04.08.2023

GoStudent nimmt 95 Mio. Dollar an frischem Kapital auf

Das Wiener EduTech-Unicorn erhält Kapital über eine Kreditfazilität der Deutschen Bank und über Wandeldarlehen von Bestandsinvestoren. GoStudent-CEO Felix Ohswald erläutert im brutkasten-Interview alle Hintergründe.
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GoStudent-Gründer Felix Ohswald im brutkasten-Talk | (c) brutkasten
Archiv: GoStudent-Gründer Felix Ohswald im brutkasten-Talk | Foto: brutkasten

Zwei größere Kündigungswellen, Vorwürfe von Ex-Mitarbeiter:innen und negative Schlagzeilen wegen verlorener Prozesse in Österreich und Deutschland: Das Jahr 2022 war für GoStudent nicht immer ganz einfach. Nun will das Wiener EduTech-Unicorn aber wieder in die Offensive gehen. Dazu nahm das Unternehmen 95 Mio. US-Dollar auf.

Um eine klassische Finanzierungsrunde handelt es sich dabei aber nicht: Die Summe setzt sich einerseits aus einer Kreditfazilität der Deutschen Bank und anderseits aus Wandeldarlehen von Bestandsinvestoren zusammen. Wandeldarlehen sind eine Mischform zwischen Fremd- und Eigenkapital: Sie verhalten sich zunächst wie Fremdkapital, ermöglichen aber die Umwandlung des Darlehensbetrags zu einem späteren Zeitpunkt in Eigenkapital, also in Unternehmensanteile.

Die Wandeldarlehen kommen von Left Lane Capital, DN Capital, Tencent, Prosus, DST, Coatue und dem Softbank Vision Fund 2. Das Größenverhältnis zwischen Kreditfazilität und Wandeldarlehen kommunizierte das Unternehmen nicht. Es sei jedoch ungefähr ausgeglichen, sagte GoStudent-Mitgründer und -CEO Felix Ohswald im Gespräch mit brutkasten.

GoStudent-CEO Ohswald: “Stolz, in der jetzigen Phase knapp 100 Millionen einzusammeln”

“Wir sind sehr stolz darauf, in der jetzigen Phase hier knapp 100 Millionen einzusammeln. Da hat das Team wirklich gute Arbeit geleistet. Viele Firmen haben massive Probleme, Geld einzusammeln”, kommentierte Ohswald die Kapitalaufnahme. Warum über Fremdkapital und Wandeldarlehen? Ohswald verweist dazu auf das schwierige Finanzierungsumfeld: “Wenn du jetzt als Firma reines Eigenkapital aufnimmst, kommt dich das sehr teuer – oder du musst deine Anteile sehr stark verwässern.” Mit der Deutschen Bank habe man aber einen “super Partner” gefunden.

Bei der bisher letzten Finanzierungsrunde im Jänner 2022 war GoStudent mit 3 Mrd. Euro bewertet worden. Aufgrund der Ausgestaltung der aktuellen Kapitalaufnahme bleibt offen, ob GoStudent auch heute noch 3 Mrd. wert ist. Ohswald erläutert dies im brutkasten-Gespräch folgendermaßen: “Das Eigenkapital-Investment ist als Wandeldarlehen gemacht worden, bei dem du einen Discount auf die nächste Runde bekommst. Die Diskussion, ob das jetzt 3 Mrd. sind oder nicht, haben wir damit in die Zukunft geschoben. Erst wenn wir innerhalb der nächsten Jahre eine sogenannte Qualified Financing Round haben – also eine Finanzierungsrunde, in der eine Bewertung festgelegt wird – bekommt man auf das Geld, das heute investiert wird, einen Abschlag”.

Geld soll in “hybrides Lernen” und in KI fließen

Das nun aufgenommene Kapital will GoStudent nun jedenfalls zum einen in “die Verwirklichung seiner Vision vom hybriden Lernen” stecken, wie es in einer Aussendung heißt. Zum anderen will das EduTech damit die weitere Integration von Anwedungen basierend auf künstlicher Intelligenz (KI) vorantreiben. GoStudent hat im Mai seine KI-Strategie vorgestellt.

Beim hybriden Lernen baut GoStudent auch auf den Ende 2022 übernommen deutschen Offline-Anbieter Studienkreis. Die beiden Unternehmen planen, in Österreich und Deutschland eigene Unterstützungsangebote auf den Markt zu bringen, die auf die individuellen Lernbedürfnisse des Kindes zugeschnitten sind. Konkret gemeint ist damit Online-Einzelunterricht, Offline-Gruppenunterricht und Einheiten mit der im Juni gestarteten Virtual-Reality-Sprachlernplattform GoVR.

Auf die Frage, ob es auch beim Online-Anbieter GoStudent künftig Offline-Angebote wie beim Tochterunternehmen Studienkreis geben werde, antwortet Ohswald: “Aktuell sind das zwei verschiedene Services, die wir in Zukunft stärker zusammenbringen wollen”. Das Online-Angebot sei der Wachstumsbeschleuniger, mit dem man auch Menschen servicieren könne, die keinen Standort in der Nähe hätten. “Der Standort selbst ist das, womit auch lokal Vertrauen aufgebaut wird. Dort hat man einen sozialen Hub und es kann ein Austausch stattfinden”, sagt Ohswald weiter. Die Marke Studienkreis soll dabei jedenfalls bestehen bleiben.

Ohswald: Jede Firma muss in KI investieren – oder wird überholt

Das andere große Thema für GoStudent ist KI. Seine KI-Strategie hatte das Unternehmen bereits im Mai präsentiert. Ohswald hat seine Vorstellungen zum Einsatz von KI bei GoStudent damals auch in einem brutkasten-Videotalk ausführlich dargestellt. Ohswald sieht im Bildungsbereich viele Chancen durch KI. “Man wird in der Zukunft als Kind die Möglichkeit haben, den Lieblingslehrer zu haben, der in einem KI generierten Video dir die Themen so beibringen, wie du sie gerne hättest”, schildert Ohswald.

KI ist jedoch auch vom rein wirtschaftlichen Standpunkt aus Ohswalds Sicht essenziell: “Jede Firma, die jetzt nicht in künstliche Intelligenz investiert und in dem Bereich forscht, wird schnell überholt werden von anderen Firmen, die das machen. Aus einer reinen Finanzbrille gibt es massives Potenzial für Margenverbesserungen für jede Industrie, die große Service-Elemente hat.”

Aktuell mit 900 Mitarbeiter:innen in 15 Ländern aktiv

GoStudent ist heute in 15 Märkten aktiv, nicht in allen Ländern unterhält das Scaleup jedoch physische Standorte. Der belgische Markt wird beispielsweise von Frankreich aus mitbetreut – oder auch der irische von Großbritannien aus. Im Vorjahr hatte sich GoStudent aus Süd- und Nordamerika zurückgezogen. Insgesamt hat das Unternehmen neun Märkte verlassen.

Mitarbeiter:innen im Sinne von Vollzeitäquivalenten hat GoStudent aktuell um die 900. Das sind ebenfalls deutlich weniger als am Höhepunkt, als es rund 2.000 gewesen waren. Mit seinen Tochterunternehmen kommt GoStudent aktuell auf 2.000 Personen oder 1.500 Vollzeitäquivalente.

Weiterhin Profitabilität in allen Märkten bis Jahresende angepeilt

Im brutkasten-Talk im Mai ließ Ohswald mit der Aussage aufhorchen, dass GoStudent im Kernmarkt DACH bereits profitabel sei – und alle andere Märkte bis Jahresende folgen sollen. Dieses Ziel bestätigt der GoStudent-CEO nun: “Wir sind weiterhin am pushen, dass wir alle Märkte bis Ende des Jahres bzw. bis 2024 in die Profitabilität bringen. Bei manchen geht es schneller, bei manchen zieht es sich noch ein bisschen hin.” Dies werde sich mit der Schulstart-Saison im September noch stärker herauskristallisieren.

Mit dem aufgenommenen Kapital will GoStudent nun einige Zeit auskommen. Kapitalbedarf könnte es künftig aber für mögliche Übernahmen geben. “Wir möchten stärker wachsen und auf jeden Fall auch künftig in der Lage sein, im M&A-Bereich Firmen, die vom Profil her passen, kaufen zu können. Wenn wir da Möglichkeiten sehen, werden wir zu dem Zeitpunkt auch wieder Kapital aufnehmen.” Aktuell sei es kein Thema: “Aber, wer weiß, vielleicht ist es Ende 2023 schon ein Thema, vielleicht ist es Anfang 2024. Das werden wir sehen.”

“Werden noch ein Jahr brauchen, um IPO-ready zu sein”

Was langfristige Zukunftszenarien angeht, sieht Ohswald zwei Möglichkeiten: Eine sei ein Börsengang. “Aber wir werden bestimmt noch ein Jahr brauchen, um die Firma IPO-ready zu machen. Dann hängt es auch davon ab, welches Zeitfenster gut ist”. Allerdings müsse es nicht notwendigerweise zu einem Börsengang kommen: “Die andere Möglichkeit ist, die Firma, wenn sie die volle Profitabilität erreicht hat, einfach privat zu lassen. Erst im Juli ist das norwegische Education-Startup Kahoot von der Börse genommen worden. Auch so etwas wird man in Zukunft sicherlich mehr sehen”.

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Gründerteam von Scavenger AI: Felix Beissel und Maximilian Hahnenkamp (c) Scavenger AI
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Scavenger AI spezialisiert sich darauf, die Datenanalyse für Unternehmen zu vereinfachen. Ziel sei es, Lösungen bereitzustellen, die es Anwender:innen ermöglichen, „schnelle Antworten auf komplexe Fragestellungen zu erhalten, ohne auf umfangreiche IT-Ressourcen angewiesen zu sein“.

Nach der kürzlichen Einführung der Software zeigt sich bereits positive Resonanz: Innerhalb nur eines Monats gewann das Startup vier neue Unternehmen als Kunden hinzu und konnte seinen Umsatz steigern.

Markteinführung nach 1,1 Mio. Euro Finanzierung

Nach einer erfolgreichen Finanzierungsrunde im ersten Quartal 2024 erreicht Scavenger AI nun einen weiteren wichtigen Meilenstein: Die Software des Unternehmens wird offiziell auf dem Markt eingeführt. Bereits im April 2023 hatte sich das Startup eine Pre-Seed-Finanzierung in Höhe von 1,1 Millionen Euro gesichert, wie brutkasten berichtete. Das gewonnene Kapital floss in die Weiterentwicklung und Marktreife des Produkts.

Zu diesem Anlass äußert sich der österreichische Co-Founder Maximilian Hahnenkamp gemeinsam mit Co-Founder Felix Beissel: „Wir freuen uns sehr, dass das Produkt so gut von unseren Kunden angenommen wurde. Das zeigt uns, dass wir ein echtes Problem lösen und einen Mehrwert für Unternehmen stiften“.

2025: Verträge mit Gesamtvolumen von 200.000 Euro gesichert

Nur einen Monat nach dem offiziellen Markteintritt kann Scavenger AI bereits vier namhafte Kunden aus unterschiedlichen Branchen gewinnen: Telekommunikation, Supply Chain, Kosmetik und Einzelhandel. Dadurch erreichte das Startup nach eigenen Angaben einen monatlich wiederkehrenden Umsatz von über 10.000 Euro.

Zu den bisherigen Kunden zählen unter anderem der Fußballverein Austria Wien, die Strategie- und Managementberatung Concern Consulting sowie der Essenslieferdienst Snap Kitchen. Im nächsten Jahr soll das Wachstum weitergehen: Für das Jahr 2025 schließ das Unternehmen bereits Verträge mit einem Gesamtvolumen von über 200.000 Euro ab.

Scavenger AI soll als “KI-Unternehmensberater” fungieren

Das in Frankfurt ansässige Startup Scavenger AI hat es sich zur Aufgabe gemacht, Unternehmen dabei zu unterstützen, wichtige Erkenntnisse aus einer Vielzahl von Rohdaten zu gewinnen. Mit der neuen Software können Firmen ihre Daten hochladen und mit verschiedenen Datenbanken verknüpfen. Laut dem Produktversprechen ermöglicht die Lösung Mitarbeitenden, Fragen zu stellen, die von der KI „in wenigen Sekunden“ beantwortet werden. Dabei durchsucht die Software sämtliche Tabellen in der Datenbank und liefert die Ergebnisse in Form von statistischen Analysen, Tabellen oder Grafiken.

Seit seiner Gründung im Jahr 2023 entwickelt Scavenger AI KI-Tools, die Unternehmen eine effizientere Entscheidungsfindung und folglich auch größere Erfolge ermöglichen sollen. Die Plattform fungiert als eine Art „KI-Unternehmensberater“ und verspricht, durch komplexe Datenanalysen Antworten auf zentrale Geschäftsfragen bereitzustellen.

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