28.03.2022

Outlize-Gründer über Branding: “Ohne Mut Unternehmertum nicht verstanden”

Rafael Auferbauer, Mitgründer von Outlize erzählt im Interview über die Essenz und Wichtigkeit von Branding, Fehler beim Markenaufbau und erläutert, wann es ihm die Haare aufstellt.
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(c) Gerhard Wasserbauer - Outlize Gründer Rafael Auferbauer: "Branding wird oft als Add-On gesehen, das man quasi am Ende darüberstülpt, wenn die Unternehmensstruktur einmal steht."

Co-Founder Rafael Auferbauer hat mit Fabian Müller und Chris Heitzinger ein Startup gegründet, das wieder den Fokus auf qualitatives Branding setzen möchte. Dazu hat das Trio bis Ende März das Projekt #getoutlized ins Leben gerufen, bei dem ein Startup ein individuelles, auf die Anforderung abgestimmtes 50.000 Euro Paket erhält. Im Interview erzählt Auferbauer, wie man zu einer starken Marke wird, welche Fehler man vermeiden und warum Markenaufbau Teil des Gründungsprozesses sein sollte.


brutkasten: Ganz salopp gefragt, worauf muss ich beim Branding in heutigen Zeiten achten?

Auferbauer: Um sich zu einer starken Marke zu entwickeln, reicht es nicht mehr, einfach nur ‘professionell’ aufzutreten. Die Marke muss emotional berühren. Oftmals ist nicht logisch erklärbar, warum einige Marken funktionieren und andere nicht. Das liegt unter anderem an den Emotionen, die die Marke vermittelt – ein Faktor, den man nicht mehr außer Acht lassen kann und darf. Wir sprechen hier von Sympathie, Menschlichkeit und Charakter. Daher gilt es, den Fokus beispielsweise auf den Purpose und die Values, die man als Marke hat, zu richten und nicht mehr nur von ‘Produktbenefits’ zu sprechen. Damit stärkt man kontinuierlich die Marke und löst sich von der Abhängigkeit vom eigenen Produkt, das in vielen Fällen jederzeit jemand nachahmen könnte. Hat man eine starke Marke, ist man nicht mehr vergleichbar und Kunden bleiben treu, weil sie die Marke als Teil ihres Lebens sehen und sich mit ihr identifizieren.

Hat sich die Erwartungshaltung kundenseitig in den letzten Jahren verändert? Wie erreicht man sie?

Marken müssen flexibler sein als früher. Wir leben in einer sehr schnelllebigen Welt, wo sich in kurzer Zeit vieles ändern kann. Nehmen wir beispielsweise NFTs oder das Metaverse her. Etablierte Unternehmen, die an sich nichts mit dieser Thematik zu tun haben, reagieren auf diese Dinge in kürzester Zeit, um nicht zu veralten, bleiben dabei aber immer sich selbst und ihrem Markenkern treu. Ansonsten ist fundiertes Branding gleich geblieben. Was sich jedoch geändert hat, ist das Bewusstsein für die Wichtigkeit von Branding. Gute Brands haben das, was man heute macht, schon vor zehn bis 20 Jahren gemacht. Unternehmen wie Apple, Nike und Coca-Cola zeigen seit Jahrzehnten, wie es geht. Sie schaffen es seit jeher, Emotionen, anstatt Produkte zu verkaufen. Die meisten Unternehmen kommunizieren von außen nach innen. Sie sagen, was sie machen, dann wie sie es machen, doch warum sie es tun, was sie antreibt, wird oftmals nicht kommuniziert. Und vor allem nicht, welches Gefühl sie dem Kunden mit ihren Produkten in dessen Leben bringen.

Ist also “Emotion” das Rezept? Gibt es überhaupt das “eine Rezept” für die jeweilige Branche?

Das Rezept ist, dass es gerade für Branchen im Kollektiv kein Rezept gibt. Man kann das Rad nicht jedes Mal komplett neu erfinden, aber man sollte, so gut wie möglich, seinen eigenen Weg gehen – gerade innerhalb bestimmter Branchen wird zu oft von Mitbewerbern kopiert. Daher kommunizieren alle das Gleiche und sind austauschbar. Seinen eigenen Weg zu gehen, erfordert Mut – den leider viele nicht haben. Sie schwimmen lieber in der Masse mit, da dies als ‘gut bewährt’ erscheint. Sie schöpfen so ihr Potenzial nicht aus, haben als Marke keinen eigenständigen Charakter und bleiben somit nicht im Gedächtnis.

Welche weiteren Fehler sind dir aufgefallen?

Branding wird oft als Add-On gesehen, das man quasi am Ende darüberstülpt, wenn die Unternehmensstruktur einmal steht. Dabei sollte Branding nicht als separater Baustein angesehen werden, sondern Teil des Gründungsprozesses sein. Uns ist bewusst, dass dies in der Realität nicht immer machbar ist. Jedoch ist es im Nachhinein wesentlich schwieriger, die Marke zu formen und zu verändern – man ist zu einem späteren Zeitpunkt einfach schon sehr viel eingeschränkter, als wenn man sich gleich zu Beginn intensiv mit der Marke auseinandersetzt. Zudem ist es mit höheren Kosten verbunden und erfordert viel Fingerspitzengefühl, um den bereits bestehenden Kundenstamm nicht zu verwirren, was auf Basis einer schlechten Marke mitunter auch keine guten Ergebnisse mehr zulässt. Je nachdem, wie flexibel und mutig man dann ist. Zu diesem Zeitpunkt spielt nämlich auch der Faktor Mut eine große Rolle. Traue ich mich, mit meiner Marke einen radikal neuen Weg zu gehen und mir einzugestehen, dass der bisherige Weg als Marke kein guter war?

Also ist Markenbildung eine Frage des Mutes?

Ein weiterer Irrglaube ist ja, dass viele denken, ‘Corporate Design’ alleine mache schon eine starke Marke. Sie formt sich jedoch auf ganz vielen Ebenen. Im einen oder anderen Fall kann es funktionieren, ohne dass man sich mit dem Markenkern bewusst auseinandergesetzt hat, aber eher nur dann, wenn markenstrategische Dinge zufälligerweise stimmen. Den größten Fehler aber, den Unternehmen begehen, ist, dass sie sich nicht trauen, groß zu denken. Das sind auch dieselben Menschen, die sich schwertun, in die Tiefe zu gehen und streng zu hinterfragen, wenn es um die Markenstrategie, das Fundament der Marke, geht. Aus demselben ‘Mindset’ resultiert auch, dass viele Unternehmen sehr kurzfristig agieren, nicht das große Ganze, die Vision vor Augen haben und so eine verwirrte, chaotische Marke entsteht.

Zum besseren Verständnis: Hast du konkrete Beispiele dafür?

Ein Kunde kam einst auf uns zu, weil er Social Media-Betreuung für seine Immobilienfirma haben wollte – nur mit dem Problem, dass die Marke völlig veraltet und frei von Strategie war. Wir machten den Kunden darauf aufmerksam, dass die Betreuung seiner Social Media-Kanäle an Geldverschwendung grenzt, wenn die Basis nicht funktioniert. Denn, warum sollte ich eine Message weiter nach außen kommunizieren, die nicht passt?

Wie ging es weiter?

Er war zwar einsichtig in Bezug darauf, dass dringend etwas an der Marke gemacht gehört, blieb aber hartnäckig und war der Meinung, dass das für ihn und seine Firma trotzdem gut genug sei. Er wollte ja nur ein wenig Social Media-Werbung betreiben – weil er wohl gehört hat, dass das heutzutage wichtig sei. So stellten wir den Kontakt zu einer Social Media-Agentur her. Wie erwartet blieben Erfolge aus und am Ende waren alle Schuld – nur nicht er selbst. Das Kernproblem? Sein Mindset – er dachte zu klein und zu kurzfristig und war nicht bereit, in die Tiefe zu gehen, sicher auch, weil ihm der Mut fehlte. Geld war dabei nicht das Thema. Da stellt es mir die Haare auf. Wenn ich mir selbst solche Grenzen setze und mein Unternehmen so wenig wertschätze, dann habe ich das Unternehmertum nicht verstanden.

Stichwort Geldfrage: Wo kann man am besten Kosten einsparen und dennoch effektiv sein?

Langfristig betrachtet: indem man am Anfang zumindest in Markenstrategie investiert. Weitere Teile des Branding können dann nachher laufend optimiert werden, sobald das Budget da ist. Die Markenstrategie jedoch ist beständig und kommt ganz tief aus dem Inneren. Man erlangt durch sie einen Kompass, der bei künftigen grundlegenden Entscheidungen als Wegweiser agiert. Das Unternehmen wird effizienter und gewinnt an Klarheit darüber, welche Maßnahmen einen näher an seine Vision bringen und welche nicht. Das spart am Ende des Tages Geld und Ressourcen.

Um nochmal auf soziale Netzwerke zurückzukommen: Sind Social Media-Kanäle wie TikTok, Instagram oder YouTube für alle Unternehmen denkbar und nötig? Auch für eher traditionell ausgerichtete Branchen, die eine gewisse Seriosität ausstrahlen möchten?

Wichtig ist, dass man die Zielgruppe kennt und sich für die richtigen Kanäle entscheidet. Zudem muss der Content für die jeweilige Zielgruppe passen. Solang man die Zielgruppe erreicht, ist auch für traditionelle Unternehmen alles möglich. Selbstverständlicherweise müssen alle Social Media-Maßnahmen authentisch zum Unternehmen passen und dürfen nicht erzwungen wirken.

Hast du abschließend noch ein paar essentielle oder gar Geheimtipps in Sachen Branding?

Marken und Unternehmen sind von Menschen für Menschen gemacht – daher dürfen und sollen Marken lebendig sein und Charakter haben. Auch bei B2B-Branding geht es darum, wen man ansprechen möchte. Entscheidungsträger sind am Ende des Tages auch nur Menschen. Ein weiterer Tipp, den wir gerne mitgeben, lautet: Was bei anderen funktioniert, funktioniert nicht unbedingt bei einem selbst. Branding ist ein kompliziertes Thema, bei dem Details einen großen Unterschied machen können. Jede Marke, jedes Unternehmen ist individuell und schöpft sein Potenzial am ehesten dann aus, wenn es seinen eigenen Weg geht. Verstecktes Potenzial zu offenbaren, sehen wir als unsere Aufgabe und wir stehen gerne jedem Unternehmer zur Seite, der in die Tiefe gehen möchte und bereit ist, sich große Ziele zu setzen.

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Markus Fuhrmann von Gropyus (rechts oben), Prewave (rechts unten), Storyblok (mitte), enspired (links unten), Marcus Bauer von CycloTech (links oben)

Mit mindestens einer halben Milliarde Euro an Investments ist es auch für 2024 zum Jahresende wieder Zeit für den brutkasten-Investmentrückblick. Insgesamt konnten wir 104 Investments verzeichnen.

Disclaimer: Die Darstellung zählt die Investments, die der brutkasten-Redaktion bekannt sind. Sie erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Die Redaktion bemüht sich darum, Investments in österreichische Startups zu verfolgen, darüber zu berichten und diese aufzubereiten.

Knapp die Hälfte der von uns verzeichneten Investments wurden jedoch ohne exakten Betrag kommuniziert. Ausgehend von den jeweils angegebenen Untergrenzen ("siebenstelliges Investment" = 1 Mio.) ergibt sich die halbe Milliarde Euro als Mindest-Gesamtvolumen.

Gropyus: mit 100 Mio. Euro wieder Nr.1

Mit 100 Mio. Euro, konnte sich das Proptech-Startup Gropyus wie bereits im Vorjahr erneut das größte Investment sichern (brutkasten berichtete 2023). Daneben konnten aber viele weitere heimische Start- und Scaleups größere Investmentrunden abschließen. So freute sich Storyblok bereits im Mai über eine Finanzierung über 80 Mio. US-Dollar (entspricht etwa 75 Mio. Euro), im Juni dieses Jahres wurden 63 Mio. Euro in Prewave investiert.

Bei den aktivsten Investoren gibt es keine große Überraschung. Insgesamt viermal wurde die Wiener Venture-Capital-Gesellschaft Speedinvest als Geldgeber der heimischen Startups genannt. Auch Business Angel-Legende Hansi Hansmann ist mit seiner Hans(wo)mengroup zumindest viermal als Investor erwähnt worden.

Die Branche mit der insgesamt größten Investmentsumme bleibt der Software-Bereich. Rund 160 Mio. Euro erhielten heimische Software-Startups, gefolgt von den Proptech-Startups mit 101 Mio. Euro - der Betrag ist jedoch fast zur Gänze auf Gropyus zurückzuführen.

Investitionen: Unbekannte Beträge

Bei insgesamt 55 der 104 vermerkten Investments wurde keine exakte Summe genannt, wodurch nur eine Annäherung an das tatsächliche Volumen möglich ist. Bei 14 Startups wurde überhaupt Stillschweigen über die Summe vereinbart.

Unsere Auswertung zeigt, dass sich die meisten heimischen Investments im siebenstelligen Bereich befinden, dicht gefolgt von sechsstelligen Förderungen. Investitionen darüber oder darunter sind eher die Ausnahme.

Gendergap: Männerteams bekommen mehr

Betrachtet man die Investments nach Geschlecht der Founderteams, ist ein eindeutiger Gendergap bemerkbar. Im ersten Halbjahr 2024 wurde nur in zwei Startups investiert, die von einer Frau geführt sind. Zum Jahresende konnten nur zwei weitere Investitionen in Startups von Frauen vermerkt werden.

Auswertungen und sämtliche Grafiken erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Berücksichtigt wurden nur österreichische Unternehmen. Da Fördersummen aus den Meldungen nicht differenziert werden können, wurden diese stellenweise mitgerechnet.

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