28.12.2022

Der große ClimateTech Jahresrückblick 2022

Was hat sich 2022 im ClimateTech-Bereich in Österreich getan? Brutkasten Earth wirft einen Blick zurück und stellt Startups und deren Innovationen in den Bereichen Energie, Mobilität, Ernährung, sowie Kreislaufwirtschaft vor, die in diesem Jahr besonders aufgefallen sind.
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Seit Jahresbeginn 2022 wurden bisher weltweit mehr als 50 Milliarden US-Dollar in Klimatechnologie-Startups investiert. Mittlerweile fließt jeder vierte Risikokapital-Dollar in ClimateTech, wie der jüngste “PwC State of Climate Tech Report” für 2022 zeigt. Im Vergleich zum boomenden ClimateTech-Jahr 2021 stellt dies jedoch einen Rückgang im Klimabereich dar. So ist die Finanzierung in den ersten drei Quartalen 2022 um 30 Prozent niedriger als im Vergleichszeitraum 2021. Die Eintrübung des Finanzierungsmarktes hinterlässt somit auch seine Spuren auf den Märkten für Klimatechnologien.

Trotz des Rückgangs an Investitionen zeigt sich allerdings, dass die Liste an VC-Fonds in Europa, die sich spezifisch mit der CO2-Reduktion und Klimatechnologien beschäftigen, länger wird. Neben dem World Fund in Höhe von 350 Millionen Euro und dem ClimateTech-Fonds Climentum Capital in Höhe von 150 Millionen Euro kündigte beispielsweise das deutsche Family Office Pirate Impact im Sommer 2022 an, mit Aenu einen neuen Fonds auflegen zu wollen, der bis 2026 rund 500 Millionen Euro an Kapital für Investitionen in nachhaltige Startups einsammeln möchte. In Österreich ist allen voran der Climate & Industry Opportunity-Fonds von Speedinvest zu erwähnen, der allerdings bereits 2021 aufgelegt wurde und über ein Volumen in Höhe von 80 Millionen Euro verfügt. Zudem konnten sich in Österreich auch neue Beteiligungsgesellschaften am Markt etablieren, die spezifisch in Klimatechnologien investieren. Als Beispiel lässt sich epoona aus Wien anführen, die ihren Fokus auf Hardware-Innovationen im CleenTech Bereich legt.

Energie & Industrie

Übergewinnsteuer - Merit-Order - Windfall-Profits
(c) Zbynek Burival via Unsplash

Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und die damit einhergehende Energiekrise haben in Europa 2022 eine Zeitenwende eingeläutet. In den Monaten nach dem 24. Feber erfolgten von Regierungen in ganz Europa Versuche, sich aus der Abhängigkeit von russischen Gas- und Ölimporten zu befreien.

Die Zeitenwende in der Energiepolitik geht aber auch mit einer Transformation der Industrie einher. So kündigte die österreichische Bundesregierung im Oktober 2022 ihre 5,7 Milliarden schwere Klimaoffensive an. Die Investitionen in Milliardenhöhe erfolgen nicht nur vor dem Hintergrund der Energiekrise, sondern sind auch an das ambitionierte Klimaziel geknüpft, dass Österreich bis spätestens 2040 klimaneutral sein möchte. Hierfür hat die Regierung im Sommer 2022 ihre Wasserstoffstrategie vorgestellt.

Neben den ankündigten Investitionen in Milliardenhöhe stand 2022 zudem der Ausbau der erneuerbaren Energien im Zentrum, wobei sich hier auch für heimische Energie-Startups neue Möglichkeiten am Markt ergeben.

Startups, die 2022 besonders aufgefallen sind

  • Das österreichische CleanTech-Unternehmen ecop Technologies hat eine Rotationswärmepumpe entwickelt, die eine energieeffiziente Wärmerückgewinnung in der Industrie ermöglicht. Mit 2022 hat das Unternehmen über 150 Projekte in der Pipeline, wobei sich das Projektvolumen auf über 100 Millionen Euro beläuft. 2023 soll die Technologie in die Serienproduktion übergeführt werden.
  • Das Energy-Scaleup neoom aus Freistadt launchte 2022 seine neue neoom App, die den Aufbau von Energiegemeinschaften ermöglicht. Zudem konnte das Unternehmen im vergangenen Jahr die Anzahl seiner Mitarbeiter:innen auf über 200 Personen erweitern.
  • Ebenfalls eine neue Innovation hat 2022 Cleen Energy auf den Markt gebracht. Das österreichische Unternehmen hat ein mobiles Photovoltaik–Kraftwerk entwickelt, das sich in einem Container untergebracht per LKW transportieren lässt. Zudem konnte sich das Unternehmen 2022 einen Auftrag in Millionenhöhe zum Bau von PV-Kraftwerken in Deutschland sichern.
  • Mit dem neuen Corporate Startup one2zero ging 2022 die Salzburg AG an den Start, das künftig GreenTech-Lösungen für die heimische Wirtschaft liefern möchte. Das Unternehmen versteht sich laut Eigendefintion als Full-Service-Partner rund um emissionsrelevanten Themen. Die Aufgaben von one2zero sind vielfältig und reichen von der Energieberatung bis hin zur umfassenden Umsetzung erneuerbarer Energielösungen.
  • Das Startup nista.io hat eine Datenanalysesoftware entwickelt, die mithilfe von künstlicher Intelligenz und Sensordaten den Energieverbrauch von Betrieben analysiert und stetig optimiert. Bislang ist nista.io schon im B2B-Bereich aktiv und bietet für Unternehmen die Energieeffizienz-Software im Abo-Modell an. 2022 hat das Startup den Energy Coach entwickelt, der künftig auch private Haushalte beim Stromsparen unterstützt.

Ernährung & Landwirtschaft

Derzeit entfallen etwa 25 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen auf die Wertschöpfungskette von Lebensmitteln. Ein großer Treiber stellt dabei bekanntlich Fleischproduktion dar. Mittlerweile gibt es weltweit aber zahlreiche Unternehmen und Startups, die im Bereich der alternativen Proteine arbeiten und in den letzten Jahren neue Produkte auf den Markt gebracht haben. 2022 sorgte eine neue Studie der Boston Consulting Group und des Impact-Investors Blue Horizon für Aufsehen. Sie untersuchte die Marktpotentiale, die Akzeptanz bei Konsument:innen und den möglichen Klima-Impact von alternativen Proteinen. Das Ergebnis: Knapp drei Viertel der Konsument:innen kennen Ersatzprodukte für tierisches Protein, zwei Drittel haben sie bereits ausprobiert. Mittlerweile haben auch Kapitalgeber:innen laut der Unternehmensberatung die Marktpotentiale erkannt. Das in alternative Proteine investierte Kapital ist von einer Milliarde Dollar im Jahr 2019 auf fünf Milliarden im Jahr 2021 angestiegen – eine jährliche Zuwachsrate von 124 Prozent.

Auch österreichische Startups profitierten vom Boom in alternative Proteine und konnten 2022 ihre Marktposition sowie die Listung im Einzelhandel ausbauen. Zudem erkannten auch große Player am Markt die Wachstumschancen. Erst Anfang September eröffnete beispielsweise die erste rein pflanzliche Billa Filiale Pflanzilla auf der Mariahilferstraße und im Sommer Österreichs erster veganer Burger King am Wiener Westbahnhof. Obgleich es sich um erste Pilotprojekte handelt, zeigen diese die wachsende Nachfrage nach nachhaltigeren Lösungen am Markt.

Startups, die 2022 besonders aufgefallen sind

  • Das Wiener Startup Arkeon wandelt CO2 mittels Gasfermentation in organische Proteine für die menschliche Ernährung um. Für das weitere Wachstum sicherte sich das Unternehmen kurz vor Weihnachten weitere vier Millionen Euro an Kapital und erhöht somit seine Seed-Runde auf über zehn Millionen Euro.
  • Revo Foods setzte 2022 seine Internationalisierung erfolgreich fort. Mittlerweile ist das Startup in zahlreichen Ländern in Europa vertreten, darunter beispielsweise Frankreich, Spanien, Portugal, Dänemark oder Großbritannien. Für Aufsehen sorgte zudem die Beteiligung an einem EU-Projekt im Bereich der alternativen Proteine, das in Millionenhöhe gefördert wird.
  • 2021 brachte das Wiener Startup Pflanzerei seinen veganen Leberkäse auf den Markt. 2022 konnte das Unternehmen rund um Gründerin Nadina Ruedl einen großen Erfolg für sich verbuchen. Nach einer Pilotphase in fünf Billa-Filialen in Wien, wird der vegane Leberkäse seit September in über 130 Märkten in ganz Österreich angeboten.
  • 2022 konnte auch das Wiener Startup Unverschwendet einen großen Deal mit Hofer abschließen. Unter der neuen Hofer Eigenmarke “Rettenswert” bietet der Discounter österreichweit in allen 530 Filialen seit Herbst Oktober Chutneys, Fruchtaufstriche und Pestos an.
  • Das österreichische Startup Kern Tec hat eine vollautomatisierte Technologie zur Aufspaltung, Sortierung und Veredelung von Steinobstkernen entwickelt. 2022 startet das Unternehmen erstmalig mit einer eigenen Consumer-Brand namens “Wunderkern”.

Mobilität

Auch im Bereich der Mobilität hat sich 2022 einiges getan. So einigten sich die EU-Staaten und das EU-Parlament im Oktober 2022 in einer historischen Entscheidung darauf, dass ab 2035 in der EU nur mehr Neuwagen verkauft werden dürfen, die kein Kohlendioxid ausstoßen. Bis 2030 soll demnach der CO2-Ausstoß bei Neuwagen um 55 Prozent reduziert werden. Bei Nutzfahrzeugen beträgt das Zwischenziel 50 Prozent, wobei beide Reduktions-Ziele das Jahr 2021 als Niveau heranziehen. Allerdings gab es auch einen Kompromiss: Im Jahr 2026 soll die Entscheidung erneut überprüft werden können. Konkret heißt das, dass die EU-Kommission dann nochmals prüft, ob die festgelegten Ziele auch tatsächlich machbar sind.

Welche Entscheidungen schlussendlich nach der erneuten Prüfung im Jahr 2026 getroffen werden, wird sich zeigen. Fest steht allerdings, dass Österreich bei der Dekarbonisierung der Mobilität Fahrt aufnehmen muss. Hierzulande stieß der Verkehrssektor 2020 rund 50 Prozent mehr CO2 aus als noch im Jahr 1990. Zudem hat Österreichs Verkehr laut dem Verkehrsclub Österreich den zweithöchsten Pro-Kopf-CO2-Ausstoß der EU.

Mobility-Startups, die 2022 aufgefallen sind

  • Das Grazer Startup Easelink hat sich auf das kabellose Laden von E-Autos spezialisiert. Für das weitere Wachstum konnte das Unternehmen 2022 eine Series-A-Finanzierungsrunde in der Höhe von 8,3 Millionen Euro abschließen.
  • Ebenfalls eine Investmentrunde in Millionenhöhe konnte das Wiener Mobility Startup goUrban abschließen. Die Mobility-SaaS-Plattform erfüllt mittlerweile zahlreiche Use-Cases. So ermöglicht das Startup im B2B-Bereich seinen Kund:innen beispielsweise den Zustand ihrer Flotte in Echtzeit zu überwachen, Beziehungen zu ihren Kund:innen zu pflegen oder datengestützte Entscheidungen für eine optimale Nutzung zu treffen.
  • Das Wiener E-Carsharing Startup Eloop sichert sich im Frühjahr 2022 ein Investment in Millionenhöhe und holte sich Bitpanda Co-Foudner Christian Trummer an Bord. Im Herbst folgte dann eine Finanzierungsrunde mit Lucky Car. Zudem expandiert das Unternehmen nach Deutschland und möchte künftig seien Flotte auf über 600 E-Fahrzeuge ausbauen.
  • Ebenfalls für Schlagzeilen sorgte das Wiener Auto-Abo-Startup vibe, das nur 18 Monate nach Marktstart 2022 den Break-Even-Point erreichte und ebenfalls die Internationalisierung vorantreiben möchte.
  • Alveri aus Oberösterreich hat im Zuge der Innovative Mobility For Future Salzburg (IMFS) 2022 einen neuen Prototyp eines vollautonomen Laderoboters vorgestellt. Die Serienreife soll 2024 erfolgen. Zudem beteiligte sich 2022 auch die Salzburg AG an dem Startup aus Ried im Innkreis.

Kreislaufwirtschaft

Circle4.0, Kreislaufwirtschaft, circle economy
(c) Stock.Adobe/Parrade

Ein elementarer Schlüssel in der Bekämpfung der Klimakrise stellt die Kreislaufwirtschaft dar. Die globalen Treibhausgasemissionen sind nämlich zu rund 50 Prozent auf die Gewinnung und Verarbeitung von Ressourcen zurückzuführen. Mittlerweile etablieren sich auch in Österreich immer mehr Startups, die Lösungen und Geschäftsmodelle in diesem Bereich auf den Markt bringen. Wie stark das Ökosystem an Startups wächst, die im Bereich der Kreislaufwirtschaft arbeiten, zeigte der erste Circular Economy Summit in Österreich, der im März 2022 mit über 600 Teilnehmer:innen über die Bühne gegangen ist. Zudem etablierten sich im vergangenen Jahr auch neue Ökosystem-Player, die das Thema in den Fokus ihrer Arbeit rücken. Als Beispiel lässt sich das im September eröffnete Climate Lab in der Wiener Spittelau oder der Thinkubator anführen.

Startups, die 2022 aufgefallen sind

  • Das Wiener Scaleup refurbed gab 2022 bekannt, dass sich die Plattform zum One-Stop-Shop für nachhaltigen Konsum entwickeln wird. Über die Plattform werden nicht nur generalüberholte Elektronikprodukte angeboten, sondern mittlerweile auch nachhaltige Mode und Sportartikel.

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Lympik
Teamfoto: Links: Tom Schwartz, rechts Thomas Peroutka | (c) Lympik

Bereits im Oktober 2022 hat die ESA in Hinblick auf die olympischen Spiele 2024 in Paris und 2026 in Milano-Cortina Förderungen unter dem Motto “Space for Olympic Games” ausgeschrieben. Europäische Startups und KMUs sollten und sollen weiterhin dabei unterstützt werden, erfolgreiche Geschäftsmodelle zu entwickeln, die Weltraumtechnologie nutzen und den olympischen Spielen damit Nutzen bringen.

Das niederösterreichische Startup Lympik hat aus dem Topf eine Förderung im unteren sechsstelligen-Bereich erhalten. Damit möchte man seine Produkte weiterentwickeln und Geschäftsfelder ausweiten. Auch eine Folgeförderung stehe im Raum.

Lympik: Angebot ausbauen

“Meine Idee war von Beginn an, Weltraumtechnologie wie Satellitennavigation und -kommunikation, für den Sport zu nutzen”, erklärt der Gründer von Lympik, Thomas Peroutka, der selbst viele Jahre als Leistungssportler aktiv war. “Begonnen haben wir mit einer neuen Art der digitalen Zeitmessung, dann kamen GPS-Tracking und Videoanalyse dazu. Diese Kombination können wir nun dank der ESA-Förderung schneller und umfangreicher ausbauen.” Aktuell ist das ÖSV-Biathlon-Team der erste Testanwender der neuen Lösung.

“In sechs bis neun Monaten wollen wir so weit sein, dass unsere Lösung für digitale Zeitmessung, GPS-Tracking und Videoanalyse für unterschiedliche Sportarten einsatzbereit ist”, so Peroutka weiter.

Bisher konnten in Sportarten wie Ski Alpin oder Langlauf im Training lediglich die Endzeiten sowie drei bis vier Zwischenzeiten verglichen werden. Mit der Technik von Lympik – brutkasten berichtete – sei eine minutiöse Detailanalyse möglich: Etwa, wer an welcher Stelle auf welcher Linie wie viele Millisekunden gewonnen oder verloren hat oder welche Ausrüstung zum Einsatz kam.

Sensoren

“Durch unsere Lösung stehen nicht nur viel mehr Informationen zur Verfügung, die Teams ersparen sich auch viel Zeit- und Personalaufwand bei der Analyse und noch mehr bei der Auswertung. Während bisher immer eine Person während des Trainings alle Eckpunkte manuell in ein Tablet eingeben musste, geht jetzt alles automatisch”, erklärt Peroutka.

Die Athletinnen und Athleten werden vom Startup dazu mit Sensoren ausgestattet und das Training wird gefilmt. Nach dem Training werden die Videos in eine App geladen und automatisch mit den Daten aus der Zeitmessung und dem GPS-Tracking synchronisiert. Nach wenigen Sekunden stehen die Daten aufgegliedert bereit.

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