30.07.2021

Die Sparer werden geopfert

Wir schwimmen im Geld, aber können uns immer weniger leisten. 300 Milliarden bunkern die Österreicher auf Konto und Sparbuch. Geld, das wie ein Eiswürfel in der Sonne wegschmilzt.
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Nikolaus Jilch
brutkasten-Kolumnist Nikolaus Jilch | Hintergrund © Adobe Stock

“We Should Be Happier to Have a Job Than to Have Our Savings Protected.” – Christine Lagarde

Die Österreicher machen alles richtig – und doch vieles falsch. Sie sind große Sparer. Sie wollen Geld zur Seite legen. Für später. Für große Anschaffungen. Für die Pension. Sparen ist, auch wenn manch Ökonom das anders sieht, die Basis einer gesunden Wirtschaft, eines guten Lebens. Dem Gegenüber steht der Trend zu Schulden für Urlaub und Konsum, das schnelle Leben ohne Maß und ohne Ziel. Aber dafür sind die traditionell veranlagten Österreicher ohnehin schlecht veranlagt.

Also sparen sie. Immer und immer mehr. In unserer neusten Arbeit “Das Ende des Sparbuchs” haben wir bei der Agenda Austria das Sparverhalten der Österreicherinnen und Österreicher unter die Lupe genommen. Das Ergebnis ist ernüchternd. Zwar steigt das Vermögen stetig. Aber es wird an zunehmend ungeeigneten Orten gebunkert.

Mehr als 300 Mrd. Euro liegen auf Sparbüchern, Konten und in der Form von Bargeld rum. Und verrotten. Das ist das Problem. Weitere 150 Mrd. stecken in Lebensversicherungen und Pensionsplänen, die ebenfalls schlecht abschneiden. Man kann sagen: Mehr als 60 Prozent des österreichischen Finanzvermögens ist miserabel investiert.

Nur 16 Prozent der Ersparnisse sind vernünftig veranlagt

Die Zeiten des Sparbuchs sind leider vorbei. Schon seit 20 Jahren liegen die Zinsen (mit einer kurzen Ausnahme) unterhalb der Inflationsrate. Die Realzinsen sind also negativ. Heißt: Die Sparer verlieren an Kaufkraft. Jedes Jahr, jeden Tag, jede Minute.

Die erste Reaktion ist paradox, aber verständlich. Es wird noch mehr gespart um den Verlust an Kaufkraft selbst auszugleichen. Ingesamt haben die Österreicher mehr als 700 Mrd. Euro an Finanzvermögen. Aber nur 16 Prozent davon sind einigermaßen vernünftig veranlagt.

Das Ende des Sparbuchs | Video: © Agenda Austria

Der Verlust wird in Kauf genommen. Oft sehenden Auges. Denn das Sparbuch gehört zum Leben in Österreich wie Schnitzel, Skifahren und das Neujahrskonzert. Und: Die Alternativen machen vielen Menschen Angst. Aktien, Börsen, Fonds – das ist vermintes Gebiet. Jeder kennt jemanden, der jemanden kennt, der bei Meinl European Land dabei war. Bei irgendeinem Hollandfonds. Oder – Gott behüte – sogar bei Wirecard.

Ja, die Österreicher haben in der Vergangenheit auch viel Geld verloren an der Börse, keine Frage. Dazu kommt die sehr schlechte Performance der „Abfertigung neu“, die hohen Kosten für Fonds und Depot – und das generelle Unwissen. Die Skepsis ist nachvollziehbar. Aber die Folgen sind schlimm.

Am Konto, am Sparbuch oder im Börsel: Das Geld schmilzt

Unser Geld wird weniger wert. Jeden Tag. Die Notenbanken tun inzwischen gar nicht mehr so, als würden ihnen die Sparer am Herzen liegen. Die Zinsen liegen in Europa sogar unter dem Nullpunkt. In diesem Szenario gehören alle zu den Gewinnern, die über Assets verfügen: Aktien, Immobilien, Edelmetalle, Kunst, etc. Wer Geld anhäuft, verliert. Am schlechtesten stehen die da, denen am Ende des Monats gar kein Geld zum Sparen bleibt, weil Miete und Essen durch die Inflation ständig teurer werden.

Das treibt auch die Vermögensschere auseinander. Die Reichen werden immer reicher, die Mittelschicht verarmt. Dieser Prozess läuft nicht erst seit gestern, sondern seit Jahrzehnten. Aber mit Finanzkrise und Pandemie hat er mächtig an Fahrt gewonnen. Wir schwimmen im Geld, aber können uns immer weniger leisten. Verantwortlich: Christine Lagarde. Aber sie hat schon gesagt: Wir sollen froh sein, Jobs zu haben – statt auf die Ersparnisse zu schauen. Widerstand zwecklos.

Wie man das Sparbuch durch Aktien ersetzen kann

Was also können Sparer tun? Das Sparbuch ist jedenfalls am Ende – außer für den Notgroschen. Der muss verfügbar sein und schmilzt wie ein Eiswürfel in der Sonne. Aber was langfristig auf die Seite gelegt wird, braucht ein neues Ziel. Wir haben uns die Renditen der verschiedenen Anlageklassen angesehen – sowie die einschlägigen Studien. Das Ergebnis: Am Aktienmarkt führt kein Weg vorbei.

Das heißt: Risiko ist Pflicht. Es muss aber nicht jedermann zu Warren Buffett werden. Breite Indexfonds, so genannte ETFs, ermöglichen eine Geldanlage, die alle Ansprüche von Sparern erfüllt. Diese wären: Langfristigkeit, Diversifikation, geringe Kosten und – natürlich – Rendite. Natürlich kommen auch andere Investments in Frage, aber wer sein Verhalten als Sparer möglichst wenig ändern möchte, ist mit einer langfristigen buy-and-hold-Strategie wohl am besten beraten.

Das Sparbuch ist am Ende. Dass immer mehr Menschen das verstehen, ist evident. Es wird mehr ausprobiert. Es wird auch mehr spekuliert. Es fehlt weiterhin an Information. Diese Kolumne soll das ändern. Unsere neue Arbeit ebenfalls. Wer Interesse hat, kann sie hier downloaden. Oder per Mail die Printausgabe bestellen – sie hat die Form eines Sparbuchs.

Zum Autor

Niko Jilch ist Finanzjournalist, Podcaster und Speaker. Website: www.nikolausjilch.com Twitter: @nikojilch


Disclaimer: Dieser Text sowie die Hinweise und Informationen stellen keine Steuerberatung, Anlageberatung oder Empfehlung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren dar. Sie dienen lediglich der persönlichen Information. Es wird keine Empfehlung für eine bestimmte Anlagestrategie abgegeben. Die Inhalte von brutkasten.com richten sich ausschließlich an natürliche Personen.

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Rund 100 Mitarbeiter:innen, Standorte in Österreich (Graz, Wien, Linz), der Schweiz (Basel) und Portugal (Porto) und Referenzkunden wie Shutterstock, LinkedIn, Roche, Novartis, Bühler und Raiffeisen Bank. Die 2007 in Graz gegründete Agentur Parkside Interactive zählt zu den führenden heimischen Anbietern für Software-Entwicklung, User Experience und Data/AI-Services. Nun wird das Unternehmen von der Ascent Group mit Hauptsitz im Vereinigten Königreich übernommen.

Parkside als Ergänzung für Ascent im DACH-Raum

2005 gegründet, ist das Angebot von Ascent ähnlich gelagert, wie jenes von Parkside. Die Agentur ist mit 530 Mitarbeiter:innen allerdings deutlich größer und betreibt weltweit 14 Standorte, darunter auch in Nordamerika. Mit der Übernahme von Tekaris in München setzte Ascent bereits 2022 einen Schritt in den DACH-Raum. Mit dem Kauf von Parkside will man sich nun endgültig hier etablieren. Erst 2022 hatte Parkside seinerseits eine kleinere Agentur in Österreich übernommen, wie brutkasten berichtete.

“Ascent passt strategisch hervorragend zu uns und markiert einen bedeutenden Schritt in unserer Entwicklung. Durch die Bündelung unserer Kräfte können wir unsere Data- und KI-Reise beschleunigen und so einen enormen Mehrwert für unsere Kunden in der DACH-Region erschließen, indem wir KI, Data, Design und Software-Engineering-Exzellenz kombinieren, um einen greifbaren Impact zu generieren”, kommentiert Parkside-CEO Christoph Platzer in einer Aussendung. “Der Zeitpunkt könnte nicht besser sein. Darüber hinaus machen unsere komplementäre geografische Reichweite, Branchenexpertise, Unternehmensgröße und kulturelle Ausrichtung dies zu einer idealen Kombination.”

CEO Platzer und gesamtes Team bleiben an Bord

Platzer bleibt nach der Übernahme, ebenso wie das gesamte Team, an Bord und “überwacht die Expansion des DACH-Geschäfts von Ascent”, wie es in der Aussendung heißt. Ein Kaufpreis der Übernahme wird ebenso wenig genannt wie Details zum Deal.

Parkside war jedenfalls dem Vernehmen nach nicht das einzige potenzielle Übernahmeziel für Ascent, wie eine Aussage von CEO Stewart Smythe nahelegt: “Wir haben in den letzten zwölf Monaten eine große Anzahl von Unternehmen in dieser Region evaluiert und Christophs Führungsqualitäten und die Expertise und die Kreativität seiner Mitarbeiter haben uns überzeugt. Wir gewinnen ein fantastisches Team in einem florierenden Markt.”

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