08.05.2019

Offener Brief an Regierung: aaia fordert Dachfonds und “AG Light”

Die Austrian Angel Investors Assoziation (aaia) richtet sich mit einem offenen Brief an die Bundesregierung. Im Zentrum stehen vier bereits bekannte Forderungen. Wir haben sie mit den aktuellen Maßnahmen der Regierung abgeglichen.
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Hansi Hansmann, Michael Altrichter, Nikolaus Futter und Paul Voithofer bei der aaia-Geburtstagsfeier - aaia investors Day 20
(c) Marcella Ruiz Cruz: Ein Bild aus alten Zeiten: Hansi Hansmann, Michael Altrichter, Nikolaus Futter und Paul Voithofer bei der aaia-Geburtstagsfeier

Das Timing ist gewiss kein Zufall. Nachdem Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck kürzlich ein neues Startup-Paket ankündigte, meldet sich nun die Austrian Angel Investors Assoziation (aaia) in einem “offenen Brief zum Status Quo des Innovations-Standortes Österreich” zu Wort. Und ausgerechnet jetzt gab Schramböck weitere Einblicke in die geplante “Startup-Initiative”.

⇒ zu brutkasten-Video-Talk und Artikel zu den Details

aaia: Österreich “nicht fit die Zukunft”

Im Zentrum des offenen Briefs stehen vier bereits bekannte Forderungen. Umrahmt werden diese von einem kritischen Befund zum Innovations-Standort Österreich. “Der Titel dieses Beitrages lautet ‘Österreich, fit für die Zukunft?’. Wir sind uns wohl alle einig: Aktuell sind wir es nicht. Noch können wir allerdings etwas daran ändern. Man muss allerdings nicht nur können, sondern auch wollen”, heißt es dort etwa. Es brauche einen wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Rahmen, in dem unternehmerisches Denken und Handeln gefördert werde. Man wünsche sich daher von der österreichischen Bundesregierung “eine sinnvolle, langfristig orientierte, übergreifend gedachte Strategie für einen innovativen & unternehmerischen Wirtschaftsstandort”.

Wir haben die vier zentralen Forderungen der aaia mit dem Stand der Dinge bzw. den geplanten Maßnahmen der Bundesregierung abgeglichen.

Forderung 1: Moderne Rechtsform für Unternehmen – “AG Light”

Weder GmbH noch AG seien optimale Rechtsformen für junge, schnell wachsende Unternehmen mit hohem Finanzierungsbedarf, schreibt die aaia. Daher wünsche man sich eine neue Rechtsform, die die Vorteile von AG und GmbH verbinde. Die “AG Light” (nachzulesen in diesem Positionspapier von aaia und der Kanzlei Herbst Kinsky) soll unter anderem eine einfache Überschreibung von Anteilen ermöglichen, etwa auch an Mitarbeiter.

Daran arbeitet die Regierung:

Zwar arbeitet man weiterhin an der Digitalisierung der GmbH-Gründung. Mit der Öffnung des “dritten Markts” der Wiener Börse wurde auch eine neue Möglichkeit zum flexibleren Anteils-Handel für kleine Aktiengesellschaften geschaffen. Konkrete Pläne für eine “AG Light” sind derzeit aber nicht bekannt. Gegenüber dem brutkasten heißt es von Margarete Schramböck, man arbeite an einer “Nachschärfung” der Rechtsformen und evaluiere entsprechende Möglichkeiten. Es bestünden jedoch große regulatorische Herausforderungen.

Forderung 2: Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte

Hier wird man seitens der aaia nicht besonders konkret. Um die besten Köpfe nach Österreich zu bringen und dem Mangel an Fachkräften entgegenzuwirken, brauche es “effiziente Maßnahmen, die es heimischen Unternehmen ermöglichen, Mitarbeiter*innen aus dem [Nicht-]EU-Ausland zu rekrutieren – und das schnell, effizient und ohne zusätzliche bürokratische Hürden”, heißt es dort eher allgemein.

Daran arbeitet die Regierung:

Bereits im Februar diesen Jahres wurden seitens der Bundesregierung konkrete Pläne zur Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte präsentiert. Eckpunkte sind der Entfall der “ortsüblichen Unterkunft”, die Anpassung der Gehaltsgrenzen bei “sonstigen Schlüsselkräften” sowie generelle Prozessoptimierung und Beschleunigung durch Digitalisierungs- und Entbürokratisierungsmaßnahmen. ⇒ Details dazu hier

Forderung 3: Steuerliche Anreize für Angel Investments

Geht es nach der aaia, sollen Investments durch private Kapitalgeber steuerlich begünstigt werden – auch diese Forderung ist bereits hinlänglich bekannt. Konkret wünscht man sich dabei die Einführung eines Tax Incentive-Modells nach dem Vorbild Großbritanniens. Dazu arbeitete die aaia gemeinsam mit der Steuerberatungskanzlei ECOVIS ein Konzept aus. In diesem werden drei Möglichkeiten der Incentivierung für privates Risikokapital vorgestellt: Eine staatliche Prämie bzw. ein Zuschuss; eine Steuergutschrift für Investoren; bzw. ein Freibetrag.

Daran arbeitet die Regierung:

In der aktuellen Steuerreform sind keine konkreten Steuer-Incentives für private Risikokapital-Investoren enthalten. Die Risikokapitalprämie der Vorgänger-Regierung wurde bereits Anfang 2018 gestrichen. Damals wurde die Ausarbeitung einer Gesamtstrategie angekündigt. Entsprechende Maßnahmen sind aber auch in der aktuellen Startup-Initiative nicht enthalten.

Forderung 4: Staatliche besicherter Dachfonds bzw. “Fund of Funds”

Gemeinsam mit der AVCO (Austrian Private Equity and Venture Capital Organisation) fordert die aaia die Einführung eines Dachfonds (Fund of Funds), der als “Ankerinvestor” für private VC-Fonds dienen soll. Als Vorbild wird dabei seitens der AVCO unter anderem Dänemark genannt, wo bereits 1992 der Danish Growth Fund (⇒ Video-Talk mit dem Chief Investment Officer) gestartet wurde, der privatwirtschaftlich finanziert und teilweise staatlich besichert ist. Dieser vereint eine Vielzahl privater Fonds, wodurch ihm ein deutlich größeres Kapital für Investments und andere Kapital-Vehikel zu Verfügung steht. ⇒ Mehr Information hier

Daran arbeitet die Regierung:

Im Rahmen der aktuellen Initiative ist kein Dachfonds geplant. Allerdings kündigte Margarete Schramböck einen teilstaatlichen 100 Millionen Euro-Wachstumsfonds an. Dieser soll zur Hälfte aus staatlichen, zur Hälfte aus privaten Mitteln gespeist sein. Für den im aws angesiedelten Fonds werden aws Gründerfonds und aws Mittelstandsfonds zusammengelegt. Durch Co-Investments soll insgesamt ein Investitionsvolumen von 600 Millionen Euro erzielt werden. Im Gespräch mit dem brutkasten sagt Margarete Schramböck, die “große Diskussion” über einen Dachfonds sei noch nicht abgeschlossen. Man wolle sich dem Thema stufenweise nähern.

⇒ Zum offenen Brief

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(c) youbee

Die Varroamilbe ist einer der größten Feinde der Honigbienen. Diese winzigen Parasiten befallen sowohl ausgewachsene Bienen als auch die Brut. Sie saugen die Körpersäfte der Bienen aus und schwächen sie dadurch erheblich. Im schlimmsten Fall kann dies zum Zusammenbruch eines gesamten Bienenvolks führen. Besonders problematisch ist, dass die herkömmlichen Behandlungsmethoden oft chemische Mittel erfordern, die Rückstände im Honig hinterlassen. Mit einem völlig anderen Ansatz wollte das steirische Startup youbee punkten.

youbee entwickelte eine chemiefreie Lösung

Das Unternehmen ging 2019 mit einem chemiefreien System zur Bekämpfung der Varroamilbe bei Honigbienen an den Start. Dabei werden die Brutwaben mithilfe einer speziellen Heizschicht auf 42 Grad erwärmt. Diese Wärme schädigt oder tötet die Varroamilben ab einer Temperatur von 39 Grad ab, während die Bienen und ihre Brut Temperaturen bis zu 43 Grad problemlos vertragen.

Für die komplette Montage einer Heizfolie wird laut youbee außer einem Schraubendreher so gut wie kein Werkzeug benötigt. Der Montageaufwand für eine Mittelwand liegt unter einer Minute. Durch die mögliche Vollautomatisierung des youbee Systems soll zudem der Zeitaufwand für die Behandlung der Bienen auf ein Minimum reduziert werden (brutkasten berichtete über die Technologie).

Konkursantrag gestellt

Wie über KSV1870 und AKV am Donnerstag bekannt wurde, kann die youbee GmbH ihren laufenden Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen. Vom zuständigen Landesgericht Graz wurde nun ein Konkursverfahren eröffnet. Zur Höhe der Passiva oder weiteren Hintergründen liegen vorerst keine Informationen vor. Für eine Stellungnahme gegenüber brutkasten war das Unternehmen bislang nicht erreichbar.

Erst im Jahr 2021 und 2022 wurden drei Patente und ein Gebrauchsmuster zuerkannt. Diese sollten die Grundlage für die internationale Expansion bilden. Als die Hauptabsatzmärkte nannte das Startup damals neben der EU auch den nordamerikanischen Markt. Bereits im Jahr 2020 wurde dafür “youbee“ als Marke in der EU, USA und Kanada registriert. Zudem folgte laut “youbee” im August eine Kooperationsvereinbarung mit einem der “größten Imker in den USA”. 


* Sofern eine Stellungnahme des Unternehmens erfolgt, wird diese hier ergänzt.

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