27.09.2019

Liebe Startups: Sorry, aber ihr werdet nicht gehört

Startups präsentieren zwar ihre Forderungen gegenüber der Politik, sind dabei aber viel zu leise. Viel mehr sollten sie sich Interessensvertretungen wie die Wirtschaftskammer oder die Industriellenvereinigung zum Vorbild nehmen, schreibt Muamer Becirovic in seiner Kolumne.
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Parlament
© Parlamentsdirektion / Peter Korrak

Ich darf seit jüngstem in diesem Medium eine Kolumne über Wirtschafts- und Finanzpolitik schreiben. Den ersten Kontakt mit der Startup-Szene habe ich aber in Wirklichkeit erst mit dem Beginn meiner Tätigkeit beim brutkasten gehabt. Sonst beschäftige ich mich mit Diplomatie-, Wirtschafts- und Finanzgeschichte und eben Politik.

Aus einer politischen Blase in die Startup-Blase eintauchend, ist es für mich erstaunlich, wie wenig politisches Wissen und wie viel Naivität in der Szene vorherrscht. Um es spitz zu formulieren: Manche glauben, die Geschichtsschreibung habe erst mit der Erfindung des Smartphones begonnen. Alles davor war die Zeit der Dinosaurier.


Die Wahlprogramm der Parteien in der brutkasten-Analyse:


Es gibt in der Szene so gut wie kein Verständnis über die Politik und die Geschichte hinter den staatlichen Strukturen. Die Community hat die Fundamente dieses Staates nicht verstanden, will am liebsten mit Politik nichts zu tun haben und macht es sich in der eigenen Bubble gemütlich. Dabei könnte sie von den Größeren lernen: Die Industriellenvereinigung und die Wirtschaftskammer machen Interessensvertretung auf höchstem Level. Sie sind seit Jahrzehnten im staatlichen System verankert, im politischen System vernetzt und ihre ehemaligen Mitarbeiter wird man in Ministerien und verschiedenen staatlichen Stellen finden. Die Politik hört ihr zu und hört oft auf sie, weil sie Ressourcen und wenn nötig eine laute Stimme haben. Von der Startup-Szene wäre mir eine laute Interessensvertretung nicht bekannt, obwohl sie das für ihre Bedürfnisse bräuchte.

Das bestenfalls sporadische Einmischen der Starup-Szene in den politischen Diskurs hat für die Gründer jedoch massive Auswirkungen. Denn die Rahmenbedingungen, in denen sich die wirtschaftliche Tätigkeit der Startups bewegt, ist in entscheidendem Ausmaß politisch entstanden. Politik ist ein Organismus und kein totes Gewebe. Jede wirtschaftspolitische- und finanzpolitische Entscheidung, die der Staat trifft, wird sich über kurz oder lang auf die Wirtschaft auswirken. Es ist deshalb, um es an einem Beispiel zu veranschaulichen, verwunderlich, dass sich so gut wie keiner über die hohen Staatsschulden aufregt. Wenn die Wirtschaft hier nicht auf Budgetdisziplin pocht, dann trifft es die Wirtschaftstreibenden doch als erstes, wenn in Zukunft Steuern erhöht werden, um die Schulden abzutragen. Es sollte für die Szene daher ein Weckruf sein, wenn die Mehrheit der Österreicher eine Wirtschaftspolitik präferiert, die nicht im Interesse der Startups sein kann.

Die Politik macht zwar gerne Fotos und schüttelt Hände mit der Startup-Szene, aber dass sie für die Community größere Projekte umzusetzen versucht, liegt in weiter Ferne. Die Stimme der Startups ist hier viel zu leise. Es führt nämlich kein Weg daran vorbei, dass sich die Community zusammenschließt, Ressourcen bereitstellt und aktive Interessensvertretung betreibt, wenn sie ihre Forderungen zumindest in Teilen umgesetzt sehen will.

Das ist harte Arbeit, es führt an ihr allerdings nichts vorbei. Auf die Gnade oder Rationalität der Politik darf man an dieser Stelle nicht hoffen. Denn sie trifft in den meisten Fällen nicht ein.

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4gamechangers 2020 startup Moonshot
(c) Puls4 | 4gamechangers

Das 4Gamechangers Festival war ein jährlicher Fixpunkt im heimischen Startup-Ökosystem. Und zog nationale wie internationale Player der Szene an. Umso überraschender ist es, dass die für Mai 2025 geplante Ausgabe von ProSiebenSat1Puls4 und auch dem ORF als Co-Veranstalter entfällt, wie der “Standard” am Freitag berichtete.

4Gamechangers soll weiterleben

“In Zeiten wirtschaftlicher Herausforderungen bedarf es mutiger Entscheidungen. Diese müssen wir nun treffen und mit unserem dreitägigen 4Gamechangers Festival im Jahr 2025 eine Pause einlegen – doch die allseits geschätzte Marke 4Gamechangers ist uns eine sehr wertvolle und wird definitiv weiterleben”, heißt es von offizieller Seite.

Die Pause sei keine leichte Entscheidung, jedoch könne man sich nur so Zeit für eine Innovationsklausur nehmen und langfristig die Qualität bewahren, die das Festival auszeichne und einzigartig mache.

Geschäftsmodell überdenken

“Das kommende Jahr werden wir intensiv nutzen, um in einer kreativen Pause die Marke weiterzuentwickeln. Wir werden unser Geschäftsmodell überdenken und neue, innovative Ansätze entwickeln, um 4Gamechangers als Marke und als Festival neu zu formieren”, heißt es weiter in der Aussendung. “Wir wären nicht die Founder der Marke 4Gamechangers, wenn wir diesen Change nicht als Chance sehen, noch viel Größeres für die Zukunft zu entwickeln. Bereits im Herbst 2025 wird sich 4Gamechangers wieder zurückmelden. Stay tuned!”

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