US-Dollar Kaufpreis) mit ihrem Open-Shift-Portfolio, das vereinfacht als “Betriebssystem der hybriden Cloud” bezeichnet werden kann.

“Das war ein ganz wesentlicher strategischer Schritt, weil wir als IBM sagen, es gibt nicht nur eine Cloud oder nur eine Cloud-Strategie in der IT, sondern die Welt ist hybrid”, führt Porak tiefer aus. “Damit meinen wir, dass speziell große Unternehmen, hauptsächlich unsere Kunden, immer eine Mischform an verschiedenen IT-Technologien verwenden werden, um ihren Zweck optimal zu erreichen. Deswegen diese zwei Meilensteine, und das ist die IBM heute.”

Konstante Veränderung

Porak selbst ist ein 1978er-Jahrgang und hat miterlebt, dass Evolution und Veränderung etwas Konstantes ist. Für den Tech-Giganten macht er in seiner Beobachtung ein paar Evolutionsstufen aus, die das Unternehmen in seiner über 100-jährigen Geschichte durchgemacht hat.

In den 60er bis 80er Jahren etwa kam die Mainframe-Ära auf (Anm.: Hochleistungscomputer mit viel Speicherplatz und Prozessoren, die Milliarden einfacher Berechnungen und Transaktionen in Echtzeit verarbeiten können). Danach der PC, gefolgt von Services und einem Software-Schwerpunkt.

“Heute sind wir in einer Welt aus hybrider Cloud, AI und Quantum angekommen”, sagt Porak. “Diese revolutionären Stufen, wenn ich es so nennen darf, sind meiner Meinung nach wirklich der Weitsicht unserer IBM-Strategen zu verdanken und auch einem enormen Mut.”

“Wahnsinnig gescheit”

Laut Porak hat IBM Ende der 70er Jahre den PC erfunden, merkte aber rund 20 Jahre danach ein Abflachen in diesem Segment. Was zur Folge hatte, dass man aus dem PC-Business ausgestiegen ist. Das und der milliardenschwere Kauf von Red Hat waren strategische Entscheidungen, die nicht einfach zwischen Tür und Angel getroffen wurden, sondern wesentliche Überlegungen dargestellt haben, denkt der Generaldirektor.

“Ich muss zugeben, und das darf ich vielleicht selbstkritisch sagen, wenn unsere Strategen solche strategischen Entscheidungen treffen, wundere ich mich manchmal im ersten Moment, und frage mich, was ist jetzt passiert? Um dann einige Monate später darauf zu kommen, das ist wahnsinnig gescheit”, sagt Porak.

Ein Erfolgsgeheimnis dieser Strategieentscheidungen sei, dass jene in einem kleinen Gremium getroffen werden, alles andere als ein demokratischer Prozess sind, dann aber sehr umfangreich kommuniziert werden, wie Porak erklärt. “Es wird versucht, die ganze Mannschaft in der IBM mit auf den Weg zu nehmen. Auch wenn es danach verschiedene Meinungen gibt, die strategische Entscheidung steht fest. Und diese wird dann in einer sehr konsequenten Kultur des Wandels auch wirklich umgesetzt. Da leisten dann 170 Landesorganisationen ihren Beitrag.”

Dabei stehe “think global, act local” als Mantra hinter diesem Prozess. Konkret bedeutet das, dass IBM lokale Kulturen und lokale Entscheidungswege ernst nimmt, die aber in eine Triebfeder des internationalen Unternehmens IBM eingebettet sind, wie Porak erzählt.

Mut zu großen Würfen

Einen weiteren Erfolgsfaktor sieht der CEO darin begründet, dass es US-amerikanische Kultur ist, Mut zu großen Würfen und großen Investments zu haben. Und eine Fehlerkultur, die Amerikaner Europäern voraus hätten.

Er sagt: “Dazu kommen noch ganz wichtige Aspekte dazu, wie wir in der IBM mit Kultur umgehen. Beispielsweise Inklusion, Diversität. Das sind alles Dinge, die uns aus vollem Herzen wichtig sind. Das ist nicht bloß ‘auf die Fahnen schreiben’, sondern das messen wir ständig. Da gibt es Prozesse dafür.”

Etwa die Zero-Tolerance-Policies, wenn zum Beispiel gegen die IBM-Grundsätze gehandelt wird. Das führe dazu, dass sich ein diverses Team wohlfühlt und an einem Strang ziehen kann.

Richtige Positionierung von IBM

In weiterer Folge führt Porak aus, warum seiner Ansicht nach Hybrid-Cloud, AI und Quantencomputing als Positionierung die richtige strategische Entscheidung war und erklärt, warum er von einem knapp 290.000 Personen fassenden Unternehmen immer wieder beeindruckt ist, mit welcher Geschwindigkeit es reagieren kann.

Als Beispiel nennt er die Quantenforschung bzw. die Entwicklung des Prozessors IBM Quantum Heron – “dem leistungsstärksten Quantum-Prozessor, den es bisher in der IBM-Quantum-Prozessorenreihe gibt”.

“Gleichzeitig haben wir noch einen zweiten neuen Prozessor angekündigt, den Condor-Prozessor. Der erste seiner Art mit mehr als 1.000 Qubits auf einem Chip”, sagt er. “Wesentlich ist daran, dass diese Fülle an neuen Ankündigungen gepaart ist mit einer zehn Jahre definierten Roadmap, wie wir weiterentwickeln wollen.”

IBM greift dazu heute auf ein Quantum-Netzwerk mit mehr als 200 Unternehmen zurück, das rund 1.800 wissenschaftliche Papers zum Thema verfasst hat. Teils alleine, teils mit dem US-Riesen. Auch findet aktuell eine Kooperation mit der NASA statt, wo Gen-AI-Modelle entwickelt werden, die Forschern dabei helfen sollen, weltweit Klimaphänomene zu erforschen.

Die Klima-Fragen

“Wir haben im Wesentlichen mit der NASA gemeinsam Satellitendaten und Satellitenbilder aus der Vergangenheit und natürlich auch aus der Gegenwart in Gen-AI-Modelle überführt, um auf diese Art und Weise mithilfe von AI Rückschlüsse ziehen zu können”, sagt Porak.

Dabei wurden Fragen behandelt, wie: Wie passieren lokale Wetterphänomene? Wie passieren große Wetterphänomene? Und was kann man dagegen tun?

Weiters berichtet Porak von einer AI-Alliance, u.a. mit Meta und rund 50 anderen Unternehmen, die an vertrauenswürdiger Künstlichen Intelligenz forschen; mit einem 50 Mrd. US-Dollar Forschungsbudget.

IBM watsonx

“IBM hat zudem eine Plattform entwickelt, die nennt sich watsonx. Da ist die Governance von AI ein ganz zentraler Bestandteil davon. Damit ist gemeint, dass es beispielsweise in großen Unternehmen viele AI-Modelle geben wird. Nicht nur ein zentrales Modell, sondern viele, die in verschiedenen Domänen wirken. Dabei werden Fragen behandelt, wie etwa, wie viele Modelle habe ich? Warum habe ich die als Unternehmen eigentlich? Wer ist dafür verantwortlich? Was tun die? Wie lange brauchen wir die noch? Auf welchem Stand sind die? Und, warum geben die als Gen-AI die Antwort, die sie geben? Das sind alles Punkte, die für große Unternehmen wichtig sind. Weil eine falsche Antwort einer AI ist für ein Unternehmen eine zu viel”, erklärt Porak. “Das kann ein signifikantes Problem werden. Und deshalb ist es bei uns ganz wichtig zu sagen, wir wollen die Governance über diese Modelle haben. Wir wollen nachvollziehen können, welche Daten wir für AI verwenden. Das wollen wir sehr gezielt machen.”

Abschließend hat Porak für kleine, wie große Unternehmen den Tipp, AI als zentralen Bestandteil der Unternehmensstrategie zu sehen und nicht als “nice to have”. In eigens durchgeführten Studien sei nämlich ganz klar herausgekommen, dass richtig genutzte AI ganz große Wettbewerbsvorteile bringen werde. Denn, so Porak: “Ich bin überzeugt, es wird kaum noch Lösungen geben, die ganz ohne AI auskommen oder designt werden.”

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Österreichische Startups spielen mit ihren Klimatechnologien eine zentrale Rolle bei der Dekarbonierung des Wirtschaftsstandorts. Doch trotz ihrer Bedeutung sahen sich viele dieser Unternehmen 2024 mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert – insbesondere aufgrund der schwierigen Finanzierungslage, die den Zugang zu Kapital deutlich erschwert hat.

Ein Blick auf das jüngste EY-Startup-Barometer zeigt: 2024 hatten immerhin 25 der insgesamt registrierten 149 Finanzierungsrunden einen Bezug zum Thema Nachhaltigkeit, das entspricht jeder sechsten Finanzierungsrunde. 2023 hatte dieser Anteil mit 20 Prozent noch höher gelegen.

Das Gesamtvolumen der Finanzierungsrunden im Jahr 2024, an denen Startups mit Nachhaltigkeits-Fokus beteiligt waren, belief sich laut EY auf 148 Millionen Euro – das entspricht einem Anteil von fast 26 Prozent am insgesamt investierten Risikokapital in Höhe von 578 Millionen Euro. Im Vorjahr waren es noch 175 Millionen Euro, die an Sustainability Startups ausgeschüttet wurden.

Trotz dieser Herausforderungen war 2024 ein Jahr, in dem österreichische ClimateTech-Startups ihre Innovationskraft und Resilienz unter Beweis stellten. Viele Unternehmen konnten wichtige Fortschritte erzielen und ihre Technologien weiterentwickeln, während einige sogar ihre internationale Expansion vorantrieben. Wir werfen hier einen Rückblick auf die wichtigsten Ereignisse heimischer Startups in den Bereichen Energie, Mobilität, Ernährung, Landwirtschaft, Kreislaufwirtschaft, CO₂-Monitoring und Lieferketten-Management.


Energie

Das Jahr 2024 stand im Energiesektor ganz im Zeichen der Energiewende. Besonders beeindruckte das Wiener Startup enspired, das im Mai eine der größten Finanzierungsrunden des Jahres abschloss und 25,5 Millionen Euro in einer Series-B-Runde einsammelte. Mit diesem Kapital plant das Unternehmen die Expansion in die USA und Asien sowie die Vermarktung von über 50 Gigawatt erneuerbarer Energien bis 2035. Die KI-basierte Technologie von enspired optimiert den Handel auf Strommärkten und setzt neue Maßstäbe in der Effizienz von Energienutzung – ein klares Signal für die Stärke Österreichs im globalen Energiemarkt.

enspired-Gründer Jürgen Mayerhofer und Wolfgang Eichberger | (c) enspired

Auch das Wiener Startup Nobile trägt mit seiner Plattform Nobile:Connected zur Transformation der Energiebranche bei. Das Unternehmen kommunizierte im November eine Finanzierungsrunde von fünf Millionen Euro und verfolgt das Ziel, Energieerzeuger in sogenannten Energiegemeinschaften zu verbinden. Diese fördern die Dezentralisierung der Stromnetze und ermöglichen eine direkte Versorgung von Verbrauchern mit erneuerbarer Energie. Zudem kündigte Nobile an, in mehrere europäische Märkte zu expandieren – darunter Italien, Deutschland und Belgien.

Die Nobile-Gründer:innen Peter Gönitzer und Lorena Skiljan | (c) Nobile

Die Energiewende und die Wärmewende sind eng miteinander verknüpft, da die Transformation des Energiesystems ohne die Dekarbonisierung der Wärmeversorgung nicht vollständig erreicht werden kann. Auch hierfür liefern österreichische Startups Lösungen. Das junge Wiener Unternehmen Heizma, das sich seit März auf die Installation von Wärmepumpen spezialisiert hat, erzielte in seinem ersten Geschäftsjahr Aufträge in Höhe von zehn Millionen Euro. 2024 bewies auch ecop, ein Spezialist für industrielle Hochtemperatur-Wärmepumpen, mit einer Finanzierung von 8,5 Millionen Euro und der Einführung neuer Technologien, dass nachhaltige Lösungen auch in der Industrie auf dem Vormarsch sind.

Das Gründerteam von Heizma rund um Michael Kowatschew (Mitte) | (c) Heizma

Das oberösterreichische Scaleup neoom meisterte 2024 trotz eines Personalabbaus Ende 2023 die Herausforderungen des Marktes und setzte seinen Wachstumskurs fort. Mit über 300 Mitarbeitenden und einer starken Präsenz in Deutschland, das bereits 40 Prozent des Umsatzes ausmacht, fokussierte sich das Unternehmen auf digitale Lösungen wie die Energiemanagementsoftware Connect AI. Diese ermöglicht intelligente Energieentscheidungen und treibt die Vernetzung von über 58.000 Geräten an 15.000 Standorten voran, wodurch neoom seinen Beitrag zur Digitalisierung der Energiewirtschaft leistet.

neoom
neoom-CFO Philipp Lobnig und Gründer Walter Kreisel (c) neoom

Das Wiener Startup Hydrogrid setzt mit seiner Softwarelösung zur Optimierung von Wasserkraftwerken neue Maßstäbe in der Energiewirtschaft. Die Technologie ermöglicht eine automatische Anpassung der Stromproduktion an Marktpreise und Umweltbedingungen, wodurch Gewinne maximiert und die Energieerzeugung effizienter gestaltet werden. Hydrogrid hat 2024 einen wichtigen Meilenstein erreicht: In Zusammenarbeit mit dem schwedischen Energieversorger Vattenfall wird die Software künftig in 32 Wasserkraftwerken in Schweden implementiert. Damit stärkte das Unternehmen 2024 seine internationale Präsenz und trägt zur nachhaltigen Nutzung erneuerbarer Energien bei.

Zudem wurden im Energiebereich 2024 auch neue Startups gegründet. Dazu zählt beispielsweise 2nd Cycle, das eine automatisierte Upcycling-Anlage für gebrauchte Photovoltaik-Module entwickelt. Gleichzeitig sicherte sich das im Dezember 2023 gegründete Wiener Startup Balun, das eine Forecasting-Lösung für erneuerbare Energien entwickelt, eine Finanzierung im sechsstelligen Bereich. Diese Technologie soll die Integration von erneuerbaren Energiequellen ins Stromnetz optimieren und damit die Energiewende weiter vorantreiben.

Mobilität

Das Wiener Carsharing-Startup eloop musste im April seinen Betrieb einstellen und ein Sanierungsverfahren einleiten. Als Gründe nannte das Unternehmen erschwerte Wachstumsbedingungen sowie hohe Kosten durch nicht versicherte Fahrzeugschäden.

Eloop, 360Grad
(c) Eloop – Das Eloop-Team erhält Kapital für den Ausbau der „Tokenization as a service“-Plattform.

Ebenfalls von finanziellen Herausforderungen betroffen, konnte das Wiener Mobility-Startup goUrban nach einem Sanierungsantrag im Vorjahr im März 2024 eine Finanzierung von drei Millionen Euro durch Bestandsinvestoren sichern. Im September folgte die Übernahme durch den Hamburger Mitbewerber Wunder Mobility, wobei Marke und Team unter der Leitung von CEO Bojan Jukic erhalten blieben. Gemeinsam streben die Unternehmen an, eine unabhängige Technologieplattform zu schaffen, die neue Maßstäbe für die Sharing-Branche setzt.

Bojan Jukić | (c) GoUrban

Das Grazer Startup Easelink erhielt im Oktober ein Investment von 1,5 Millionen Euro von Verbund X Ventures, um die Internationalisierung seiner “Matrix Charging”-Technologie voranzutreiben. Diese Lösung für automatisiertes Laden von E-Autos wird bereits in Projekten wie “eTaxi Austria” eingesetzt und soll als globaler Industriestandard etabliert werden. In Salzburg arbeitet das Startup FlyNow Aviation an automatisierten eCopter-Flügen. Mit Plänen für erste Cargoflüge 2025 in Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten sowie Investitionen im Millionenbereich will FlyNow die Skalierung seiner Produktion vorantreiben und erschwingliche Fluglösungen realisieren.

COO Yvonne Winter und CEO Jürgen Greil | (c) FlyNow
COO Yvonne Winter und CEO Jürgen Greil | (c) FlyNow

Das Wiener Scaleup Necture, ehemals bekannt als Ubiq, sicherte sich 2024 ebenfalls neue finanzielle Mittel. Mit einer erweiterten Series-A-Finanzierungsrunde in Höhe von insgesamt 2,5 Millionen Euro und einem Rebranding fokussiert sich das Unternehmen auf die Weiterentwicklung seiner SaaS-Plattform. Sie bietet Datenanalysen und Empfehlungen für das sogenannte “Rebalancing” der Flotten, einschließlich optimaler Zeitpunkte und Orte zum Laden von Elektrofahrzeugen.

Christian Adelsberger | (c) Necture

Ernährung und Landwirtschaft

Das Jahr 2024 brachte bedeutende Fortschritte und Innovationen im Bereich Ernährung und Landwirtschaft hervor, wobei österreichische Startups im Bereich der alternativen Proteine zahlreiche Fortschritte erzielten.

Das Wiener Food-Tech-Startup Revo Foods setzte mit der Eröffnung der “Taste Factory” einen neuen Maßstab. Diese weltweit größte Anlage für 3D-Lebensmitteldruck im industriellen Maßstab ermöglicht die Produktion von bis zu 60 Tonnen pflanzlicher Fischalternativen pro Monat. Mit der innovativen “3D-Structuring Technology” entwickelt Revo Foods komplexe Texturen, die Muskelfleisch täuschend echt nachahmen. Das Unternehmen plant, mit seinem Produkt “The Filet – Inspired by Salmon” pflanzliche Fischalternativen im großen Stil verfügbar zu machen.

Gründer Robin Simsa | (c) Revo Foods

Fortschritte erzielte auch das Wiener Biotech-Startup Fermify, dessen rein pflanzliches Kasein im Jahr 2024 von der US-amerikanischen Lebensmittelbehörde FDA als “Generally Recognized As Safe” (GRAS) eingestuft wurde. Dieses pflanzenbasierte Milcheiweiß, entwickelt unter der Leitung von Gründerin und CEO Eva Sommer, ermöglicht die Herstellung von Käse- und Molkereiprodukten ohne tierische Bestandteile. Die GRAS-Anerkennung öffnet Fermify den Weg zur internationalen Markteinführung und unterstreicht die Bedeutung der Präzisionsfermentation für die Entwicklung nachhaltiger Lebensmittelalternativen.

Fermify, veganer Käse, GRAS, FDA
(c) Dani-Ella-Photography – Christoph Herwig und Eva Sommer von Fermify.

Auch neue Startups am Markt wie Green Lilly zeigten, wie Innovation und Nachhaltigkeit in der Lebensmittelbranche kombiniert werden können. Das erst 2024 gegründete oberösterreichische Unternehmen spezialisierte sich auf vegane Gemüseaufstriche in der Tube, die durch natürliche Zutaten, hohen Proteingehalt und lange Haltbarkeit überzeugen. Mit fünf Sorten, die bereits auf internationalen Märkten Aufmerksamkeit erregen, möchte Green Lilly 2025 seine Expansion in Europa vorantreiben.

Gründerin Lilly Messner und Markenbotschafter & Profifußballer Kevin Danso (c) Green Lilly

Im Bereich alternativer Proteinquellen setzte das Wiener Startup Livin Farms seine Expansion in Europa fort. Mit automatisierten Insektenmastanlagen, die jährlich bis zu 100.000 Tonnen organisches Material in Ressourcen wie Protein, Fett und Düngemittel umwandeln, betreut das Unternehmen nun Projekte in Österreich, Spanien, Belgien und Deutschland.

Livin Farms-Gründerin Katharina Unger | (c) Paris Tsitsos / Livin Farms
Livin-Farms-Gründerin Katharina Unger | (c) Paris Tsitsos / Livin Farms

Einen Beitrag zur landwirtschaftlichen Ressourcenschonung leistete das Boku-Spin-off Agrobiogel mit seinem Hydrogel-Granulat “Retentis”. Das biobasierte Produkt kann ein Vielfaches seines Eigengewichts an Wasser speichern und Pflanzen während Trockenperioden versorgen, wodurch Dürreschäden reduziert werden. Dank eines Millioneninvestments wird im ersten Quartal 2025 eine Produktionsanlage in Kooperation mit der Austrocel Hallein GmbH in Betrieb genommen, um die Skalierung dieser innovativen Technologie voranzutreiben.

Gibson S. Nyanhongo, Christoph Ertl und Tobias Keplinger | (c) Agrobiogel

Kreislaufwirtschaft

Das steirische Unternehmen Supaso eröffnete in Löffelbach einen neuen Produktionsstandort, der mit einer Investition von drei Millionen Euro finanziert wurde. In der 3.000 Quadratmeter großen Produktionsstätte produziert Supaso nachhaltige Isolierverpackungen aus recyceltem Altpapier, die insbesondere für den Kühl- und Tiefkühlversand von Lebensmitteln, Babynahrung, Tierfutter und Arzneimitteln eingesetzt werden. Zukünftig plant das Unternehmen, auch Akustikpaneele zur Schalldämmung sowie stoßsichere Verpackungslösungen anzubieten.

Supaso Verpackung aus Recylcingpapier Isoliermaterial umweltfreundlich Fabian Gems Georg Lackner
v.l. Co-Founder Georg Lackner und Fabian Gems (c) Elisabeth Pollak

Im Bereich Kohlefaser-Recycling machte das Linzer Startup Carbon Cleanup 2024 bedeutende Fortschritte. Mit der Inbetriebnahme einer neuen, leistungsstarken Anlagengeneration im August konnte das Unternehmen seine Kapazität auf bis zu 200 Tonnen Kohlenstofffasern pro Jahr erhöhen. Zusätzlich erhielt Carbon Cleanup eine Förderung der Austria Wirtschaftsservice (aws) in Höhe von 700.000 Euro, um die Produktion weiter auszubauen. Eine Kooperation mit KTM Technologies ermöglicht es dem Unternehmen, einen geschlossenen Materialkreislauf für Carbonfaser-Abfälle zu etablieren, was einen wichtigen Schritt für die Kreislaufwirtschaft in der Industrie darstellt.

(c) Carbon Cleanup

Auch der Gründer von öKlo, Niko Bogianzidis, präsentierte 2024 ein visionäres Projekt: “öKlo-Land”, ein Biomasse-Recycling-Center auf 13.000 Quadratmetern nahe Wien, soll ab 2026 organische Wertstoffe wie menschliche Fäkalien in nachhaltige Produkte wie Struvit-Langzeitdünger, Biogas und Holzfaser-Beton umwandeln. Um das Vorhaben zu realisieren, ist die Gründung eines neuen Unternehmens geplant. Bogianzidis möchte sich künftig vollständig auf dieses Projekt konzentrieren und sich aus dem operativen Geschäft von öKlo zurückziehen.

öKlo, Toilette der Zukunft, Phosphor,
(c) öKlo – öKlo-Gründer Niko Bogiansidis.

Neben diesen Entwicklungen setzte das Wiener Scaleup refurbed seinen Wachstumskurs fort und expandierte in die Märkte Belgien, Finnland, Portugal und Tschechien. Mit über 18.000 erneuerten Elektronikprodukten und einer starken Akzeptanz in Osteuropa stärkte refurbed 2024 seine Position als führender Anbieter nachhaltiger Elektroniklösungen. Das Unternehmen plant auch 2025, sein Sortiment weiter auszubauen und beschäftigt mittlerweile über 300 Mitarbeitende.

Das refurbed-Founderteam Kilian Kaminski, Peter Windischhofer und Jürgen Riedl (c) refurbed

Das Grazer Startup Metaloop, ehemals Schrott24, beschleunigte 2024 sein Wachstum nach einer erfolgreichen Series-A-Finanzierungsrunde 2023. Mit monatlichen Umsätzen im achtstelligen Bereich und einem Fokus auf größere B2B-Kunden sowie Produktentwicklung verfolgt Metaloop das Ziel, einen globalen Standard für den Altmetallhandel zu etablieren.

Metaloop, Investment
(c) Metaloop – Die beiden Metaloop-Founder Jan Pannenbäcker (r.) und Alexander Schlick.

Auch nachhaltige Lösungen im Hotelgewerbe zeigten Erfolge: Das Wiener Startup MATR erhielt eine weitere Finanzierung durch Greiner Innoventures und baut sein Angebot für nachhaltige Matratzenlösungen aus, die vollständig recycelbar sind. Neben der Belieferung von über zehn renommierten Hotels plant MATR für 2025 eine Expansion in den Endkundenmarkt und setzt auf EU-Ecodesign- und Circular-Design-Kriterien, um die Kreislaufwirtschaft auch in der Hotellerie voranzutreiben.

v. l. n. r.: Die MATR-Gründerinnen Michaela Stephen und Verena Judmayer mit Christoph Zipko, Senior Venture & Business Model Manager bei Greiner Innoventures und Philipp Kranewitter, Senior Expert Innovation Manager bei Greiner Innoventures | (c) Lisi Specht

Lieferketten und C02-Monitoring

Das Wiener Scaleup Prewave, spezialisiert auf KI-basierte Lösungen für Lieferkettenrisikomanagement, sicherte sich 2024 in einer Series-B-Finanzierungsrunde 63 Millionen Euro. Angeführt wurde die Runde von der Investmentgesellschaft Hedosophia, mit Beteiligung bestehender Investoren wie Creandum, Ventech, Kompas, Speedinvest und Working Capital Fund. Das 2017 von Lisa Smith und Harald Nitschinger gegründete Unternehmen plant auch 2025, mit diesem Investment seine globale Expansion voranzutreiben und die Weiterentwicklung seiner KI-Technologie zu forcieren. Prewaves Plattform identifiziert weltweit 140 Risikoarten, darunter Naturkatastrophen, Cyber-Risiken und ESG-Verstöße, und analysiert Daten in über 400 Sprachen, um Unternehmen bei der Einhaltung internationaler Vorschriften zu unterstützen. Mit dieser Finanzierung strebt Prewave insbesondere eine Expansion in den US-Markt an.

Die Prewave-Gründer:innen Lisa Smith und Harald Nitschinger | (c) Viktoria Waba / brutkasten

Das Wiener Startup EcoNetix, gegründet 2023 von Jakob Zenz und Paul Nimmerfall, erhielt 2024 ein Millioneninvestment, um seine datengetriebene Lösung zum Monitoring und Tracking von CO2-Einsparungen weiterzuentwickeln. Das Unternehmen arbeitet bereits mit Partnern in sechs Ländern auf drei Kontinenten, darunter Aufforstungsprojekte in Afrika und Renaturierungsprojekte an Küsten, und strebt den Aufbau eines weltweiten Carbon-Credit-Portfolios an. Mit Sensoren sammelt EcoNetix Live-Daten, die mehr Transparenz im CO2-Markt schaffen und das Vertrauen in Kompensationsprojekte stärken.

Die beiden EcoNetix-Gründer Paul Nimmerfall und Jakob Zenz (v.l.n.r.) | (c) brutkasten / fabian krausböck

Einen weiteren wichtigen Meilenstein erreichte 2024 auch Everest Carbon, ein Climate-Tech-Startup mit Wurzeln in Linz und Sitz in San Francisco. Das Unternehmen sicherte sich 2024 ein Investment von drei Millionen US-Dollar, finanziert durch Carbon Removal Partners aus Zürich, Ponderosa Ventures aus New York und die Carbon Drawdown Initiative aus Bayern. Trotz der internationalen Ausrichtung bleibt die Forschungs- und Entwicklungsarbeit im Linzer Tech Harbor verankert. Das Kapital fließt in die Weiterentwicklung und Skalierung der firmeneigenen Sensortechnologie, die den Prozess der beschleunigten Gesteinsverwitterung zur CO2-Bindung messbar und skalierbar macht.

Das Gründerteam von Everest Carbon (c) Everest Carbon

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