28.12.2022

Der große ClimateTech Jahresrückblick 2022

Was hat sich 2022 im ClimateTech-Bereich in Österreich getan? Brutkasten Earth wirft einen Blick zurück und stellt Startups und deren Innovationen in den Bereichen Energie, Mobilität, Ernährung, sowie Kreislaufwirtschaft vor, die in diesem Jahr besonders aufgefallen sind.
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Seit Jahresbeginn 2022 wurden bisher weltweit mehr als 50 Milliarden US-Dollar in Klimatechnologie-Startups investiert. Mittlerweile fließt jeder vierte Risikokapital-Dollar in ClimateTech, wie der jüngste “PwC State of Climate Tech Report” für 2022 zeigt. Im Vergleich zum boomenden ClimateTech-Jahr 2021 stellt dies jedoch einen Rückgang im Klimabereich dar. So ist die Finanzierung in den ersten drei Quartalen 2022 um 30 Prozent niedriger als im Vergleichszeitraum 2021. Die Eintrübung des Finanzierungsmarktes hinterlässt somit auch seine Spuren auf den Märkten für Klimatechnologien.

Trotz des Rückgangs an Investitionen zeigt sich allerdings, dass die Liste an VC-Fonds in Europa, die sich spezifisch mit der CO2-Reduktion und Klimatechnologien beschäftigen, länger wird. Neben dem World Fund in Höhe von 350 Millionen Euro und dem ClimateTech-Fonds Climentum Capital in Höhe von 150 Millionen Euro kündigte beispielsweise das deutsche Family Office Pirate Impact im Sommer 2022 an, mit Aenu einen neuen Fonds auflegen zu wollen, der bis 2026 rund 500 Millionen Euro an Kapital für Investitionen in nachhaltige Startups einsammeln möchte. In Österreich ist allen voran der Climate & Industry Opportunity-Fonds von Speedinvest zu erwähnen, der allerdings bereits 2021 aufgelegt wurde und über ein Volumen in Höhe von 80 Millionen Euro verfügt. Zudem konnten sich in Österreich auch neue Beteiligungsgesellschaften am Markt etablieren, die spezifisch in Klimatechnologien investieren. Als Beispiel lässt sich epoona aus Wien anführen, die ihren Fokus auf Hardware-Innovationen im CleenTech Bereich legt.

Energie & Industrie

Übergewinnsteuer - Merit-Order - Windfall-Profits
(c) Zbynek Burival via Unsplash

Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und die damit einhergehende Energiekrise haben in Europa 2022 eine Zeitenwende eingeläutet. In den Monaten nach dem 24. Feber erfolgten von Regierungen in ganz Europa Versuche, sich aus der Abhängigkeit von russischen Gas- und Ölimporten zu befreien.

Die Zeitenwende in der Energiepolitik geht aber auch mit einer Transformation der Industrie einher. So kündigte die österreichische Bundesregierung im Oktober 2022 ihre 5,7 Milliarden schwere Klimaoffensive an. Die Investitionen in Milliardenhöhe erfolgen nicht nur vor dem Hintergrund der Energiekrise, sondern sind auch an das ambitionierte Klimaziel geknüpft, dass Österreich bis spätestens 2040 klimaneutral sein möchte. Hierfür hat die Regierung im Sommer 2022 ihre Wasserstoffstrategie vorgestellt.

Neben den ankündigten Investitionen in Milliardenhöhe stand 2022 zudem der Ausbau der erneuerbaren Energien im Zentrum, wobei sich hier auch für heimische Energie-Startups neue Möglichkeiten am Markt ergeben.

Startups, die 2022 besonders aufgefallen sind

  • Das österreichische CleanTech-Unternehmen ecop Technologies hat eine Rotationswärmepumpe entwickelt, die eine energieeffiziente Wärmerückgewinnung in der Industrie ermöglicht. Mit 2022 hat das Unternehmen über 150 Projekte in der Pipeline, wobei sich das Projektvolumen auf über 100 Millionen Euro beläuft. 2023 soll die Technologie in die Serienproduktion übergeführt werden.
  • Das Energy-Scaleup neoom aus Freistadt launchte 2022 seine neue neoom App, die den Aufbau von Energiegemeinschaften ermöglicht. Zudem konnte das Unternehmen im vergangenen Jahr die Anzahl seiner Mitarbeiter:innen auf über 200 Personen erweitern.
  • Ebenfalls eine neue Innovation hat 2022 Cleen Energy auf den Markt gebracht. Das österreichische Unternehmen hat ein mobiles Photovoltaik–Kraftwerk entwickelt, das sich in einem Container untergebracht per LKW transportieren lässt. Zudem konnte sich das Unternehmen 2022 einen Auftrag in Millionenhöhe zum Bau von PV-Kraftwerken in Deutschland sichern.
  • Mit dem neuen Corporate Startup one2zero ging 2022 die Salzburg AG an den Start, das künftig GreenTech-Lösungen für die heimische Wirtschaft liefern möchte. Das Unternehmen versteht sich laut Eigendefintion als Full-Service-Partner rund um emissionsrelevanten Themen. Die Aufgaben von one2zero sind vielfältig und reichen von der Energieberatung bis hin zur umfassenden Umsetzung erneuerbarer Energielösungen.
  • Das Startup nista.io hat eine Datenanalysesoftware entwickelt, die mithilfe von künstlicher Intelligenz und Sensordaten den Energieverbrauch von Betrieben analysiert und stetig optimiert. Bislang ist nista.io schon im B2B-Bereich aktiv und bietet für Unternehmen die Energieeffizienz-Software im Abo-Modell an. 2022 hat das Startup den Energy Coach entwickelt, der künftig auch private Haushalte beim Stromsparen unterstützt.

Ernährung & Landwirtschaft

Derzeit entfallen etwa 25 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen auf die Wertschöpfungskette von Lebensmitteln. Ein großer Treiber stellt dabei bekanntlich Fleischproduktion dar. Mittlerweile gibt es weltweit aber zahlreiche Unternehmen und Startups, die im Bereich der alternativen Proteine arbeiten und in den letzten Jahren neue Produkte auf den Markt gebracht haben. 2022 sorgte eine neue Studie der Boston Consulting Group und des Impact-Investors Blue Horizon für Aufsehen. Sie untersuchte die Marktpotentiale, die Akzeptanz bei Konsument:innen und den möglichen Klima-Impact von alternativen Proteinen. Das Ergebnis: Knapp drei Viertel der Konsument:innen kennen Ersatzprodukte für tierisches Protein, zwei Drittel haben sie bereits ausprobiert. Mittlerweile haben auch Kapitalgeber:innen laut der Unternehmensberatung die Marktpotentiale erkannt. Das in alternative Proteine investierte Kapital ist von einer Milliarde Dollar im Jahr 2019 auf fünf Milliarden im Jahr 2021 angestiegen – eine jährliche Zuwachsrate von 124 Prozent.

Auch österreichische Startups profitierten vom Boom in alternative Proteine und konnten 2022 ihre Marktposition sowie die Listung im Einzelhandel ausbauen. Zudem erkannten auch große Player am Markt die Wachstumschancen. Erst Anfang September eröffnete beispielsweise die erste rein pflanzliche Billa Filiale Pflanzilla auf der Mariahilferstraße und im Sommer Österreichs erster veganer Burger King am Wiener Westbahnhof. Obgleich es sich um erste Pilotprojekte handelt, zeigen diese die wachsende Nachfrage nach nachhaltigeren Lösungen am Markt.

Startups, die 2022 besonders aufgefallen sind

  • Das Wiener Startup Arkeon wandelt CO2 mittels Gasfermentation in organische Proteine für die menschliche Ernährung um. Für das weitere Wachstum sicherte sich das Unternehmen kurz vor Weihnachten weitere vier Millionen Euro an Kapital und erhöht somit seine Seed-Runde auf über zehn Millionen Euro.
  • Revo Foods setzte 2022 seine Internationalisierung erfolgreich fort. Mittlerweile ist das Startup in zahlreichen Ländern in Europa vertreten, darunter beispielsweise Frankreich, Spanien, Portugal, Dänemark oder Großbritannien. Für Aufsehen sorgte zudem die Beteiligung an einem EU-Projekt im Bereich der alternativen Proteine, das in Millionenhöhe gefördert wird.
  • 2021 brachte das Wiener Startup Pflanzerei seinen veganen Leberkäse auf den Markt. 2022 konnte das Unternehmen rund um Gründerin Nadina Ruedl einen großen Erfolg für sich verbuchen. Nach einer Pilotphase in fünf Billa-Filialen in Wien, wird der vegane Leberkäse seit September in über 130 Märkten in ganz Österreich angeboten.
  • 2022 konnte auch das Wiener Startup Unverschwendet einen großen Deal mit Hofer abschließen. Unter der neuen Hofer Eigenmarke “Rettenswert” bietet der Discounter österreichweit in allen 530 Filialen seit Herbst Oktober Chutneys, Fruchtaufstriche und Pestos an.
  • Das österreichische Startup Kern Tec hat eine vollautomatisierte Technologie zur Aufspaltung, Sortierung und Veredelung von Steinobstkernen entwickelt. 2022 startet das Unternehmen erstmalig mit einer eigenen Consumer-Brand namens “Wunderkern”.

Mobilität

Auch im Bereich der Mobilität hat sich 2022 einiges getan. So einigten sich die EU-Staaten und das EU-Parlament im Oktober 2022 in einer historischen Entscheidung darauf, dass ab 2035 in der EU nur mehr Neuwagen verkauft werden dürfen, die kein Kohlendioxid ausstoßen. Bis 2030 soll demnach der CO2-Ausstoß bei Neuwagen um 55 Prozent reduziert werden. Bei Nutzfahrzeugen beträgt das Zwischenziel 50 Prozent, wobei beide Reduktions-Ziele das Jahr 2021 als Niveau heranziehen. Allerdings gab es auch einen Kompromiss: Im Jahr 2026 soll die Entscheidung erneut überprüft werden können. Konkret heißt das, dass die EU-Kommission dann nochmals prüft, ob die festgelegten Ziele auch tatsächlich machbar sind.

Welche Entscheidungen schlussendlich nach der erneuten Prüfung im Jahr 2026 getroffen werden, wird sich zeigen. Fest steht allerdings, dass Österreich bei der Dekarbonisierung der Mobilität Fahrt aufnehmen muss. Hierzulande stieß der Verkehrssektor 2020 rund 50 Prozent mehr CO2 aus als noch im Jahr 1990. Zudem hat Österreichs Verkehr laut dem Verkehrsclub Österreich den zweithöchsten Pro-Kopf-CO2-Ausstoß der EU.

Mobility-Startups, die 2022 aufgefallen sind

  • Das Grazer Startup Easelink hat sich auf das kabellose Laden von E-Autos spezialisiert. Für das weitere Wachstum konnte das Unternehmen 2022 eine Series-A-Finanzierungsrunde in der Höhe von 8,3 Millionen Euro abschließen.
  • Ebenfalls eine Investmentrunde in Millionenhöhe konnte das Wiener Mobility Startup goUrban abschließen. Die Mobility-SaaS-Plattform erfüllt mittlerweile zahlreiche Use-Cases. So ermöglicht das Startup im B2B-Bereich seinen Kund:innen beispielsweise den Zustand ihrer Flotte in Echtzeit zu überwachen, Beziehungen zu ihren Kund:innen zu pflegen oder datengestützte Entscheidungen für eine optimale Nutzung zu treffen.
  • Das Wiener E-Carsharing Startup Eloop sichert sich im Frühjahr 2022 ein Investment in Millionenhöhe und holte sich Bitpanda Co-Foudner Christian Trummer an Bord. Im Herbst folgte dann eine Finanzierungsrunde mit Lucky Car. Zudem expandiert das Unternehmen nach Deutschland und möchte künftig seien Flotte auf über 600 E-Fahrzeuge ausbauen.
  • Ebenfalls für Schlagzeilen sorgte das Wiener Auto-Abo-Startup vibe, das nur 18 Monate nach Marktstart 2022 den Break-Even-Point erreichte und ebenfalls die Internationalisierung vorantreiben möchte.
  • Alveri aus Oberösterreich hat im Zuge der Innovative Mobility For Future Salzburg (IMFS) 2022 einen neuen Prototyp eines vollautonomen Laderoboters vorgestellt. Die Serienreife soll 2024 erfolgen. Zudem beteiligte sich 2022 auch die Salzburg AG an dem Startup aus Ried im Innkreis.

Kreislaufwirtschaft

Circle4.0, Kreislaufwirtschaft, circle economy
(c) Stock.Adobe/Parrade

Ein elementarer Schlüssel in der Bekämpfung der Klimakrise stellt die Kreislaufwirtschaft dar. Die globalen Treibhausgasemissionen sind nämlich zu rund 50 Prozent auf die Gewinnung und Verarbeitung von Ressourcen zurückzuführen. Mittlerweile etablieren sich auch in Österreich immer mehr Startups, die Lösungen und Geschäftsmodelle in diesem Bereich auf den Markt bringen. Wie stark das Ökosystem an Startups wächst, die im Bereich der Kreislaufwirtschaft arbeiten, zeigte der erste Circular Economy Summit in Österreich, der im März 2022 mit über 600 Teilnehmer:innen über die Bühne gegangen ist. Zudem etablierten sich im vergangenen Jahr auch neue Ökosystem-Player, die das Thema in den Fokus ihrer Arbeit rücken. Als Beispiel lässt sich das im September eröffnete Climate Lab in der Wiener Spittelau oder der Thinkubator anführen.

Startups, die 2022 aufgefallen sind

  • Das Wiener Scaleup refurbed gab 2022 bekannt, dass sich die Plattform zum One-Stop-Shop für nachhaltigen Konsum entwickeln wird. Über die Plattform werden nicht nur generalüberholte Elektronikprodukte angeboten, sondern mittlerweile auch nachhaltige Mode und Sportartikel.

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v.l. Die beiden Founding Partner Laurenz Sim- bruner und Lukas Püspök | (c) Tina Herzl

Dieser Artikel erschien zuerst in der Jubiläumsausgabe unseres Printmagazins. Ein Link zum Download findet sich am Ende des Artikels.

Spätestens mit dem Sieg von Donald Trump bei den US-Wahlen und der angekündigten Rückkehr seiner „America First“-Politik ist die Debatte über die Technologiesouveränität in Europa neu entfacht. Unter dem Motto „Drill, baby, drill!“ hat Trump zudem angekündigt, die Förderung fossiler Energieträger wie Öl und Gas massiv ankurbeln zu wollen. Gleichzeitig ist Europa in zentralen Industrien wie der Solar- und Batterietechnologie stark von China abhängig. Angesichts dieser Herausforderungen stellt sich die Frage, welche Marktchancen europäische Climate-Tech-Startups im geopolitischen Spannungsfeld zwischen den USA und China künftig haben.

Diese Frage beleuchten wir aus Investorensicht im Gespräch mit Lukas Püspök und Laurenz Simbruner – sie sind Founding Partner des Wiener Venture-Capital-Fonds Push, der gezielt in Health-Tech- und Climate-Tech-Startups investiert. Püspök leitet zudem das gleichnamige Familienunternehmen, das einer der größten Windkraftbetreiber Österreichs ist.


Wie schätzt ihr die aktuelle Finanzierungslage für Startups aus Investorensicht ein?

Laurenz Simbruner: Die erwartete deutliche Verbesserung bei Dealchancen blieb 2024 aus. Viele hatten die Hoffnung, dass der Markt wieder stärker anzieht, aber das war eher eine vorsichtige Prognose als Realität. Stattdessen erlebten wir ein Jahr, das stark im Zeichen selektiver Investments stand – Flight to Quality und ein klarer Fokus auf Unit Economics und den Weg zur Rentabilität. Besonders Top-Teams und Serial Entrepreneurs hatten es beim Fundraising leichter. Im Bereich Climate-Tech war weiterhin Finanzierung da, vor allem von neueren Fonds, die bereits 2021 und 2022 geraist wurden. Doch auch hier gab es erste Anzeichen von Ernüchterung.

Wie äußern sich diese Anzeichen der Ernüchterung im Climate-Tech-Sektor?

Lukas Püspök: Noch vor zwei Jahren waren die Erwartungen hoch – viele Pitch Decks gingen von extremen Energiepreisen aus, und selbst kleine Einsparungen durch Softwarelösungen wurden als äußerst wertvoll angesehen. Heute sind die Energiepreise in Europa zwar leicht erhöht, aber weitgehend normalisiert. Das führt zu einer gewissen Normalisierung der Nachfrage nach spezifischen Lösungen. Doch der Megatrend Climate-Tech bleibt intakt: Lösungen im Kampf gegen die Klimakrise sind weiterhin dringend notwendig, und das Potenzial für neue Technologien ist groß. Besonders Boom-Technologien wie Batterien bleiben gefragt. Allerdings erschweren die wirtschaftliche Situation in Europa und der geopolitische Druck zwischen China und den Vereinigten Staaten die Entwicklungen in der Clean-Tech- und Climate-Tech-Branche.

Der Megatrend Climate-Tech bleibt intakt.

Laurenz Simbruner: Interessant ist auch die Entwicklung bei den Investitionsvolumina: Nach einem Anstieg über drei Quartale gab es zuletzt wieder einen Rückgang. Besonders Deals im Bereich künstliche Intelligenz ziehen hier Aufmerksamkeit auf sich, da viele Mega-Rounds ein Drittel des Investitionsvolumens in Anspruch nehmen. Unsere beiden Bereiche Klima und Gesundheit bleiben jedoch noch immer unter den Top-Verticals. Der Fokus im Climate-Tech-Bereich verschiebt sich hin zu echten Herausforderungen der Energiewende und Industrie. ESG-Monitoring oder reine Energiemonitoring-Lösungen reichen nicht mehr aus – es geht darum, die großen Probleme anzugehen. Beispielsweise spielt die Steuerung zwischen Energieproduzenten, Speichern und Abnehmern eine zentrale Rolle, und hier kann Software Effekte erzielen.

Lukas Püspök: Die Komplexität im Energiebereich steigt enorm, die neue Energiewelt ist wesentlich vielschichtiger und dynamischer als früher. Das schafft ein ideales Umfeld für neue Technologieunternehmen, die mit ihrer Agilität und Innovationskraft Lösungen bieten können, die traditionelle Akteure oft nicht schnell genug umsetzen. In diesem Feld ergeben sich fast zwangsläufig große Wachstumschancen für neue Technologieunternehmen. Die Herausforderungen und Möglichkeiten sind so groß, dass es fast nicht anders kommen kann.

Welche Chancen bestehen für Startups im Energiebereich angesichts der dominanten Marktposition Chinas im Hardwarebereich?

Lukas Püspök: Ja, tatsächlich sind die meisten wesentlichen Technologien mittlerweile fest in chinesischer Hand. Bei Wärmepumpen könnte Europa noch eine kleine Chance haben, aber auch hier zeigt sich ein ähnliches Bild wie bei den Wechselrichtern: Vor einigen Jahren hatten auch die europäischen Hersteller noch eine gewisse Relevanz am Weltmarkt, heute spricht jedoch fast jeder nur noch über Huawei und ein paar andere, die ihre Dominanz klar ausbauen konnten.

Diese Entwicklung wird sich in den nächsten Jahren nicht einfach aufhalten lassen. China hat ein enormes Production-Know-how aufgebaut. Die Unternehmen dort sind in Forschung und Entwicklung sowie im Bau großer Produktionsanlagen extrem stark geworden. In Europa wird es sehr schwierig, dieses Niveau schnell zu erreichen.

Die USA gehen einen anderen Weg: Mit dem Inflation Reduction Act fließt viel Kapital in den Aufbau von Produktionskapazitäten, was den USA möglicherweise Vorteile verschafft. In Europa fehlen vergleichbar starke Investitionsanreize und langfristige Strategien, wie sie in China und den Vereinigten Staaten umgesetzt werden.

Historisch gesehen sind industrielle Erfolge eng an günstige Energiepreise gebunden.

Das bedeutet jedoch nicht, dass es für europäische Startups im Energy-Tech-Bereich keine Chancen gibt. Es gibt zahlreiche Felder, in denen sie erfolgreich sein können – von der Ausgleichsenergie über das Energiekostenmanagement bis zur Batterieoptimierung und Implementierung, um nur ein paar zu nennen. Hier bieten sich viele Möglichkeiten zur Wertschöpfung.

Wenn jedoch jemand in Europa eine neue Solarzelle entwickeln möchte, ist Skepsis angebracht, ob eine solche Entwicklung hier wirklich konkurrenzfähig in die Massenproduktion gehen kann. Deshalb liegt unser Fokus ohnehin nicht auf Hardware. Sie kann zwar eine Rolle spielen, aber der Hauptwert sollte immer aus der Softwarekomponente kommen – auch wenn das im Energy-Tech-Bereich manchmal herausfordernd ist.

Welchen Investitionsfokus verfolgt Push im Energiebereich?

Lukas Püspök: Unser Fokus liegt immer auf Asset-Light-Ansätzen, selbst bei Projekten mit Hardwarekomponenten. Wir sind offen, auch Hardware anzusehen, aber der wesentliche Wert wird in Europa öfter durch Software geschaffen, seltener durch herausragende Hardwareentwicklung und Produktion.

Laurenz Simbruner: Das liegt auch daran, dass wir als Tech-Investoren darauf achten, wie leicht Folgefinanzierungen gesichert werden können. Bei reinen Hardware-Investments stoßen wir auf Widerstände: Rund drei Viertel der potenziellen Investoren sagen bei „Hardware only“ Nein. Das erhöht das Risiko, dass eine Anschlussfinanzierung scheitert oder man alternative Finanzierungsquellen wie strategische Investoren oder Family Offices anstreben muss.

Was muss Europa tun, um im Energiebereich Technologiesouveränität zu erlangen?

Lukas Püspök: Europa kann nur wettbewerbsfähig bleiben, wenn es langfristige, klare Policies ähnlich wie die anderen großen Wirtschaftsräume umsetzt. China hat mit seinen Fünfjahresplänen schon vor Langem begonnen, grüne Technologien und Batterien strategisch zu fördern, und unterstützt seine Unternehmen auf vielen Ebenen. Die USA setzen auf den Inflation Reduction Act, der klare Impulse für die Industrie bietet. Im Vergleich dazu wirkt Europa mit seinen Initiativen wie dem Green Industrial Deal fast zurückhaltend und politisch fragmentiert, was große Schritte erschwert.

Wir brauchen diese Klarheit in der europäischen Politik, um unsere Industrie zu halten und wettbewerbsfähige, günstige Energie zu sichern. Historisch gesehen sind industrielle Erfolge eng an günstige Energiepreise gebunden, und auch für Europa ist der massive Ausbau erneuerbarer Energien alternativlos. Manche Stimmen sprechen sich zwar für mehr Kernenergie aus, aber der gänzlich fossilfreie Ausbau bleibt das Ziel; besonders, da Europa keine großen natürlichen Ressourcen besitzt. Wir müssen so viel wie möglich selbst in Europa erneuerbar produzieren.

Der Fokus im Climate-Tech-Bereich verschiebt sich hin zu echten Herausforderungen der Energiewende und Industrie

Donald Trump hat die US-Wahlen gewonnen und setzt sich für fossile Energieträger ein. Inwiefern ist das eine Gefahr für den europäischen Climate-Tech-Sektor?

Lukas Püspök: Die aktuellen Entwicklungen in den USA stellen für den europäischen Climate-Tech-Sektor aus meiner Sicht keine allzu große Gefahr dar. Wenn die USA erneut aus dem Klimaabkommen austreten und die Schiefergas- und Schieferölproduktion steigern, wird dies zwar Auswirkungen haben, doch Europa wird weiterhin konsequent auf Zukunftstechnologien setzen. Diese klare Haltung stärkt das europäische Ökosystem und zeigt eine gewisse Unabhängigkeit gegenüber globalen politischen Veränderungen. Insgesamt halte ich den Wahlausgang für die Klimabemühungen für sehr bedauerlich – für die Chancen der europäischen Climate-Tech-Unternehmen aber nicht für eine fundamentale Gefährdung.

Laurenz Simbruner: Viele Climate-Tech-Lösungen dienen primär der Kostenreduktion und der Produktivitätssteigerung. Der Kundennutzen steht dabei im Vordergrund, z. B. durch geringeren Verbrauch oder höhere Effizienz. Die Entscheidung für solche Innovationen ist oft wirtschaftlich motiviert und nicht rein ideologisch. So spielt auch in den USA der wirtschaftliche Nutzen eine entscheidende Rolle – und erneuerbare Technologien wie Photovoltaik setzen sich langfristig durch, wenn sie wirtschaftlich sinnvoll sind.

Lukas Püspök: Letztlich zeigt sich: Technologien setzen sich dauerhaft nur dann durch, wenn sie einen entsprechenden Kundennutzen bringen. In vielen Fällen sind aber Anschubfinanzierungen notwendig, um Technologien wie Photovoltaik zu etablieren und günstige, nachhaltige Lösungen weltweit zu fördern. Der große Photovoltaikboom auf österreichischen Dächern begann weniger aus Umweltgründen oder weil plötzlich jeder grünen Strom wollte; vielmehr wollen wir uns im Lichte der hohen Kosten und der Abhängigkeit von Importen wirtschaftlich absichern. Dieses Prinzip zeigt sich auch in den USA: Zwar könnte man mehr Öl und Gas fördern, und in gewissem Umfang wird das leider auch passieren, aber in vielen Fällen ergeben andere Energieformen wirtschaftlich mehr Sinn. Auch die USA werden PV, Windkraft und Batterien weiter stark ausbauen, hauptsächlich, weil sie in der Stromproduktion zu fast konkurrenzlos günstigen Technologien geworden sind.


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