29.10.2024

Diese Startups aus Österreich treiben die Energiewende voran

Startups aus Österreich entwickeln Lösungen, die für die Energiewende einen wichtigen Beitrag liefern. Wir bieten euch einen Überblick über innovative Technologien heimischer Startups und Scaleups.
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In Österreich wurden in den letzten Jahren zahlreiche Startups gegründet, die mit neuen Lösungen und Geschäftsmodellen die Energiebranche verändern wollen. Sie entwickeln Lösungen, die von erneuerbaren Energien über intelligente Speichersysteme bis hin zu CO₂-neutralen Technologien reichen. Neben noch recht neuen Marktteilnehmer:innen konnten in diesem Jahr auch zahlreiche etablierte Startups Millionen-Investments abschließen. Wir bieten euch einen Überblick zu Startups aus Österreich, die mit ihren Technologien die Energiewende vorantreiben.


2nd Cycle

Das erst im Jänner 2024 gegründete niederösterreichische Startup 2nd Cycle entwickelt automatisierte Upcycling-Anlagen für gebrauchte Photovoltaik-Module. Das System soll künftig Module auf deren Funktionsfähigkeit überprüfen. Dazu zählen unter anderem die Reinigung der Module aber auch die Überprüfung der Metallrahmen und Glasplatten auf Sprünge oder Blasen. Zudem wird mit weiteren Testverfahren – zum Beispiel mit Hilfe von Elektrolumineszenz – analysiert, welche Teile der Module noch funktionsfähig sind und welche nicht. Im Zuge der Unternehmensgründung holte sich das Team rund um Simon Prüller den österreichischen Business Angel Michael Altrichter als Investor an Bord (brutkasten berichtete).

Anywhere Solar

(c) Anywhere Solar

Das Salzburger Startup Anywhere Solar entwickelt PV-Überdachungen für Parkplätze, um bereits versiegelte Flächen zur Solarenergieerzeugung doppelt zu nutzen. Im Portfolio befinden sich vier unterschiedliche Modelllinien, die sich wie ein Baukastensystem flexibel an die jeweiligen Parkplatzflächen anpassen lassen. Das Unternehmen verbindet dabei die Expertise im Bereich des Maschinenbaus und der Stahlbaukonstruktionen.

Aqua Libre (Strom Boje)

Der Österreicher Fritz Mondl arbeitet seit 15 Jahren an der „Strom-Boje“, einem Strömungskraftwerk für Flüsse, das bis zu 100 kW erzeugt. Die sieben Tonnen schwere Boje richtet sich automatisch in die stärkste Strömung und taucht bei Hochwasser ab. Nach anfänglichen Erfolgen 2010 kam es aufgrund fehlender Förderungen zu Verzögerungen, bis 2019 der Prototyp mit privaten Investoren reaktiviert wurde. Siemens optimierte 2022 die Leistungselektronik, und neue Förderungen sowie ein selbstreinigender Rechen rücken das Projekt wieder in den Fokus. Mit 19 Vorbestellungen plant Mondl ab 2025 die ersten Strom-Boje-Parks und sucht Partner zur Serienproduktion (brutkasten berichtete).

Arteria Technologies

Die Energiewende erfordert eine dezentralisierte Infrastruktur und smarte Netze. Das Grazer Startup Arteria Technologies, gegründet 2020 von Stefano Coss, bietet mit einer Softwarelösung zur Digitalisierung von Energiesystemen eine Plattform zur Planung und Optimierung von Wärmenetzen. Echtzeitsimulationen ermöglichen eine präzise Planung der Anlagengröße. Kunden wie Wien Energie und Stadtwerke Genf nutzen die SaaS-Plattform, die Energieeinsparungen von bis zu 20 Prozent ermöglicht (brutkasten berichtete).

Balun

Das Gründertrio von Balun | (c) Balun

Das erst im Dezember 2023 gegründete Unternehmen rund um die drei Gründer Giovanni Superti-Furga, Yury Zhuk und Josef Schenk entwickelt ein entsprechendes Tool, das künftig Vorhersagen zur Produktion von erneuerbarer Energie noch genauer machen soll. Das Unternehmen setzt dabei auf ein sogenanntes Energy Foundation Model (EFM). Dabei wird ein Datenpool angezapft, das von Sensoren in Windturbinen und Solarparks gespeist wird. Machine-Learning-Modelle erlernen anschließend das Verhältnis von Wettervorhersage zu echtem Output und können so genauer vorhersagen, wie viel Strom tatsächlich produziert wird. Die Produktionsprognose soll künftig das Strommanagement für Erzeuger:innen erleichtern und zugleich eine Kostenoptimierung bieten (brutkasten berichtete).

Collective Energy

(c) Collective Energy

Das Wiener Startup Collective Energy, 2015 von Christoph Zinganell gegründet, hat sich in Österreich als führender One-Stop-Shop für Photovoltaikprojekte etabliert. Gemeinsam mit einer wachsenden Community hat das Unternehmen über Crowdfunding den Bau von mehr als 30 Photovoltaikanlagen finanziert und sich vom reinen Entwickler zum Betreiber gewandelt. Seit 2021 betreibt Collective Energy im Rahmen eines Photovoltaik-Contracting-Projekts auch eigene Anlagen. Mit einem Fokus auf Beratung, Contracting und Crowdfunding sowie verstärkten Aktivitäten in PV-Carports und solarbetriebenen Parkplatzüberdachungen brachte das Unternehmen allein 2023 über ein Megawatt ans Netz.

Kürzlich wurde Collective Energy von Lazard SPI, einem Teil der global agierenden Lazard Asset Management (LAM), übernommen. Diese Partnerschaft soll dem Unternehmen neue finanzielle Ressourcen und Expertise bieten, um seine Mission zu beschleunigen, leistbare und saubere Energielösungen bereitzustellen und die Marktpräsenz in Österreich zu stärken (brukasten berichete).

efriends

efriends,
Gründer und CEO Matthias Katt mit seinen Co-Gründer:innen Fritz Dimmel, Klara Dimmel und Gerd Bader. | (c) eFriends

Bereits seit 2018 teilen Erzeuger:innen über die Plattform des niederösterreichischen Startups eFriends ihren selbstproduzierten Sonnenstrom. Im ersten Pilotjahr nutzten 100 Haushalte die Plattform. Im Zuge eines Auftritts bei “2 Minuten 2 Millionen” im Jahr 2019 erlangte das Startup eine größere Aufmerksamkeit und konnte seine Nutzer:innenanzahl mehr als verdreifachen. 2020 folgte dann das erste größere Investment für die Plattform. Damals beteiligte sich die RWA Raiffeisen Ware Austria am Unternehmen. Ende Jänner 2024 folgt dann die zweite Finanzierungsrunde. Verbund und Wienerberger beteiligten sich für einen nicht näher genannten Betrag in Millionenhöhe (brutkasten berichtete).

Ecop

(c) ecop

Das österreichische Scaleup Ecop hat sich auf die Rückgewinnung industrieller Abwärme spezialisiert. Mit einer innovativen Wärmepumpentechnologie gelingt es, die im Produktionsprozess erzeugte Wärme wieder in den Prozess zurückzuführen, anstatt sie ungenutzt an die Umgebung abzugeben. Diese Lösung fand breite Unterstützung: EIT InnoEnergy investierte 3,9 Millionen Euro, gefolgt von einer 8,5-Millionen-Euro-Förderung des European Innovation Council (EIC) Accelerator – Ecop war das einzige österreichische Unternehmen unter den geförderten Projekten.

Technologisch setzt Ecop auf ein neues Rotorkonzept, das die Komplexität und Wartungsanfälligkeit deutlich reduziert. Anwendungen finden sich vor allem in der Industrie und Fernwärme, wo hohe Temperaturen zwischen 160 und 200 Grad erforderlich sind – etwa in der Lebensmittel- und Getränkeproduktion oder im Fernwärmenetz. Ein Fernwärmeprojekt in Norddeutschland dient bereits als Referenz. Für 2026 ist der Serienstart geplant, um den zunehmenden Bedarf in der Industrie zu decken und die Abwärme durch leistungsfähige, skalierbare Wärmepumpen effizient zu nutzen (brutkasten berichtete).

EET

“SolMate” heißt das Produkt, mit dem das steirische Solar-Scaleup seinen Kund:innen eine Photovoltaikanlage für den eigenen Balkon bietet. Ursprünglich 2017 als Spin-off der TU Graz gegründet, ist das Grazer Startup EET mittlerweile zu einem der Vorreiter in der noch jungen Branche avanciert. Bis zu 1.000 Systeme verkauft das Unternehmen laut eigenen Angaben mittlerweile pro Monat. Für das weitere Wachstum gab EET im Sommer 2023 den Abschluss einer Finanzierungsrunde in Höhe von 6,5 Millionen Euro bekannt. Das frische Kapital soll in die Internationalisierung fließen. Mittlerweile beschäftigt das Unternehmen über 100 Mitarbeiter:innen. (brutkasten berichtete).

Enixi

Das Kärntner Startup enixi bietet App- und Softwarelösungen für Energiegemeinschaften. Über die Plattform können Nutzer:innen entweder selbst oder vollautomatisiert Energiepartner in ihrer Umgebung finden. Zudem erhält man personalisierte Optimierungsvorschläge zur gemeinsamen Nutzung erneuerbarer Energie, basierend auf einem persönlichen Profil und seinen Verbrauchsdaten. Zudem bietet das Unternehmen eine Smart Meter App an. Sie ermöglicht die Echtzeitüberwachung und Optimierung des eigenen Energieverbrauchs. Mit detaillierten Einblicken, Empfehlungen und Tipps unterstützt sie zudem dabei, Kosten zu senken. Zudem setzt sich Gründer Matthias Nadrag für den Kampf gegen Energiearmut in Österreich ein (brutkasten berichete).

energyfamily

energyfamily, thinking earth, NVDIA
(c) energyfamily

Das niederösterreichische Startup energyfamily, gegründet 2022 von Lukas Prenner, hat sich auf die Gründung und Verwaltung von Energiegemeinschaften spezialisiert. Diese Gemeinschaften ermöglichen eine nachhaltige Energieversorgung durch gemeinsamen Verbrauch, Verkauf und Speicherung von Energie über Grundstücksgrenzen hinweg. Mithilfe einer Webplattform unterstützt energyfamily Interessierte dabei, Energiegemeinschaften aufzubauen und effizient zu betreiben. Eine besondere Innovation ist die Vorhersage von Energieverbrauch und -produktion mithilfe von Satellitendaten, die die Sonneneinstrahlung und damit die Solarenergieproduktion prognostizieren. Diese Technologie hilft, das Ungleichgewicht zwischen Produktion und Verbrauch in den Gemeinschaften auszugleichen. Für seine innovative Nutzung von Satellitendaten wurde das Startup mit dem Copernicus Masters Österreich Award 2022 ausgezeichnet (brutkasten berichtete).

Energy Hero

(c) Eneergy Hero

Energy Hero ist ein österreichisches Unternehmen, das sich darauf spezialisiert hat, Energiekosten für Privat- und Gewerbekunden langfristig zu senken. Dafür bietet es einen automatisierten Vertragswechselservice an, der kontinuierlich die besten Energiepreise und -tarife identifiziert und umsetzt, ohne dass Kunden:innen selbst aktiv werden müssen. Neben dem Wechselmanagement steht Energy Hero auch als Berater zur Verfügung und unterstützt in allen Fragen rund um die Energieversorgung und -optimierung. Das Unternehmen verfolgt das Ziel, Transparenz und Einfachheit in die oft komplexen Strukturen des Energiemarktes zu bringen und gleichzeitig die finanziellen Vorteile für die Endkund:innen zu maximieren.

Enspired

Das Führungsteam von enspired © enspired
(c) enspired

Das Wiener Startup enspired bietet eine KI-basierte Optimierungslösung für flexible Stromerzeugungs-, Speicher- und Verbrauchsanlagen an und handelt diese auf sogenannten Spotmärkten. Diese kurzfristigen Strombörsen gleichen Schwankungen zwischen Angebot und Nachfrage aus und ermöglichen es Betreibern, Strom besonders profitabel zu handeln. So verkauft enspired automatisch Strom aus erneuerbaren Energien, wenn die Preise hoch sind, und kauft, wenn die Preise im Intraday-Handel niedrig sind. Damit unterstützt das Startup unter anderem Eigentümer von Batteriespeichern, ihre Kapazitäten effizient am Markt zu vermarkten, indem es gezielt zusätzliche Energie bereitstellt, wenn sie benötigt wird. Mit Blick auf die Expansion plant enspired, bis 2035 über 50 Gigawatt über seine Plattform zu handeln und strebt neben Europa auch verstärkt in die Märkte Asien und USA. Im Mai 2024 gab das Unternehmen den Abschluss einer Finanzierungsrunde in Höhe von 25,5 Millionen Euro bekannt (brutkasten berichtete).

Eologix-ping

(c) eologix Website

Das Grazer Startup eologix-ping, 2023 aus einer Fusion entstanden, bietet eine spezialisierte Lösung zur frühzeitigen Erkennung von Schäden an Windkraftanlagen, die Ausfälle und Ertragsverluste minimiert. Durch den Einsatz von Sensortechnologie an den Rotorblättern können potenzielle Gefahren wie Schäden, Vereisungen oder Blitzeinschläge frühzeitig erkannt und behoben werden, bevor sie zu größeren Betriebsstörungen führen. Diese vorausschauende Wartung ermöglicht es Betreibern, die Lebensdauer ihrer Anlagen zu verlängern und die Energieproduktion möglichst effizient zu gestalten. Im Mai 2024 gab das Unternehmen den Abschluss einer Finanzierungsrunde in Millionenhöhe bekannt (brutkasten berichtete).

Greenwood Power

Greenwood
(c) Greenwood Power

Das von Norbert Juschicz (CEO) und Willibald Bacher (CTO) im Jahr 2017 gegründete Unternehmen Greenwood Power produziert Strom- und Spannungssensoren für gas- und luftisolierte Ortsnetzstationen. Die patentierten Produkte sollen einer Destabilisierung der Stromnetze durch Produktions- und Nachfrageschwankungen entgegenwirken. Ende September 2023 gab  das Unternehmen den Abschluss einer Finanzierungsrunde in Höhe von 5,1 Millionen Euro bekannt (brutkasten berichtete).

Heimwatt

(c) Heimwatt

Das niederösterreichische Startup Heimwatt reagiert auf die steigende Stromnachfrage und Klimarisiken, indem es ein neues Bürgerbeteiligungsmodell zur Nutzung von Windenergie entwickelt hat. Gemeinsam mit BLOCH3 bietet Heimwatt österreichweit eine Preisgarantie von acht bis zwölf Cent pro kWh, mit der Haushalte jährlich bis zu 1.000 Euro sparen können. Heimwatts Windkraftanlagen versorgen rund 66.000 Haushalte, sparen jährlich 102.000 Tonnen CO2 ein und reduzieren die Abhängigkeit von Stromimporten. Das vollständig von der Gründerfamilie Blochberger finanzierte Projekt zielt auf nachhaltige und stabile Energieversorgung ab, mit geplanten Windparks in weiteren Gemeinden und zukünftigen urbanen Lösungen (brutkasten berichtete).

Heizma

Heizma wurde Ende 2023 von Alexander Valtingojer, Valentin Perkonigg und Michael Kowatschew gegründet. Das Unternehmen hat es sich zur Aufgabe gemacht, einen einfachen und schnellen Weg zur Installation einer Wärmepumpe und zur Förderabwicklung in Österreich zu ermöglichen. Mit einem Netzwerk aus Partnerbetrieben installiert Heizma täglich neue Wärmepumpen in ganz Österreich. Laut Angaben des Startups wurden bereits 3500 Kund:innen beim Umstieg auf eine Wärmepumpe unterstützt (brutkasten berichtete).

Hydrogrid

Mit seiner Software zur Echtzeit-Steuerung von Wasserkraftwerken ist das 2016 gegründete Wiener Scaleup Hydrogrid derzeit in sieben Ländern vertreten – darunter Norwegen, Italien und Indien. Wasserkraftwerksbetreiber können mit der Technologie des Scaleups unter anderem vollautomatisiert auf Wetterereignisse reagieren oder die Preisbildung der Energie im Blick behalten. Aufgrund der Effizienzsteigerungen sollen mit der Software im Vergleich zum manuellen Betrieb von Kraftwerken Stromerzeugnisse um bis zu zehn Prozent gesteigert werden können – so zumindest das Versprechen von Hydrogrid. Für das weitere Wachstum konnte das Scaleup im Dezember 2023 eine Series-A-Finanzierungsrunde in Höhe von 8,5 Millionen Dollar abschließen (brukasten berichtete).

Inmox

CTO Daniel Kagerbauer (links) und CEO Michael Aufreiter vom Wiener Startup Inmox wollen Windkraftanlagen vor Totalausfällen bewahren © Inmox GmbH
(c) Inmox GmbH

Das Wiener Startup Inmox entwickelt eine KI-basierte Software zur Getriebeüberwachung, um die Wartung und Instandhaltung von Windkraftanlagen effizienter und nachhaltiger zu gestalten. Durch die Erfassung und Charakterisierung von Verschleiß in Getrieben erkennt das System frühzeitig potenziell gefährliche Schäden und ermittelt den optimalen Wartungszeitpunkt, wodurch Reparaturkosten und Ausfallzeiten reduziert werden. Gegründet 2021, erhielt Inmox bereits zwei Millionen Euro an Finanzierung (brutkasten berichete).

nista.io

Campfire Solutions
(c) nista.io

Die Gründung des Startups erfolgte 2020 von Umwelt-Technologin und Ressourcen-Managerin Anna Pölzl sowie von Maschinenbauer Benjamin Mörzinger und von Informatiker Markus Hoffmann. Das Startup entwickelte eine Software, die Energiedaten regelmäßig in umsetzbare Aufgaben verwandelt. Sie soll die Energiekosten von Kunden um bis zu 20 Prozent pro Jahr verringern. Erst im Sommer konnte das Startup die Hengl Gruppe als Großkunden aus der Industrie für sich gewinnen (brutkasten berichtete).

neoom

neoom
(c) neoom

Das in Freistadt ansässige Energy-Scaleup neoom rund um Gründer und CEO Walter Kreisel entwickelt Lösungen für dezentrale Energiesystem. Dazu zählen unter anderem Speicherschränke und entsprechende Softwarelösungen zur Steuerung. Zudem bietet das Unternehmen auch Lösungen für die Energiegemeinschaften. Dies erfolgt über den sogenannten “Neoom Kluub”. Über eine entsprechende App können Nutzer:innen Strom verkaufen oder von ihnen kaufen. Für die internationale Expansion konnte Neoom 2023 zwei Finanzierungsrunden im zweistelligen Millionenbereich abschließen. neoom beschäftigt mittlerweile über 300 Mitarbeiter:innen in Österreich, Deutschland und der Schweiz. Erst im September präsentierte das Unternehmen mimt Connect AI ein neues Energiemanagementsystem. (brutkasten berichtete).

Nobilegroup

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(c) Nobilegroup

Bereits seit 2021 unterstützt die Nobilegroup Gemeinden, Unternehmen, Landwirte und private Haushalte bei der Entwicklung von Energiegemeinschaften. Im Zentrum steht dabei die Energieplattform Nobile:Connected, die Nutzer:innen von Energiegemeinschaften zahlreiche Features bietet. Über sie wird die Möglichkeit geboten, unterschiedlichste Aspekte in Bezug auf die Produktion und den Verbrauch von Energie zu verwalten. Dazu zählt beispielsweise die Abrechnung von Energiegemeinschaften oder die Visualisierung des Energieflusses. Anfang August 2023 konnte zudem das Wiener Energy-Startup Nobilegroup eine Finanzierungsrunde in Millionenhöhe abschließen. Im Zuge des Investments kommunizierte das Startup auch die Gründung eines eigenen Gemeinschaftsunternehmens, namens Super Power Generation. Über dieses wird in erneuerbare Energieprojekte, wie PV- und Windkraft investiert. Zudem startete das Unternehmen 2024 mit einem eigenen Stromtarif unter der Marke Power to the People am österreichischen Markt.

Pholtaix

(c) Pholtaix

Das Wiener Startup Pholtaix, gegründet von Christian Benten und Andreas Mariacher, bietet eine Plattform zur schnellen und transparenten Vermittlung von Photovoltaik-Anlagen an. Durch einen „One-Stop-Shop“-Ansatz erleichtert das Unternehmen Endkunddie Auswahl geeigneter Installationspartner, indem es Informationen zur Immobilie und den Anforderungen an die PV Anlage abfragt und ein passendes Angebot erstellt. Pholtaix arbeitet österreichweit mit qualifizierten Partnern zusammen und optimiert die Lieferkette durch direkten Einkauf bei Produzent, um Kosten und Wartezeiten zu senken. Zusätzlich bietet das Startup umfassende Beratungsleistungen von der Planung bis zur Projektbegleitung an. Das Geschäftsmodell basiert auf einem Anteil am Umsatz pro abgeschlossenem Projekt, und das Unternehmen strebt für die kommenden Jahre eine Umsatzsteigerung in den zweistelligen Millionenbereich an (brutkasten berichtete).

Powerbot

CEO Helmut Spindler, COO Maximilian Kiessler und Jakob Ahrer CTO (v.l.) (c) PowerBot
(c) PowerBot

PowerBot, ein Wiener SaaS-Startup, automatisiert Handelsprozesse an europäischen Strombörsen und entlastet dadurch Händler, die bisher im Schichtbetrieb Stromkäufe und -verkäufe abwickeln. Dies ist entscheidend für den Ausgleich der durch erneuerbare Energien verursachten Netzschwankungen, die konstant auf 50 Hertz gehalten werden müssen, um Blackouts zu verhindern. Gegründet 2020 und als Spinoff eines Projekts aus 2017 entstanden, bietet PowerBot datenbasierte Lösungen und unterstützt Unternehmen bei der Optimierung von Speichern und der Implementierung eigener Algorithmen. Aktuell plant das Unternehmen seine Expansion nach Südeuropa und Skandinavien (brutkasten berichtete).

Reisenbauer Solutions

Auf dem Bild ist das Portrait eines jungen Mannes zu sehehn, der einen hellgrauen Anzug trägt und vor einem violetten Hintergrund steht.
(c) brutkasten / fabian krausböck

Reisenbauer Solutions, gegründet 2020 von Stefan Reisenbauer und seinem Vater, hat sich auf Softwarelösungen im Bereich Energiemanagement spezialisiert. Das Unternehmen entwickelte eine Engineering-Software, die auch Laien ermöglicht, Anlagen zu programmieren, zu automatisieren und zu visualisieren. Anfangs auf E-Mobilität fokussiert, erweiterten Kundenanfragen das Portfolio bald um Lösungen für Energiemonitoring und -management. Mit inzwischen 14 Mitarbeitern unterstützt das Wiener Startup Firmen dabei, Energieflüsse zu analysieren und zu optimieren, was sowohl umweltfreundlich als auch kostensparend ist.

Durch frühzeitige Profitabilität und gezielte Investitionen, wie einem sechsstelligem Kapital von Salzburg AG, konnte das Unternehmen stetig wachsen. Reisenbauer Solutions wurde mehrfach ausgezeichnet, darunter der Staatspreis Digitalisierung und der Digital Impuls Award. Zukünftige Pläne umfassen die Expansion in den DACH-Raum und Forschungsprojekte im Bereich Smart Grid (brutkasten berichtete).

raicoon

Das Wiener Startup raicoon hat eine KI-gestützte Lösung entwickelt, um die Effizienz von Solaranlagen zu steigern. Die cloudbasierte B2B SaaS-Plattform, auch als “autonomes Betriebszentrum” bezeichnet, kann Energieerträge um etwa sechs Prozent erhöhen und Betriebskosten um bis zu 50 Prozent senken. Eine “hundertprozentige Fehlererkennungsgarantie”, unterstützt durch Munich Re, versichert zudem zuverlässige Fehlererkennung ohne Fehlalarme. Das 2018 von Ralf Tschanun und Michael Edelbacher gegründete Unternehmen sicherte sich nun in einer vier Millionen Euro Seed-Finanzierungsrunde Kapital von PUSH VC, Voltares und einem Family Office. Diese Mittel sollen die globale Expansion und Weiterentwicklung der KI-Funktionen sowie den Teamaufbau und Ausbau des Kundensupports unterstützen, insbesondere in den USA und der Asien-Pazifik-Region. Erst im Oktober gab das Unternehmen bekannt, dass gemeinsam mit Amazon eine Partnerschaft eingegangen ist {brutkasten berichtete).

Solbytech

solbytech
(c) Sobytech

Das Salzburger Startup Solbytech entwickelt Lösungen für die Energiewende. Mit seinem jüngsten Info-Display-System solarmetrics visualisiert es die eingespeiste Energiemenge von PV-Anlagen. Das Info-Display-System solarmetrics visualisiert die eingespeiste Energiemenge eigener Photovoltaikanlagen anhand aussagekräftiger Infografiken und setzt die erzeugten Kilowattstunden mit leicht verständlichen Vergleichswerten in Beziehung. Der Betrachter erhält somit nicht nur Auskunft über die tatsächliche Stromproduktion der Anlage, sondern auch über den Umfang der Nutzung und der damit einhergehenden CO2 Kompensation. 

Sonnenschmiede

(c) Sonnenschmiede

Sonnen-Schmiede ermöglicht die gemeinschaftliche Nutzung von Solarenergie in Mehrparteienhäusern durch eine Photovoltaikanlage direkt auf dem Dach. Bislang war die Implementierung solcher gemeinschaftlichen Erzeugungsanlagen in Mehrfamilienhäusern oft komplex, doch mit dem Modell von Sonnen-Schmiede soll die Nutzung von Photovoltaik in diesen Gebäuden erheblich vereinfacht werden. Die Eigentümergemeinschaft entscheidet sich für die Investition in eine Photovoltaikanlage auf dem Dach. Sonnen-Schmiede übernimmt den Betrieb der Anlage, die jedoch vollständig im Eigentum der Gemeinschaft bleibt. Die Anlage wird schlüsselfertig und optimal dimensioniert geliefert. Zudem kümmert sich das Startup um die detaillierte Abrechnung, wobei überschüssiger Strom wieder in das Netz eingespeist wird.

Swimsol

(c) Swimsol

Wo Platz an Land begrenzt ist, kommt die Lösung des Wiener Startups Swimsol ins Spiel. Das österreichische Unternehmen bietet Solarenergiesysteme für die tropischen Küstenregionen und hat dafür eine eigene schwimmende Solarlösung entwickelt. SolarSea wurde bereits 2014 auf den Markt gebracht. Dabei handelt es sich laut dem Startup um das “weltweit erste kommerzielle Solarenergieprodukt für die Meeresoberfläche”. Insbesondere kleinere Inselstaaten sollen dadurch profitieren, da die Anzahl an Dächern für PV-Anlangen aufgrund der spärlichen Fläche auf den Inseln in der Regel begrenzt ist. Im Rahmen eines Syndikatskredits der Oesterreichische Entwicklungsbank AG (OeEB) und dem Schweizer Impact Asset Manager responsAbility erhielt das Startup 2021 rund 14 Millionen US-Dollar an Kapital (brutkasten berichtete).


* Ihr kennt ein Startup, das unbedingt noch in diese Liste aufgenommen werden sollte? Dann schreib uns via [email protected]

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Konflikte, Konflikte in Unternehmen, Mediation, Mediator, ostal
(c) Stock.Adobe/gnublin - Es gibt verschiedene Arten von Unternehmenskonflikten.

Dieser Beitrag erschien zuerst in der aktuellen Ausgabe unseres Jubiläum-Printmagazins – “Wegbereiter”. Eine Downloadmöglichkeit findet sich am Ende des Artikels.


Es war nur eine Bemerkung am Rande – doch sie schwillt an und gärt wie verfaulendes Obst. Und sie wird bleiben, wird weitere Verletzungen aufnehmen und wachsen; sich steigern, bis sie zum Problem und dann klar benennbar für alle zu einem fassbaren Begriff wird. Erst dann wird man es Konflikt nennen, obwohl der Beginn schon viel früher vollzogen war. Mit dieser einen Bemerkung am Rande.

Laut Definition im Duden ist ein Konflikt „das Aufeinanderprallen widerstreitender Auffassungen, Interessen oder eine ähnlich entstandene schwierige Situation, die zum Zerwürfnis führen kann“. Dies ist auch die allgemeine Auffassung im kollektiven Bewusstsein von Gesellschaften. Dabei wird aber oft übersehen, dass ein Konflikt je nach Bereich weitaus mehr Ebenen hat.

Für Jürgen Dostal, Konfliktexperte und Gründer von Proconsens.at, sind es im unternehmerischen Umfeld andere Dynamiken als im Privaten, die vor allem das Arbeitsklima massiv beeinflussen können. Personen fühlen sich seinen Erkenntnissen nach in ihren Werten oder im Handeln eingeschränkt oder gar gemobbt, während anderen oftmals gar nicht bewusst sei, dass es eine Art von negativer Interaktion gegeben hat. Da kann es zu interpersonellen oder gar IntergruppenKonflikten (Abteilungen, Teams) kommen, mit der möglichen Folge, sich gegeneinander auszuspielen – ohne die wahren Gründe für die Unstimmigkeiten zu thematisieren.

Die Konfliktarten

Passend dazu hat das HR-Startup Personio eine Unterteilung des Begriffs in verschiedene Punkte vorgenommen. Konflikte können in Unternehmen zwischen Mitarbeiter:innen gleicher Ebene (Kolleg:innen) entstehen, zwischen Führungskräften und Mitarbeitenden oder zwischen ganzen Teams bzw. Abteilungen. Das Konfliktmanagement unterscheidet daher zwischen einer ganzen Reihe von Konfliktarten.

Bei Sachkonflikten handelt es sich um unterschiedliche Auffassungen in Sachfragen, etwa um die beste Methode, eine Aufgabe zu erledigen, oder welches Feature als Nächstes in ein Produkt eingebaut werden soll.

Beziehungskonflikte nennt man den Zustand, wenn das zwischenmenschliche Verhältnis gestört ist. Sie fußen meist auf negativen Erlebnissen oder Vorurteilen und sind oft nur Ausdruck anderer, unterbewusster Konflikte. Missverständnisse in der Kommunikation sind eine weitere Konfliktart, in der beteiligte Parteien schlicht falsche Schlüsse aus dem Gesagten ziehen.

Ressourcenkonflikte nennt man es, wenn Mitarbeiter:innen die Verteilung der Unternehmensressourcen persönlich als ungerecht empfinden.

Bei Zielkonflikten wiederum prallen verschiedene Abteilungen aufeinander – etwa wenn eine mit Kürzungen zu hadern hat, die andere jedoch auf die Arbeit ihrer Kolleg:innen angewiesen ist, um Firmenziele zu erreichen (z. B. Development vs. Vertrieb).

Wertekonflikte sind indes geprägt von persönlichen Moralvorstellungen, die zu Zwistigkeiten führen können, wenn Führungskräfte oder die Belegschaft entgegen persönlicher Einstellungen handeln.

Die Studie „Konfliktkultur in Österreichs Unternehmen“, die Jürgen Dostal und sein Team mit 300 Teilnehmer:innen (66 Prozent Führungskräfte) ausgearbeitet haben, zeigt eines der Grundprobleme in unternehmensspezifischen Konfliktfällen: Leader subsumieren im Wesentlichen unterschiedliche Interessenslagen (77 Prozent) bzw. Interaktionen, bei denen sich mindestens zwei Akteur:innen beeinträchtigt sehen, als Konflikt. Nur 48 Prozent der Befragten folgen der Auffassung, dass ein Konflikt auch dann vorliegt, wenn sich von mehreren Personen lediglich eine beeinträchtigt sieht. Damit würden rund die Hälfte der Manager:innen spezielle Vorfälle wie Mobbing oder das „Getroffensein von Bemerkungen“ nicht als Konflikt ansehen – mit möglichen weitreichenden Folgen.

Was innen passiert, bleibt innen

Hier geht es, in anderen Worten, um Beispiele, in denen sich Personen durch vereinzelte Aussagen von Kolleg:innen oder Führungskräften irritiert fühlen und ihre Irritation nicht artikulieren; oder, falls doch, die Situation nicht als „Konflikt aus dem Inneren“ wahrgenommen wird. Ungelöste und unterbewusste (unerkannte) Konflikte beeinträchtigen das Arbeitsklima, weiß Dostal. Sie senken die Zufriedenheit am Arbeitsplatz und auch die Produktivität, erhöhen die Fluktuation im Team, erzeugen Stress und gefährden die Gesundheit (Anstieg der Krankenstände); was schlussendlich zu einer schlechteren Qualität im Unternehmen führt und stark dem Firmenimage schadet.

Konflikte
(c) Proconsens.at – Jürgen Dostal von Proconsens.at

„Dort, wo Konflikte bestehen, ziehen sich Menschen zurück“, sagt er, „mit negativen Auswirkungen. Spannend ist ja, dass über 60 Prozent unserer Befragten sagen, dass sie nicht mit entsprechenden Skills ausgestattet sind, um Konflikte zu lösen.“ Dabei wären es laut dem Mediator ganz einfache Kommunikationsfähigkeiten, die es braucht, um Probleme anzugehen. „Es ist nicht kompliziert“, führt Dostal weiter aus. „Man muss sich Zeit nehmen und kommunizieren. Es geht nicht darum, den Konflikt ‚wegzureden‘, sondern um ein aktives Zuhören und ein Verstehen, worum es den beteiligten Personen geht. Das Problem hier ist, dass jahrzehntelang Führungskräfte bestellt wurden, nicht um zu führen; sie wurden aus einer traditionellen Rolle des Expertentums heraus rekrutiert, aber ohne in Führungsskills zu investieren. Viele Gründe für Konflikte liegen jedoch spezifischer vergraben und brauchen Skills, um erkannt zu werden.”

Für Diana-Maria White, Rechtsanwältin, Verteidigerin in Zivil- und Strafsachen und Wirtschaftsmediatorin, sind Konflikte im Job-Kontext etwas „strukturell Normales, wie sie bereits im Oktober 2023 im brutkasten-Talk erklärte. Man gehe mit fremden Menschen eine Bindung ein, die man privat gar nicht kenne. „Die Eskalation des Konflikts kommt dann durch subjektive Befindlichkeiten“, sagte sie damals. „Er geht manchmal aus Nichtigkeiten los und schaukelt sich auf. Wenn der Konflikt verfestigt ist, bekomme ich ihn teilweise nicht mehr gelöst.“

Eskalationsstufen beim Konflikt

Der Konfliktforscher Friedrich Glasl beschreibt in diesem Sinne die Eskalation eines Konflikts in neun Stufen, die sich in drei Hauptphasen gliedern. Die erste Phase ist geprägt von gelegentlichen Spannungen bis hin zu heißen Debatten, in denen sich Streitende gegenseitig unter Druck setzen. Hier können dem Forscher zufolge Konflikte noch konstruktiv gelöst werden.

Die zweite Phase öffnet das Persönliche – das Ziel ist nun, den Konflikt zu gewinnen; dabei werden Werkzeuge wie Drohungen, Sanktionen und Machtspiele eingesetzt. In so einem Fall wird eine Partei als „Verlierer“ aus dem Konflikt scheiden, was zu einem zerrütteten Arbeitsklima und gestörtem Arbeitsverhältnis führt – mit Auswirkungen auf die Produktivität.

In der dritten und heftigsten Phase wollen alle Beteiligten einander nur noch schaden – und sie riskieren damit sogar den eigenen Untergang und den des ganzen Unternehmens. In Zahlen können laut Dostal 72 bis 75 Prozent aller Konflikte gelöst werden.

„Eine Führungskraft kann allerdings nur bis zur Eskalationsstufe 4 helfen, darüber braucht es Mediatoren“, sagt er. „Bei Stufe 7 bis 9 braucht es Expertenteams, da geht es nur mehr ums Vernichten des anderen.“

Für Dostal ist eine Unternehmensmediation unparteiisch und ermöglicht die Entwicklung eines Spektrums von Lösungsmöglichkeiten und Perspektiven mit den größtmöglichen Überschneidungen zwischen Streitenden.

„Wir sprechen unterschiedliche Sprachen, geben Worten unterschiedliche Bedeutungen mit, je nach Erfahrung, Werten, Alter, Hintergrund“, erklärt Dostal. „Am Arbeitsplatz, mit all dem Konkurrenzdenken, kann Emotion eine ganz riesige Rolle spielen. Mediatoren übersetzen, paraphrasieren und stellen die Umstände für die Parteien klarer dar. Es geht darum, ein besseres gegenseitiges Verständnis zu erzeugen.“

Ein ungelöster Konfliktfall

Der Konfliktexperte erinnert sich an einen Fall, der nicht gelöst werden konnte, um präziser zu erläutern, was Unternehmer:innen heute fehlt. Die Causa damals befasste sich mit der Auflösung eines Dienstverhältnisses eines jungen Mitarbeiters, der mehr als 50 Prozent Fehlzeiten zu Buche stehen hatte. Das Spannende an dem jungen Mann war sein Selbstbild, das jedoch nicht mit der Außenwahrnehmung übereinstimmte.

„Die Person hat gedacht, sie könne Dinge viel besser als die anderen, müsse nichts Neues lernen und sei zum Führen bestimmt“, erinnert sich Dostal. „Sie konnte aber nicht nachweisen, dass sie diese Dinge tatsächlich beherrscht.“

Der Mediator sieht in dem jungen Mann von einst ein typisches „Goldlöffelkind“, dem man ständig unreflektiert positives Feedback gegeben hatte – und damit die „Self Perception“ fütterte, fehlerfrei zu sein.

„Niemand agiert fehlerfrei“, betont Dostal. „Doch der junge Mann konnte Kritik nicht annehmen. Es war spannend zu beobachten, denn die Wahrnehmung des jungen Mitarbeiters ist seine persönliche Realität; und das müssen Arbeitgeber realisieren und lernen, mit Menschen umzugehen.

Konkret geht es öfter auch darum, gewisse Dinge aus der Vergangenheit einer Person zu kompensieren. Dazu muss man eine neue Art des Führens lernen. Als ‚Arschloch-Chef’ – Sternekoch Tim Raue hat den Begriff geprägt – hat man heute keinen Erfolg mehr. Es braucht keinen mehr, der brüllt, sondern einen, der konstruktives Feedback liefern kann; auch bei Menschen, die Schwierigkeiten haben, mit Kritik umzugehen.“

„Konflikte benötigen Reife“

Alles andere könne zu einer veritablen Persönlichkeitskrise führen, in der sich vor allem junge Personen verletzt zurückziehen. „Um Konflikte zu lösen, benötigt es Reife“, so Dostal. Eine Reife, über die Lisa Smith vom Lieferketten-Startup Prewave verfügt, ruft man sich ihre Worte aus dem November 2023 in Erinnerung: Ein Jahr zuvor war sie mit ihrem Scaleup in ein größeres Office gezogen und musste mit ihrem FlexDesk-System über 100 Leute unter einen Hut bringen.

„Da sind ein paar Sachen aufgekommen und wir haben versucht, aufeinander zuzugehen“, erzählte sie damals über den Firmenumzug. Für die Gründerin war es in diesen Konfliktsituationen wichtig, das Gespräch zu suchen und als ersten Schritt herauszufinden, was überhaupt passiert ist, so ihr Zugang: „In größeren Firmen wird das aber immer schwieriger. Wichtig ist, das Gegenüber zu verstehen, damit man konstruktiv zusammenarbeiten kann; um den gemeinsamen Blick auf den Weg in die Zukunft zu richten und den Konflikt zu begraben.“

Prewave hat in der Vergangenheit bei Streitfällen konkret die HR-Abteilung involviert und die Parteien zu direkten Gesprächen geladen. „So direkt wie möglich und nicht über die Team-Leads“, betonte Smith. „Wir überlegen uns immer, was eine rasche, pragmatische Lösung sein kann.“

Kämpfe und Warnzeichen

Weniger pragmatisch war ein anderes Beispiel aus Dostals Erlebnisrepertoire: Ein Unternehmen hatte es für eine gute Idee gehalten, konkurrierende Ziele zwischen den Abteilungen auszurufen, und hat die einzelnen Abteilungen gegeneinander ausgespielt. „Man wollte sehen, ob sie in der Lage sind, mehr Energie aufzubringen“, erinnert sich der Mediator. „Sie haben sich jedoch hart bekämpft; letztendlich gab es nur Stillstand.“

Deswegen sei es gemäß eines modernen Leaderships nicht nur essenziell, sich Konfliktlösungsskills, wie oben beschrieben, anzueignen, sondern auch auf Warnzeichen zu achten – wie es Personio in seiner Ausführung vorschlägt.

Warnzeichen sind: Mitarbeiter:innen reden nicht mehr miteinander. Sie äußern sich negativ und herablassend übereinander. Mitarbeitende zeigen in ihrer Mimik und ihrer Körpersprache Ablehnung. Sie missachten bewusst Entscheidungen oder Arbeitsanweisungen – und reagieren aggressiv; beim kleinsten Anlass gibt es Streit.

„Wenn Konflikte am Arbeitsplatz frühzeitig erkannt und konstruktiv behandelt werden, wirken sie sich durchaus positiv auf ein Unternehmen aus“, rät Personio. „Konflikte zeigen, wo Veränderungsbedarf besteht, und erhöhen den Druck auf die Beteiligten, zu handeln. Sie zwingen, sich im Konfliktmanagement mit möglichen Lösungen auseinanderzusetzen. Dabei werden oft neue, kreative Ansätze gefunden.“

Positiv sei, so Dostal, dass sich Führungskräfte und Mitarbeitende im DACH-Raum entsprechende Skills zur Konfliktlösung wünschen. „Es gibt eine hohe Bereitschaft, besser mit Konflikten umzugehen“, sagt er. „Wenn die Effektivität im Umgang mit Konflikten nicht besteht, führt dies zu schwerwiegenden Problemen, die in Unternehmen für weitaus höhere Kosten sorgen können, als wenn man Grundlagen schafft und Führungskräfte mit Konfliktlösungsskills ausstattet – und zwar mit jenen, die auch mit unterschiedlichen Werten, Emotionen und Hintergründen umgehen können.“


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