19.05.2023

GoStudent-Gründer Ohswald: „Im Kernmarkt profitabel, bis Jahresende auch in allen anderen“

Im brutkasten-Talk spricht GoStudent-Gründer Felix Ohswald über die Maßnahmen der vergangenen Monate und die neue KI-Strategie.
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GoStudent-Gründer Felix Ohswald im brutkasten-Talk | (c) brutkasten
Archiv: GoStudent-Gründer Felix Ohswald im brutkasten-Talk | Foto: brutkasten

Wie auch viele andere Scaleups, hat Österreichs zweites Unicorn GoStudent eine durchaus turbulente Zeit hinter sich. Noch Anfang 2022 stellte das Unicorn die größte Investment-Runde in der Geschichte Österreichs auf. Doch in der gedrehten Markt-Situation nach Ausbruch des Ukraine-Kriegs musste es Federn lassen. Bis Jahresende gab es zwei Kündigungswellen begleitet von Vorwürfen. Und gleichzeitig sorgten verlorene Prozesse für schlechte Publicity.

„Davon waren wir natürlich auch betroffen“

„Wir haben damals das Jahr 2022 in einer absoluten Hypergrowth-Phase gestartet. Wir haben in über 20 Länder expandiert und unser Personal dort sehr, sehr stark aufgebaut. Wir haben unser Service sehr schnell skaliert“, erzählt GoStudent-Gründer und CEO Felix Ohswald im aktuellen brutkasten-Video-Talk. Dann habe sich „das gesamte Marktumfeld um 180 Grad gedreht“, die Kapitalbeschaffung habe sich deutlich erschwert. „Die Firmen haben ihre Wachstumsziele angepasst und davon waren wir natürlich auch betroffen“, so Ohswald.

Drei große Maßnahmen in den vergangenen zwölf Monaten

Insgesamt habe man in den vergangenen zwölf Monaten drei Maßnahmen umgesetzt. Erstens habe man die Bruttomarge von 40 auf 55 Prozent erhöht. „Das heißt, wir sind im Geschäft viel, viel profitabler, als wir es vor einem Jahr waren“, meint der GoStudent-CEO. Zweitens habe man die „Personalstruktur stark umgebaut“. „Wir haben uns aus Märkten zurückgezogen, die einen längeren Weg zur Profitabilität gebraucht hätten. Wir haben in unseren zentralen Funktionen auch Personal abgebaut, das für die nächste Phase einfach zu groß gewesen wäre“, sagt Ohswald. Drittens habe man die Marketingstrategie stärker auf jene Kanäle fokussiert, die einen guten Return of Invest bringen. Gleichzeitig habe man auch über die übernommenen EduTech-Unternehmen viele Neukund:innen gewinnen können. „Unsere Akquisitionskosten sind also auch dramatisch gesunken“, so der Gründer.

GoStudent will bis Jahresende in allen Märkten profitabel sein

Dank dieser drei Maßnahmen sei GoStudent trotz schwerer Marktsituation auch vom ersten Quartal 2022 aufs erste Quartal 2023 um 50 Prozent gewachsen. „Gleichzeitig sind wir auch im Kernmarkt DACH-Raum profitabel geworden und werden das bis Ende des Jahres auch in allen anderen Märkten sein“, sagt Felix Ohswald. Man sei also in einer sehr starken Position. „Wir sind vollständig ausfinanziert, sind in unseren Kernmärkten in Europa der Marktführer und der Größte in unserem Segment“.

„Der heilige Gral in der Bildung“

Das Wiener Unicorn verfolgt also weiterhin große Ziele. Hierbei soll auch die kürzlich präsentierte KI-Strategie helfen. Laut dieser will GoStudent Künstliche Intelligenz in mehreren Schienen einsetzen – einerseits, um Tutor:innen zu unterstützen, andererseits aber auch, um mit KI-Tutoren eine günstigere Alternative zur menschlichen Lehrkraft zu bieten. „Es gibt natürlich sehr spannende KI-Anwendungsbereiche im Bildungsbereich. Aus unserer Sicht geht es hauptsächlich darum, wie man Schüler:innen qualitativ hochwertige, maßgeschneiderte Bildung zu geringen Kosten anbieten kann. Das ist der heilige Gral in der Bildung“, sagt Ohswald.

KI bei GoStudent-Tochter Seneca bereits für Benotung im Einsatz

Der Gründer nennt ein konkretes Beispiel, wo KI im Unternehmen bereits im Einsatz ist: beim Anfang 2022 aufgekauften britischen EduTech-Unternehmen Seneca Learning. „Dort bieten wir eine Lernsoftware an, die von mehr als vier Millionen Schüler:innen in England verwendet wird. Wenn in diesen Hausaufgaben offene Fragen gestellt werden, werden diese schon seit mehr als eineinhalb Jahren durch eine KI-Lösung benotet. Lehrpersonen sparen sich dadurch sehr, sehr viel Zeit“, erläutert Ohswald. Die Qualitätssicherung passiere hierbei über viel Feedback durch menschliche Lehrkräfte. Mittlerweile habe man auch KI-unterstützte Unterrichtspläne für die GoStudent-Nachhilfestunden – auch das spare den Tutor:innen viel Zeit. Generell könne man im eigenen Ökosystem mit fünf Millionen Schüler:innen, mit denen man monatlich interagiere, „sehr, sehr viel Testing machen“.

KI-Tutor soll individualisierte Beispiele liefern

Noch nicht im Einsatz ist der erwähnte KI-Tutor. „Das kann man sich so vorstellen, dass du irgendwann einmal einen virtuellen Avatar hast, der mit dir live interagiert und dir zum Beispiel die Grammatikregeln in Englisch beibringt“, erklärt Felix Ohswald. Das soll „wirklich maßgeschneidert auf die Bedürfnisse“ passieren. „Das heißt, wenn du Fußballfan bist, dann kann dieser virtuelle Tutor Beispiele aus dem Fußball nehmen, um dir etwa die If-Sentences beizubringen“.

Felix Ohswald: GoStudent will mit KI-Tutor Zielgruppe und Umsatzpotenzial vergrößern

Der GoStudent-Gründer betont aber: „Das ist nicht das Gleiche, wie wenn man einem Menschen gegenüber sitzt, aber es ist eine Möglichkeit, die Kosten zu senken“. Er erhofft sich, so die Zielgruppe zu vergrößern und langfristig weiteres Umsatzpotenzial zu heben. Jedenfalls aber wolle man die menschlichen Tutor:innen nicht ersetzen. „Es ist etwas komplementäres, etwas ergänzendes“, so Ohswald.

Sachen, die „cool klingen“ und dann gar nicht funktionieren

Auch räumt der CEO ein: „Man muss an die Sache schon sehr nüchtern herangehen. Auch wir machen sehr viele Tests, viele Sachen, die cool klingen und wenn wir sie dann bei den Kund:innen ausprobieren, funktionieren sie gar nicht“. Es sei gut, dass der aktuelle Hype die Innovation antreibe. „Aber am Ende des Tages entscheidet der Kunde, was wirklich einen Mehrwert bringt, wo diese Lösungen eingesetzt werden, wo sie nicht eingesetzt werden“.

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Stefan Spirk von Ecolyte | Foto: TU Graz / Helmut Lunghammer

Das Grazer Startup Ecolyte entwickelt Batterien ohne kritische Rohstoffe. Bereits im Jahr 2023 holte man sich dafür 4,6 Millionen Euro von der EU. Mit der Förderung hat man die Produktentwicklung bis zur Marktreife unterstützt – brutkasten berichtete. Das Geld kam dabei vom Europäischen Innovationsrat.

Gegründet wurde Ecolyte Anfang 2022, Geschäftsführer ist Stefan Spirk. Unterstütz wurde das Startup auch von der TU Graz, der Montanuniversität Leoben sowie der TU Darmstadt. Zudem hat das GründerCenter der Steiermärkischen Sparkasse den Förderprozess begleitet.

Vanillin nicht als Backmittel, sondern als Energiespeicher

Bei Ecolyte soll Vanillin als Speicherstoff in Batterien dienen. Dabei handelt es sich um ein Abfallprodukt aus der Papierindustrie, konkret die Verbindung Lignin, wie sie auch das NÖ-Startup Lignovations (brutkasten berichtete) verwertet.

Nun schreibt das Startup neue Schlagzeilen: Das Spin-off der TU Graz wurde von der Europäischen Kommission mit dem Innovation Radar Prize 2025 in der Kategorie „Climate, Energy & Mobility“ ausgezeichnet. Die Preisverleihung fand im AI Hub der Unicorn Factory Lisboa in der portugiesischen Hauptstadt Lissabon statt.

Ausgezeichnet wurde die IonLeaf-Technologie des Startups, die umweltschädliche PFAS-Membranen ersetzt. PFAS-Membranen galten lange als Industriestandard – vor allem in der Batterieproduktion. Eine tiefere Recherche zur Situation am Batteriemarkt – und der Lösung von Ecolyte – gab es im brutkasten-Printmagazin „Neue Welten“ – zu lesen hier.

Ecolyte arbeitet daran, herkömmliche PFAS-Membranen durch biobasierte und vollständig recycelbare Alternativen zu ersetzen. Das Ergebnis ist eine Membran, die bis zu 90 Prozent kosteneffizienter produziert werden kann, heißt es per Pressemeldung. Außerdem sollen die Membranen aus „über 98 Prozent biologisch abbaubaren Materialien bestehen und in Europa hergestellt werden“.

Nachhaltige Alternative zu PFAS-Membranen

Darüber hinaus verwendet Ecolyte Papier als Trägermaterial für seine ionenleitenden Membranen. Dadurch entsteht „ein flexibles und nachhaltiges Material, das branchenübergreifend Anwendung findet“, heißt es weiter. Genutzt wird die Technologie unter anderem bei Redow-Flow-Batterien oder bei Wasseraufbereitungssystemen.

PFAS-basierte Materialien werden aufgrund ihrer Umweltbelastung zunehmend reguliert. Dahingehend bietet Ecolyte mit seinen IonLeaf-Membran eine nachhaltige Alternative, heißt es weiter. Das Startup arbeite bereits mit Industriepartnern, die deren Technologie in bestehende Energiesysteme integrieren.

Nun will Ecolyte weiter skalieren. Bis 2028 will das Unternehmen seine Produktionskapazitäten auf 10.000 Quadratmeter pro Woche erhöhen.

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