07.09.2020

not less but better: Höhle der Löwen-Deal mit beiden Investoren geplatzt

Nach Verhandlungen und einer Einigung vor laufender Kamera mussten die Entwickler der Trainingsapp not less but better feststellen, dass es im Gespräch mit den beiden Löwen, Nico Rosberg und Carsten Maschmeyer, unterschiedliche strategische Auffassungen gab, wie es mit dem Startup weitergeht. Nachdem der Deal platzte, erzählen die Gründer, wie sie sich nun finanzieren, warum Abo-Modelle trotz ihrer Fülle weiterhin sinnvoll sind und warum es möglich ist, Handy-Sucht am Handy zu bekämpfen.
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(c) nlbb - Das not less but better-Gründungsteam möchte einen gesünderen Umgang mit dem Smartphone in einer gehetzten Gesellschaft etablieren.

Es ist so eine Sache mit der Smartphone-Nutzung. Experten streichen heraus, dass es zwischen der Sucht und der Gewohnheit (Habitus) Unterschiede gibt und nur ein kleiner Teil der Gesellschaft tatsächlich stark abhängig ist von dem kleinen Supercomputer in der Hosentasche. Nichtsdestotrotz kommt eine Studie aus 2017 drauf, dass Österreicher bereits damals mehr als drei Stunden am Tag mit dem Handy interagieren. Mittlerweile soll diese Zahl auf über vier Stunden angewachsen sein, wie das not less but better-Gründerteam in der TV-Show “Die Höhle der Löwen” mitteilte. Christina Roitzheim, Selcuk Aciner und Marius Rackwitz möchten daher mit ihrer App Usern einen sorgsameren Umgang mit dem Smartphone ermöglichen.

“Always on my mind”

Auch wenn es nicht immer eine Sucht im klassischen Sinne zu sein scheint, die “always on“-Mentalität hat sich nicht nur im privatem Leben durchgesetzt. Die ständige Verfügbarkeit, die oft darin gipfelt auch im Urlaub seinem “Taschenbüro” einen Besuch abzustatten, um schnell mal “die Mails zu checken”, kann zu Dauerstress führen, der in gesundheitliche Probleme gleiten kann.

Handy überall mittendrin und nicht nur dabei

Doch auch abseits des Arbeitsalltags spielt die Smartphonenutzung eine große Rolle. Chats mit Freunden, Social Media, das FOMO-Phänomen und der immer stärker werdende Video-Content tragen ihres dazu bei, dass User ihr Handy kaum aus der Hand legen können. Ein Mitgrund, warum die Gründer der App “not less but better”, das tun, was sie tun.

Gründerin hatte Schwierigkeiten präsent zu sein

Christina Roitzheim hatte selbst mit extensiver Handynutzung zu kämpfen, wie sie erklärt. Die Gründerin hat früher in Shanghai gelebt und dort einen “durchdigitalisierten” Alltag erfahren. Das ging nicht spurlos an ihr vorbei: Sie fühlte sich zunehmend rastlos, gestresst und hatte Schwierigkeiten, präsent zu sein. Nach ein paar Monaten stellte sie schockiert fest, dass sie statt auf die Menschen, die Stadt und die Kultur um sie herum, die meiste Zeit auf ihr Smartphone geschaut hatte.

(C) nlbb – Auch Co-Founderin Christina Roitzheim litt unter extremer Handynutzung.

Auch Selcuk Aciner hatte mit ähnlichen Problemen zu kämpfen. Als frischer Gründer eines damaligen Startups kamen viele Herausforderungen, vor denen er sich immer wieder in sein Handy flüchtete: “Wir probierten alles aus, um unsere ungesunden Gewohnheiten in den Griff zu kriegen. Aber nichts schien nachhaltig zu helfen. Wir sprachen mit vielen Menschen, und ihnen ging es ähnlich. Also nahmen wir es selbst in die Hand. Und haben uns in Berlin getroffen, über Lösungen ausgetauscht. Später lernte wir Marius kennen und ‘not less but better’ war geboren.

Mit dem Auftritt in der Startup-Show sollte der nächste Schritt gemacht werden. Es sah auch gut aus, doch leider wurde aus dem erhofften und hart verhandelten Deal aus der “Höhle der Löwen” – 150.000 Euro für 20 Prozent mit Carsten Maschmeyer und Nico Rosberg – nichts.

Zu hohe Differenzen mit Höhle der Löwen-Investoren

“Im Anschluss an die Aufzeichnung haben wir im engen Austausch gelernt, dass die Löwen und wir unterschiedliche Pläne für die strategische Ausrichtung des Unternehmens haben. Wir haben uns freundschaftlich und gemeinsam entschieden, das Investment nicht zu machen”, erklärt Aciner, der darauf hinweist, dass das Startup dennoch einige große Schritte getan hat.

Neues Design für not less but better

Die bisherige App not less but better erhält ein neues Design und weitere Kurse, die dazu dienen sollen, einen gesünderen Umgang mit dem Smartphone zu lernen. Darunter etwa der “Social Media”-Bereich. Auch das Team konnte um Psychologen, Designer und Entwickler erweitert werden.

Fundraising ab Herbst

Aktuell finanziert sich not less but better unter anderem mit dem Exist-Gründerstipendium, das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) und dem Europäischen Sozialfonds kommt. Im Herbst startet das Startup ein Fundraising für eine Pre-Seed-Runde.

Warteliste für Trainings-App

“Wir stehen kurz vor dem Launch auf dem deutschsprachigen Markt. Die Warteliste für unsere Trainings-App wächst täglich, und wir können es kaum abwarten, endlich zu starten. Wir freuen uns, bereits so viel Zuspruch für unsere Arbeit und zum Beispiel den Gesundheitspreis der Techniker Krankenkasse und des Handelsblatts erhalten zu haben. Das sind starke Signale des Marktes, die die Relevanz unseres Themas zeigen, und dass wir uns auf dem richtigen Weg befinden.

Achtsamkeit als Leitfaden zu einem gesünderen Tech-Umgang

Dieser richtige Weg oder besser gesagt die Überlegungen zu diesem Thema haben schon länger den Begriff “Achtsamkeit” entstehen lassen, der stellvertretend für einen bewussten Umgang mit Technologien wie dem Smartphone oder Internet steht.

Eine Fähigkeit der Zukunft

Für Aciner bedeutet diese Einstellung im Hier und Jetzt präsent sein. Er sagt: “Achtsamkeit erlaubt uns, bewusster zu handeln, in dem sie uns ein Fenster zwischen Trigger und Reaktion schenkt, in der wir uns für oder gegen eine Handlung entscheiden können. Mit unserem Smartphone haben wir die Welt in der Hosentasche und Zugang zu einer Fülle an Wissen, Menschen und Aktionen. Das ist erstmal ganz wunderbar.”

“Gleichzeitig macht es uns die fortschreitend handliche Technologie, die sich mehr und mehr nahtlos in unseren Alltag einbettet, immer schwieriger, ‘im Moment’ zu sein. Da dieser Trend sich nur noch verstärkt, indem Technologie in Zukunft noch invasiver und in unseren Alltag “blended” sein wird, ist digitale Achtsamkeit die Fähigkeit der Zukunft”, so der Gründer

Apps wie Rattenfänger aus Hameln

Für die Gründer steht fest, dass Technologie von Dingen ablenken kann, die uns wichtig sind. Apps etwa seien derart designt, dass man möglichst immer noch mehr Zeit in ihnen verbringen möchte, so das Gründer-Team.

(C) nlbb – Trainingseinheiten und gezielte Fragen sollen zum Nachdenken beim Umgang mit dem Smartphone sorgen.

“Unsere Aufmerksamkeit wird monetarisiert. Damit erreichen Profit-getriebene Unternehmen ihre Ziele, unsere eigenen bleiben dabei auf der Strecke – sofern es nicht dein Ziel ist, drei Stunden täglich auf Instagram zu scrollen”, sagt Aciner: “So, wie wir aktuell das Smartphone nutzen, entmenschlicht es uns. Darunter leiden unser Körper, wie etwa beim ‘Handydaumen’ oder bei und Nackenproblemen, unsere Psyche – Depression, Angst, Schlafprobleme – und unsere Beziehungen.”

Digitales ist Achstamkeit-feindlich

Spannend ist, dass die Gründer das “Digitale” als sehr Achtsamkeits-feindliche Umgebung wahrnehmen. Sie sprechen von Schnelllebigkeit, “fast content”, kurzen Aufmerksamkeitsspannen und Bewertung (Likes) auf sozialen Medien, die immer mehr Oberhand gewinnen.

Smartphone als engster Verbündeter

“Es wird immer ungewohnter, auch mal kurz inne zu halten. Das führt zu Problemen auf gesellschaftlicher Ebene wie Radikalisierung, und kann persönlich zu einer starken Belastung für psychische Gesundheit werden. Unser Smartphone ist unser engster Verbündeter zur schnellen Befriedigung unserer Bedürfnisse. Diese erfolgt oft aber nur kurzfristig und oberflächlich”, so Aciner weiter, “Gleichzeitig ist Technologie aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken. Das hat uns spätestens die Corona-Krise gezeigt. Deshalb muss eine neue Lösung her.”

Feuer mit Feuer bekämpfen macht Sinn?

Bei diesen Aussagen scheint es umso verwunderlicher, dass die Gründer für das Smartphoneproblem eine Smartphone-Applikation anbieten. Bei der Argumentation, warum das Sinn macht, verweisen die Founder auf den Unterschied zum “digitalen detox”, den Rosberg in den Sendung eingeworfen und mit ihnen verglichen hat. Christina Roitzheim, Selcuk Aciner und Marius Rackwitz grenzen sich klar davon ab.

Detox nur eine kurzfristige Lösung

“Wir halten nicht viel von ‘digital detox’. Das kann einmalig eine schöne Möglichkeit sein, sich für das Thema zu sensibilisieren. Langfristig sehen wir darin aber keine praktikable und nachhaltig wirksame Lösung für unser Problem mit der Handy-Nutzung. ‘Digital detox’ sagt nämlich Folgendes: Verbringe einfacher weniger Zeit am Handy. Aber das funktioniert langfristig nicht. Denn dafür ist es nicht gemacht. Schon von der Ernährung wissen wir, dass Verzicht nur kurzfristige Erfolge verspricht. Bis der Jojo-Effekt einsetzt und wir wieder in unsere alten, unerwünschten Verhaltensmuster fallen”, erklärt Aciner.

Nicht untergehen, am Besten im Wasser lernen

Es geht ihnen vielmehr um die Gesunde Handy-Nutzung, die sie vorantreiben wollen. Und dazu braucht man ein Handy: “Gesunde Smartphone-Nutzung ist eine Fähigkeit, die man erlernen kann. Und das geht am besten mit dem Gerät in der Hand in der potenziell problematischen Situation. Es ist vergleichbar mit Schwimmen lernen. Trockenübungen sind schön und gut. Um aber nicht unterzugehen, wenn es darauf ankommt, muss Schwimmen im Wasser gelernt werden. So ist es auch beim Smartphone”, betonen die Gründer und weisen darauf hin, dass man das Smartphone nicht dämonisieren sollte.

not less but better als mobile Intervention

“Mit not less but better haben wir eine mobile Intervention für problematische Smartphone-Nutzung entwickelt. Der Zugang zur Unterstützung im Bereich der mentalen Gesundheit ist schwer genug. Das App-Format hilft uns dabei, unsere Lösung auf die Bildschirme von vielen Menschen zu bringen”, erklären sie.

Abo-Modell

Dies passiert mit einem Abo-Modell, welchem einer der TV-Investoren aus der Show kritisch gegenüber stand. Koflers Meinung nach gebe es mit Streaming-Diensten bereits genug Dinge, die Menschen abonnieren könnten; eine App würde sich da schwer tun.

Nichtsdestotrotz sehen die drei Entrepreneure Abo-Modelle für Nutzer als bereits etablierte Wege, um digitale Inhalte zu konsumieren: “User abonnieren digitale Inhalte dann, wenn sie den Wert der Inhalte als hoch wahrnehmen. Unsere Inhalte helfen gesunde Smartphone-Gewohnheiten zu etablieren, sind wissenschaftlich validiert, einfach zu nutzen und werden stetig um neue Kurse erweitert. Wir glauben, dass wir damit einen hohen Wert für unsere Zielgruppe schaffen”, führt Aciner aus.

Die nächsten Ziele von not less but better beinhalten den Fokus auf zwei Punkte: Weitere Kurse für alle Lebenslagen mit dem Smartphone entwickeln, wie etwa Video Bingewatching, Nachrichtenkonsum, Beziehungen oder Online Dating.

“Außerdem werden wir in der App weitere Tools zur Verfügung stellen, um unsere Nutzerdabei zu unterstützen, ihren Trainingserfolg zu steigern. Gehen wir einen Schritt zurück, dann kombinieren wir verhaltenstherapeutische Methoden und digitale Technologien, um Menschen dabei zu helfen nachhaltig gesunde Gewohnheiten zu entwickeln”, sagt Aciner: “Für die Smartphone-Nutzung kriegen wir das bereits hin, das ist belegt. Langfristig möchten wir unseren Ansatz in weitere Trainingsprogramme für verhaltensbedingte Herausforderungen übersetzen, die von der Gesundheitsindustrie vernachlässigt werden und für die es noch keine adäquate Lösung gibt.”

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Rituale, Rituale der Startup-Welt, Ritual, Howard, Factinsect, Hadia, Storebox, Instahelp, monkee, Dental Armor, Coinpanion
(c) Hello Again/zVg/Hadia/Die Abbilderei/Storebox/schon nice gmbh/Victor Malyshev - (o.v.l.) Franz Tretter von Hello Again, Romana Dorfer von Factinsect, Anna Lauda von Hadia, Bernadette Frech von Instahelp/ Johannes Braith von Storebox, Saad Wohlgennannt von Dental Armor und Martin Granig von monkee.

Dieser Artikel ist im brutkasten-Printmagazin von Dezember 2024 erschienen. Eine Download-Möglichkeit des gesamten Magazins findet sich am Ende dieses Artikels.


Ein Pythonkopf aus Stein ragt aus der Dunkelheit hervor. In Kreisen angeordnete, farbenfrohe Speerspitzen verzieren den kalten Höhlenboden; manche davon stammen aus Hunderte Kilometer entfernten Gegenden. Am Ende der Höhle erstreckt sich ein kleiner, versteckter Raum, der Platz für eine Person bietet; üblicherweise versteckt sich ein Schamane darin und spricht zu seinem Stamm, sodass es scheint, die steinerne Schlange selbst lasse donnernde Worte erklingen.

Diese Verehrung des majestätischen Reptils fand vor rund 70.000 Jahren in der Kalahari-Wüste am Fuße der Tsodilo Hills im heutigen Botswana statt. Dies hat im Jahr 2012 die Archäologin Sheila Coulson herausgearbeitet und, so heißt es, damit das älteste wissenschaftlich belegte Ritual der Welt entdeckt.

Seitdem haben sich Rituale in Gesellschaften im Großen und Kleinen gehalten und weiterentwickelt – von religiösen Gepflogenheiten über politisches Zeremoniell bis hin zu privaten, sich wiederholenden Gewohnheiten sind sie in tausendfacher Weise etabliert. Das Küssen des Balls im Sport, das Aufstehen mit dem „richtigen Fuß“, Salz über die Schulter werfen, auf Holz klopfen, Dinge nicht verschreien, Braut und Bräutigam nicht vor der Hochzeit sehen, zu bestimmten Jahreszeiten fasten, den Jahreswechsel laut feiern oder die zum Ritual gewordene Morgen-Rou­tine wiederholen.

Spiritualität und Ordnung

All dies lässt sich komprimiert und per Definition in zwei Bedeutungen unterteilen: in eine spirituelle Handlung und in ein „wiederholtes, immer gleichbleibendes, regelmäßiges Vorgehen nach einer festgelegten Ordnung“. Exakt diese Ordnung (also die zweite Definition) ist es, die auch manchen Startup-Gründer:innen dabei hilft, den stressigen Joballtag zu bewältigen, Klarheit zu schaffen und Erfolge zu erreichen.

Sohlen und Poster

So zeigt sich etwa Johannes Braith vom österreichischen Scaleup Storebox als großer Anhänger davon, sich klare Ziele zu setzen und diese zu visualisieren.

„Dabei halte ich es für wichtig, einerseits eine große Vision zu definieren und diese in kleinere Meilensteine herunterzubrechen“, sagt er. „Diese verhältnismäßig kleinen Meilensteine sind leichter zu erreichen, greifbarer und man kann entsprechend auch früher Erfolge verbuchen. Das Wichtigste ist, konstant dranzubleiben. Erfolg ist kein Sprint, sondern ein Marathon.“

Das Visualisieren definierter Ziele wurde bereits früh als Ritual bei Storebox eingeführt: Im Office des Logistikunternehmens prangen Vision und Werte als Poster an der Wand und OKRs (Objectives and Key Results) werden in Echtzeit mittels Soll/Ist-Vergleich auf Bildschirmen angezeigt.

Zudem gibt Braith noch eine weitere Besonderheit aus seiner Ritualwelt preis: „Habe ich ein Etappenziel für mich definiert, schreibe ich es mir auf die Sohlen meiner Schuhe“, sagt er. „Das hilft mir, mich daran zu erinnern, dass jeder kleine Schritt zählt.“

Der Knopf des Erfolgs

Franz Tretter, Gründer des Kundenbindungs-Startups Hello Again, nutzt Rituale dazu, um Ziele und Kultur in seinem Team zu verankern. Dazu gehört ein „Global Success Button“, der bei jedem neuen Kunden gedrückt wird, mit anschließender Feier im Büro. Mitarbeiter:innen, die remote arbeiten oder unterwegs sind, werden per Mail oder Smartphone ebenso informiert; „einfach, damit man Bescheid weiß“, sagt Tretter.

Auch etwas namens „Howard 1000“ gehört zum regelmäßigen Ritual des Linzer Teams dazu. Dabei handelt es sich um eine Wand bestehend aus 1.000 Kästchen mit einer besonderen Bedeutung. „Wir haben diese aufgebaut, als wir 120 Kunden hatten. Mit jedem Kunden, den wir gewonnen haben, haben wir ein Logo hinzugefügt und haben nun knapp 900 Kästchen voll“, erklärt Tretter.

Und zu guter Letzt sind bei Hello Again die „Compliment Cards“ ein weiteres internes Ritual: „Wertschätzung ist total wichtig bei uns“, erklärt Tretter. „Wir haben eigene Kärtchen beim Eingang, da schreibt man gelegentlich etwas Nettes drauf und legt es am Abend Kollegen auf den Tisch. Die freuen sich am nächsten Morgen.“

An diesen beiden Beispielen bemerkt man bereits eine kleine Gemeinsamkeit, die zwischen den Zeilen mitschwingt: Wiederkehrendes, etwas Konstantes ist nicht bloß eine Orientierungshilfe für Startup-Gründer:innen, sondern kann als einer von mehreren Bausteinen eines spezifischen Mindsets gesehen werden; eines Mindsets, das von einem ruhigen Leadership-Skill zeugt und deutlich zeigt, dass manchmal das wilde Gefüge in einem selbst sowie auch das Äußere, das sich unter Mitarbeitenden am Arbeitsplatz entwickelt, gepflegt werden muss.

Gemeinschaft fördern

Das weiß auch Anna Maria Lauda von Hadia, einem Wiener Verein, der weibliches Unternehmertum in Afghanistan fördert. Ihr hilft eine tägliche zehnminütige Meditation, den Tag entschleunigt, entspannt und fokussiert zu beginnen.

„Dadurch kann ich klarere Prioritäten setzen und produktiver arbeiten“, sagt sie. „Früher lag mein Schwerpunkt vor allem auf individuellen Praktiken wie dem Selbstmanagement und der strikten Zeitplanung durch To- do-Listen. Doch im Laufe meiner Reise als Gründerin habe ich erkannt, dass Flexibilität und der wertvolle Austausch mit dem Team genauso entscheidend sind. Heute schätze ich Rituale, die nicht nur den persönlichen Fokus stärken, sondern auch das Gemeinschaftsgefühl fördern.“

Daher veranstaltet Lauda wiederkehrende Onlinemeetings mit ihren Weberinnen in Afghanistan. „Regelmäßige Check-ins mit den Frauen sind inspirierend und motivierend. Allzu leicht verliert man in der Hektik des Alltags den Bezug zu den Menschen, für die man arbeitet. Und diese Gespräche erinnern mich daran, was unser gemeinsames Ziel ist und wie viel wir schon erreicht haben“, sagt sie.

Saad Wohlgenannt, Gründer und CEO des Zahn-Startups Dental Armor und der Kryptobörse Coinpanion, hatte im Lauf der Zeit verschiedene Rituale, die er jedoch mittlerweile fast alle ab- gelegt hat; darunter eine wöchentliche „Rückschau“, um zu überlegen, was er besser machen könnte, oder Journaling (Anm.: Blick nach innen mit schriftlicher Aufzeichnung, was in einem vorgeht).

Heute plant er an jedem Geburtstag, was er im kommenden Jahr erreichen möchte. Meistens setzt sich der Founder dabei ein monetäres Ziel für sein Business sowie ein paar persönliche Ziele, wie etwa einen neuen Sport zu erlernen, ein Land zu bereisen oder ein bestimmtes Problem zu lösen.

„Die wichtigsten Rituale, die mir langfristig helfen, meine Ziele zu erreichen, haben meistens den Effekt, mich kurzfristig vom Arbeiten abzuhalten“, sagt er. „Zum Beispiel beginne ich meinen Tag mit ein paar Mobility-Übungen, Liegestützen, Klimmzügen und einer kalten Dusche – erst danach schaue ich in meine E-Mails und starte richtig durch. Ab 20.30 Uhr ist mein Handy auf ‚Nicht stören‘, und dann bin ich nur noch schwer erreichbar.“

Drei und nicht mehr

Romana Dorfer beschäftigt sich mit ihrem Startup Factinsect damit, die Fülle an Fake News im Netz aufzulösen und User:innen gesicherte Informationen zur Verfügung zu stellen. Sie selbst hat sich früher oft viele, unspezifische und große Ziele vorgenommen, die jedoch innerhalb eines Tages kaum zu erreichen waren. Dabei waren Fortschritte nur schwer messbar und am Ende des Tages wurde kein Ziel erledigt, wie sie gesteht. Dadurch ist oft das Gefühl entstanden, wenig erreicht zu haben.

Heute greift sie maximal auf drei Vorhaben pro Tag zurück. „Der Vorteil ist, dass ich fast immer alle Ziele für den Tag erreiche und dadurch meine Motivation steigt. Meistens arbeite ich dann noch an weiteren Themen“, sagt Dorfer.

Bei Martin Granig, Gründer der Spar-App monkee und Vater einer siebenjährigen Tochter, sehen die Morgen oftmals chaotisch aus. Um dem entgegenzuwirken, hat er eine Morgenroutine entwickelt: „Ich stehe meist 30 Minuten früher auf. Das gibt mir die Gelegenheit, mich in Ruhe im Bad fertig zu machen“, sagt er. „Während des Zähneputzens mache ich ein paar Übungen, um den Kreislauf in Schwung zu bringen, bevor ich Frühstück für meine Tochter und Kaffee für meine Frau und mich zubereite. So habe ich noch ein paar ruhige Momente für mich, bevor der Trubel beginnt.“

Am Ende seines Arbeitstags führt der Gründer einen kurzen Check-in durch und klärt für sich, was er heute schaffen möchte, was er tatsächlich geschafft hat und was er noch anpassen muss.

„Das hilft mir, mein Time-Boxing im Kalender zu optimieren, gerade für die Aufgaben, die zwar wichtig sind, aber erst in der Zukunft anstehen“, erklärt er. „Ich habe gelernt, dass es notwendig ist, solche Dinge bewusst zu planen, bevor sie von den dringenden, aber weniger wichtigen Aufgaben verdrängt werden.“

Raus aus der Bubble

Für Granig gibt es zudem noch ein persönliches Highlight der Woche: Freitagabend-Basketball. „Das mag zwar kein typisches Gründer-Ritual sein, aber für mich ist es essenziell. Es hilft mir, Stress abzubauen, den Kopf frei zu bekommen und in einer entspannten Atmosphäre mit Freunden zu lachen. Danach starte ich erfrischt ins Wochenende – und am Montag wieder voller Energie in die neue Woche“, so der Tiroler, der früher oft von „dringenden Dingen“ stark getrieben war, die dazu führten, dass wichtige strategische Aufgaben oftmals zu kurz kamen.

„Man arbeitet in so einem Fall zu viel ‚in the business‘ statt ‚on the business‘“, sagt er. „Heute habe ich meine Timeboxing-Routine deutlich verbessert, damit genau diese wichtigen Dinge nicht untergehen. Früher musste ich auch keine Rücksicht auf Familie und Kind nehmen. Das hat sich natürlich geändert, und ich musste Wege finden, trotz all der Verantwortung auch noch Zeit für mich zu schaffen. Daher meine Morgenroutine und mein Freitagabend-Basketball. Dort geht es einfach nur ums Spielen und um entspannte Gespräche über deutlich unkompliziertere Dinge als Startups, Karriere oder Business. Das tut gut und gibt mir Energie.“

Ankerpunkte fürs Wesentliche

Ähnlich ergeht es Instahelp-Founderin Bernadette Frech. Für die Gründerin des Grazer Health-Startups sind Rituale bewusste Ankerpunkte, um den Fokus auf dem Wesentlichen zu halten – im Beruf wie im Privatleben.

„Eines der wichtigsten Rituale habe ich mit meinen Kindern: Jeden Morgen beginnen wir den Tag mit einer vollen Minute Umarmung, ohne Worte, nur Nähe. Das stärkt unsere Bindung und gibt uns einen liebevollen Start in den Tag“, sagt Frech. „Abends reflektieren wir gemeinsam: Beim Rückenkraulen sprechen wir über Belastendes, bei der kitzligen Fußmassage teilen wir schöne oder lustige Momente und bei der Kopfmassage besprechen wir, wofür wir dankbar sind und was uns gut gelungen ist.“

Ambition vs. Balance

Auch bei ihr haben sich Rituale über die Jahre verändert und sich immer wieder ihren Lebensumständen angepasst. Früher, als berufliche Ambitionen im Vordergrund standen, hatten Frechs Rituale viel mit persönlicher Effizienz und beruflicher Zielerreichung zu tun. Heute, als dreifache Mama und Unternehmerin, haben sich die Prioritäten verschoben.

„Es geht mir jetzt viel stärker darum, eine Balance zwischen Karriere und Familie zu finden, ohne den Fokus auf meine eigene mentale Gesundheit zu verlieren“, erklärt sie. Das Ritual mit ihren Kindern sei ein Beispiel dafür, wie sich Rituale an neue Lebensphasen anpassen.

„Früher hätte ich vielleicht nicht gedacht, dass eine Umarmung am Morgen oder ein Ritual vor dem Schlafengehen so kraftvoll sein könnten. Heute sind es genau diese Momente, die mich erden und mir und meinen Kindern Energie geben“, erzählt sie. „Was sich jedoch nie geändert hat, ist meine wöchentliche psychologische Beratung. Sie ist seit Jahren eine Konstante, die mich sowohl beruflich als auch persönlich auf Kurs hält, auch wenn sich die Themen im Laufe der Zeit wandeln.“

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AI Summaries

not less but better: Höhle der Löwen-Deal mit beiden Investoren geplatzt

  • User nutzen im Schnitt mehr als vier Stunden das Smartphone
  • Gründerin Christina Roitzheim hatte selbst mit extensiver Handynutzung zu kämpfen wie sie erklärt.
  • Auch Co-Founder Aciner musste mit ungesünder Handynutzung hadern.
  • Die App not less but better soll für einen gesünderen Umgang mit dem Smartphone sorgen.
  • Der Deal mit den Löwen platzte im Nachgang zur Show.
  • Aktuell finanziert sich not less but better unter anderem mit dem Exist-Gründerstipendium, das vom BMWi und dem Europäischen Sozialfond kommt.
  • Das Startup plant weitere Bereiche in den Fokus zu rücken, darunter Social Media.

AI Kontextualisierung

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