14.06.2024
FORSCHUNG & WIRTSCHAFT

Spin-off-Nation Österreich?

Österreich hat einige herausragende universitäre Spin-offs hervorgebracht. Dabei herrscht breiter Konsens, dass es noch viel Luft nach oben gibt.
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Spin-off-Nation Österreich? aws-Geschäftsführer Bernhard Sagmeister, Magdalena Hauser und Wolfgang Lechner (beide ParityQC-Co-Founder) und FFG-Geschäftsführerin Henrietta Egerth | (c) aws/Inge Prader / brutkasten / FFG/Einzenberger
vlnr.: aws-Geschäftsführer Bernhard Sagmeister, Magdalena Hauser und Wolfgang Lechner (beide ParityQC-Co-Founder) und FFG-Geschäftsführerin Henrietta Egerth | (c) aws/Inge Prader / brutkasten / FFG/Einzenberger

*Dieser Artikel erschien zuerst in der aktuellen Ausgabe unseres Printmagazins. Eine Downloadmöglichkeit findet sich am Ende des Artikels.

Einige der weltweit erfolgreichsten Unternehmen sind Uni-Spin-offs, nicht zuletzt etwa Google. Der Grund dafür scheint klar: Die universitäre Forschung bringt tatsächlich neue Erkenntnisse und Technologien, die dann am Markt eine Disruption bewirken können. Vor allem im Hightech-, aber etwa auch im Medizinbereich ist jahrelange Forschung schließlich eine unabdingbare Voraussetzung für Innovation.

Auch in Österreich gibt es einige herausragende Spin-offs. Eines davon ist das Innsbrucker Quantencomputing-Unternehmen ParityQC. Es lizenziert Baupläne für Quantentechnologie und sieht sich damit als “einziges Quantenarchitektur-Unternehmen der Welt”. Kürzlich holte ParityQC sich ein Investment zu neunstelliger Bewertung und zog damit mit mehreren börsennotierten US-Konkurrenten gleich.

“Wir sind in Österreich rund 50 Jahre hinterher”

Doch trotz dieses Erfolgs und obwohl Österreich weltweit seit Jahren zu den Spitzenreitern bei Forschungsausgaben zählt, sieht ParityQC-Co-Founder Wolfgang Lechner das Land nicht als Spin-off-Nation. “Wir sind in Österreich ca. 50 Jahre hinterher”, meint er und bringt Harvard, Cambridge und die ETH Zürich als internationale Vorbilder, die schon seit Jahrzehnten aktiv ein Spin-off-Ökosystem aufbauen.

Teil des besagten Ökosystems in Cambridge war und ist auch der Tiroler Unternehmer und Investor Hermann Hauser, der mit ARM einen der weltweit führenden Mikroprozessor-Hersteller mitgründete. Er unterstützt ParityQC nicht nur direkt als Mentor, sondern engagiert sich in den vergangenen Jahren umfassend in der Förderung der heimischen Spin-off-Landschaft. Dazu startete er gemeinsam mit dem Grazer Unternehmer und Investor Herbert Gartner die Initiative Spin-off Austria.

“Obwohl wir hierzulande auf eine lange Tradition exzellenter Forschung und Bildung zurückblicken können, bleiben im internationalen Vergleich dennoch viele unternehmerische Potenziale ungenutzt”, meinte Hauser anlässlich der letzten Spin-off Austria Conference im vergangenen Herbst. “Der Erfolg universitärer Spin-offs beruht auf einem großen Netzwerk, das Forscher:innen, Unternehmer:innen, Universitätsprofessor:innen, Investor:innen und viele weitere Akteure umfasst“, ist er überzeugt.

“Zum richtigen Zeitpunkt beide Welten zusammenbringen”

Einer dieser Akteure im Spin-off-Ökosystem ist die Austria Wirtschaftsservice (aws), die als Förderbank der Republik Österreich gemeinsam mit der Forschungsförderungsgesellschaft FFG einen entscheidenden Beitrag zur Frühfinanzierung von Spin-offs leistet. Für aws-Geschäftsführer Bernhard Sagmeister ist die Überführung von Forschungsergebnissen in Unternehmen die große Herausforderung, die es zu meistern gilt.

“Die Forschungswelt und die Unternehmenswelt sind doch zwei unterschiedliche Welten. Ich halte nicht sehr viel von dem Ansatz, aus sehr guten Forscher:innen schlechte Unternehmer:innen zu machen, sondern ich glaube, es ist wichtig, zum richtigen Zeitpunkt beide Welten zusammenzubringen. Da braucht es dann oft Mediation, weil sie nicht dieselbe Sprache sprechen“, meint Sagmeister gegenüber brutkasten.

ParityQC-Gründer Lechner erkennt in diesem Zusammenhang auch eine “Mentalitätssache in Österreich”: Man sei hierzulande entweder an der Uni oder nicht – “und das dazwischen ist etwas, das ein bisschen skeptisch betrachtet wird. Hier wollen wir auf jeden Fall eine Vorreiterrolle spielen”, meint Lechner. Die in Österreich traditionell starke Trennung von “Grundlagenforschung” und “angewandter Forschung” sieht er skeptisch. “Ich persönlich unterscheide nicht so zwischen diesen beiden Dingen”, meint er.

Und sein Feld, das Quantencomputing, sei ein Beispiel, warum man nicht so unterscheiden sollte. “Das, was wir machen, ist teilweise reine Mathematik. Das ist ja die unterste Grundlagenforschung, die man überhaupt machen kann. Es geht darum, eine neue Form von Computer zu bauen; und wir haben es irgendwie geschafft, daraus ein Geschäft zu machen”, sagt Lechner. Auch hier wolle man eine Vorreiterrolle spielen, diese Trennlinie etwas weicher zu sehen.

“Spin-off nicht killen, bevor es überhaupt einen ersten Schritt getan hat”

Wenn die Frage der Bereitschaft, zu gründen, geklärt ist, geht es freilich um die Finanzierung. Während Österreich im Förderwesen, unter anderem durch die genannten aws und FFG, im internationalen Vergleich gut aufgestellt ist, liegt das Land im Bereich Risikokapital mit 0,04 Prozent Venture-Capital-Investitionen gemessen am BIP weit zurück.

ParityQC-Co-CEO Magdalena Hauser ortet zudem ein weiteres Problem heimischer Spin-offs darin, dass Universitäten und FHs häufig hohe bürokratische Hürden für Ausgründungen haben und dann große Anteile an den Unternehmen halten. “Man sollte nicht das Spin-off killen, bevor es überhaupt einen ersten Schritt getan hat, indem man es jahrelang in Verhandlungen verstrickt, bevor man es ausgründen lässt”, meint Hauser. Auch Patente sollten aus ihrer Sicht beim Unternehmen liegen und nicht bei den Unis. “Hier braucht es klare Richtlinien”, mahnt die Gründerin ein und sieht den Staat in der Pflicht.

Doch auch finanziell sollte vom Staat noch mehr kommen, ist FFG-Geschäftsführerin Henrietta Egerth im Gespräch mit brutkasten überzeugt: “Das Wichtigste wäre, dass die Politik tatsächlich F&E, Innovation und Forschung als prioritäres Thema sieht. Es ist entscheidend, es nicht nur in Sonntagsreden zu erwähnen, sondern tatsächlich dem politischen Willen durch entsprechendes Budget Ausdruck zu verleihen.” Denn obwohl Österreich, wie oben erwähnt, zu den globalen Spitzenreitern bei Forschungsausgaben zählt, gelte es, weiter mitzuhalten – “weil jeder Euro, den wir in Forschung und Entwicklung investieren, über gesteigerte Umsätze, Lizenzerlöse und dergleichen einen Return on Investment von nachweislich acht Euro hat”, so Egerth.

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Benefits, Home-Office
(c) GrECo - Joachim Schuller, Competence Center Manager Health and Benefits GrECo.

Es herrscht eine Zeit im Arbeitswesen, in der sich sehr viele Personen mit der Zukunft und davon ausgehend mit Benefits von Unternehmen beschäftigen. Dabei steht vor allem die betriebliche Vorsorge hoch im Kurs. Neun von zehn Befragte finden eine Pensionsvorsorge (91 Prozent), eine private Krankenversicherung (90 Prozent) oder steuerfreie Zukunftsleistungen wie lohnsteuerfreie betriebliche Vorsorge (89 Prozent) bei der Jobsuche besonders attraktiv. Das zeigt die aktuelle “Health & Benefits Studie” des Versicherungsunternehmens GrECo, die sowohl die Arbeitnehmer:innen- als auch die Arbeitgeberseite befragt hat.

Benefits: Anforderungen an Jobs steigen

Die unternehmenseigene Befragung unter österreichischen Unternehmen wurde im Juli und August 2024 durchgeführt, um die Sichtweisen und Strategien der Arbeitgeber zu beleuchten. Diese Umfrage richtete sich an heimische Entscheidungsträger:innen aus den Bereichen “Human Resources” und “Benefits-Management”. Insgesamt nahmen 274 Unternehmensrepräsentant:innen an der Befragung teil. Dabei lag der Fokus auf den geplanten Benefits-Maßnahmen der nächsten zwei Jahre.

“Die Anforderungen an den Job steigen weiter. Viele Arbeitnehmer:innen wünschen sich, dass ihr Arbeitgeber sie bei den alltäglichen Herausforderungen unterstützt. Auch eine zusätzliche Pensions- und Krankenvorsorge, die deutlich über die staatliche Grundversorgung hinausgeht, wird zunehmend geschätzt. Lösungen, die Mitarbeiter:innen auch in Zukunft gut absichern, stehen insgesamt an oberster Stelle der Wunschliste”, erklärt Joachim Schuller, Competence Center Manager Health and Benefits bei GrECo.

Für Unternehmen gilt es, sich bewusst zu machen, dass Benefits, die zeitgemäß und besonders relevant für die Lebensqualität der Mitarbeitenden sind, den besten Pull-Faktor darstellen und einen direkten Einfluss auf die Loyalität haben.

Langfristig vs. kurzfristig

Vor allem langfristige Benefits wie Vorsorgelösungen hätten laut der Umfrage für acht von zehn Befragten (83 Prozent) eine höhere Priorität als kurzfristige Vorteile wie Fitnessangebote. Ein Unterschied zeigt sich jedoch bei der Gen Z, deren Fokus auf anderen Herausforderungen wie beispielsweise mentaler Gesundheit und der Vereinbarkeit von Familie und Karriere gerichtet ist.

“Das liegt nicht daran, dass die Gen Z Pensionsvorsorge oder Krankenversicherung nicht schätzt. Untersuchungen zeigen, dass die Gen Z anfälliger für Burnout und Stress ist. Der Mental Health-Aspekt wird somit immer wichtiger, um Fluktuation und geringer Produktivität entgegenzuwirken“, erklärt Schuller. “Es geht hier um ein abgestimmtes Paket, das sowohl Prävention als auch die entsprechende Absicherung im Bedarfsfall sicherstellen kann.”

Bemerkenswert ist, dass trotz aller Bemühungen aktuell 67 Prozent der Unternehmen die Vorteile betrieblicher Vorsorgeleistungen noch nicht ausschöpfen. Dabei bieten steuerfreie Zukunftssicherungen, Berufsunfähigkeitsversicherung und Pensionszusagen gerade die finanzielle Sicherheit, die sich die Mitarbeiter:innen wünschen würden, so die Studie.

Der Jahresbericht der Pensionsversicherung Österreich zeigt, dass ein Viertel der österreichischen Arbeitnehmer:innen (25 Prozent) noch vor dem Ruhestand berufsunfähig sind und nur vier Prozent der Erwerbstätigen in Österreich eine private Berufsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen haben.

“Diese Lücke wird aber nach wie vor auch in der Praxis von nur rund 17 Prozent der Unternehmen abgedeckt. Auch eine “Pensionszusage” bieten nur 27 Prozent an und das, obwohl sie angesichts der steigenden Lebenserwartung ein wichtiges Angebot wäre, um die Erhaltung des Lebensstandards im Alter sicherzustellen”, liest man im Bericht.

Benefits kein Obstkorb

Im Kampf um die besten Talente steigt der Druck auf die Arbeitgeber, über das Gehalt hinaus ansprechende Sozialleistungen anzubieten. Über ein Drittel (35 Prozent) der heimischen Arbeitnehmer:innen ist sogar bereit, auf zehn Prozent des Gehalts zu verzichten, wenn sie dafür wichtige Benefits erhalten – in der Gen Z ist es sogar jede:r Zweite (46 Prozent).

Benefits wie Home-Office oder flexible Arbeitszeiten, zählen jedoch nicht dazu. Sie werden viel mehr als selbstverständliche Voraussetzung betrachtet und sind wie der Obstkorb, den nur mehr 24 Prozent als sehr ansprechend bewerten, seit langem kein Alleinstellungsmerkmal mehr.

“Eine ‚One-size-fits-all-Lösung‘ bei Benefits ist nicht mehr zeitgemäß. Unternehmen, die die Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter:innen erkennen und entsprechend handeln, sind für die Herausforderungen der modernen Arbeitswelt besser gerüstet und langfristig erfolgreicher”, so Schuller weiter.

Kommunikation mangelhaft

Aufholbedarf gibt es auch in der Kommunikation: Nur 56 Prozent der Mitarbeiter:innen kennen auch alle angebotenen Benefits. Auf Seite der Arbeitgeber gilt es dringend, eine zugängliche Übersicht der angebotenen Benefits zu schaffen und diese laufend zu kommunizieren. Etwa ein Drittel (32 Prozent) der befragten Unternehmen gibt zudem an, keine genaue Kenntnis darüber zu haben, wie viel Prozent der Lohnsumme für Benefits aufgewendet werden.

“Das zeigt deutlich, dass Unternehmen ihre Kommunikationsstrategie für bestehende Mitarbeiter:innen dringend verbessern müssen, denn 88 Prozent wünschen sich einen Arbeitgeber, der sich um sie kümmert”, fasst Schuller abschließend zusammen. “Nur wer langfristige Absicherung und moderne Arbeitsmodelle kombiniert, wird im Wettbewerb um die besten Talente bestehen können – erst recht in Zeiten des Fachkräftemangels.”

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