21.12.2022

N26: Was der Abgang von Finanzchef Jan Kemper bedeuten könnte

Jan Kemper verlässt die ursprünglich in Wien gegründete Neobank mit Sitz in Berlin. Er war seit Mitte 2021 Finanzchef von N26 und übernahm Anfang dieses Jahres auch noch die Rolle des Chief Operating Officer (COO). Seine Ernennung als CFO wurde damals vielfach als Vorbereitung für einen Börsengang interpretiert.
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Jan Kemper wird N26-CFO
(c) N26: Jan Kemper

Als N26 Anfang 2021 ankündigte, dass Jan Kemper Mitte des Jahres Chief Financial Officer (CFO) der Neobank werden würde, interpretieren das viele als Signal: Immerhin hatte Kemper als CFO von Zalando eine wichtige Rolle beim Börsengang des Online-Versandhändlers im Jahr 2014 gespielt. Dass genau dies für N26 besonders interessant war, erwähnte Cofounder Maximilian Tayenthal anlässlich der Ernennung auch explizit: „Seine Erfahrungen in der Skalierung von Startups zu börsennotierten Unternehmen sind für unsere zukünftigen Pläne von großer Bedeutung”, wurde er damals in einer Aussendung zitiert.

Am Dienstagabend teilte N26 nun aber mit, dass Kemper mit Ende Jänner 2023 das Unternehmen verlassen wird. Der Schritt kam überraschend – er galt neben den beiden Gründern Valentin Stalf und Maximilian Tayenthal als der wichtigste Manager der Neobank. Kemper werde sich künftig anderen Projekten widmen, darunter seinen Aufsichtsratstätigkeiten, seiner Professur an der Rheinisch-Westfälischen Technischen (RWTH) Hochschule Aachen und seinen eigenen Unternehmen, heißt es in der Aussendung.

Kemper ab 2022 zusätzlich auch N26-COO

Neben seiner Funktion als CFO hatte Kemper Anfang 2022 zusätzlich die Rolle des Chief Operating Officers (COO) übernehmen. Diese wird nun Mitgründer Thayenthal übernehmen. Die CFO-Rolle soll neu besetzt werden, die Suche laufe bereits. “Jan hat maßgeblich dazu beigetragen, die Strukturen und die Governance von N26 weiter zu stärken. So konnte eine solide Grundlage für den weiteren Erfolg des Unternehmens geschaffen werden”, wird der Vorsitzende des Aufsichtsrats von N26, Marcus W. Mosen, in der Aussendung der Neobank zitiert.

So wie Kempers Ernennung häufig als Signal für einen Börsengang interpretiert wurde, könnte sein Abgang als Hinweis darauf verstanden werden, dass ein solcher in absehbarer Zeit nicht angepeilt wird. Was aufgrund des schwierigen makroökonomischen Umfelds und der schwachen Entwicklung der Börsen in diesem Jahr keine Überraschung wäre. 2021 herrschte ein enormer Boom an Börsengängen – bis hin zu den sogenannten Special Purpose Acquisition Vehicles. Dieses Jahr war dagegen eher mager.

Kemper selbst hatte erst im November gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung gesagt: “Wenn man sich den aktuellen Markt da draußen anschaut, ist das kein Zeitpunkt, um über Börsengänge zu reden”.

Stalf im Oktober 2021: “Nicht der richtige Zeitpunkt” für Börsengang

Ein konkretes Datum für einen Börsengang hatte N26 in der Vergangenheit ohnehin nie genannt. Im April 2021 hatte Thayenthal in einem Interview zwar gesagt, ein Börsengang könnte 2022 erfolgen – gleichzeitig aber eingeschränkt, in der Frage “keine Eile“ zu verspüren.

Im Oktober 2021 nahm N26 dann ein Investment von 900 Mio. Dollar auf. Damals sagte N26-Co-CEO Valentin Stalf gegenüber dem brutkasten dann auch explizit: “Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt, an die Börse zu gehen”. N26 habe das Potenzial, einen Börsengang in den nächsten Jahren zu einer höheren Bewertung zu machen. „Mit dem Kapital haben wir jetzt Zeit zu wählen, wann wir an die Börse gehen wollen und diese Flexibilität ist extrem wichtig“, sagte Stalf im Oktober 2021 zum brutkasten.

Zuletzt hatte N26 im November seine Struktur verändert und das Unternehmen in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Als direkte Vorbereitung für einen Börsengang wollte Stalf die Umwandlung aber nicht verstanden wissen: “An die Börse zu gehen ist nicht das primäre Ziel dieser Umstrukturierung”, sagte er im November.

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Sprüche 2024, Startup-Sprüche
(c) Marcella Ruiz-Cruz/Hauser/ WKÖ/Marek Knopp/Neoh/Tractive/Bitpanda/Novritsch/Hadia - Aussagen der Startup-Szene.

Oftmals ist man in der Startup-Szene mit professionellen und wohlüberlegten Aussagen konfrontiert, eng abgestimmt mit PR-Agenturen oder der eigenen Öffentlichkeitsabteilung. Manchmal jedoch brechen Gründer:innen daraus aus und liefern bemerkenswerte Sprüche. Hier eine kleine brutkasten-Auswahl aus diesem Jahr.

Sprüche über “faule Mitarbeiter”, “Naschereien” und “kleine Exits”

“Wir haben nicht die faulen Mitarbeiter bekommen” – Tractive-Gründer Michael Hurnaus gelang heuer ein Meilenstein mit seinem Pet-Tracking-Startup. Er erreichte ein 100 Millionen Euro ARR (Annual Recurring Revenue) und erklärte das u.a. mit der Arbeitsleistung seines Teams und verwies auf die implementierte 4-Tage-Woche. Man habe durch die verkürzten Arbeitszeit nicht Leute bekommen, die wenig arbeiten wollen, sondern sich mit der Firma identifizieren.

“Snickers ist seit jeher mein Lieblingsriegel” – Neoh-Founder Manuel Zellers eigens betitelte Snickers-Alternative des Startups gewann im Rahmen des Sweetie Awards 2024 in der Kategorie Riegel – und wurde von einer Fachjury zum “Top-Snack des Jahres 2024” gekürt. In diesem Zusammenhang gestand der Gründer seine Liebe zu Snickers.

“Wir sollten nicht ins All fliegen, um Selfies zu machen”Carmen Possnig ist Reserveastronautin für die Europäische Weltraumorganisation (ESA) und plädiert bei allen aktuellen und künftigen Weltraum-Tourismus-Aktionen nicht den Fokus auf die Erforschung des Alls zu verlieren.

“Ich hatte Glück, mein Exit war nicht riesig” – Prescreen-Co-Founder Constantin Wintoniak kam es nach seinem Exit nicht richtig vor, seine Füße hochzulegen und untätig zu sein. Deswegen gründete er gemeinsam mit Dominik Hackl und Markus Presle das LegalTech fynk im September 2022. Sein Glück dabei: Er wurde nicht “schwerreich”.

“Fucking Hell”, “Marktregelung” und “reiche Kids”

“Nicht eine einzige Planung, die ich je gemacht habe, hat gestimmt” – Unternehmensberater Ferry Fischer ist bewusst, dass das Unter nehmer:innen-Dasein viel mehr als strikte Planungsarbeit braucht. Es gehe um die richtige Mischung aus Planung und Umsetzung. Wenn man nicht in medias res gehe, plane man sich verrückt, so seine Einstellung.

“Fucking Hell! Wir haben echt Jahre verschissen!” – Der österreichische Startup-Veteran Bernhard Hauser probierte mit oratio gemeinsam mit Co-Founder David Pichsenmeister mehrere Geschäftsmodelle im Messaging-Bereich aus, 2018 erfolgte jedoch das Aus für das Unternehmen. Rückblickend waren es für den Founder verlorene Jahre. Nach beruflichen Stationen bei Facebook und in einem eigenen Beratungs-Business ging Hauser 2022 mit einem neuen Startup an die Öffentlichkeit: Heylog.

“Der Markt regelt es nicht” – Female Founders-Gründerin Lisa-Marie Fassl thematisierte den auch noch 2024 vorherrschenden Gender Funding Gap und brachte als Best-Practice-Beispiele staatsnahe Investment-Einrichtungen wie den Europäischen Investmentfonds oder die KfW in Deutschland ins Spiel, wo bereits konkrete Kriterien zu Diversität aktiv in Gründungsteams verankert seien. Sich auf den Markt zu verlassen, würde nicht genügen.

“Gerade viele Rich-Kid-Gründer wissen nicht, wie man richtig arbeitet. Die wissen nur, wie man das Geld von anderen ausgibt und sich Kunden erkauft” – Bitpanda-Gründer Eric Demuth sprach sich in einem Interview mit dem Magazin Paymentandbanking gegen die Einstellung “Entrepreneurship as a Lifestyle” aus und meinte, richtig erfolgreiche Gründer, die er kenne, hätten vor dem 2020er-Startup-Hype eine lange Zeit hart gearbeitet und sich ohne doppelten Boden und mit viel Fleiß und Tränen durchgebissen.

“Milka”, “Bargeld” und “Außerirdische”

“Intransparenter als Milka und Co” – Es war ein Aufreger des heurigen Startup-Jahres. Manuel Zellers Neoh wurde von der Bürgerinitiative Oekoreich, genauer vom Sprecher der Initiative Sebastian Bohrn Mena, öffentlich kritisiert. Nach einem persönlichen Gespräch sahen die Kritiker die Sache jedoch gänzlich anders und nannten das Startup einen “nachhaltigen Vorreiter”.

“Wir fliegen das Bargeld nach Afghanistan” – Hadia-Founderin Anna Lauda unterstützt weibliches Unternehmertum in Afghanistan und erzählte, dass es ein wichtiger Teil ihrer Arbeit ist, das Geld den dortigen Frauen direkt in die Hand zu geben. Dies schaffe man über Volontäre und fünf Koordinatoren.

“Ihr wissts eh, der Flo ist kein Depp”Leo Hillinger war üblicherweise bei “2 Minuten 2 Millionen” auf der Bühne und hörte sich Pitches an. Im Februar jedoch wechselte er die Seite und warb für ein deutsches Startup vor seinen ehemaligen Kolleg:innen für ein Investment. Dabei ließ er es sich nicht nehmen, darauf hinzuweisen, dass auch Runtastic-Gründer Florian Gschwandtner an Yuicy beteiligt sei.

“Ängstliche Personen können nicht motiviert arbeiten” – Lolyo-CEO Thomas Mörth möchte durch eine verbesserte Firmenkommunikation die Ängste von Mitarbeiter:innen lindern. Besonders in Krisenzeiten, wo Unternehmen mit Einbußen oder anderen Hürden zu kämpfen haben. Er weiß, dass Verunsicherung bei Mitarbeitenden zu Einbußen bei der Produktivität führt.

“Damit Frauen in der Führungsetage kein außerirdisches Konzept mehr sind – Forscherin Vicky Petrie meinte am Rande des Global Leaders Summit von the female factor, dass man Zweifler an der Fähigkeit von Frauen in Führungspositionen direkt in den Communitys, über Charity-Organisationen oder in Schulen erreichen müsse. Je mehr dort passiere, desto weniger würden Frauen in der Führungsetage als ein außerirdisches Konzept wahrgenommen werden.

Sprüche über “Albträume”, “Altersarmut” und “Anregungen”

“Feminismus wird oft als Kampfansage gegen Männer verstanden und damit falsch interpretiert”Lisa-Marie Fassl, die neben Female Founders auch General Partner bei Fund F ist, weiß, dass der Begriff Feminismus oftmals falsch verstanden wird. Hier sei ein neues Narrativ dringend nötig.

“Ein Startup ist ein aufregender Albtraum” – Entrepreneurship-Experte Shailendra Vyakarnam könnte das Startup-Leben nicht besser definieren. Für ihn ist das Arbeiten in einem Startup jedoch nicht nur ein Nachtmahr, sondern eine Achterbahnfahrt, bei der immer irgendetwas passiert. Startups könnten sich auf viele Arten in Schwierigkeiten wiederfinden.

“Grüne haben Beitrag zur Zuspitzung der Altersarmut geleistet” – Bitpanda-Founder Eric Demuth kann nicht nur gegen reiche Kids, die Entrepreneur spielen wollen, austeilen, sondern sich auch deutlich politisch äußern. Das Vorsorgekonto kam im heurigen Sommer nicht zustande, weil es vom grünen Koalitionspartner verhindert worden wäre, hatte Finanzminister und designierter EU-Kommissar Magnus Brunner gegenüber Medien verlautbart. Und hatte dabei von “ideologischen Blockaden” gesprochen. Die Grünen, für die diese Maßnahme eine mögliche Förderung von Spekulation dargestellt hatte, wurden so zur Zielscheibe von Demuths Zorn.

“Die Zahlen sprechen” – Blockpit-Founder Florian Wimmer erklärte im August, wie er dafür gesorgt hatte, dass bei Kunden-Feedback nicht sinnlos Ressourcen verschwendet werden. Einst hätte man zu viel an Arbeitszeit verloren, weil man auf eine Anregung von Außen gehört hatte und panisch geworden sei. Der von einem User gewünschte “Button” wurde auf der Website implementiert, dann aber allgemein kaum genutzt. Als Folge hatte man schließlich begonnen Daten zu tracken und Fakten zu erstellen. Und nicht gleich bei jedem “Request” das ganze Team zusammengetrommelt, so sein Learning.

“Taffness” und “Superkraft”

“Mentale Gesundheit ist eine Superpower” – Der Teamchef des Mercedes AMG Petronas Formula One-Teams Toto Wolff sprach sich in einer Kooperation mit dem Health-Startup Instahelp dafür aus, das Thema mentale Gesundheit nicht als Schwäche zu sehen, sondern mit dem Druck eines High-Performers richtig umzugehen.

“Immer, wenn Männer nicht mehr weiterwissen, holen sie taffe Frauen”Claudia Neuwirth, CEO von Novritsch, wurde von ihrem Bruder Christoph, der das Airsoft-Startup Novritsch gemeinsam mit Dominik Knoll gegründet hatte, um Hilfe gebeten, als das Unternehmen sich mit vielen Problemfällen konfrontiert sah. Sie übernahm den Posten als CEO und löste ein Problem nach dem anderen auf. Heute steuert das Startup auf 40 Millionen Euro Umsatz zu und gilt als ein Beispiel des Phänomens “Glass Cliff”. Das besagt, dass Frauen oft erst in Führungspositionen kommen, wenn Organisationen oder Staaten in der Krise sind.

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