24.10.2019

Wahtari: Mit Künstlicher Intelligenz zum perfekten Keks

Das in der Gemeinde Haar bei München ansässige Startup Wahtari bietet eine smarte, AI-fähige Kamera und damit eine komplette Software-Hardware-Lösung an, die etwa im Bereich der Qualitätskontrolle einsetzbar ist. Wir sprachen mit Co-Founder und Managing Director Sebastian Borchers.
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Wahtari: Co-Founder und Managing Director Sebastian Borchers
(c) Wahtari: Co-Founder und Managing Director Sebastian Borchers

Ein abgebrochener Kekszacken oder eine nicht in der korrekten Füllmenge ausgelieferte Bierflasche können ärgerlich für den Kunden und vor allem problematisch für den Produzenten sein. Gar nicht zu sprechen von einem nagelneuen Auto, bei dem der Lack ein paar unschöne Macken hat oder sonstige Schönheitsfehler aufweist und damit für einen Kratzer im Image des Herstellers sorgen kann. Bei genau dieser Problematik setzt Wahtari mit seinem Produkt SmartCam an.

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SmartCam: Qualitätskontrolle mit der AI-Kamera

“Der Kunde kommt mit einem Problem auf uns zu – etwa damit, dass Kekse zu dunkel sind oder Zacken abbrechen“, bedient sich Co-Founder und Managing Director Sebastian Borchers eines einfachen Beispiels. Dass Wahtari nicht bei den Produktionsbedingungen ansetzt, liegt auf der Hand. Aber deren Kamera kann dazu beitragen, die Kekse zu erkennen, die vom Idealkeks abweichen. Dasselbe gilt auch für Bierflaschen und deren Füllmenge oder Lackierungen von Autos. Die SmartCam kann, ist diese erst darauf trainiert und konditioniert, von der Wunschnorm abweichende Ergebnisse erkennen.

AI mit (Keks-)Bildern “trainieren”

Das Prinzip ist dabei, obwohl natürlich im technischen Detail sehr komplex, eigentlich einfach. Die mit einem AI-Chip ausgestattete Kamera wird beispielsweise mit möglichst vielen Bildern von guten und schlechten Keksen, um bei diesem Beispiel zu bleiben, gefüttert. Nach und nach erkennt die intelligente Kamera die Unterschiede und kann damit auch zwischen vom Hersteller gewünschten Produkten und unerwünschten Erzeugnissen differenzieren.

Wahtari: Die SmartCam des Unternehmens
(c) Wahtari: Die SmartCam des Unternehmens

“Damit das alles funktioniert, braucht es Filter”, gibt Borchers vertiefende Einblicke in die AI-Praxis. Der erste Schritt dazu sei das “labeln der Bilder”, dann könne man im zweiten Schritt damit beginnen, die künstliche Intelligenz zu trainieren, skizziert der Gründer. Erst danach können, im Zusammenspiel zwischen Hardware und Software und mittels Bilderkennung, gute Ergebnisse erzielt werden. Das Labeln muss man sich dabei laut Borchers als eine “Art von Box” vorstellen, die man über ein Objekt zieht, das man erkennen möchte. Dieser Vorgang wird von Schritt zu Schritt einfacher, weil die AI langsam beginnt, selbst schon Boxen vorzuschlagen.

Mehrere Wege zum Ziel

Zum gewünschten Ergebnis bei der Qualitätskontrolle von Produkten gelangt man mit Wahtari und seiner schlauen Kamera auf mehre Arten. “Es können auch andere Firmen bereits Bilder machen, sie durchlabeln und wir im Hintergrund schon ein erstes AI-Modell trainieren”, erklärt Borchers. Wenn gewollt kann der Kunde aber auch selbst labeln oder Wahtari damit betrauen, das diesbezüglich mit einem Unternehmen in Dubai kooperiert.

Dass die Technologie funktioniert und Anwendungsfelder findet, zeigt auch das Wiener AI-Startup MoonVision, das ein vergleichbares Konzept verfolgt. Nach einem anfänglichen Fokus auf die Oberflächenerkennung von Speisen und Getränken in der Gastronomie spezialisiert man sich mit der Software, die sogar über eine Handykamera funktioniert, inzwischen auf die Qualitätskontrolle in der Industrie.

Wahtari: All-in-One-Lösung und Sicherheit als USP

Den USP von Wahtari und der SmartCam sieht Sebastian Borchers aber dennoch als ganz handfest an. “Eine All-in-One-Lösung, also das Zusammenschalten von labeln, AI-Training, Software und Hardware hat sonst niemand”, hebt Borchers hervor. Dazu komme die Flexibilität der Hardware: “Unsere Kamera kann auf alle Einsatzgebiete einfach angepasst werden, indem man den Bildsensor austauscht“.

Nicht zuletzt sei es auch die Sicherheit, die die Software der SmartCam auszeichne. “Bei der gesamten Erkennung werden bei uns keine Daten an amerikanische Server geliefert”, verspricht Borchers. “Wir kennen uns jedenfalls mit Sicherheit aus, schließlich war Wahtari ursprünglich eine IT-Sicherheitsfirma”, betont er. Das sechsköpfige Team um die Gründer Sebastian Borchers, Marwin Gambel und Roland Singer sieht sich jedenfalls für die Zukunft, nicht nur in Sicherheitsfragen, bestens gerüstet.

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Die Verwendung von Kohlefaser in der Industrie hat in den letzten Jahren stark zugenommen – insbesondere in Bereichen wie der Luft- und Raumfahrt, dem Automobilbau und der Windenergie. Kohlefaser überzeugt durch ihre hohe Festigkeit bei geringem Gewicht, doch ihre Herstellung ist ressourcenintensiv und teuer. Ein großes Problem stellt der hohe Verschnitt bei der Produktion dar: In der Industrie landen im Durschnitt bis zu 30 Prozent der Rohstoffe im Abfall. Diese Materialverluste sind nicht nur ökonomisch ineffizient, sondern auch aus ökologischer Sicht problematisch, da Kohlefaser biologisch nur schwer abbaubar ist.

Carbon Cleanup setzt auf KI

Das 2020 gegründete Linzer Startup Carbon Cleanup rund um Gründer Jörg Radanitsch hat sich diesem Problem angenommen und zum Ziel gesetzt, Kohlenstofffasern aus Industrieabfällen aufzubereiten und wiederverwendbar zu machen. Konkret hat das Startup eine mobile Aufbereitungsanlage entwickelt, um Carbonfasern direkt vor Ort beim Kunden aufzubereiten. 

Zum Herzstück der Anlage gehört nicht nur die mechanische Aufbereitung der Kohlenstofffasern. Im Hintergrund läuft auch eine Software, die eine KI-gestützte visuelle Erkennung der zugeführten Rohstoffe ermöglicht.

“Wir haben ein KI-generiertes Datenblatt entwickelt, das automatisch die Charakteristika von eingehendem Material erkennt und den Wert des Rezyklats bestimmt“, so Radanitsch. “Bevor das Material in unsere Anlage kommt, wissen wir schon, welche mechanischen Eigenschaften es haben wird. Das ist entscheidend für die Qualität und den Marktwert des Endprodukts.”

Gründer Jörg Radanitsch | (c) Carbon Cleanup

Entwicklung der zweiten Generation an Anlagen

Während die erste Anlage des Unternehmens für R&D-Zwecke dient und über eine Kapazität von 30 Tonnen pro Jahr verfügt, konnte das Unternehmen über den Sommer eine zweite Anlage in Betrieb nehmen. „Unsere zweite Anlagengeneration ist im August fertiggestellt worden. Die Produktionskapazität ist dreimal so hoch wie bei unserer ersten Anlage. Damit sind wir jetzt in der Lage, deutlich mehr und auch verschiedene Kompositabfälle zu verarbeiten.“

Besonders stolz ist Radanitsch auf die gestiegene Materialqualität: „Das neue Aggregat ist viel stärker, was uns mehr Flexibilität bei der Verarbeitung der Materialien gibt. Wir können jetzt eine Vielzahl an Abfällen effizienter recyceln, was die Qualität der Produkte erheblich verbessert.“

Ein wichtiger Baustein für den Erfolg von Carbon Cleanup war die Unterstützung durch die Austria Wirtschaftsservice (aws). “Das Seed-Financing der Austria Wirtschaftsservice hat uns erlaubt, nicht nur unsere Forschung und Entwicklung voranzutreiben, sondern auch in Marketingaktivitäten zu investieren, die für uns als Hardware-Startup besonders wichtig sind“, erklärt Radanitsch.

Luftfahrtindustrie und Kooperation mit KTM Technologies

Eine der spannendsten Entwicklungen bei Carbon Cleanup ist der Einsatz ihrer recycelten Materialien im 3D-Druck, besonders in der Luftfahrtindustrie. “Wir liefern im Tonnenmaßstab Kunststoffgranulate, die mit unserer Rezyklatfaser verstärkt sind. Diese werden in großen 3D-Druckern verwendet, um Formen zu bauen, die dann für die Produktion von Flugzeugteilen genutzt werden”, so der Gründer.

Zudem arbeitet Carbon Cleanup mit dem österreichischen Motorradhersteller KTM zusammen. Gemeinsam arbeiten beide Unternehmen an einem geschlossenen Materialkreislauf, bei dem Post-Consumer- und Post-Industrial-Abfälle von KTM Technologies recycelt und für die Herstellung neuer Bauteile genutzt werden. Spezifisch handelt es sich um das Recycling der Teile des Rennmodells “X-Bow GT2”, dessen Rahmen zu 100 % aus Carbonfasern besteht. Durch Unfälle entsteht eine große Menge an beschädigtem Material, das normalerweise als Abfall betrachtet wird. Mit der Partnerschaft von KTM und Carbon Cleanup wird dieses Material zurück in den Kreislauf gebracht. 

(c) Carbon Cleanup

“KTM Technologies war von Anfang an ein Vorreiter. Sie testen unsere recycelten Materialien bereits erfolgreich in ihren Motorrädern“, betont Radanitsch.

Das Besondere an dieser Kooperation ist das sogenannte Closed-Loop-Material, das zu 100 Prozent aus dem Abfallstrom von KTM Technologies besteht. „Die Herausforderung ist, die Materialien zirkulär zu sammeln und in die Produktion zurückzuführen. Das Sammeln und die Qualität sind dabei entscheidend. Aber wir haben gezeigt, dass wir sogar leistungsfähigere Materialien aus Abfall herstellen können”, so der Gründer.

(c) Carbon Cleanup

Die nächsten Schritte von Carbon Cleanup

Das Geschäftsmodell von Carbon Cleanup basiert derzeit auf zwei Einnahmequellen: Zum einen bietet das Unternehmen Kunden einen Recycling-Service an, bei dem diese für die umweltgerechte Entsorgung des Materials bezahlen. Dafür wurde eine eigene Logistikstruktur aufgebaut. Zum anderen werden die Faserverbundkunststoffe an weitere Abnehmer verkauft. Derzeit liefert das Startup 98 Prozent der aufbereiteten Granulate ins Ausland. “Für eingehendes Material sind die Hauptmärkte neben Österreich vor allem Deutschland und Italien. Der Materialzufluss ist für uns derzeit jedoch kein Engpass, sodass wir gezielt das für uns passende Material auswählen können”, so der Gründer abschließend.


*Disclaimer: Das Startup-Porträt erscheint in Kooperation mit Austria Wirtschaftsservice (aws)

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