2014 als Noki gegründet (und weniger als ein Jahr später nach einer Klagsdrohung von Nokia umgetauft), hatte das Grazer Unternehmen Nuki bislang einen klaren Fokus: Die Nachrüstung bestehender Türen mit seinem Smartlock. Die Gründer Martin und Jürgen Pansy, die bereits in den 1990er-Jahren mit sms.at erfolgreich gewesen waren, bewiesen mit dieser Ausrichtung wieder ihren guten Riecher. Im Bereich Smartlock-Nachrüstung konnte man sich als europäischer Marktführer etablieren. Gleichzeitig ließ das Unternehmen einen zweites logisches Geschäftsfeld bislang unangetastet: in neuen Türen verbaute Smartlocks.
“Nuki Button” wird direkt verbaut – Partner aus Deutschland
Das ändert sich mit einem nun präsentierten Produkt, das Ende des Jahres auf den Markt kommen soll. Optisch ist dieses durch den “Nuki Button”, einen mit einem LED-Ring umfassten “smarten” Knopf, erkennbar. Dieser wird zusammen mit einem Sperrsystem direkt in der Tür verbaut. Dazu kooperiert Nuki mit anderen Unternehmen. “Wir sind Smart Home Profis. Ein Komplettanbieter von Schließsystemen für Türen sind wir nicht”, meint dazu Co-Founder und CEO Martin Pansy. Die Mehrfachverriegelung kommt vom deutschen Unternehmen Siegenia. Zudem arbeite man mit mehreren Türherstellern, darunter Weru aus Deutschland zusammen, heißt es aus Graz.
Mit kleinen Anpassungen lasse sich das neue System auch in bestehenden Türen installieren. Durch die modulare Bauweise seien auch kleine Betriebe in der Lage, ein Smart Door anzubieten. Auch spezielle Einzelanfertigungen durch Handwerksbetriebe seien möglich. Voraussetzung sei lediglich die Verfügbarkeit von Strom in der Nähe der Tür.
Großer Markt für Smartlocks in neuen Türen
Nuki beschäftigt derzeit rund 80 Mitarbeiter am Standort Graz und hat nach eigenen Angaben bislang etwa 200.000 Smartlocks verkauft. Dabei besteht unter anderem auch eine Kooperation mit Airbnb. Der Markt, der nun erschlossen werden soll ist groß: Um die 3,5 Millionen neue Türen werden jährlich in Europa verkauft. Insgesamt haben Smartlocks erst eine Marktdurchdringung von etwa zwei Prozent im gesamten Kontinent.
KI-Geschäftsmodelle: “Wir nutzen nur einen Bruchteil dessen, was möglich ist”
Macht Künstliche Intelligenz Unternehmen nur effizienter – oder verändert sie sogar ganze Geschäftsmodelle? In der vierten Folge von „No Hype KI“ diskutieren Ana Simic (Propeller), Nikolaus Marek (IBM), Saskya Lipp (CANCOM Austria) und Mic Hirschbrich (Apollo.ai) über Chancen, Herausforderungen und die Rolle des Menschen in einer KI-getriebenen Zukunft.
KI-Geschäftsmodelle: “Wir nutzen nur einen Bruchteil dessen, was möglich ist”
Macht Künstliche Intelligenz Unternehmen nur effizienter – oder verändert sie sogar ganze Geschäftsmodelle? In der vierten Folge von „No Hype KI“ diskutieren Ana Simic (Propeller), Nikolaus Marek (IBM), Saskya Lipp (CANCOM Austria) und Mic Hirschbrich (Apollo.ai) über Chancen, Herausforderungen und die Rolle des Menschen in einer KI-getriebenen Zukunft.
Macht künstliche Intelligenz Unternehmen nur effizienter? Oder ist die Technologie transformativ und verändert auch Geschäftsmodelle? Welche Rolle spielen menschliche Faktoren? Was Antworten auf diese Fragen sind und ob es sich dabei möglicherweise um gar keine Gegensätze handelt, dem geht die vierte Folge von “No Hype KI” nach. Zu Gast waren Ana Simic (Propeller | Gründerin), Nikolaus Marek (IBM | Tech Sales Leader), Saskya Lipp (CANCOM Austria | Portfolio & Product Manager Business Innovation) und Mic Hirschbrich (Apollo.ai | Co-Founder).
Effizienz und Disruption
In der österreichischen Wirtschaft wird KI bis dato oft als Mittel zur Effizienzsteigerung eingesetzt. Doch wie groß ist das Potenzial darüber hinaus, um ganze Geschäftsmodelle zu transformieren? „Das glaube ich jedenfalls“, sagt Mic Hirschbrich, Co-Founder von Apollo.ai. “Ich glaube, dass sich jetzt in den kommenden Jahren die Spreu vom Weizen trennen wird.” Es reiche nicht, beliebig generative Modelle einzusetzen: “Wer glaubt, er kann das ohne Vorarbeit und Sicherheitsmaßnahmen großflächig ausrollen, wird ein böses Erwachen erleben.“
Saskya Lipp, Portfolio & Product Manager Business Innovation bei CANCOM Austria, beobachtet bereits Veränderungen: „Ich finde, man sieht es jetzt schon recht stark, dass sich bestehende Geschäftsmodelle durch Effizienzsteigerungen transformiert haben.” Als Beispiel führt sie die Automatisierung in der Produktion oder die Personalisierung im Customer-Bereich an. Sie geht davon aus, dass neue Geschäftsmodelle entstehen – insbesondere durch Agentic AI. Als Beispiel führt sie Voice-Bot-as-a-Service-Anwendungen an.
Agentic AI bezeichnet KI-Systeme, die nicht nur auf Eingaben reagieren, sondern auch eigenständig Aktionen ausführen und Entscheidungen treffen können. Während klassische Chatbots meist bloß antworten und Informationen bereitstellen, agiert eine Agentic AI eher wie ein digitaler Assistent, der Proaktivität zeigt und Aufgaben eigenverantwortlich übernimmt.
Mehr als nur Chatbots
Für viele Unternehmen bleibt die Frage, ob sie KI bloß als Support-System nutzen oder ihre Prozesse tatsächlich umfassend umkrempeln. Tech Sales Leader Nikolaus Marek von IBM sagt dazu: „Sehr viele Unternehmen beginnen erst einmal mit KI-Projekten zur reinen Effizienzsteigerung, um überhaupt in die Lernphase einzusteigen. Das heißt, sie setzen sich mit der Technologie auseinander, machen erste Schritte, aber sie verwenden sie noch nicht wirklich disruptiv.“
Dennoch können auch Maßnahmen zur Effizienzsteigerung führen. Gerade im Patentmanagement habe IBM ein Projekt mit ABP Patent Network umgesetzt, bei dem KI nicht nur Zeit und Ressourcen spart, sondern ein ganz neues Angebot ermöglicht: “Da haben wir ein Modell mit 160 Millionen verfügbaren Patenten trainiert, um Patentanwälten ein Tool zu geben, um Patente schneller anzumelden” Das würde gleichzeitig disruptiv, sowie effizienzsteigerend sein.
Ana Simic, Gründerin von Propeller, plädiert dafür: “Die KI verändert nicht nur Geschäftsmodelle, sie verändert uns Menschen. KI werde langfristig mehr sein als nur ein weiterer Automatisierungshebel zur Effizienzsteigerung. Simic verweist auf den neuen World Job Report des World Economic Forum, wonach 60 Prozent aller Geschäftsmodelle KI-bedingt verändern werden und sich der globale KI-Markt in den nächsten acht Jahren von derzeit 300 Milliarden Dollar auf drei Billionen Dollar verzehnfachen werde.
Mic Hirschbrich hebt in Bezug auf Effizienz und Disruption hervor, dass KI in der Unternehmensführung nicht zwangsläufig „alles auf den Kopf stellen“ muss. “Wenn ich KI zur Entscheidungsunterstützung in Unternehmen einsetze, möchte ich eine verlässliche Basis schaffen, die Führungskräften bei ihrer Haftung und bei ihrer Entscheidungsqualität hilft.” Hier würde man keine radikale Disruption brauchen, sondern vielmehr eine sichere und nachvollziehbare KI. Zudem müsse man bei Use-Cases bewusst zwischen Assistenz und Substitution unterscheiden.
Agentic AI, Akzeptanz und die Zukunft der Interaktion
Wo KI heute bereits oft ansetzt, sind Chat- und Voicebots. Doch wie hoch ist die Akzeptanz? “Ich glaube, die Kundinnen und Kunden werden sich daran gewöhnen“, sagt Marek. “Wir hatten am Anfang regelbasierte Chatbots, die rasch an ihre Grenzen gestoßen sind. Jetzt erkennen Transformer-Modelle natürliche Sprache deutlich besser, was die Akzeptanz steigert.“ Entscheidend sei, wie Unternehmen damit umgehen: “Show me, tell me and do it for me. Das heißt, mir die richtige Information zu liefern, mir meinen nächsten Schritt zu erklären und im Idealfall auch gleich in den Systemen dafür zu sorgen, dass er ausgeführt wird.”
Für Saskya Lipp liegt der nächste Schritt schon in Reichweite: “Agentic AI heißt, dass sich Prozesse automatisieren.” Unter anderem führt sie autonome Produkte ins Spiel, wie eine Heizung, die selbst entscheidet, ob sie sich höher oder niedriger einstellt. Im Bereich von Agentic AI wird man künftig auch vermehrt neue Ertragsmodelle sehen.
Von großen und kleinen Modellen: Was tun mit Daten?
Die Entwicklung der Basistechnologien stellt Unternehmen vor die Wahl, große vortrainierte Modelle zu nutzen oder eigene KI-Modelle zu bauen. Bei IBM verfolgt man den Ansatz, verschiedene Modelle auf einer Plattform bereitzustellen. Dazu gehöre auch, die nötige Governance zu bedenken, damit Verantwortliche bei gesetzlichen Vorgaben und Haftungsfragen sicher seien. “Gerade in regulierten Branchen wie dem Finanzwesen ist das essenziell. Wer sein Geschäftsmodell auf KI stützt, muss sichergehen, dass Datenbasis und Governance passen.” Auch CANCOM Austria berät dazu, ergänzt Lipp. “Bei KMU sehen wir, dass es effizienter ist, auf vorhandene Modelle aufzusetzen und dann ein Fine-Tuning zu machen.”
Regulatorik als Stolperstein – oder als Chance?
Regulierung kann Innovation hemmen, wie Hirschbrich aus eigener Erfahrung weiß. “Wir haben damals versucht, ein Produkt im Medienbereich aufzubauen, sind aber an europäischen Datenschutzvorgaben gescheitert, während in den USA ganz andere Freiheiten herrschen. Da sehe ich die Gefahr, dass internationale Player den Markt überschwemmen und europäische Anbieter gar nicht zum Zug kommen.”
Allerdings, so Nikolaus Marek von IBM, sei Governance und Compliance im Geschäftsbereich unabdingbar. Er betonte, dass man Regulatorik entweder als Hürde betrachten oder KI nutzen könne, um diese Hürde zu überwinden. Governance-Tools ermöglichten es dabei, nachvollziehbar zu machen, welche Daten auf welche Weise verwendet worden seien. Dies sei unverzichtbar, wenn ein Geschäftsmodell auf KI aufgebaut werde. IBM verfolgt im Bereich Governance einen ganzheitlichen Ansatz, der die gesamte KI-Wertschöpfungskette abdeckt – von der Datenaufbereitung über das Training bis zum laufenden Monitoring der Modelle. Dabei setzt IBM auf watsonx.governance, um die fortlaufend zu prüfen, ob ein Modell Abweichungen, Halluzinationen oder Biases aufweist.
Simic will sich weder vom Thema Regulierung noch von anderen Fragen bremsen lassen: “In Europa ist jetzt schon vieles möglich. Wir nutzen nur einen Bruchteil dessen, was schon möglich ist”. Es gilt jetzt für Unternehmen herauszufinden, welche Use-Case möglich sind. Wichtig sei dabei jedoch die menschliche Komponente nicht zu unterschätzen.
Wohin führt die Reise in den nächsten zwölf Monaten?
Am Ende des Talks richteten die Expert:innen ihren Blick auf die Entwicklungen der nächsten zwölf Monate, um zu diskutieren, welche konkreten Auswirkungen die rasant fortschreitende KI auf künftige Geschäftsmodelle haben könnte.
“Die Entwicklung ist rasant“, sagt Hirschbrich. „Ich glaube, dass wir uns weiter entfernen von einzelnen Modellen, die alles machen, und mehr zu einem Mix an KI-Tools kommen.“ Zudem werden die Grenzkosten für Sprachmodelle weiter sinken. Lipp rechnet damit, dass Agentic AI schon bald stärker Fuß fassen wird.
Marek erwartet eine Kombination aus Mut und Vorbereitung und gibt Unternehmen mit auf den Weg: “Bringt eure Daten in Ordnung”. Und auch Ana Simic meint: „Softwareentwicklung und Marketing waren die ersten Bereiche, in denen KI schon große Fortschritte gemacht hat.” In einer nächsten Phase erwartet die Expertin Fortschritte im Gesundheitsbereich bei R&D-Aktivitäten. Auch für die heimische Industrie sieht sie große Chancen.
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