27.09.2019

Wahlprogramm der ÖVP: Die wichtigsten Punkte für die Wirtschaft

Im Vorfeld der Nationalratswahl 2019 analysiert der brutkasten die Wahlprogramme der größten österreichischen Parteien. Diesmal nehmen wir das Programm der ÖVP unter die Lupe. Unter anderem geht es dabei um die Digitalsteuer, und CO2-Zölle, sowie um Bürokratieabbau und Schuldenbremse.
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ÖVP Volkspartei Sebastian Kurz
(c) Volkspartei /Facebook

Anlässlich der Nationalratswahl 2019 analysiert der brutkasten die Programme der größten Parteien im Wahlkampf. Diesmal haben wir uns das Wahlprogramm der ÖVP angesehen.

Digitalsteuer und Besteuerung von Kerosin und CO2-Zölle

Ähnlich wie in Großbritannien oder in Frankreich sollen auch in Österreich die internationalen Internetkonzerne besteuert werden. Weiters sollen CO2-Zölle auf europäischer Ebene eingeführt werden, damit Importe aus Drittstaaten sich den europäischen Standards anpassen.


Die Wahlprogramm der Parteien in der brutkasten-Analyse:

Allerdings ist diese Maßnahme im Hinblick auf die österreichische Landwirtschaft entstanden. Denn die landwirtschaftlichen Importe schaden den östterreichischen Landwirten am meisten, weil sie Produkte weitaus billiger anbieten als die heimischen Anbieter. Überraschend ist die Forderung nach einer Steuer auf Kerosin und Kraftstoffe für Schifffahrten, die auf europäischer Ebene eingeführt werden soll – was schwierig sein dürfte, da die Mitgliedsstaaten hier ein Vetorecht haben.

Steuer- und Abgabenquote Richtung 40 Prozent senken

Die Senkung der Steuern ist eine permanente ÖVP Forderung. Man ist ihr auch in den 1,5 Jahren nähergekommen – wenn auch nicht in besonderes großem Ausmaß: Im Jahr 2018 lag die Quote bei 42,8 Prozent, 2019 sind es 42,6 Prozent und 2020 sollen es 42,2 Prozent sein.

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Weiters fordert man eine Absenkung der Lohnsteuerstufen von 25/35/42 auf 20/30/40 Prozent. Wie das finanziert werden soll, wird nicht näher erläutert. Von 2017 bis 2022 soll laut der Agenda-Austria Prognosen die kalte Progression 8,52 Milliarden in die Staatskassen spülen. Zwar will die ÖVP die Abschaffung, jedoch erklärt sie auch hier die Finanzierung nicht.

Schuldenbremse und Bürokratieabbau

Für KMU und Startups sollen Behördenwege erleichtert werden. Die Unternehmensgründung soll in Zukunft schnell und einfach abgewickelt werden können. Die Beteiligung von Mitarbeitern und Investoren soll einfacher werden.

In frühen Phasen des Unternehmens sollen Erleichterungen bei Steuern und Abgaben, wenn es um die ersten Mitarbeiter geht, geboten werden. Zudem sollen keine neuen Schulden gemacht werden.

Eine Frage der Finanzierung – auch im Wahlprogramm der ÖVP

Alle Programme haben eines gemeinsam: Sie fordern Dinge, die mehr kosten, als man finanzieren kann. Das ist in einer Demokratie zwar normal, jedoch bleibt sie eine wichtige Frage, die man zu beantworten hat. Denn bis 2023 wurden allein innerhalb von drei Nationalratssitzungen 4,5 Milliarden Euro verplant. Der Überschuss, der bis 2023 sich auf 3,2 Milliarden summierte, ist damit verschwunden.

Es gibt für Kurz als potentiellen Kanzler drei Optionen: Im Budget kürzen, nur ausgewählte Projekte finanzieren und damit keine neuen Schulden machen. Oder mehr Projekte finanzieren und neue Schulden machen. Oder, drittens: Bei einem weiterhin starken Wirtschaftswachstum in der glücklichen Situation zu sein, auch ohne neue Schulden diverse Projekte finanzieren zu können.

Der letzte Überschuss im Budget hatte nämlich damit zu tun, dass Österreich ein BIP Wachstum von drei Prozente hatte. Prognosen besagen jedoch, dass die künftigen Jahre geringer ausfallen werden – weshalb man sich entweder verschulden wird müssen, um Vorhaben zu finanzieren oder Ausgaben kürzen müssen, um die Schulden zu minimieren.

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Analyser, CSRD, EU-Taxonomie
(c) - PwC Österreich -Das Konsortium des Projekts "Analyser" beim Kick-Off.

Die Regeln der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), die in den kommenden Jahren sukzessive schlagend werden, bedeuten für zahlreiche österreichische Unternehmen eine Verpflichtung zur Nachhaltigkeitsberichterstattung. Bei vielen von diesen – auch jene, die freiwillig schon früher als erforderlich mit der Umsetzung starten – werden Schwierigkeiten erwartet, die Anforderungen zu erfüllen, da insbesondere KMU nicht über ausreichend Kapazitäten für interne Nachhaltigkeitsabteilungen verfügen würden.

CSRD und Taxonomie

Dies gilt im Besonderen für die EU-Taxonomie, die ergänzend zur CSRD anzuwenden ist. Gemäß ihr müssen die wirtschaftlichen Aktivitäten eines Unternehmens als nachhaltig oder nicht-nachhaltig deklariert werden.

Die Verordnung umfasst umfangreiche und detaillierte Kriterien, die für Ungeübte nicht leicht zu verstehen sind. Deshalb will in einem kürzlich gestarteten Forschungsprojekt namens “AI Enabled Sustainability Jurisdiction Demonstrator” (Analyser) ein Forschungskonsortium KI-basierte Module entwickeln. Die sollen es auch ungeschulten Anwenderinnen und Anwendern ermöglichen, die gesetzlichen Meldepflichten zu erfüllen. So soll eine Erleichterung für Unternehmen erzielt werden.

“Das oberste Ziel unseres Projekts ist es, die Zahl der KMU zu erhöhen, die selbstständig in der Lage sind, die EU-Taxonomie in guter Qualität zu berichten”, erklärt Maximilian Nowak, der das Projekt bei Fraunhofer Austria leitet.

Das Konsortium

Das Konsortium, bestehend aus Fraunhofer Austria, Universität Innsbruck, Technischer Universität (TU) Wien, Leiwand AI, PwC Wirtschaftsprüfgesellschaft, der Wirtschaftsagentur Niederösterreich ecoplus, Murexin und Lithoz wird dafür Teile des Prozesses mithilfe von Künstlicher Intelligenz automatisieren. Ein Chatbot, der auf einem eigens kreierten Sprachmodell beruht, soll mit den Anwenderinnen und Anwendern im Dialog stehen und sicherstellen, dass alle benötigten Dokumente vorliegen.

Es sind nämlich viele Fragen im Rahmen der Nachhaltigkeitsberichterstattung zu klären: Welche wirtschaftlichen Aktivitäten gibt es im Unternehmen? Wie umfangreich sind diese? Welche davon sind taxonomiefähig, können also überhaupt nach den Kriterien bewertet werden?

Josef Baumüller, der von Seiten der TU Wien an dem Projekt beteiligt ist, sagt: “Es ist vielen noch nicht bewusst, wie komplex die Anforderungen zunächst an die Datenerhebung und anschließend an die Klassifizierung sind. Die Prozesslandschaft im Unternehmen muss erfasst und auf die Vorgaben der EU-Taxonomie übergeleitet werden, darüber hinaus gilt es, relevante Datenbedarfe zu identifizieren und im Sinne der Effizienz v.a. bereits vorhandene Datenbestände zu nützen.”

CSRD-Berichterstattung eine Herausforderung

Dass eine Unterstützung der Unternehmen unumgänglich ist, sagt auch Stefan Merl von der PwC Österreich GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft: “Wir spüren bereits jetzt eine massive Zunahme in den Anfragen von Unternehmen, insbesondere von KMU, die sehen, dass die Erfüllung der CSRD-Berichterstattungspflichten eine große Herausforderung ist. Es führt kein Weg daran vorbei, eine automatisierte Lösung zu entwickeln, die weit über den Automatisierungsgrad bestehender Tools hinausgeht. Genau das wollen wir im Projekt ‘Analyser’ verwirklichen.”

Dabei ist essenziell, dass die im Tool eingesetzte KI fair, nachvollziehbar und korrekt arbeitet. Dafür soll Leiwand AI GmbH die nötige Expertise in das Projekt einbringen.

“In einer so kritischen Angelegenheit wie der Nachhaltigkeitsberichterstattung ist es besonders wichtig, dass auch Maßnahmen hinsichtlich einer zuverlässigen und fairen KI-Lösung getroffen werden. Durch den Einsatz verschiedener Methoden rund um nachhaltige und vertrauenswürdige KI werden wir dazu beitragen, dass der ‘Analyser’ gesicherte Informationen liefert, fair in Bezug auf Bias und Diskriminierung ist und im Einklang mit dem EU AI Act steht”, sagt Mira Reisinger, Data Scientist bei Leiwand AI.

Das Projekt ist im Herbst 2024 gestartet, läuft über drei Jahre und wird durch die FFG aus Mitteln des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie gefördert.

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