16.11.2022

Yorokani: Wiener Startup möchte 50 Millionen Knöpfe einsparen

Das Mittel dafür: Magneten.
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(c) Yorokani - Franziska und Johannes Rauch von Yorokani.

Ein Mensch, der jeden Tag Hemden trägt, muss innerhalb eines Jahres 11.000 Knöpfe schließen. Dieser Alltagsvorgang ist zeitraubend und für manche Menschen mit feinmotorischen Problemen, etwa nach einem Schlaganfall oder Lähmungserscheinungen, ein großes Problem und frustrierend. Das Startup Yorokani von Franziska und Johannes Rauch bietet hier Abhilfe: mit einem magnetischen Verschlusssystem.

Yorokani: Idee lieferte Großvater

Die Idee zu ihrem Startup kam Franziska Rauch durch ihren Großvater. Jener hatte sich nur “im Hemd” wohl angezogen gefühlt, aber im fortschreitenden Alter mit dem Knöpfen Probleme bekommen.

“Er war dennoch jedes Mal glücklich darüber, dass er gekleidet war, wie er es wollte”, sagt Rauch, die sich damals immer wieder dachte, “wir fliegen zum Mond und erleben technologische Revolutionen, aber knöpfen uns noch immer mühsam zu – das kann es doch nicht sein.”

Freude und Leichtigkeit

So suchte sich nach einer Möglichkeit, sich mit “Freude und Leichtigkeit” anzuziehen, forschte, recherchierte und fand in den USA Blusen und Hemden mit einem rudimentären Verschlusssystem.

Sie bestellte die Kleidung aus den “Staaten”, hielt Fokus-Gruppen-Treffen ab, sprach mit Institutionen und Reha-Zentren. Alles, um herauszufinden, was Kleidung alles können muss, damit sie Menschen gerne anziehen.

So nahm sie zwei japanische Begriffe her, Yorokobi (Freude) und Kan’i (Leichtigkeit), warf die beiden Worte zusammen und entwarf Blusen und Hemden mit einem Magnetverschlussystem mit vier Haken, die leicht zu schließen sind und “nicht gleich wieder aufreißen, wenn man sich mal streckt oder dehnt”, wie sie erklärt.

Yorokani-Demo auf einer Messe

Diese Bewegungsfreiheit bei ihrem Produkt war der Founderin stets wichtig; doch bei allen Überlegungen blieb das “große Überthema” die Feinmotorik: “Sie bemerkt man erst, wenn man sie nicht mehr hat. Meist beginnen die Probleme zwischen dem 55. und 60. Lebensjahr. Aber es kann auch bei jüngeren Personen passieren”, so Rauch.

Wenn die Zielgruppe selbst einen findet

Wer aber denkt, dass alleine Menschen älteren Semesters zu den Kund:innen von Yorokani zählen, der irrt. Rauch bemerkte selbst etwas überrascht, dass vor allem viele junge Frauen auf ihre Mode setzen. Konkret frisch gewordene Mütter, die nach Kleidung suchten, um sich das Stillen zu erleichtern. Da kam die Bluse von Yorokani recht, da sie in sekundenschnelle geöffnet und wieder zu ist. Seitdem versucht das Startup sich auch im Segment der Still-Blusen zu etablieren.

Die Anfänge

Yorokani wurde, um genau zu sein, vor zwei Jahren gegründet. Die Soziologin und ihr Gatte entwarfen damals ein 30-seitiges Konzept vom “sekundenschnellen Kleiden”, das sie bei der Wirtschaftsagentur Wien einreichten.

In einem Gespräch überzeugte das Ehepaar mit ihrer Geschäftsidee die Jury und erhielt eine Förderung der Stadt Wien (creative projects, 155.000 Euro) im Bereich Mode.

Yorokani vermass 13.000 Leute und gewann zwei Awards

Es folgten eineinhalb Jahre intensiver Forschung und Entwicklung, inklusive der Vermessung von 13.000 Männern und Frauen.

Auf Basis dieser Daten wurden folglich Avatare der Zielgruppe erstellt und in Zusammenarbeit mit Wiener Maßschneider:innen, ein Schnitt entwickelt, der so gut passe, wie es sonst nur Maßanfertigungen täten, so die Gründerin.

2021 wurde dem Unternehmen das Patent erteilt. Ein Jahr später blickt Yorokani auf den Gewinn des “German Design Award” für Produktdesign zurück und gewann zudem auch die Auszeichnung “Innovation Award Winner 2022”.

Kund:innen mit “Leidensdruck”

Nun produzieren die Founder in zwei bis dreihunderter Tranchen und haben zu 99 Prozent Kund:innen mit einem Leidensdruck – etwa mit einem positiven, wie stillende Mütter oder mit einem negativen, wie bei Menschen mit Arthrose, betont Rauch nochmals ihre Klarheit über aktuelle Zielgruppen.

Die Marketingarbeit dagegen erweist sich als komplexes Unterfangen. “Wir haben ein Produkt, zu dem es keine Referenz gibt. Kein Mensch sucht nach Magnethemden”, sagt Rauch. “Deshalb betreiben wir Marketing im Rahmen von PR und Messen. Etwa mit einer Schaufensterpuppe, die den ganzen Tag das Hemd öffnet und schließt (Anm.: siehe Video oben).”

Die Gründerin weiß, dass sie ein “supermodisches Publikum” hat, das immer wiederkehrt, sobald es auf den “Magnet-Geschmack” gekommen ist. Eine Wiederkaufsrate bei Erstkund:innen von 64 Prozent stützt diese Annahme.

5.000 neue Kund:innen als Ziel 2023

“Wir werden aber unsere Kollektion laufend erweitern und im Frühling auch Kleidung für Herren ins Sortiment nehmen”, sagt Rauch.

Denn, das eigenfinanzierte Startup hat sich zum Ziel erkoren, im nächsten Jahr 5.000 neue Kund:innen zu gewinnen. Dies würde, wie die Gründerin abschließend betont: “50 Millionen Knöpfe einsparen, die nicht mehr geknöpft werden müssen.”

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Die
brutkasten-Redakteur Dominik Perlaki | (c) brutkasten / Hintergrund KI-generiert

Am Sonntag ist Nationalratswahl. Zurecht wird dieser Tage noch einmal vehement auf die Gefahr der Klimaleugner-Partei für die Bemühungen im Klimaschutz hingewiesen. Die Schäden des dritten Jahrhunderthochwassers im ersten Viertel des Jahrhunderts sind noch nicht einmal vollständig erfasst, doch der “Klimahysterie”-Sprech ist schon wieder zurück. Aber nicht nur der. Es gibt noch eine zweite Spezies, die es genau so in sich hat, wie die Klimaleugner:innen: die “Klimaschutz ist wichtig, aber”-Leute.

“Ich bin kein Rassist, aber”

Bei den Klima-, Corona-, Geschichts- und Sontiges-Leugner:innen haben die “Klimaschutz ist wichtig, aber”-Leute sich eine gewinnende rhetorische Strategie abgeschaut. “Ich bin kein Rassist, aber” kennt man ja. Danach kann man im Prinzip sagen, was man will – sei es noch so rassistisch. Bei den richtigen Adressat:innen – jenen, die selber “ich bin kein Rassist, aber”-Leute sind – bringt der erste Teil des Satzes die Absolution mit sich. Und dann ist es aber mal gut und jeder Einwand zu dem Gesagten wird zum “ungeheuerlichen” Vorwurf. Wie gesagt: Kennt man ja.

“Überdenken” mit “Augenmaß” und “Hausverstand”

Also los geht’s! Klimaschutz ist wichtig, aber “mit Augenmaß” und “mit Hausverstand”. Klimaschutz ist wichtig, aber “wir müssen den Green Deal überdenken”, …”die CO2-Steuer überdenken”, …”das Renaturierunggesetz überdenken”.

Mit jeder Menge “Augenmaß” und “Hausverstand” werden also sämtliche Klimaschutzmaßnahmen von den “Klimaschutz ist wichtig, aber”-Leuten noch einmal gründlich “überdacht” und… Oh Schreck! Es stellt sich heraus, die Maßnahmen sind allesamt blöd. Jede einzelne. Wiewohl man natürlich betonen muss, dass Klimaschutz wichtig ist. Aber kann den bitte einmal auch jemand an den Standort* denken?

Die Sache ist die…

Die Sache ist die: So, wie das Hochwasser erhebliche Schäden an vielen Gebäuden verursacht hat, hat die Menschheit erhebliche Schäden am Ökosystem des Planeten verursacht. Das geht im Übrigen weit über die Klimakatastrophe hinaus. Die Biodiversitätskrise wird bekanntlich nicht nur durch CO2-Emissionen, sondern auch durch Dinge wie Flächenversiegelung, Monokulturen und Pestizideinsatz massiv getrieben.

So, wie nun vom Hochwasser betroffene Häuser, Betriebe und Infrastruktur saniert werden müssen, muss auch das Ökosystem saniert werden, wenn es uns auch in Zukunft eine gute Existenz ermöglichen soll.

Irgendwer muss bezahlen

Und das kostet. Auch wenn Staat, Land, EU, Versicherer und Co der Hausbesitzerin im Hochwassergebiet 100 Prozent der Sanierungskosten abnehmen, werden diese bezahlt – eben von Staat, Land, EU, Versicherern und Co. Irgendwer muss bezahlen. Die “Klimaschutz ist wichtig, aber”-Leute meinen, Klimaschutz ist nur dann gut, wenn er niemanden etwas kostet, dafür im Gegenteil allen Gewinne bringt. Eine Replik auf gut österreichisch: Des wird’s ned spün.

Aber

Aber – ja, jetzt kommt auch hier ein aber – aber ganz unberechtigt ist die Hoffnung der “Klimaschutz ist wichtig, aber”-Leute auch nicht. Denn so, wie die Sanierung der Hochwasserschäden den Sanierungsunternehmen erhöhte Gewinne bescheren wird, können jene, die das Ökosystem sanieren, damit Gewinne erzielen – sofern andere dafür zahlen.

So, wie es nun für die Volkswirtschaft wünschenswert ist, dass die Hochwasser-Sanierungsunternehmen in Österreich Arbeitsplätze schaffen und Steuern zahlen, ist es auch wünschenswert, dass die Sanierer des Ökosystems in Österreich Arbeitsplätze schaffen und Steuern zahlen.

Und so, wie es sogar noch besser für unsere Volkswirtschaft wäre, wenn auch in den anderen vom Hochwasser betroffenen Ländern österreichische Unternehmen für die Sanierung engagiert werden würden, wäre es noch besser für uns, wenn die ganze Welt bei CO2-Reduktion, Renaturierung und Co auf österreichische Expertise zurückgreifen würde.

Ganz und gar nicht förderlich

Förderlich ist dafür die gezielte Unterstützung dieser “Sanierungsunternehmen” im Aufbau. Diese passiert zwar bereits, könnte aber noch mit viel mehr Engagement betrieben werden. Ganz und gar nicht förderlich ist es dagegen, Unternehmen mit starkem Ökosystem-Sanierungsbedarf aktiv davor zu “bewahren”, die Leistungen dieser Sanierer in Anspruch zu nehmen (weil “Augenmaß”, “Hausverstand” und natürlich Standort*!!!). Das befeuert die Klimakrise weiter.

Es bleibt dabei: Wir müssen das Ökosystem verdammt nochmal sanieren, wenn wir langfristig überleben wollen. Und jemand muss dafür bezahlen. Staat, Land und EU – also wir alle – können auch hier mitzahlen. Versicherer gibt es dafür leider keinen.

Das Kreuzerl am Sonntag

Die “Klimaschutz ist wichtig, aber”-Leute wollen dafür jedenfalls nicht bezahlen und das ist ein Problem. Am Sonntag kann man sie wählen, oder auch nicht. Nota bene: Auch das Kreuzerl bei einer anderen Partei bringt keine Absolution und aller Voraussicht nach keine perfekten Lösungen. Aber vielleicht gelingt es, einer Politik mit jenem Hausverstand und jenem Augenmaß näher zu kommen, die es braucht, um unser Haus zu sanieren, statt weiteres Wasser in den Keller zu pumpen. Mit jenem Hausverstand und jenem Augenmaß, die es braucht, um unsere österreichischen Ökosystem-Sanierer dabei zu unterstützen, global erfolgreich zu werden. Also mit jenem Hausverstand und jenem Augenmaß, die unbedingt notwendige Transformation endlich wirklich auf Schiene zu bringen. Wenn das dann vielleicht auch dem Standort* schadet, so nutzt es langfristig jedenfalls dem Standort.


*Der Begriff “Standort” wird in Österreich häufig synonym mit “mein Kontostand” genutzt


P.S.

P.S.: Im übrigen bin ich der Meinung, dass es eine echte Kreislaufwirtschaft ohne Kompromisse braucht, um das hoffentlich einmal sanierte Ökosystem aufrechtzuerhalten. Das bedeutet auch ein Ende der Wunschvorstellung vom unbegrenzten Wachstum, das per Naturgesetz nur im Kollaps enden kann. Ökonom:innen sollten ihre Expertise dafür einsetzen, herauszufinden, wie ein wirklich zirkuläres System rechnerisch möglich ist, statt dafür, einmal mehr vorzurechnen, dass es “nicht möglich ist”.

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