03.07.2020

Warum die Reichen immer reicher werden

Umverteilung von unten nach oben: Um zu verstehen, wie wir hier gelandet sind, muss man das Geldsystem durchleuchten.
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Die Reichen werden immer reicher
Es ist schon länger bekannt, warum die Reichen immer reicher werden. (c) Georg Schober / Adobe Stock / sonyachny

Irgendwas stimmt nicht, oder? Die gesellschaftliche Erregung wächst, die Zahl der Proteste nimmt zu, die Populisten gewinnen überall an Boden. Jetzt auch noch Corona. Wieder Krise. Terror, Finanzkrise, Klimawandel – jetzt die Pandemie. Und über allem die Frage: Warum sind manche ultrareich und andere bitterarm? Warum wächst das Vermögen einer kleinen Schicht schneller als das aller anderen? Es gibt eine Antwort auf diese Frage, die simpel wirkt, aber gewaltige Implikationen hat. Es geht um Nähe. Um Connections zur Macht und zur Quelle des Geldes.

Was hier geschieht, wissen wir im Grunde seit dem 17. Jahrhundert. Der frühe Ökonom und Geschäftsmann Richard Cantillon hat als erster beobachtet, dass Geld nie neutral in der Wirtschaft verteilt wird – sondern zum Vorteil einiger weniger. Der von ihm beschriebene Cantillon-Effekt gehört zu den wichtigsten Konzepten der Ökonomie, das kaum je besprochen wird.

Das Geld wird nicht gleichmäßig verteilt

Frisches Geld, so Cantillon, geht zuerst an bestimmte Gruppen. An staatsnahe Firmen, Beamte, Banken und politisch begünstigte Gruppen. Sie erhalten rascher Geld und zu günstigeren Konditionen als andere Gruppen. Sie gehen damit einkaufen bevor die Preise steigen. Das geschieht erst danach, weil die Geldmenge gestiegen ist.

Seit 2008 kann man den Effekt an den Börsen beobachten. Der Großteil des billigen Geldes, das die Notenbanken zur Bekämpfung der Finanzkrise in die Märkte gepumpt haben, ist dort geblieben – in den Finanzmärkten. Das führt zu einer so genannten Asset-Inflation. Wer Aktien, Anleihen oder Edelmetalle besitzt, profitiert direkt. Auch andere Sachwerte steigen im Preis: Land, Kunst, Immobilien.

Martin findet einen Klumpen Gold

Ein simpleres Beispiel. Sagen wir, Martin lebt in einem kleinen Dorf mit 100 Einwohnern. Eines Tages geht Martin in den Wald und krabbelt in eine Höhle. Schon als Kind war er fasziniert von Höhlen und Minen. Aber diesmal macht Martin eine Entdeckung. Er findet einen Klumpen pures Gold. “Trifft sich gut”, denkt sich Martin: “Gold ist bei uns im Dorf die gängige Währung. Ich gönne mir was.” Also geht Martin zurück ins Dorf und sofort zum Fahrradhändler. Der verkauft seine Fahrräder zum selben Preis wie gestern und vorgestern, denn die Goldmenge im kleinen Dorf ist bis dato stabil.

Aber Martin legt einen frischen Klumpen hin. Glücklich fährt er mit dem Fahrrad davon. Der Händler nimmt das frische Geld und bringt es auf die Bank. Die verteilt es als Kredit an ihre Kunden. Die Geldmenge ist gestiegen, als Martin den Goldklumpen gefunden hat. Aber erst nachdem er ihn ausgegeben hatte, ist das frische Geld in den Wirtschaftskreislauf des Dorfes gelangt. In den kommenden Tagen werden die Preise überall steigen. Beim Wirt, am Markt und auch beim Fahrradhändler. Aber Martin kann es egal sein, er hat sein Fahrrad – und konnte seinen Wohlstand erhöhen. Absolut – und relativ zu den anderen Bewohnern des Ortes.

Vor 50 Jahren legt Richard Nixon den Turbo ein

Das ist der Cantillon-Effekt. Er gilt immer, aber je stärker das Geldsystem auf die Vergrößerung der Geldmenge angewiesen ist, desto stärker ist er. Im August 1971 hat US-Präsident Richard Nixon die Goldbindung des Dollars aufgehoben und damit dem ganzen internationalen Währungssystem den Anker entzogen. Das ist fast 50 Jahre her. Das war die große Deregulierung. Was folgte, waren weitere Schritte, die der Ausweitung der Geldmenge dienlich waren.

Keine Frage: Die Zeit seit 1971 hat große Dinge gebracht und gewaltigen Fortschritt. Aber der Preis war hoch. In jeder Krise braucht es immer höhere Geldmengen, um Wachstum zu erzeugen. Das erhöht die Vermögenskonzentration und sorgt für neuen Unmut und sogar Unruhen.

Die Welt ist heute massiv überschuldet

Auch dieser Trend dürfte weiter an Fahrt gewinnen. Warum? Weil die extreme Corona-Reaktion von Staaten und Notenbanken den Cantillon-Effekt nur noch weiter anfeuert. Manche Politiker wissen das und setzten auf Direktzahlungen, um die Masse zu befriedigen. Auch viele Superreiche haben längst begriffen, was passiert – und versuchen durch wohltätige Stiftungen zu helfen.

Die Welt ist überschuldet. Das ist die Kehrseite des Geldsystems, das wir 1971 eingeführt haben. In jeder Krise wird es immer mehr Geld brauchen, um wieder Wachstum zu erreichen. Dieses Wachstum wird immer weniger überzeugend ausfallen. Ironischerweise reagieren viele dann mit Kritik an Wirtschaftswachstum per se. Sie sehen nicht, dass nicht Wachstum das Problem ist, sondern die schuldenbasierte Inflation des Geldsystems, die hinter dem Wachstum steht.

Ist die Lösung das Problem oder das Problem die Lösung?

Wie das ausgeht? Das ist die große Frage. Es gibt im Grunde vier Optionen:

a) Austerität, also Einsparungen

b) Staatsbankrotte oder Schuldenrestrukturierung

c) Notenbanken drucken immer mehr Geld

d) Staatlich durchgesetzte Transfers von oben nach unten

Variante a) und b) sind zu schmerzhaft, weshalb Regierungen sich auch historisch immer für d) bzw. vor allem c) entschieden haben. Inflation ist nicht nur die Krankheit – sondern aus der Sicht von Politik und Notenbanken auch die Therapie. Steigende Steuern und staatliche Vermögensumverteilung werden vielerorts dazugehören – sind aber keinesfalls eine Lösung des Problems, sondern maximal ein Pflaster.

Wohin die gewählte Therapie führt? Am Ende steht wohl eine Währungsreform. Aber wie die aussieht und was danach kommt, ist unklar. Der Cantillon-Effekt wird bis dahin weiter werken. Und in jeder Krise werden die Summen aus den Notenbanken immer absurder wirken. Bis das Wachstum exponentiell wird. Und seit Corona wissen wir: Das ist selten eine gute Nachricht.


Disclaimer: Dieser Text sowie die Hinweise und Informationen stellen keine Anlageberatung oder Empfehlung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren dar. Sie dienen lediglich der persönlichen Information und geben ausschließlich die Meinung des Autors wieder. Es wird keine Empfehlung für eine bestimmte Anlagestrategie abgegeben. Die Inhalte von derbrutkasten.com richten sich ausschließlich an natürliche Personen.


Über den Autor

Niko Jilch ist Wirtschaftsjournalist, Speaker und Moderator. Nach acht Jahren bei der „Presse“ ging er Ende 2019 zum Thinktank „Agenda Austria“, wo er als wissenschaftlicher Mitarbeiter die Bereiche „Geldanlage und digitale Währungen“ abdeckt, sowie digitale Formate aufbaut, etwa einen neuen Podcast. Twitter: @jilnik

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Egal wie hoch de Nachfrage nach einem physischen Produkt ist – bedienen kann man diese nur, wenn man ausreichend Geld hat, um die Waren vorzufinanzieren. Das Startup anodu (cal GmbH) aus Mattersburg im Burgenland hat ein neues System zur Einkaufsfinanzierung für KMU – zusätzlich zu bestehenden Banklinien – entwickelt (brutkasten berichtete bereits).

Zweiseitiger Marktplatz bringt Unternehmen und Investor:innen zusammen

Das Startup agiert dabei als eine Art zweiseitiger Marktplatz. Unternehmen, die ein geringes Kreditausfallsrisiko vorweisen können, können ihre Rechnungen auf die anodu-Plattform stellen. Investor:innen können diese dann mittels Budget, dass sie zuvor auf ein Treuhandkonto eingezahlt haben, übernehmen, wobei sie konkret jene Rechnungen auswählen können, die sie bezahlen wollen. Je nach festgelegten Konditionen kommt das Geld dann nach relativ kurzer Laufzeit mit relativ hoher Rendite – laut Startup aktuell im Schnitt zwölf Prozent – zu den Anleger:innen zurück.

Bislang vier Millionen Euro Einkaufsvolumen, davon drei Millionen dieses Jahr

Und das Konzept geht für anodu auf. Das Startup machte nun aktuelle Zahlen publik. Seit dem Launch im Juli 2023 (die formelle Gründung erfolgte bereits 2022) wurden laut Startup rund vier Millionen Euro Einkaufsvolumen über die Plattform abgewickelt – davon drei Millionen Euro allein dieses Jahr. Rund 1.000 Investments wurden dabei getätigt, um insgesamt etwa 100 Rechnungen zwischen 1.100 und 119.000 Euro zu bezahlen.

Investor:innen habe man mittlerweile im gesamten DACH-Raum. Aktuell würden 30 davon regelmäßig investieren, heißt es von anodu. Und derzeit befänden sich mehr als 900.000 Euro an Rechnungen von Unternehmen aus Österreich auf der Plattform, wobei seitens des Startups betont wird, dass man eine Vollausnutzung habe: “Sobald Unternehmen Rechnungen auf anodu hochladen, finden sich sofort Investoren, die diese übernehmen.”

Innovationspreis Burgenland in für anodu

Mit dieser Entwicklung konnte anodu nun auch beim Innovationspreis Burgenland von Wirtschaftsagentur Burgenland und Wirtschaftskammer Burgenland überzeugen. Das Startup holte sich den Preis in der Kategorie “Innovative Dienstleistungen” und setzte sich damit gegen 25 weitere Einreichungen durch.

“Diese Auszeichnung ist ein Zeichen der Wertschätzung für unser Engagement, österreichische Unternehmen und Investoren miteinander zu vernetzen. Es motiviert uns, weiter innovative Wege zu gehen und anodu als führende Plattform für Einkaufsfinanzierung in Österreich zu etablieren”, kommentieren die beiden Gründer Christoph Igler und Alexander Körner in einer Aussendung.

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AI Summaries

Warum die Reichen immer reicher werden

  • Der frühe Ökonom und Geschäftsmann Richard Cantillon hat als erster beobachtet, dass Geld nie neutral in der Wirtschaft verteilt wird – sondern zum Vorteil einiger weniger.
  • Im August 1971 hat US-Präsident Richard Nixon die Goldbindung des Dollars aufgehoben und damit dem ganzen internationalen Währungssystem den Anker entzogen.
  • In jeder Krise braucht es immer höhere Geldmengen, um Wachstum zu erzeugen.
  • Die extreme Corona-Reaktion von Staaten und Notenbanken feuert den Cantillon-Effekt nur noch weiter an.
  • Ironischerweise reagieren viele dann mit Kritik an Wirtschaftswachstum per se: Sie sehen nicht, dass nicht Wachstum das Problem ist, sondern die schuldenbasierte Inflation des Geldsystems, die hinter dem Wachstum steht.

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Welche gesellschaftspolitischen Auswirkungen hat der Inhalt dieses Artikels?

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  • In jeder Krise braucht es immer höhere Geldmengen, um Wachstum zu erzeugen.
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  • Ironischerweise reagieren viele dann mit Kritik an Wirtschaftswachstum per se: Sie sehen nicht, dass nicht Wachstum das Problem ist, sondern die schuldenbasierte Inflation des Geldsystems, die hinter dem Wachstum steht.

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  • In jeder Krise braucht es immer höhere Geldmengen, um Wachstum zu erzeugen.
  • Die extreme Corona-Reaktion von Staaten und Notenbanken feuert den Cantillon-Effekt nur noch weiter an.
  • Ironischerweise reagieren viele dann mit Kritik an Wirtschaftswachstum per se: Sie sehen nicht, dass nicht Wachstum das Problem ist, sondern die schuldenbasierte Inflation des Geldsystems, die hinter dem Wachstum steht.

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