07.02.2019

Nearshoring und Outsourcing: 4 Dinge, die Startups beachten sollten

Marcus Brandstetter, Gründer und CEO des internationalen IT-Dienstleisters Specific-Group, gibt im Gastbeitrag Tipps, wie Startups dem IT-Fachkräftemangel begegnen können und was bei Nearshoring und Outsourcing zu beachten ist.
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Marcus Brandstätter: Was Startups bei Nearshoring und Outsourcing von IT-Fachkräften beachten müssen
(c) Specific-Group Austria: Marcus Brandstätter

Ende 2018 bis Anfang 2019 überschlugen sich die Erfolgsmeldung bei Startup-Investments. Ernst & Young schätzt die Investitionsspritzen alleine am Deutschen Markt auf 4,6 Milliarden Euro. Das sind um sieben Prozent mehr im Vergleich zum Vorjahr – Tendenz steigend. Beträge, von denen europäische Startups noch vor wenigen Jahren nur träumen konnten, werden immer mehr zum Standard. Auch in Österreich gab es vergangenes Jahr eine ganze Reihe von achtstelligen Finanzierungsrunden.

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IT-Fachkräftemangel verschärft sich dramatisch

Doch der Geldsegen kann schnell zum Fluch werden, denn Investoren wollen Ergebnisse – und das am besten schon Gestern. In einer Zeit, wo der IT-Fachkräftemangel bereits das Thema Nr. 1 ist, kommt noch hinzu, dass Großkonzerne und auch KMUs dieses Jahr einen weitaus höheren Bedarf an IT-Experten haben werden als es bereits der Fall ist. So schätzt Michael Zettel, Accenture Österreich Chef, im brutkasten-Gastbeitrag, dass auf das Jahr der digitalen Konzepte (2018), das Jahr der Umsetzung (2019) folgt, wofür es natürlich noch mehr IT-Fachkräfte benötigt. Das 1997 eingeführte Konzept “War of talent” wird in den nächsten Jahren über das Über- oder Ableben von Startups entscheiden.

Recruiting-Konkurrenz durch Konzerne und KMUs

Das bedeutet: Die Konkurrenz für Startups ist groß. Während etablierte Konzerne und Unternehmen nicht nur Kapital sondern auch funktionierende Prozesse haben, IT-Experten anzuwerben, bleiben viele Startups auf der Strecke. Oft entscheiden nur Freundeskreis und die Startup Story über einen guten IT-Experten-Fang. Zwar ziehen Beteiligungen und die Lust darauf, etwas Neues zu schaffen, viele junge Talente zu Startups. Beginnt das Unternehmen jedoch exponentiell zu wachsen, stoßen diese spezifischen Recruiting-Vorteile an ihre Grenzen.

Nearshoring und Outsourcing: Alternative IT-Fachkräfte-Beschaffung

Doch Venture Capitalists wollen rasche Ergebnisse und eine funktionierende Organisation, sobald sie einmal investiert haben. Für Startups sind daher auch alternative und flexiblere Beschäftigungsverhältnisse von Interesse, da im agilen Entwicklerumfeld schnell zusätzliche Personalressourcen und Skills benötigt oder abgebaut werden müssen. Dazu zählt vor allem im DACH Raum Nearshoring von Einzelpersonen und ganzen Projektteams. Aber auch das Outsourcing von Maintenance-Aufgaben kann den bereits vorhandenen IT-Experten eine Entlastung bringen, um sich neuen Aufgaben und Innovationen zu widmen. Bei Nearshoring und Outsourcing gilt es jedoch, einige Punkte von Beginn an zu bedenken.

4 Tipps die Startups bei Nearshoring und Outsourcing beherzigen sollten

Rechtssicherheit

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Denn es geht um viel Know-How. Partner, die ihren Firmenwohnsitz im gleichen Land haben und zumindest an EU-Gesetzgebung gebunden sind, sind ein Garant für den Schutz geistigen Eigentums.

Übernahmemöglichkeit

Auch externe MitarbeiterInnen sind Menschen. Oft bauen sie ein großes geschäftskritisches Know-How innerhalb eines Projektes im Startup auf. Vereinbarungen über mögliche Mitarbeiter-Übernahmen sollten bereits im Vorfeld abgesteckt werden.

Kosten vergleichen

Externe IT-Experten können Tagessätze bis zu 1.200 Euro kosten, die für die meisten Startups auch bei guter Finanzierung nicht leistbar sind. Es lohnt sich daher immer, die Kosten von Personalvermittlungsfirmen zu vergleichen und auch bei spezialisierten IT Unternehmen, die selbst Projekte entwickeln, anzufragen.

Standortvorteil Österreich nutzen

Österreich war und ist immer noch das Tor zu den osteuropäischen Märkten, dies gilt auch für den IT-Fachkräftemarkt. Englisch als Lingua Franca und oft auch gute Deutschkenntnisse osteuropäischer IT-Experten vieler Startups heben die Sprachbarrieren de-facto auf. Eigener Kontakt und IT-Unternehmen, die sich auf diesen Märkten auskennen, können große Kostenvorteile für Startups bringen.

⇒ Zur Page der Specific-Group Austria von Marcus Brandstätter

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Analyser, CSRD, EU-Taxonomie
(c) - PwC Österreich -Das Konsortium des Projekts "Analyser" beim Kick-Off.

Die Regeln der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), die in den kommenden Jahren sukzessive schlagend werden, bedeuten für zahlreiche österreichische Unternehmen eine Verpflichtung zur Nachhaltigkeitsberichterstattung. Bei vielen von diesen – auch jene, die freiwillig schon früher als erforderlich mit der Umsetzung starten – werden Schwierigkeiten erwartet, die Anforderungen zu erfüllen, da insbesondere KMU nicht über ausreichend Kapazitäten für interne Nachhaltigkeitsabteilungen verfügen würden.

CSRD und Taxonomie

Dies gilt im Besonderen für die EU-Taxonomie, die ergänzend zur CSRD anzuwenden ist. Gemäß ihr müssen die wirtschaftlichen Aktivitäten eines Unternehmens als nachhaltig oder nicht-nachhaltig deklariert werden.

Die Verordnung umfasst umfangreiche und detaillierte Kriterien, die für Ungeübte nicht leicht zu verstehen sind. Deshalb will in einem kürzlich gestarteten Forschungsprojekt namens “AI Enabled Sustainability Jurisdiction Demonstrator” (Analyser) ein Forschungskonsortium KI-basierte Module entwickeln. Die sollen es auch ungeschulten Anwenderinnen und Anwendern ermöglichen, die gesetzlichen Meldepflichten zu erfüllen. So soll eine Erleichterung für Unternehmen erzielt werden.

“Das oberste Ziel unseres Projekts ist es, die Zahl der KMU zu erhöhen, die selbstständig in der Lage sind, die EU-Taxonomie in guter Qualität zu berichten”, erklärt Maximilian Nowak, der das Projekt bei Fraunhofer Austria leitet.

Das Konsortium

Das Konsortium, bestehend aus Fraunhofer Austria, Universität Innsbruck, Technischer Universität (TU) Wien, Leiwand AI, PwC Wirtschaftsprüfgesellschaft, der Wirtschaftsagentur Niederösterreich ecoplus, Murexin und Lithoz wird dafür Teile des Prozesses mithilfe von Künstlicher Intelligenz automatisieren. Ein Chatbot, der auf einem eigens kreierten Sprachmodell beruht, soll mit den Anwenderinnen und Anwendern im Dialog stehen und sicherstellen, dass alle benötigten Dokumente vorliegen.

Es sind nämlich viele Fragen im Rahmen der Nachhaltigkeitsberichterstattung zu klären: Welche wirtschaftlichen Aktivitäten gibt es im Unternehmen? Wie umfangreich sind diese? Welche davon sind taxonomiefähig, können also überhaupt nach den Kriterien bewertet werden?

Josef Baumüller, der von Seiten der TU Wien an dem Projekt beteiligt ist, sagt: “Es ist vielen noch nicht bewusst, wie komplex die Anforderungen zunächst an die Datenerhebung und anschließend an die Klassifizierung sind. Die Prozesslandschaft im Unternehmen muss erfasst und auf die Vorgaben der EU-Taxonomie übergeleitet werden, darüber hinaus gilt es, relevante Datenbedarfe zu identifizieren und im Sinne der Effizienz v.a. bereits vorhandene Datenbestände zu nützen.”

CSRD-Berichterstattung eine Herausforderung

Dass eine Unterstützung der Unternehmen unumgänglich ist, sagt auch Stefan Merl von der PwC Österreich GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft: “Wir spüren bereits jetzt eine massive Zunahme in den Anfragen von Unternehmen, insbesondere von KMU, die sehen, dass die Erfüllung der CSRD-Berichterstattungspflichten eine große Herausforderung ist. Es führt kein Weg daran vorbei, eine automatisierte Lösung zu entwickeln, die weit über den Automatisierungsgrad bestehender Tools hinausgeht. Genau das wollen wir im Projekt ‘Analyser’ verwirklichen.”

Dabei ist essenziell, dass die im Tool eingesetzte KI fair, nachvollziehbar und korrekt arbeitet. Dafür soll Leiwand AI GmbH die nötige Expertise in das Projekt einbringen.

“In einer so kritischen Angelegenheit wie der Nachhaltigkeitsberichterstattung ist es besonders wichtig, dass auch Maßnahmen hinsichtlich einer zuverlässigen und fairen KI-Lösung getroffen werden. Durch den Einsatz verschiedener Methoden rund um nachhaltige und vertrauenswürdige KI werden wir dazu beitragen, dass der ‘Analyser’ gesicherte Informationen liefert, fair in Bezug auf Bias und Diskriminierung ist und im Einklang mit dem EU AI Act steht”, sagt Mira Reisinger, Data Scientist bei Leiwand AI.

Das Projekt ist im Herbst 2024 gestartet, läuft über drei Jahre und wird durch die FFG aus Mitteln des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie gefördert.

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