14.02.2020

Arbeitspsychologin Jakl: Die häufigsten Fehler in der Employee Experience

Die Arbeitspsychologin Veronika Jakl spricht im Interview über das neue HR-Trendthema Employee Experience, die Schlüsselfaktoren für eine motivierende Arbeitsumgebung und die häufigsten Fehler, die Unternehmen in dem Zusammenhang machen.
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Arbeitspsychologin Veronika Jakl über Employee Experience - Speaker am EX Summit 2020
Arbeitspsychologin Veronika Jakl
kooperation


Veronika Jakl ist Arbeitspsychologin und Ex­pertin für psychische Belastungen. Sie ist Autorin und Vorstandsvorsitzende des Fachforums für Arbeits-, Organisations- und Wirtschaftspsychologie. In ihrer Beratungstätigkeit hilft sie Führungskräften, motivierende Arbeitsbedingungen zu schaffen und die betriebliche Gesundheit zu fördern. Im Interview mit dem brutkasten spricht sie über das neue HR-Trendthema Employee Experience und Maßnahmen, die in diesem Zusammenhang ergriffen werden können.

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Event-Tipp: Employee Experience Summit 2020

Veronika Jakl tritt beim Employee Experience Summit 2020 am 06. Oktober im Hotel Andaz am Belvedere in Wien auf, der von LSZ Consulting, Max Lammer und dem brutkasten co-veranstaltet wird.

⇒ Hintergründe zum EX Summit

⇒ Zur offiziellen Page mit Ticket-Link


Employee Experience ist das neue große Trend-Thema im HR-Bereich. Sind die Inhalte auch neu, oder nur der Begriff?

Der Begriff ist, meines Gefühls nach, umfassender als viele andere Konzepte, die bisher wichtig waren. Die einzelnen Inhalte wie Unternehmenskultur, Personalpolitik oder psychische Belastungen sind im ihrem Kern nicht neu, sondern schon lange Bestandteil der psychologischen Forschung.

Was sind die Schlüsselfaktoren für eine motivierende Arbeitsumgebung?

Da geht um normale ergonomische Aspekte wie Ruhe und gute Ausstattung. Und auch darum, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich den Arbeitsplatz individuell gestalten können, genug Austauschmöglichkeiten und gleichzeitig Privatsphäre haben. Wenn wir Umgebung jedoch größer denken und auch das Team, den Job an sich und die Führungskultur mitberücksichtigen, dann geht es auch um gegenseitige Unterstützung, Handlungsspielraum, Wertschätzung und sinnstiftende Arbeit.

Und was sind die Gefahren, wenn es nicht gelingt, diese Umgebung zu schaffen?

Das kann zu Problemen im Arbeitsalltag führen wie geringere Produktivität, mehr Fehler oder Konflikte. Im schlimmsten Fall führt es zu innerer Kündigung, mehr Fehlzeiten oder tatsächlicher Fluktuation.

+++ Artikel-Serie zum Thema EX +++

Wie viel zählen die klassischen Faktoren Gehalt und Benefits à la Dienstauto heute noch?

Ich bin kein Fan von Generationen-Theorien à la “Die Generation Y will nur noch Spaß und Geld ist egal”. Dafür gibt es keine wissenschaftlichen Belege. Es gab schon immer und gibt auch heutzutage Menschen, denen ein gutes Einkommen, Arbeitsplatzsicherheit oder Statussymbole wichtig sind. Aber es gibt auch immer diejenigen, denen es wichtiger ist, sich selbst zu verwirklichen oder eine sinnstiftende Arbeit zu haben. In einer Welt mit vielen Wahlmöglichkeiten und einem großen Fokus auf Individualität verschiebt sich das natürlich ein wenig.

Was sind die häufigsten “Fehler”, die Unternehmen in Sachen Employee Experience machen, die Du in deiner Arbeit beobachtest?

Ganz viele Führungskräfte reden einfach zu wenig mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und binden diese zu wenig in Prozesse mitein, obwohl diese eigentlich die Expertinnen bzw. Experten sind für den eigenen Job. Leider werden eben auch viele Führungskräfte nicht nach ihrer Führungskompetenz ausgewählt, sondern nach dem Fachwissen oder dem Senioritätsprinzip. Oft werden auch viele Stressfaktoren als “gegeben” hingenommen im Sinne von “Das gehört doch zum Job dazu”. Aber erfahrungsgemäß kann man mit Partizipation und bewusster Arbeitsgestaltung viel optimieren.

Gibt es verallgemeinerbare Maßnahmen, die wirklich jedes Unternehmen in Sachen Employee Experience setzen sollte?

Ein professionelles Onboarding nach fundiertem Recruiting, regelmäßige Checks der psychischen Belastungen und eine gelebte Führungskultur sind Maßnahmen, die in jeder Branche und bei jeder Unternehmensgröße sinnvoll sind.

⇒ Zur Page der Arbeitspsychologin

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Storebox-CEO und Cofounder Johannes Braith
Storebox-CEO und Cofounder Johannes Braith | Foto: brutkasten

Die neue EU-Kommission steht. Hierzulande laufen dagegen nach wie vor die Regierungsverhandlungen zwischen ÖVP, SPÖ und NEOS mit ungewissem Ausgang. Währenddessen kommt nicht nur Österreich nicht aus der Rezession heraus und auch die Prognosen bleiben tendenziell negativ. Begleitet wird das Szenario von einer Häufung an dramatischen Appellen und Forderungen nach umfassenden Änderungen in der Wirtschaftspolitik.

Wie steht es wirklich um Österreich und die EU? Was sind nun die drängendsten Maßnahmen? brutkasten geht diesen Fragen gemeinsam mit führenden Köpfen der heimischen Innovationsszene nach.

Storebox-Co-Founder und -CEO Johannes Braith sieht im brutkasten-Interview auch Chancen, die die Krise biete, formuliert aber konkrete Maßnahmen, die dazu nun auf politischer Seite ergriffen werden müssten.


brutkasten: Düstere Prognosen und drastische Appelle stehen aktuell in der Wirtschaftsberichterstattung an der Tagesordnung. Wie beurteilst Du die Situation? Ist sie wirklich so dramatisch?

Johannes Braith: Ich beobachte die Großwetterlage natürlich laufend. Allerdings halte ich es für gut, wenn man sich in seinen daily Operations als Founder nicht zwangsläufig beunruhigen lässt. Gerade Startups sind es gewohnt Krisen zu managen bzw. mit ihnen umzugehen. In manchen Fällen kann dadurch sogar etwas Positives entstehen. Denn Krisen erzwingen oft Veränderungen, welche wiederum oft Chancen beinhalten.

Aber natürlich finde ich es beunruhigend, dass wir, was unsere Wettbewerbsfähigkeit in Europa angeht, so dramatisch den Anschluss verlieren. Ich hoffe, dass der steigende Schmerz dazu führt Regulierungen abzubauen und ein neues Selbstverständnis hinsichtlich Wirtschaft, Startups und Technologie einkehrt.

Welche gesamtwirtschaftlichen Maßnahmen sollten in Österreich möglichst schnell umgesetzt werden? Was muss unbedingt ins Regierungsprogramm?

Das Thema ist leider ziemlich mühsam, da sehr, sehr gute Vorschläge seit langer Zeit am Tisch liegen, die allerdings nicht umgesetzt wurden. Ein wichtiger Punkt ist es bestimmt, Risikokapitalgeber zu incentivieren – Stichwort Beteiligungsfreibetrag.

Noch wichtiger wäre es allerdings die Steuern auf Arbeit deutlich zu reduzieren. Wir sind in einer Zeit, in der wir die Extrameile gehen müssen. Das sollte auch belohnt werden. Man könnte z.B. Überstunden steuerlich freistellen, Pensionisten incentivieren, wenn sie in der Rente arbeiten möchten – eventuell gänzlich steuerfrei, oder man kann über Modelle nachdenken, mit denen man Vollzeitarbeit nicht nur ermöglicht (Kinderbetreuung) sondern eventuell auch belohnt.

Generell stelle ich mir die Frage, wie Menschen den Sinn in ihrer beruflichen Tätigkeit wieder zurückerlangen können. In vielen Gesprächen und Beobachtungen sehe ich, dass die Leistungebereitschaft extrem abgenommen hat. Ob das immer durch politische Maßnahmen geheilt werden kann, bezweifle ich. Ich halte viel von Selbstbestimmung und Eigenverantwortung.

Und was sollte die neue EU-Kommission unbedingt sofort angehen?

Regulierung massiv abbauen. Ich bin mit Storebox mittlerweile in sechs Ländern und mehr als 200 Städten operativ tätig. Es kann ja nicht sein, dass wir gefühlt hunderte unterschiedliche Regulierungen vorfinden, die das Prosperieren von Unternhemen extrem erschweren.

Was wären konkret für euch als Scaleup die wichtigsten Schritte auf nationaler und EU-Ebene?

Die Lohnkosten senken, Regulierungen massiv reduzieren und die Zuwanderung hochqualifizierter Personen massiv erleichtern.

Was bräuchte es, damit die Wiener Börse bzw. zumindest eine europäische Börse für einen IPO eines Scaleups wie Storebox attraktiv ist?

Große Anschlussfinanzierungen müssen in Europa mit europäischem Kapital getätigt werden, um ab einer gewissen Stage als logischen Schritt einen IPO auch in einem europäischen Heimatmarkt zu forcieren.

Aktuell wird nicht nur im Zusammenhang mit Börsengängen die Standortattraktivität stark diskutiert. War Abwanderung aus Europa für euch jemals ein Thema?

Aktuell noch nicht. Ich lebe sehr gerne in Österreich und sehe nicht alles nur negativ. Wir leben in einem tollen Land mit vielen Möglichkeiten, toller Infrastruktur und einigermaßen stabilen Verhältnissen. Die Verwaltung dieses Zustands wird allerdings nicht ausreichen. Es muss gestaltet werden, um den Standort attraktiv zu halten.

Bitte eine Prognose: Abhängig von den Entscheidungen, die in nächster Zeit getroffen werden – was ist das Worst- und was das Best-Case-Szenario für Europa?

Das Worst-Case-Szenario: Die EU zerfällt in unterschiedliche Lager, weil es nicht möglich war, Interessen zu alignen und die großen Hebel zu betätigen. Geopolitisch wäre das eine absolute Katastrophe!

Das Best-Case-Szenario: Die Wettbewerbsfähigkeit wird durch radikale Maßnahmen wieder hergestellt. Die Menschen spüren eine deutliche Entlastung, haben Perspektiven und glauben an eine bessere Zukunft. Europa wächst weiter zusammen und bleibt ein starker und wichtiger globaler Player.

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