21.10.2024
EXPANSION

100.000 Tonnen pro Jahr: Wiener Insekten-Startup Livin Farms expandiert in Europa

Neben der eigenen Insektenzucht-Anlage in Wien betreut Livin Farms mittlerweile mehrere Kundenprojekte in vier Ländern.
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Livin Farms-Gründerin Katharina Unger | (c) Paris Tsitsos / Livin Farms
Livin Farms-Gründerin Katharina Unger | (c) Paris Tsitsos / Livin Farms

Insekten als Proteinquelle – womit sich viele Menschen in ihrer Ernährung (noch) nicht anfreunden können, ist im Bereich Tierfutter ein aufstrebender Markt. Die Vorteile lassen sich gut darlegen, wie es vom Wiener Startup Livin Farms heißt: Protein aus Insekten spare demnach 92 Prozent der Emissionen ein, die etwa zur Produktion von Sojaprotein anfallen. Und für jede Tonne Insektenmehl, die anstelle von Fischmehl in der Tierfütterung (etwa in der Geflügel- und Schweinezucht) eingesetzt werde, würden fünf Tonnen Fisch im Ozean verschont.

Larven als Protein- und Fett-Quelle sowie Düngemittel-Rohstoff

Livin Farms rund um Katharina Unger beschäftigt sich bereits mehr als ein Jahrzehnt mit der Erforschung der optimalen Produktionsprozesse der schwarzen Soldatenfliegenlarve – brutkasten berichtete mehrmals, etwa über eine Sechs-Millionen-Euro-Finanzierungsrunde 2022. Der Fokus liegt dabei nicht nur auf Larven als Protein-, sondern auch als Fett-Quelle und Düngemittel-Rohstoff. Nun verkündet das Startup einen großen Expansionsschritt: Neben der eigenen Produktionsanlage in Wien Simmering betreue man mittlerweile eine Reihe von Kundenprojekten in Spanien, Österreich, Belgien und Deutschland.

Larven der schwarzen Soldatenfliege aus der Living Farms-Produktion | (c) Paris Tsitsos / Livin Farms
Larven der schwarzen Soldatenfliege aus der Living Farms-Produktion | (c) Paris Tsitsos / Livin Farms

Unger: “Das Livin Farms Team ist aktuell von einer Baustelle zur anderen in ganz Europa im Einsatz”

“Das Livin Farms Team ist aktuell von einer Baustelle zur anderen in ganz Europa im Einsatz. Mit unseren derzeit in Bau befindlichen Insektenmastanlagen werden unsere Kund:innen 2025 bis zu 100.000 Tonnen organisches Material pro Jahr, großteils Nebenprodukte aus Lebens- und Futtermittelindustrie zu Proteinen, Fett und Dünger verwandeln”, sagt Gründerin und Geschäftsführerin Katharina Unger. Die Anlagen seien modular skalierbar, teil- oder auch vollautomatisiert und robotisiert.

Stark automatisierter Prozess

Kern der Livin Farms-Technologie ist die selbst entwickelte, patentierte und vom Unternehmen gebaute “Tray Handling Robotik Linie”, die die Handhabung von Vormast- und Mast der Insektenlarven übernimmt. “Dieses System entleert die Produktionseinheiten (“Trays”) effizient,
befördert das zu erntende Material weiter für die Trennung, dosiert Futter, dosiert die Babylarven
(“Seedlings”) robotisch und präzise und befördert Trays zum Waschen – wodurch die manuelle Arbeit minimiert und die Hygiene optimiert wird”, heißt es vom Startup.

Modulare Anlage kann leicht erweitert werden

Durch die Standardisierung und Automatisierung der Arbeitsprozesse, und das von Livin Farms dabei weitergegebene biologischen Know-How ermögliche das System Kund:innen, sofort mit der Produktion von Insektenlarven zu starten, ohne eigene Entwicklungszeit auf sich zu nehmen. Das modulare System eigne sich dabei sowohl für kleine oder mittelgroße landwirtschaftliche Betriebe als auch für große Konzerne. “Das System kann in unterschiedlichen Bauhöhen und Automatisierungsstufen umgesetzt werden und wird bisher meist so geplant, dass bereits eine Skalierung am Standort absehbar und rasch durchführbar ist”, heißt es vom Unternehmen weiter. Unternehmen könnten mit einem kompakten Aufbau starten und diesen im Fall von erhöhten Produktionsanforderungen durch Hinzufügen von Modulen einfach erweitern.

Die Livin Farms-Produktionsanlagen sind weitgehend automatisiert | (c) Aurelian Böhler / Livin Farms
Die Livin Farms-Produktionsanlagen sind weitgehend automatisiert | (c) Aurelian Böhler / Livin Farms

Eigene Livin Farms-Anlage in Simmering dient mehreren Zwecken

Auf nicht weniger als 2.500 Quadratmetern betreibt Livin Farms auch eine eigene Anlage in Wien Simmering. Diese fungiert als Demonstrations-, Test und Reproduktionsanlage. Durch die “echten operativen Erfahrungen mit der Anlagentechnik” dort soll der Prozess auch für Kund:innen weiter optimiert werden. Zudem werden in der Anlage kundenspezifische und kostenoptimierte Futterrezepte entwickelt, “die auf die verfügbaren Rohstoffe des Kunden sowie die gewünschten Spezifikationen der Endprodukte (Proteinpulver, Fett und Dünger) eingehen”.

“Fidele und fresshungrige” Larven

Und drittens werden vor Ort Millionen an Fliegen in von Livin Farms entwickelten vollautomatisierten Fliegenkäfigen gezüchtet, die für die Produktion der Babylarven zuständig sind. “Unsere Seedlings schlüpfen aus automatisiert geernteten Eiern aus unseren ersten vollautomatisierten Fliegenkäfigen der Welt. Sie sind wohl auch die längsten Käfige der Welt, mit ca. 30 Metern Länge. Seedlings sind quasi die ‘Kapseln’ in unserem industriellen System für Insekten. Sie werden bei uns vor Ort produziert, grammgenau dosiert, in spezielle Verpackungen verpackt und an unsere Kundenstandorte geschickt, wo sie robotisch eindosiert werden”, erklärt Unger. “Pro Packungseinheit befinden sich, in nur wenigen Gramm, ca. eine halbe Million Tiere, die fidel und fresshungrig nach dem Transport bei unseren Kund:innen auf organisches Material, also Futter gesetzt werden.”

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Alexander Schmitz | (c) XELA

Japan gilt seit Jahrzehnten als Vorreiter in der Robotik und Automatisierung, ein Land, in dem Roboter nicht nur in der Industrie, sondern zunehmend auch im Alltag eine zentrale Rolle spielen. Inmitten dieser technologischen Hochburg hat sich der österreichische Gründer Alexander Schmitz mit seinem Unternehmen XELA Robotics erfolgreich etabliert. Seit mittlerweile mehr als einem Jahrzehnt entwickelt und erforscht der Österreicher taktile Sensoren für menschlich-kollaborative Roboter. Vor der Unternehmensgründung im August 2018 war Schmitz auch als Associate Professor an der Waseda University in Japan tätig, bevor er sich vollständig auf sein Unternehmen konzentrierte.

Technologie ermöglicht menschenähnlichen Tastsinn

XELA Robotics setzt auf eine KI-Technologie, die taktile Sensoren integriert und damit neue Möglichkeiten für personalisierte Servicerobotik, Montage, Verpackung und Landwirtschaft schafft. Die Sensor- und Software-as-a-Service (SaaS)-Lösungen von XELA unterstützen Unternehmen weltweit bei der Digitalisierung und Automatisierung.

XELA Robotics hat uSkin entwickelt, einen Drei-Achsen-Tastsensor, der in einem weichen, langlebigen Gehäuse untergebracht ist und sich nahtlos in neue und bestehende Roboter integrieren lässt. uSkin verleiht Robotern einen menschenähnlichen Tastsinn und verbessert ihre Fähigkeit, Objekte präzise zu manipulieren. Jeder Sensorstreifen enthält mehrere Sensoren, und jeder Sensor misst 3-Achsen-Kräfte , die an spezifische Anwendungen angepasst werden können. Zu den Kunden von XELA zählen internationale Konzerne wie Honda, Hitachi oder Samsung.

Millionen-Investment und Expansion nach Europa

Wie XELA nun bekanntgab, konnte man für das weitere Wachstum ein Millionen-Investment an Land ziehen. Investor ist die Investoren-Gruppe FSR mit Sitz in Tokio.

„Die Partnerschaft mit unserem neuen Investor wird unsere Fähigkeit beschleunigen, sowohl unsere Sensortechnologie als auch unsere KI- Software zu skalieren. Dadurch können wir komplette Lösungen anbieten und die Produktion ausweiten, um der wachsenden globalen Nachfrage gerecht zu werden”, so Schmitz.

In Europa bedient XELA ebenfalls namhafte Kunden. Zudem hat XELA die Möglichkeit genutzt, sich über das Global Incubator Network (GIN) strategisch in Europa zu positionieren. “Durch das erstklassige Programm des Global Incubator Networks konnten wir unsere Marktchancen in Europa evaluieren, einen klaren Go-to-Europe-Plan mit Österreich als Basis entwickeln und einen erfahrenen Mentor gewinnen. Dieser Mentor hat uns nicht nur in der Umsetzung unserer Europastrategie begleitet, sondern auch wesentlich zur Finanzierungssicherung in Japan beigetragen“, sagt Schmitz.


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