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Nur allzu gern wird das Bild vom Kampf David gegen Goliath bemüht, wenn es um die Zusammenarbeit zwischen Landwirtschaft und großen Handelsketten geht. Man sitze zwar im gleichen Boot, aber während die Bauern rudern, geben die Konzerne die Richtung vor – heißt es in diversen Postings auf Social Media. Die Händler würden die Bauern – wie im aktuellen Fall rund um die Billa Regional Boxen – um einen wichtigen Zusatzverdienst bringen und ihr oft hart aufgebautes Direktvermarktungsgeschäft gefährden, wird seitens der Landwirte immer wieder unterstrichen. Am Ende des Tages bleibe ihnen nichts im Börserl, der Großteil der Marge lande beim Lebensmittelhändler, der sich werbetechnisch noch mit dem aktuell sehr en vogue seienden Thema Regionalität schmücken kann. Außerdem gebe es weder faire Preise noch eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe.
Befeuert wird die Diskussion zudem von politischen Akteuren. Der Vizepräsident der Kärntner Landwirtschaftskammer Manfred Muhr etwa kann so gar nicht nachvollziehen, dass der Kärntner Landesrat Sebastian Schuschnig (ÖVP) das neue Konzept von Billa gutheißt. „Das Vorgehen Schuschnigs in dieser Sache grenzt an schwarze Schizophrenie. Die angebliche ‚Bauernpartei‘ ÖVP und deren Repräsentanten geben einem Handelskonzern unter dem Deckmantel der Nahversorgung werbetechnische Schützenhilfe und fallen den heimischen bäuerlichen Direktvermarktern damit in den Rücken.“
Landwirte mit differenziertem Bild
Aber nicht alle Bauern stimmen in diesen Grundtenor mit ein, wie der Kooperationspartner myAcker, der im Rahmen seiner Ackerboxen schon seit geraumer Zeit mit vielen Landwirten aus der Region zusammenarbeitet und mit dem myAcker Onlinegarten zusätzlich auch selbst Bewirtschafter landwirtschaftlicher Flächen ist, auf Nachfrage erklärt. Die beiden Gründer Patrick Kleinfercher und Christoph Raunig freuen sich, dass ein Lebensmittelhändler wie Billa den Weg zu mehr Regionalität einschlagen will und man diesen begleiten dürfe. “Wir waren in den vergangenen Wochen selbst bei allen Boxen vor Ort und haben durchwegs Positives gehört, sowohl von den Gemeindevertretungen und Bewohnern der Gemeinden, als auch von den Lieferanten, die sich über diese neue Vermarktungsmöglichkeit freuen. Ein faires Miteinander ist hier für alle Beteiligten wesentlich und – das können wir sagen – definitiv auch gegeben. Wir sind also der Meinung, dass hier in Summe etwas sehr Gutes entstanden ist und freuen uns deshalb auch entsprechend über diese Kooperation”, so die beiden Jungunternehmer. Bauern und kleine Produzenten aus der Region würden so die Möglichkeit erhalten, ihre Produkte direkt selbst in die Boxen zu liefern und sie in Gemeinden, wo es bisher keinen Nahversorger gab, zu präsentieren.
Billa: Faire Kooperation im Fokus
Bei der Rewe International-Tochter Billa weist man den Vorwurf, man würde unter dem Deckmantel der Regionalität nur die eigene Marge im Blick haben zurück. Ganz im Gegenteil pflege man einen fairen Umgang mit den Landwirten, wie Rewe International-Vorstandsvorsitzender Marcel Haraszti Ende letzten Jahres in einem Gespräch mit dem Standard unterstrich: “Wir pflegen einen korrekten, fairen Umgang mit Landwirten und haben zu ihnen langjährige Beziehungen. Österreich hat aber sehr kleinteilige Strukturen. Auf einzelne Bedürfnisse von Kleinstbetrieben einzugehen, ist schwierig. Wir wollen nicht kurzfristig auf Kosten der Landwirte profitieren. Andererseits müssen aber auch sie sich weiterentwickeln. Es gibt Bauern, die in der Vergangenheit verharren. Das geht nicht. Auch wir können nicht agieren wie vor 30 Jahren.”
Rewe International-Unternehmenssprecher Paul Pöttschacher verweist im Hinblick auf die Billa Regional Boxen zudem auf die vielen positiven Statements der Bürgermeister der entsprechenden Kärntner Gemeinden. Richard Unterreiner, Bürgermeister von Mörtschach, erklärt: „Die Rückmeldung der Bevölkerung ist sehr positiv. Vor allem zur Kooperation mit den Bauern, die auf diesem Weg ihre Naturprodukte vertreiben. Ich hoffe auf gute Zusammenarbeit und Weiterentwicklung in Zukunft.“ Vor der Genehmigung der Boxen hätte man in den betroffenen Gemeinden zudem mit den jeweiligen Landwirten das Gespräch gesucht. Es gibt demnach Bauern, die an die Boxen liefern, andere würden ihre eigenen Läden betreiben oder auf Märkte fahren.