Hennes Weiss: “TikTok ist für uns als Underground-Brand ein heikles Thema”
Mit einer Vorlauffrist von zwei Jahren hat Hennes Weiss gemeinsam mit seinem Partner Alexander Knechtsberger im Herbst 2023 einen groß angelegten Brand-Relaunch des Lighthouse Festivals vollzogen. Im Zuge der jüngsten Ausgabe in Bad Gastein haben wir mit ihm darüber gesprochen, mit welchen Herausforderungen Lifestyle-Brands - darunter auch Startups - aufgrund der rasanten Entwicklungen im Social Media Bereich heutzutage konfrontiert sind.
Unsere Welt befindet sich im rasanten Wandel. So änderten sich beispielsweise seit der Coronakrise die Konsumgewohnheiten von Menschen. Zudem erleben wir eine immer schnellere technologische Entwicklung der Social-Media-Kanäle. Dadurch ergeben sich auch komplexe Herausforderungen für Lifestyle-Brands. Auch sie müssen sich weiterentwickeln, um die Bedürfnisse und Erwartungen ihrer Zielgruppe zu antizipieren und gleichzeitig relevant und attraktiv zu bleiben. Dementsprechend sind innovative und kreative Ansätze im Branding gefragt. Im Interview mit dem brutkasten erläutert Hennes Weiss, Gründer des Lighthouse Festivals, wie er mit dieser Herausforderung umgeht und teilt seine Learnings eines groß angelegten Brand-Relaunches. Zudem spricht er darüber, welches Potenzial Bad Gastein für die Kreativszene künftig haben könnte und es in Österreich dringend einen ‘Apres-Ski 2.0’ braucht.
Was war der Grund des groß angelegten Brand-Relaunches?
Unsere Zielgruppe befindet sich im Alter von 20 bis 40 Jahren. Das Durchschnittsalter beläuft sich auf 28 Jahre, was im Vergleich zu anderen Musikfestivals – wohl bemerkt – sehr positiv hoch ist. Das bringt aber natürlich eine gewisse Herausforderung mit sich. Alle über 40-Jährigen fallen uns somit nach einer gewissen Zeit als Zielgruppe weg. Wir haben letztes Jahr unser zehnjähriges Jubiläum gefeiert und das war auch der Anlass, dass wir einen großen Change beim Branding umgesetzt haben. Wir mussten schauen, dass wir mit unserer Lifestyle-Brand nach dem Dornröschenschlaf der Coronakrise auch bei der jüngeren Zielgruppe wieder erkannt werden.
Was umfasste der Brand-Relaunch konkret?
Im Prinzip mussten wir von null an starten. Insgesamt haben wir über 100.000 Euro in eine neue Umbrella-Brand investiert, die sehr stark dreidimensional ausgerichtet ist. Dafür haben wir eng mit der Agentur Schlagschatten zusammengearbeitet, mit der wir gemeinsam ein Brand-Manuel entwickelt haben. Schließlich haben wir auch ein eigenes Inhouse-Team geschaffen, das sich u.a. intensiv mit 3D/AI-Visualisierungen befasst. Auf der Website des Lighthouse Festival in Kroatien zeigen wir beispielsweise eine 3D-Art-Visualisierung der vor Ort ‘gescannten’ Location. Zudem haben wir unsere Website komplett neu aufgesetzt, die auch über ein eigenes Buchungssystem verfügt. Für unsere Festivals machen wir nämlich das Ticketing selbst, da Ticket-Provider in der Regel zwischen acht und zwölf Prozent mitschneiden. Als Boutique-Festival haben wir den Anspruch in Zukunft alles selbst und in-house zu machen.
Warum setzt ihr bei der Brand auf 3D/AI-Visualisierungen?
Aufgrund der rasanten Entwicklungen im Social Media-Bereich ändert sich auch die visuelle Sprache. Als Lifestyle-Brand musst du dir daher auch überlegen, welchen Außenauftritt du hast. Sofern wir die jungen Zielgruppen erreichen wollen, müssen wir uns auch entsprechend weiterentwickeln. Daher haben wir uns z.B. intensiv mit dem 3D & AI-Thema beschäftigt, um neue Akzente zu setzen. Wir hatten zudem die Herausforderung, dass die Next-Generation unter 22 Jahren (noch) keinen Bezug zur Marke hat. Daher mussten wir aktiv werden. Nur so können wir langfristig am Markt bestehen bleiben. Im Prinzip betrifft dies jede Lifestyle-Brand. Diese Herausforderung macht mir aber wirklich Spaß. Ich sehe mich nämlich nicht primär als Veranstalter oder Gastronom, sondern als Brand-Developer.
Du hast die rasanten Entwicklungen im Social Media Bereich angesprochen. Welche konkreten Herausforderungen ergeben sich dadurch für eine Lifestyle-Brand?
Generell sehen wir, dass Facebook stark an Bedeutung verliert. Die Zielgruppe zwischen 28 und 40 Jahren ist hingegen vorwiegend auf Instagram aktiv und die jüngere Zielgruppe auf TikTok. Dadurch ergeben sich auch spezifische Herausforderungen, wie man als Lifestyle-Brand seine unterschiedlichen Zielgruppen effektiv erreicht. TikTok ist für uns als Underground-Brand ein heikles Thema, da der Algorithmus sich in der Vergangenheit stark an Trending-Music orientierte. Mit unserer Brand wollen wir aber nicht mit Mainstream-Musik von David Guetta und Co. in Verbindung gebracht werden. Meiner Meinung nach macht TikTok die elektronische Musikszene kaputt. Daher haben wir den Kanal vorerst bewusst nicht bespielt. Allerdings sehen wir auch, dass sich der Algorithmus wieder verändert hat. Daher beobachten wir das Thema TikTok natürlich weiterhin, gleichzeitig schwer abzuschätzen, ob es in zwei bis vier Jahren überhaupt noch relevant ist. Sehr effektiv bei uns ist nach wie vor das klassische, old-school Marketing-Tool des Newsletters. Mit der richtigen Nutzung dieser qualitativen Daten als CRM-Tool hat man immer noch am wenigsten Steuerverlust.
Ich sehe mich nämlich nicht primär als Veranstalter oder Gastronom, sondern als Brand-Developer.
Hennes Weiss
Nach einem Probelauf im vergangenen Jahr fand heuer das Grand Lighthouse Festival in Bad Gastein zum ersten Mal im größeren Rahmen unter der neuen Umbrella-Brand statt. Welche Bilanz ziehst du und inwiefern hat sich der Brand-Relaunch bereits bezahlt gemacht?
Mit dem Overlay der neuen Dachmarke “LIGHTHOUSE” ergibt sich einfacher die Möglichkeit, unterschiedliche Produkte (in unserem Fall Sub-Brand-Events) gleichzeitig nebeneinander, allerdings mit unterschiedlicher Ausrichtung und teilweise überlappender Zielgruppen zu positionieren; nicht zu kannibalisieren, sondern Synergien dazwischen zu schaffen. Während unser Flagship-Event in Kroatien nach wie vor ein fünftägiges 24/7-Underground-Musikfestival ist und bleibt, holen wir mit dem ‘Grand Lighthouse’ sicherlich mehr das obere Drittel unserer Kern-Zielgruppe ab, und gewinnen gleichzeitig ganz neue dazu. Die Projekte Zanzibar & Kapstadt wiederum fungieren als globaler Awareness-Push. Seit dem Relaunch im November konnten wir unserer Instagram Follower fast verdoppeln. Wichtig ist immer organisches Wachstum, ohne in die Mainstream-Falle zu tappen, ich denke für Bad Gastein brauchen wir noch zwei bis drei Editions, um dort anzukommen, wo wir hinwollen.
Warum hat es dich mit dem Lighthouse Festival nach Bad Gastein gezogen und welches Potenzial siehst du in diesem Ort?
Alex und ich hatten schon immer den Traum endlich auch mal als Wiener Unternehmen ein LHF-Festival in der Heimat zu machen. Ich hatte bereits vor sechs Jahren die Idee, in Bad Gastein ein Festival zu organisieren. Dann kam die Coronakrise dazwischen und nach einem ersten Testlauf im vergangenen Jahr sind wir heuer so richtig gestartet. Bad Gastein ist mit seiner Historie und Belle-Epoque-Bauten ein magischer Ort. Nicht umsonst wurde es in der Vergangenheit auch als Monaco der Alpen bezeichnet. In den letzten 50 Jahren war Bad Gastein aber eher eine Art Geisterstadt. Lange Zeit wurden von einem Investor, die nötigen Investitionen geblockt. Seit drei bis vier Jahren tut sich in diesem Ort aber sehr viel in der Weiterentwicklung. So haben beispielsweise Architekten aus Hamburg oder Berlin erkannt, welches Potenzial in diesem Ort steckt und spannende Projekte gestartet. Österreich hat meiner Meinung nach diese Entwicklungen verschlafen, hier wird der Blick leider – oder zum Glück für uns – lieber nach Sölden bis hin zum Arlberg gerichtet. Dabei wäre es so wichtig, an einer neuen Form des Wintertourismus zu arbeiten – quasi an einem ‘Apres-Ski 2.0.’. Hier wollen wir auch mit unserem Festival aktiv einen Beitrag leisten und künftig verstärkt auch die junge Kreativszene – darunter auch Startup-Founder – nach Bad Gastein bringen.
Was hat sich 2024 in der heimischen Climate-Tech-Landschaft getan? brutkasten Earth wirft einen Blick zurück und stellt die wichtigsten Entwicklungen österreichischer Startups und Scaleups und ihrer Klimatechnologien vor.
Was hat sich 2024 in der heimischen Climate-Tech-Landschaft getan? brutkasten Earth wirft einen Blick zurück und stellt die wichtigsten Entwicklungen österreichischer Startups und Scaleups und ihrer Klimatechnologien vor.
Österreichische Startups spielen mit ihren Klimatechnologien eine zentrale Rolle bei der Dekarbonierung des Wirtschaftsstandorts. Doch trotz ihrer Bedeutung sahen sich viele dieser Unternehmen 2024 mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert – insbesondere aufgrund der schwierigen Finanzierungslage, die den Zugang zu Kapital deutlich erschwert hat.
Ein Blick auf das jüngste EY-Startup-Barometer zeigt: 2024 hatten immerhin 25 der insgesamt registrierten 149 Finanzierungsrunden einen Bezug zum Thema Nachhaltigkeit, das entspricht jeder sechsten Finanzierungsrunde. 2023 hatte dieser Anteil mit 20 Prozent noch höher gelegen.
Das Gesamtvolumen der Finanzierungsrunden im Jahr 2024, an denen Startups mit Nachhaltigkeits-Fokus beteiligt waren, belief sich laut EY auf 148 Millionen Euro – das entspricht einem Anteil von fast 26 Prozent am insgesamt investierten Risikokapital in Höhe von 578 Millionen Euro. Im Vorjahr waren es noch 175 Millionen Euro, die an Sustainability Startups ausgeschüttet wurden.
Trotz dieser Herausforderungen war 2024 ein Jahr, in dem österreichische ClimateTech-Startups ihre Innovationskraft und Resilienz unter Beweis stellten. Viele Unternehmen konnten wichtige Fortschritte erzielen und ihre Technologien weiterentwickeln, während einige sogar ihre internationale Expansion vorantrieben. Wir werfen hier einen Rückblick auf die wichtigsten Ereignisse heimischer Startups in den Bereichen Energie, Mobilität, Ernährung, Landwirtschaft, Kreislaufwirtschaft, CO₂-Monitoring und Lieferketten-Management.
Energie
Das Jahr 2024 stand im Energiesektor ganz im Zeichen der Energiewende. Besonders beeindruckte das Wiener Startup enspired, das im Mai eine der größten Finanzierungsrunden des Jahres abschloss und 25,5 Millionen Euro in einer Series-B-Runde einsammelte. Mit diesem Kapital plant das Unternehmen die Expansion in die USA und Asien sowie die Vermarktung von über 50 Gigawatt erneuerbarer Energien bis 2035. Die KI-basierte Technologie von enspired optimiert den Handel auf Strommärkten und setzt neue Maßstäbe in der Effizienz von Energienutzung – ein klares Signal für die Stärke Österreichs im globalen Energiemarkt.
Auch das Wiener Startup Nobile trägt mit seiner Plattform Nobile:Connected zur Transformation der Energiebranche bei. Das Unternehmen kommunizierte im November eine Finanzierungsrunde von fünf Millionen Euro und verfolgt das Ziel, Energieerzeuger in sogenannten Energiegemeinschaften zu verbinden. Diese fördern die Dezentralisierung der Stromnetze und ermöglichen eine direkte Versorgung von Verbrauchern mit erneuerbarer Energie. Zudem kündigte Nobile an, in mehrere europäische Märkte zu expandieren – darunter Italien, Deutschland und Belgien.
Die Energiewende und die Wärmewende sind eng miteinander verknüpft, da die Transformation des Energiesystems ohne die Dekarbonisierung der Wärmeversorgung nicht vollständig erreicht werden kann. Auch hierfür liefern österreichische Startups Lösungen. Das junge Wiener Unternehmen Heizma, das sich seit März auf die Installation von Wärmepumpen spezialisiert hat, erzielte in seinem ersten Geschäftsjahr Aufträge in Höhe von zehn Millionen Euro. 2024 bewies auch ecop, ein Spezialist für industrielle Hochtemperatur-Wärmepumpen, mit einer Finanzierung von 8,5 Millionen Euro und der Einführung neuer Technologien, dass nachhaltige Lösungen auch in der Industrie auf dem Vormarsch sind.
Das oberösterreichische Scaleup neoom meisterte 2024 trotz eines Personalabbaus Ende 2023 die Herausforderungen des Marktes und setzte seinen Wachstumskurs fort. Mit über 300 Mitarbeitenden und einer starken Präsenz in Deutschland, das bereits 40 Prozent des Umsatzes ausmacht, fokussierte sich das Unternehmen auf digitale Lösungen wie die Energiemanagementsoftware Connect AI. Diese ermöglicht intelligente Energieentscheidungen und treibt die Vernetzung von über 58.000 Geräten an 15.000 Standorten voran, wodurch neoom seinen Beitrag zur Digitalisierung der Energiewirtschaft leistet.
Das Wiener Startup Hydrogrid setzt mit seiner Softwarelösung zur Optimierung von Wasserkraftwerken neue Maßstäbe in der Energiewirtschaft. Die Technologie ermöglicht eine automatische Anpassung der Stromproduktion an Marktpreise und Umweltbedingungen, wodurch Gewinne maximiert und die Energieerzeugung effizienter gestaltet werden. Hydrogrid hat 2024 einen wichtigen Meilenstein erreicht: In Zusammenarbeit mit dem schwedischen Energieversorger Vattenfall wird die Software künftig in 32 Wasserkraftwerken in Schweden implementiert. Damit stärkte das Unternehmen 2024 seine internationale Präsenz und trägt zur nachhaltigen Nutzung erneuerbarer Energien bei.
Zudem wurden im Energiebereich 2024 auch neue Startups gegründet. Dazu zählt beispielsweise 2nd Cycle, das eine automatisierte Upcycling-Anlage für gebrauchte Photovoltaik-Module entwickelt. Gleichzeitig sicherte sich das im Dezember 2023 gegründete Wiener Startup Balun, das eine Forecasting-Lösung für erneuerbare Energien entwickelt, eine Finanzierung im sechsstelligen Bereich. Diese Technologie soll die Integration von erneuerbaren Energiequellen ins Stromnetz optimieren und damit die Energiewende weiter vorantreiben.
Mobilität
Das Wiener Carsharing-Startup eloop musste im April seinen Betrieb einstellen und ein Sanierungsverfahren einleiten. Als Gründe nannte das Unternehmen erschwerte Wachstumsbedingungen sowie hohe Kosten durch nicht versicherte Fahrzeugschäden.
Ebenfalls von finanziellen Herausforderungen betroffen, konnte das Wiener Mobility-Startup goUrban nach einem Sanierungsantrag im Vorjahr im März 2024 eine Finanzierung von drei Millionen Euro durch Bestandsinvestoren sichern. Im September folgte die Übernahme durch den Hamburger Mitbewerber Wunder Mobility, wobei Marke und Team unter der Leitung von CEO Bojan Jukic erhalten blieben. Gemeinsam streben die Unternehmen an, eine unabhängige Technologieplattform zu schaffen, die neue Maßstäbe für die Sharing-Branche setzt.
Das Grazer Startup Easelink erhielt im Oktober ein Investment von 1,5 Millionen Euro von Verbund X Ventures, um die Internationalisierung seiner “Matrix Charging”-Technologie voranzutreiben. Diese Lösung für automatisiertes Laden von E-Autos wird bereits in Projekten wie “eTaxi Austria” eingesetzt und soll als globaler Industriestandard etabliert werden. In Salzburg arbeitet das Startup FlyNow Aviation an automatisierten eCopter-Flügen. Mit Plänen für erste Cargoflüge 2025 in Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten sowie Investitionen im Millionenbereich will FlyNow die Skalierung seiner Produktion vorantreiben und erschwingliche Fluglösungen realisieren.
Das Wiener Scaleup Necture, ehemals bekannt als Ubiq, sicherte sich 2024 ebenfalls neue finanzielle Mittel. Mit einer erweiterten Series-A-Finanzierungsrunde in Höhe von insgesamt 2,5 Millionen Euro und einem Rebranding fokussiert sich das Unternehmen auf die Weiterentwicklung seiner SaaS-Plattform. Sie bietet Datenanalysen und Empfehlungen für das sogenannte “Rebalancing” der Flotten, einschließlich optimaler Zeitpunkte und Orte zum Laden von Elektrofahrzeugen.
Ernährung und Landwirtschaft
Das Jahr 2024 brachte bedeutende Fortschritte und Innovationen im Bereich Ernährung und Landwirtschaft hervor, wobei österreichische Startups im Bereich der alternativen Proteine zahlreiche Fortschritte erzielten.
Das Wiener Food-Tech-Startup Revo Foods setzte mit der Eröffnung der “Taste Factory” einen neuen Maßstab. Diese weltweit größte Anlage für 3D-Lebensmitteldruck im industriellen Maßstab ermöglicht die Produktion von bis zu 60 Tonnen pflanzlicher Fischalternativen pro Monat. Mit der innovativen “3D-Structuring Technology” entwickelt Revo Foods komplexe Texturen, die Muskelfleisch täuschend echt nachahmen. Das Unternehmen plant, mit seinem Produkt “The Filet – Inspired by Salmon” pflanzliche Fischalternativen im großen Stil verfügbar zu machen.
Fortschritte erzielte auch das Wiener Biotech-Startup Fermify, dessen rein pflanzliches Kasein im Jahr 2024 von der US-amerikanischen Lebensmittelbehörde FDA als “Generally Recognized As Safe” (GRAS) eingestuft wurde. Dieses pflanzenbasierte Milcheiweiß, entwickelt unter der Leitung von Gründerin und CEO Eva Sommer, ermöglicht die Herstellung von Käse- und Molkereiprodukten ohne tierische Bestandteile. Die GRAS-Anerkennung öffnet Fermify den Weg zur internationalen Markteinführung und unterstreicht die Bedeutung der Präzisionsfermentation für die Entwicklung nachhaltiger Lebensmittelalternativen.
Auch neue Startups am Markt wie Green Lilly zeigten, wie Innovation und Nachhaltigkeit in der Lebensmittelbranche kombiniert werden können. Das erst 2024 gegründete oberösterreichische Unternehmen spezialisierte sich auf vegane Gemüseaufstriche in der Tube, die durch natürliche Zutaten, hohen Proteingehalt und lange Haltbarkeit überzeugen. Mit fünf Sorten, die bereits auf internationalen Märkten Aufmerksamkeit erregen, möchte Green Lilly 2025 seine Expansion in Europa vorantreiben.
Im Bereich alternativer Proteinquellen setzte das Wiener Startup Livin Farms seine Expansion in Europa fort. Mit automatisierten Insektenmastanlagen, die jährlich bis zu 100.000 Tonnen organisches Material in Ressourcen wie Protein, Fett und Düngemittel umwandeln, betreut das Unternehmen nun Projekte in Österreich, Spanien, Belgien und Deutschland.
Einen Beitrag zur landwirtschaftlichen Ressourcenschonung leistete das Boku-Spin-off Agrobiogel mit seinem Hydrogel-Granulat “Retentis”. Das biobasierte Produkt kann ein Vielfaches seines Eigengewichts an Wasser speichern und Pflanzen während Trockenperioden versorgen, wodurch Dürreschäden reduziert werden. Dank eines Millioneninvestments wird im ersten Quartal 2025 eine Produktionsanlage in Kooperation mit der Austrocel Hallein GmbH in Betrieb genommen, um die Skalierung dieser innovativen Technologie voranzutreiben.
Kreislaufwirtschaft
Das steirische Unternehmen Supaso eröffnete in Löffelbach einen neuen Produktionsstandort, der mit einer Investition von drei Millionen Euro finanziert wurde. In der 3.000 Quadratmeter großen Produktionsstätte produziert Supaso nachhaltige Isolierverpackungen aus recyceltem Altpapier, die insbesondere für den Kühl- und Tiefkühlversand von Lebensmitteln, Babynahrung, Tierfutter und Arzneimitteln eingesetzt werden. Zukünftig plant das Unternehmen, auch Akustikpaneele zur Schalldämmung sowie stoßsichere Verpackungslösungen anzubieten.
Im Bereich Kohlefaser-Recycling machte das Linzer Startup Carbon Cleanup 2024 bedeutende Fortschritte. Mit der Inbetriebnahme einer neuen, leistungsstarken Anlagengeneration im August konnte das Unternehmen seine Kapazität auf bis zu 200 Tonnen Kohlenstofffasern pro Jahr erhöhen. Zusätzlich erhielt Carbon Cleanup eine Förderung der Austria Wirtschaftsservice (aws) in Höhe von 700.000 Euro, um die Produktion weiter auszubauen. Eine Kooperation mit KTM Technologies ermöglicht es dem Unternehmen, einen geschlossenen Materialkreislauf für Carbonfaser-Abfälle zu etablieren, was einen wichtigen Schritt für die Kreislaufwirtschaft in der Industrie darstellt.
Auch der Gründer von öKlo, Niko Bogianzidis, präsentierte 2024 ein visionäres Projekt: “öKlo-Land”, ein Biomasse-Recycling-Center auf 13.000 Quadratmetern nahe Wien, soll ab 2026 organische Wertstoffe wie menschliche Fäkalien in nachhaltige Produkte wie Struvit-Langzeitdünger, Biogas und Holzfaser-Beton umwandeln. Um das Vorhaben zu realisieren, ist die Gründung eines neuen Unternehmens geplant. Bogianzidis möchte sich künftig vollständig auf dieses Projekt konzentrieren und sich aus dem operativen Geschäft von öKlo zurückziehen.
Neben diesen Entwicklungen setzte das Wiener Scaleup refurbed seinen Wachstumskurs fort und expandierte in die Märkte Belgien, Finnland, Portugal und Tschechien. Mit über 18.000 erneuerten Elektronikprodukten und einer starken Akzeptanz in Osteuropa stärkte refurbed 2024 seine Position als führender Anbieter nachhaltiger Elektroniklösungen. Das Unternehmen plant auch 2025, sein Sortiment weiter auszubauen und beschäftigt mittlerweile über 300 Mitarbeitende.
Das Grazer Startup Metaloop, ehemals Schrott24, beschleunigte 2024 sein Wachstum nach einer erfolgreichen Series-A-Finanzierungsrunde 2023. Mit monatlichen Umsätzen im achtstelligen Bereich und einem Fokus auf größere B2B-Kunden sowie Produktentwicklung verfolgt Metaloop das Ziel, einen globalen Standard für den Altmetallhandel zu etablieren.
Auch nachhaltige Lösungen im Hotelgewerbe zeigten Erfolge: Das Wiener Startup MATR erhielt eine weitere Finanzierung durch Greiner Innoventures und baut sein Angebot für nachhaltige Matratzenlösungen aus, die vollständig recycelbar sind. Neben der Belieferung von über zehn renommierten Hotels plant MATR für 2025 eine Expansion in den Endkundenmarkt und setzt auf EU-Ecodesign- und Circular-Design-Kriterien, um die Kreislaufwirtschaft auch in der Hotellerie voranzutreiben.
Lieferketten und C02-Monitoring
Das Wiener Scaleup Prewave, spezialisiert auf KI-basierte Lösungen für Lieferkettenrisikomanagement, sicherte sich 2024 in einer Series-B-Finanzierungsrunde 63 Millionen Euro. Angeführt wurde die Runde von der Investmentgesellschaft Hedosophia, mit Beteiligung bestehender Investoren wie Creandum, Ventech, Kompas, Speedinvest und Working Capital Fund. Das 2017 von Lisa Smith und Harald Nitschinger gegründete Unternehmen plant auch 2025, mit diesem Investment seine globale Expansion voranzutreiben und die Weiterentwicklung seiner KI-Technologie zu forcieren. Prewaves Plattform identifiziert weltweit 140 Risikoarten, darunter Naturkatastrophen, Cyber-Risiken und ESG-Verstöße, und analysiert Daten in über 400 Sprachen, um Unternehmen bei der Einhaltung internationaler Vorschriften zu unterstützen. Mit dieser Finanzierung strebt Prewave insbesondere eine Expansion in den US-Markt an.
Das Wiener Startup EcoNetix, gegründet 2023 von Jakob Zenz und Paul Nimmerfall, erhielt 2024 ein Millioneninvestment, um seine datengetriebene Lösung zum Monitoring und Tracking von CO2-Einsparungen weiterzuentwickeln. Das Unternehmen arbeitet bereits mit Partnern in sechs Ländern auf drei Kontinenten, darunter Aufforstungsprojekte in Afrika und Renaturierungsprojekte an Küsten, und strebt den Aufbau eines weltweiten Carbon-Credit-Portfolios an. Mit Sensoren sammelt EcoNetix Live-Daten, die mehr Transparenz im CO2-Markt schaffen und das Vertrauen in Kompensationsprojekte stärken.
Einen weiteren wichtigen Meilenstein erreichte 2024 auch Everest Carbon, ein Climate-Tech-Startup mit Wurzeln in Linz und Sitz in San Francisco. Das Unternehmen sicherte sich 2024 ein Investment von drei Millionen US-Dollar, finanziert durch Carbon Removal Partners aus Zürich, Ponderosa Ventures aus New York und die Carbon Drawdown Initiative aus Bayern. Trotz der internationalen Ausrichtung bleibt die Forschungs- und Entwicklungsarbeit im Linzer Tech Harbor verankert. Das Kapital fließt in die Weiterentwicklung und Skalierung der firmeneigenen Sensortechnologie, die den Prozess der beschleunigten Gesteinsverwitterung zur CO2-Bindung messbar und skalierbar macht.
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