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Dass Message Control kein Phänomen der Politik ist, sondern auch bei Unternehmen und deren Marketing-Abteilungen beliebt ist, ist allgemein bekannt. Der aus der deutschen Startup-Szene rekrutierte Beirat Junge Digitale Wirtschaft ging nun nach mehreren mäßig erfolgreichen Startup-Börsengängen einen Schritt weiter. In einem Positionspapier, das zunächst auf der Seite des deutschen Wirtschaftsministeriums (BMWi) veröffentlicht wurde, wurde Medien eine Mitschuld an den schwachen IPOs gegeben. Es habe sich ein “regelrechtes IPO- und New-Economy-Bashing verbreitet”. Daraus leitete der Startup-Beirat kurzerhand eine Reihe von Forderungen zu Einschränkung der Pressefreiheit bei Startup-Berichterstattung ab.
“Verpflichtung der Presse zur Berichterstattung auch über kleine IPOs”
Man wolle einen “Erlass von Regeln zur Vermeidung einseitig diffamierender Artikel” hieß es dort. Einhergehen sollen diese Regeln mit einer möglichen “Disziplinierung der Presse zu sachlicher, richtiger und vollständiger Information, bewehrt durch Pflicht zur unverzüglichen Gegendarstellung bei Fehlinformation”. Ebenfalls gefordert wurde eine “Verpflichtung der Presse zur Berichterstattung auch über kleine IPOs” und eine “Verpflichtung von Internetforen zur Offenlegung von Klarnamen der Blogger” sowie einer “Einführung einer Haftung von Bloggern für Falschbehauptungen und Beleidigungen”.
Als Autoren wurden Amorelie-Gründerin Lea-Sophie Cramer, Investor Christoph Gerlinger von der German Startups Group und Alex von Frankenberg, Geschäftsführer des High-Tech Gründerfonds genannt. Nach sofortiger Kritik folgten aber die ersten Distanzierungen und das Papier blieb nicht lang online. Zunächst teilte ein Ministeriums-Sprecher mit: “Das BMWi teilt die Vorschläge nicht. Die Unabhängigkeit der Presse ist für das BMWi ein hohes Rechtsgut”. Dann folgte ein Tweet von Minister Peter Altmaier: “Pressefreiheit ist ein herausragendes Grundrecht, dessen Schutz wir verpflichtet sind. Das Positionspapier des Beirates junge digitale Wirtschaft, war mir ebensowenig bekannt wie seine Veröffentlichung auf der Homegage. Ich habe soeben die umgehende Entfernung angeordnet”.
Journalisten-Verband zu Startup-Beirat: “völlige Unkenntnis des Journalismus und seiner Aufgaben”
Gegenüber dem deutschen Handelsblatt hält sich auch der deutsche Journalistenverband DJV nicht mit Kritik am Positionspapier zurück. Er verweist auf den Fall Wirecard und lässt ausrichten : “Die Forderungen des Beirats an die Adresse der Medien zeugen von völliger Unkenntnis des Journalismus und seiner Aufgaben in der Demokratie”. Vom Grundrecht der Pressefreiheit hätten die Beiratsmitglieder offenbar noch nichts gehört. “Sie fordern Hofberichterstattung anstelle von kritischem Wirtschaftsjournalismus”, so der DJV.