03.10.2019

4 Punkte, die Unternehmen von Artificial Intelligence abhalten

Laut dem aktuellen Deloitte Global Intelligent Automation Report unter rund 500 Führungskräften weltweit, hat sich fast die Hälfte der Unternehmen mit Artificial Intelligence zur Automatisierung noch gar nicht beschäftigt. Dafür gibt es vier herausstechende Gründe.
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Künstliche Intelligenz - Artificial Intelligence - 4 Probleme, die Unternehmen von der Umsetzung abhalten
(c) fotolia / Prostock-studio

Prinzipiell versprühen die Ergebnisse des aktuellen Deloitte Global Intelligent Automation Report reichlich Optimismus. So erwarten die weltweit rund 500 befragten Führungskräfte im Schnitt, dass die Automatisierung durch Artificial Intelligence die Personalkapazität in ihren Unternehmen innerhalb der nächsten drei Jahre um 27 Prozent erhöht. Sprich: Sie können mehr Leute einstellen, die dann zudem sinnerfüllteren Tätigkeiten nachgehen, weil die AI repetitive Arbeitsschritte übernimmt.

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Bei 64 Prozent keine AI in der Unternehmensstrategie

Ganz nachvollziehbar ist diese Zahl dann aber doch nicht. Denn laut eben dieser Studie setzen 42 Prozent der Unternehmen noch nicht einmal in Teilbereichen auf Prozessautomatisierung – auch jene, bei der noch keine AI involviert ist. Mit intelligenten und regelbasierten Automatisierungstechnologien – also jenen mit AI – hätten sich “fast die Hälfte” der befragten Unternehmen “noch nicht beschäftigt”. 64 Prozent der Unternehmen haben AI noch nicht in ihre Unternehmensstrategien aufgenommen. Und nur elf Prozent der befragten Unternehmen skalieren bereits ihre AI-Technologien, machen also relevante Umsätze damit.

Noch nicht bereit für Artificial Intelligence?

Es ist freilich nur eine Momentaufnahme. Denn allein seit vergangenem Jahr habe sich die Anzahl an Unternehmen, die erfolgreich AI-Anwendungen skaliert hat, verdoppelt, so die Deloitte-Studie. Auf der einen Seite der Skala geht es also rapide voran. Auf der anderen Seite scheinen aber zahlreich Unternehmen noch überhaupt nicht bereit für den Einsatz von Artificial Intelligence.

4 zentrale Probleme

Laut Deloitte Global Intelligent Automation Report hakt es vor allem bei vier Punkten:

1. Keine Automatisierung ohne Standardisierung

Ein zentrales Problem ist laut Studie das Fehlen einheitlicher Geschäftsprozesse. Denn automatisiert werden kann nur, was bereits standardisiert ist. 36 Prozent der Befragten gaben demnach an, dass fragmentierte Prozesse eine große Hürde bei der Implementierung darstellen.

2. Fehlende IT-Kompetenz im Unternehmen

Auch von technischer Seite her müssen die Voraussetzungen für die Implementierung gegeben sein. 17 Prozent der befragten Führungskräfte gestehen ein, dass die unternehmensinterne IT derzeit nicht bereit für die Automatisierung ist.

3. Mangelnde Fähigkeiten in der Belegschaft

Auch sonst sieht man seitens der Führungskräfte das Problem häufig in der Belegschaft. Mehr als ein Drittel hat laut Studie bisher von der Skalierung dieser Technologien abgesehen, weil ein Mangel an den dafür benötigten Fähigkeiten bei den Mitarbeitern vermutet wird.

4. Das Problem der Umschulung und der neuen Rollen

Fast zwei Drittel der Unternehmen haben sich zudem noch keine Gedanken gemacht, welche Teile ihrer Belegschaft aufgrund der Automatisierung umgeschult werden müssen und 44 Prozent der Unternehmen haben sich noch gar nicht mit den neuen Rollen und Aufgaben ihrer Mitarbeiter auseinandergesetzt.

⇒ Zur Studie

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Doris Lippert (Microsoft | Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung) und Thomas Steirer (Nagarro | Chief Technology Officer)
Doris Lippert (Microsoft | Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung) und Thomas Steirer (Nagarro | Chief Technology Officer) | Foto: brutkasten

“No Hype KI” wird unterstützt von CANCOM Austria, IBM, ITSV, Microsoft, Nagarro, Red Hat und Universität Graz


Mit der neuen multimedialen Serie “No Hype KI” wollen wir eine Bestandsaufnahme zu künstlicher Intelligenz in der österreichischen Wirtschaft liefern. In der ersten Folge diskutieren Doris Lippert, Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung bei Microsoft Österreich, und Thomas Steirer, Chief Technology Officer bei Nagarro, über den Status Quo zwei Jahre nach Erscheinen von ChatGPT.

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„Das war ein richtiger Hype. Nach wenigen Tagen hatte ChatGPT über eine Million Nutzer”, erinnert sich Lippert an den Start des OpenAI-Chatbots Ende 2022. Seither habe sich aber viel geändert: “Heute ist das gar kein Hype mehr, sondern Realität“, sagt Lippert. Die Technologie habe sich längst in den Alltag integriert, kaum jemand spreche noch davon, dass er sein Smartphone über eine „KI-Anwendung“ entsperre oder sein Auto mithilfe von KI einparke: “Wenn es im Alltag angekommen ist, sagt keiner mehr KI-Lösung dazu”.

Auch Thomas Steirer erinnert sich an den Moment, als ChatGPT erschien: „Für mich war das ein richtiger Flashback. Ich habe vor vielen Jahren KI studiert und dann lange darauf gewartet, dass wirklich alltagstaugliche Lösungen kommen. Mit ChatGPT war dann klar: Jetzt sind wir wirklich da.“ Er sieht in dieser Entwicklung einen entscheidenden Schritt, der KI aus der reinen Forschungsecke in den aktiven, spürbaren Endnutzer-Bereich gebracht habe.

Von erster Begeisterung zu realistischen Erwartungen

Anfangs herrschte in Unternehmen noch ein gewisser Aktionismus: „Den Satz ‘Wir müssen irgendwas mit KI machen’ habe ich sehr, sehr oft gehört“, meint Steirer. Inzwischen habe sich die Erwartungshaltung realistischer entwickelt. Unternehmen gingen nun strategischer vor, untersuchten konkrete Use Cases und setzten auf institutionalisierte Strukturen – etwa durch sogenannte “Centers of Excellence” – um KI langfristig zu integrieren. „Wir sehen, dass jetzt fast jedes Unternehmen in Österreich KI-Initiativen hat“, sagt Lippert. „Diese Anlaufkurve hat eine Zeit lang gedauert, aber jetzt sehen wir viele reale Use-Cases und wir brauchen uns als Land nicht verstecken.“

Spar, Strabag, Uniqa: Use-Cases aus der österreichischen Wirtschaft

Lippert nennt etwa den Lebensmittelhändler Spar, der mithilfe von KI sein Obst- und Gemüsesortiment auf Basis von Kaufverhalten, Wetterdaten und Rabatten punktgenau steuert. Weniger Verschwendung, bessere Lieferkette: “Lieferkettenoptimierung ist ein Purpose-Driven-Use-Case, der international sehr viel Aufmerksamkeit bekommt und der sich übrigens über alle Branchen repliziert”, erläutert die Microsoft-Expertin.

Auch die Baubranche hat Anwendungsfälle vorzuweisen: Bei Strabag wird mittels KI die Risikobewertung von Baustellen verbessert, indem historische Daten zum Bauträger, zu Lieferanten und zum Bauteam analysiert werden.

Im Versicherungsbereich hat die UNIQA mithilfe eines KI-basierten „Tarif-Bots“ den Zeitaufwand für Tarifauskünfte um 50 Prozent reduziert, was die Mitarbeiter:innen von repetitiven Tätigkeiten entlastet und ihnen mehr Spielraum für sinnstiftende Tätigkeiten lässt.

Nicht immer geht es aber um Effizienzsteigerung. Ein KI-Projekt einer anderen Art wurde kürzlich bei der jüngsten Microsoft-Konferenz Ignite präsentiert: Der Hera Space Companion (brutkasten berichtete). Gemeinsam mit der ESA, Terra Mater und dem österreichischen Startup Impact.ai wurde ein digitaler Space Companion entwickelt, mit dem sich Nutzer in Echtzeit über Weltraummissionen austauschen können. „Das macht Wissenschaft zum ersten Mal wirklich greifbar“, sagt Lippert. „Meine Kinder haben am Wochenende die Planeten im Gespräch mit dem Space Companion gelernt.“

Herausforderungen: Infrastruktur, Daten und Sicherheit

Auch wenn die genannten Use Cases Erfolgsbeispiele zeigen, sind Unternehmen, die KI einsetzen wollen, klarerweise auch mit Herausforderungen konfrontiert. Diese unterscheiden sich je nachdem, wie weit die „KI-Maturität“ der Unternehmen fortgeschritten sei, erläutert Lippert. Für jene, die schon Use-.Cases erprobt haben, gehe es nun um den großflächigen Rollout. Dabei offenbaren sich klassische Herausforderungen: „Integration in Legacy-Systeme, Datenstrategie, Datenarchitektur, Sicherheit – all das darf man nicht unterschätzen“, sagt Lippert.

“Eine große Herausforderung für Unternehmen ist auch die Frage: Wer sind wir überhaupt?”, ergänzt Steirer. Unternehmen müssten sich fragen, ob sie eine KI-Firma seien, ein Software-Entwicklungsunternehmen oder ein reines Fachunternehmen. Daran anschließend ergeben sich dann Folgefragen: „Muss ich selbst KI-Modelle trainieren oder kann ich auf bestehende Plattformen aufsetzen? Was ist meine langfristige Strategie?“ Er sieht in dieser Phase den Übergang von kleinen Experimenten über breite Implementierung bis hin zur Institutionalisierung von KI im Unternehmen.

Langfristiges Potenzial heben

Langfristig stehen die Zeichen stehen auf Wachstum, sind sich Lippert und Steirer einig. „Wir überschätzen oft den kurzfristigen Impact und unterschätzen den langfristigen“, sagt die Microsoft-Expertin. Sie verweist auf eine im Juni präsentierte Studie, wonach KI-gestützte Ökosysteme das Bruttoinlandsprodukt Österreichs deutlich steigern könnten – und zwar um etwa 18 Prozent (brutkasten berichtete). „Das wäre wie ein zehntes Bundesland, nach Wien wäre es dann das wirtschaftsstärkste“, so Lippert. „Wir müssen uns klar machen, dass KI eine Allzwecktechnologie wie Elektrizität oder das Internet ist.“

Auch Steirer ist überzeugt, dass sich für heimische Unternehmen massive Chancen eröffnen: “Ich glaube auch, dass wir einfach massiv unterschätzen, was das für einen langfristigen Impact haben wird”. Der Appell des Nagarro-Experten: „Es geht jetzt wirklich darum, nicht mehr zuzuwarten, sondern sich mit KI auseinanderzusetzen, umzusetzen und Wert zu stiften.“


Folge nachsehen: No Hype KI – wo stehen wir nach zwei Jahren ChatGPT?


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