31.08.2017

Wirtschaftsgespräche in Alpbach: A.I. trifft auf Homo Faber Digitalis

Bei den Wirtschaftsgesprächen im Rahmen des diesjährigen Europäischen Forums in Alpbach sind künstliche Intelligenzen sowie die Digitalisierung und der richtige Umgang mit den damit einhergehenden, technologischen Innovationen, zentrale Themen. Der Brutkasten hat für euch die Ohren gespitzt!
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Zeit ist das wertvollste Gut in unserem Universum und künstliche Intelligenz könnte uns helfen endlich mehr aus den 24 Stunden pro Tag zu machen. Tatsächlich revolutionieren Maschinen und Roboter bereits jetzt viele Sektoren und übertrumpfen menschliche Leistungen in vielen Bereichen. Wo dabei der Platz für den Menschen bleibt, wurde am Donnerstag bei einer spannenden Breakout-Session mit dem Titel „Der Maschinenkollege – Freund oder Feind?” in Alpbach thematisiert. Moderiert von der Puls4 Informationschefin Corinna Milborn diskutierten dazu der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie, Jörg Leichtfried, die General Managerin von Microsoft Österreich, Dorothee Ritz, AK-Direktor Christoph Klein und Accenture Country Managing Director Michael Zettel. Das Interesse der Teilnehmer des Europäischen Forums war groß und der Veranstaltungsraum daher trotz hoher Temperaturen entsprechend gefüllt.

Am Nachmittag beschäftigte sich ein reines Damen-Panel mit dem spannenden Thema „Homo faber digitalis: Der arbeitende Mensch auf dem globalen, digitalen Marktplatz”. Renate Brauner, Stadträtin für Finanzen, Wirtschaft und Internationales, Katharina Klausberger, die Co-Gründerin des digitalen Flohmarkts Shpock, Margarete Schramböck, CEO von A1 Telekom Austria, Sylvia Kuba, Leiterin „Prozess Digitalisierung“ in der Arbeiterkammer Wien und Sarah Spiekermann-Hoff, Professorin am Institut für Management Information Systems an der WU Wien teilten ihre Gedanken rund um neue Arbeitswelten. Moderiert wurde dieses Panel von der Gründerin und Chefredakteurin des englischsprachigen Magazins Metropole.

Die Roboter kommen

„Die Roboter kommen nicht nur, sie sind schon da”, sagt Minister Leichtfried zu Beginn der offenen Diskussion. Nun sei es an der Zeit, dass auch von Seiten der Politik Vorschläge für den richtigen Umgang mit den neuen Technologien kommen würden, die dann natürlich auch umgesetzt werden müssen. Dabei sollen stets die Menschen im Mittelpunkt stehen bzw. klar die Vorteile für den Menschen in den Vordergrund gestellt werden. Dorothee Ritz ist sich sicher, dass „Roboter und A.I. Menschen sinnvoll unterstützen und nicht ersetzen werden”. Dabei soll sich die künstliche Intelligenz vor allem mit den durch die Digitalisierung entstehenden, riesigen Datenmengen beschäftigt werden, während wir Menschen unsere Stärken in den Bereichen Empathie, Kreativität und Zusammenarbeit ausbauen sollten. „Branchen, die mutig digitalisieren schaffen Arbeitsplätze”, betont sie. „Wir dürfen keine Angst vor der Digitalisierung haben, sondern müssen richtig Gas geben”, ergänzt Michael Zettel von Accenture. Maschinen seien die Freunde des Menschen und der Mensch sei den Maschinen überlegen.

Für Zettel schafft die Künstliche Intelligenz mikroökonomisches Wachstum und sie mache Unternehmen effizienter und produktiver. Die Geschwindigkeit der Veränderungen sei aktuell die größte Herausforderung. Für den Direktor der Arbeiterkammer ist es im Zusammenhang mit A.I. eine Erfolgsstory, dass ökonomisch gesehen die Produktivität gesteigert würde und das mit weniger Arbeitsaufwand für den Menschen. Um keine großen Arbeitsplatzverluste verbuchen zu müssen sollten wir mit der künstlichen Intelligenz kooperieren und darauf achten, dass es nicht zu Verteilungskämpfen kommen würde.

Redaktionstipps

Stand der Dinge

„Österreich könnte mit KI zum globalen Champion werden. Doch die meisten Unternehmen in Österreich sind zu stark gewinnorientiert und das Bewahren steht meist vor dem Probieren. Doch man muss auch investieren, wenn der Ausgang nicht immer absehbar ist. Erst wenige Unternehmen gehen den gesamten Transformationsweg”, erklärt Michael Zettel und betont zudem, dass die Digitalisierung laufende Fortbildungen erfordert. „Lebenslanges Lernen ist ein Must-have”, sagt er. „Generell kann man sagen, dass gut ausgebildete Menschen am meisten von der Digitalisierung profitieren. Die Frage ist, wie man mit jenen umgeht, die den Sprung nicht schaffen”, gibt AK-Direktor Christoph Klein zu bedenken.

Dorothee Ritz betont, dass eine große Herausforderung darin bestehen wird moderne Arbeitsumfelder zu schaffen, in dem dezentral und mobil zusammengearbeitet und über Hierarchien hinausgehend neue Ideen zu finden. Nach einer spannenden Diskussion mit zahlreichen interessanten und produktiven Wortmeldungen aus dem Publikum konnte auch herausgearbeitet werden, dass im Bereich der Bildung schon so früh wie möglich moderne Programmiersprachen gelehrt werden sollten. Dazu wäre es notwendig mathematisches, logisches Denken als attraktiv zu präsentieren, damit es gelingt junge Menschen dafür zu faszinieren. Zudem können wir das volle Potenzial der neuen Technologien nur dann voll ausschöpfen, wenn wir es in die Hände von allen legen, um vor allem grundlegende (gesellschaftliche) Probleme zu lösen wie etwa die Umwelt zu schonen. Wenn wir A.I. richtig und mutig einsetzen, wird das unsere Welt besser machen.

Neue Arbeitswelt

Auch die Breakout-Session mit dem vielversprechenden Titel „Homo faber digitalis: Der arbeitende Mensch auf dem globalen, digitalen Marktplatz” beschäftigte sich am Mittwoch Nachmittag mit dem technischen Fortschritt und wie sich damit auch unsere Arbeitswelt verändern wird. „Die Frage ist doch wie wir die technologische Entwicklung nutzen und wie wir das verteilen, was dadurch mehr erwirtschaftet werden kann”, sagt die Wiener Stadträtin Renate Brauner einleitend. „Durch den technischen Fortschritt hat sich die Zahl der Arbeitsstunden halbiert und wir alle haben mehr Freizeit bekommen. Gleichzeitig haben Automatisierungstechniken vor allem monotone Arbeiten ersetzt”, erklärt Sylvia Kuba von der Arbeiterkammer. Von den negativen Effekten der Digitalisierung seien vor allem Jobs mit hohen Routineanteilen betroffen.

Katharina Klausberger, die Co-Gründerin von Shpock, konnte durch den Aufbau und den darauffolgenden, erfolgreichen Exit ihres Startups viel Erfahrung auf dem globalen Online-Markt sammeln. Dort müsse man heute fokussierter und schneller, aber mit weniger Ressourcen agieren. ”Don’t be an know it all, be a learn it all”, gibt sie dem Publikum als Ratschlag mit. Um die Möglichkeiten und Chancen der Digitalisierung entsprechend nutzen und implementieren zu können, fordert Margarete Schramböck, CEO der Telekom Austria, eine einheitliche Datenschutzregelung für Europa, die einen gemeinsamen Rahmen schaffen sollte, um das volle Potenzial zu nutzen. „Jedoch müssen die Dinge leicht zu tun sein und zu viel Regulierung ist auch nicht gut”, betont sie. Im Gespräch mit dem Publikum zeigte sich auch hier das dringende Bedürfnis einer Schulreform, um Schulen innovativer zu gestalten und schon Kinder zu eigenständigem Denken zu erziehen. Zudem sollten unbedingt auch Langzeitfolgen für weniger entwickelte Wirtschaftssysteme und Nationen in entsprechende Überlegungen miteinbezogen werden.

Um die Digitalkompetenz des Standort Wiens verstärkt sichtbar zu machen, finden von Mittwoch, 20. bis Donnerstag, 21. September 2017 an der Universität Wien die DigitalDays 2017 statt, wie Renate Brauner zum Ende der Diskussionsrunde ankündigt. „Im Silicon Valley kann man nur wirklich super leben, wenn man jung, gesund und erfolgreich ist. Doch in Wien kann man auch gut leben, wenn man nicht mehr ganz so jung, gesund und nicht mehr ganz so erfolgreich ist”, sagt sie bestimmt.

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Analyser, CSRD, EU-Taxonomie
(c) - PwC Österreich -Das Konsortium des Projekts "Analyser" beim Kick-Off.

Die Regeln der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), die in den kommenden Jahren sukzessive schlagend werden, bedeuten für zahlreiche österreichische Unternehmen eine Verpflichtung zur Nachhaltigkeitsberichterstattung. Bei vielen von diesen – auch jene, die freiwillig schon früher als erforderlich mit der Umsetzung starten – werden Schwierigkeiten erwartet, die Anforderungen zu erfüllen, da insbesondere KMU nicht über ausreichend Kapazitäten für interne Nachhaltigkeitsabteilungen verfügen würden.

CSRD und Taxonomie

Dies gilt im Besonderen für die EU-Taxonomie, die ergänzend zur CSRD anzuwenden ist. Gemäß ihr müssen die wirtschaftlichen Aktivitäten eines Unternehmens als nachhaltig oder nicht-nachhaltig deklariert werden.

Die Verordnung umfasst umfangreiche und detaillierte Kriterien, die für Ungeübte nicht leicht zu verstehen sind. Deshalb will in einem kürzlich gestarteten Forschungsprojekt namens “AI Enabled Sustainability Jurisdiction Demonstrator” (Analyser) ein Forschungskonsortium KI-basierte Module entwickeln. Die sollen es auch ungeschulten Anwenderinnen und Anwendern ermöglichen, die gesetzlichen Meldepflichten zu erfüllen. So soll eine Erleichterung für Unternehmen erzielt werden.

“Das oberste Ziel unseres Projekts ist es, die Zahl der KMU zu erhöhen, die selbstständig in der Lage sind, die EU-Taxonomie in guter Qualität zu berichten”, erklärt Maximilian Nowak, der das Projekt bei Fraunhofer Austria leitet.

Das Konsortium

Das Konsortium, bestehend aus Fraunhofer Austria, Universität Innsbruck, Technischer Universität (TU) Wien, Leiwand AI, PwC Wirtschaftsprüfgesellschaft, der Wirtschaftsagentur Niederösterreich ecoplus, Murexin und Lithoz wird dafür Teile des Prozesses mithilfe von Künstlicher Intelligenz automatisieren. Ein Chatbot, der auf einem eigens kreierten Sprachmodell beruht, soll mit den Anwenderinnen und Anwendern im Dialog stehen und sicherstellen, dass alle benötigten Dokumente vorliegen.

Es sind nämlich viele Fragen im Rahmen der Nachhaltigkeitsberichterstattung zu klären: Welche wirtschaftlichen Aktivitäten gibt es im Unternehmen? Wie umfangreich sind diese? Welche davon sind taxonomiefähig, können also überhaupt nach den Kriterien bewertet werden?

Josef Baumüller, der von Seiten der TU Wien an dem Projekt beteiligt ist, sagt: “Es ist vielen noch nicht bewusst, wie komplex die Anforderungen zunächst an die Datenerhebung und anschließend an die Klassifizierung sind. Die Prozesslandschaft im Unternehmen muss erfasst und auf die Vorgaben der EU-Taxonomie übergeleitet werden, darüber hinaus gilt es, relevante Datenbedarfe zu identifizieren und im Sinne der Effizienz v.a. bereits vorhandene Datenbestände zu nützen.”

CSRD-Berichterstattung eine Herausforderung

Dass eine Unterstützung der Unternehmen unumgänglich ist, sagt auch Stefan Merl von der PwC Österreich GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft: “Wir spüren bereits jetzt eine massive Zunahme in den Anfragen von Unternehmen, insbesondere von KMU, die sehen, dass die Erfüllung der CSRD-Berichterstattungspflichten eine große Herausforderung ist. Es führt kein Weg daran vorbei, eine automatisierte Lösung zu entwickeln, die weit über den Automatisierungsgrad bestehender Tools hinausgeht. Genau das wollen wir im Projekt ‘Analyser’ verwirklichen.”

Dabei ist essenziell, dass die im Tool eingesetzte KI fair, nachvollziehbar und korrekt arbeitet. Dafür soll Leiwand AI GmbH die nötige Expertise in das Projekt einbringen.

“In einer so kritischen Angelegenheit wie der Nachhaltigkeitsberichterstattung ist es besonders wichtig, dass auch Maßnahmen hinsichtlich einer zuverlässigen und fairen KI-Lösung getroffen werden. Durch den Einsatz verschiedener Methoden rund um nachhaltige und vertrauenswürdige KI werden wir dazu beitragen, dass der ‘Analyser’ gesicherte Informationen liefert, fair in Bezug auf Bias und Diskriminierung ist und im Einklang mit dem EU AI Act steht”, sagt Mira Reisinger, Data Scientist bei Leiwand AI.

Das Projekt ist im Herbst 2024 gestartet, läuft über drei Jahre und wird durch die FFG aus Mitteln des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie gefördert.

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