17.03.2022

Analyse zur Steuerreform: Österreich, eine geheime Krypto-Steuer-Oase?

Gastbeitrag: Eine Bewertung der Auswirkung der Steuerreform auf den österreichischen Krypto-Standort. Was bringt sie und wie geht es mit der Haltefrist weiter?
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Natalie Enzinger und Georg Brameshuber © privat/Unsplash/Montage
Natalie Enzinger und Georg Brameshuber © privat/Unsplash/Montage

Wie die Steuerreform für Kryptowährungen zu bewerten ist, ist seit einem halben Jahr ein heißes Thema. Seit 1. März 2022 ist die Krypto-Steuer in Kraft;  Vorbereitungen werden jetzt auch schon für das KESt-Modell getroffen, das eigentlich erst ab 2024 verpflichtend kommen soll.

Überblick: Der Kern der neuen Besteuerung von Kryptowährungen

Mit dem Ökosozialen Steuerreformgesetz wurde ein Schritt gesetzt, der schon längst überfällig war: Kryptowerte werden ertragsteuerrechtlich Kapitalvermögen gleichgesetzt. Damit erfolgt durch den Gesetzgeber eine implizite Anerkennung eines Bereiches, der vielerorts pauschal inkriminiert wird. Gleichzeitig war der Schritt notwendig, um die Rechtssicherheit für die Normunterworfenen und die Abgabensicherheit für die öffentliche Hand zu erhöhen. Gerade die Rechtssicherheit ist für Start-Ups besonders wichtig: immerhin gibt es in Österreich bereits 20 bei der FMA registrierte Dienstleister in Bezug auf virtuelle Währungen. Zum Vergleich: In Österreich lizenzierte E-Geld-Institute gibt es nur eines.

Stichwort Abgabensicherheit: Das seitens des BMF für die nächsten Jahre geschätzte Steueraufkommen im Bereich Kryptowährungen von 45 Millionen Euro (bis inkl 2025) kann angesichts der Marktgängigkeit von Kryptowährungen nur eine an den Grundsätzen der Haushaltsführung orientierte vorsichtige Annahme sein. Treten Digital Assets neben den Kapital- und Finanzmarkt auch in den Geldverkehr ein, so hat der Gesetzgeber mit dieser Reform auch die Rahmenbedingungen für ein modernes Steuerrecht geschaffen, das diesen Anforderungen gerecht wird. 

Enforcement im Krypto-Bereich: Das prägende Thema der 2020er Jahre

Bekämpfung von Geldwäsche & Terrorismusfinanzierung und von Steuerbetrug & Steuerhinterziehung, diese Themen stehen neben Marktwohlverhaltensregeln bis hin zum Anlegerschutz ganz oben auf der Prioritätenliste der Entwürfe für Krypto-Regularien. Mit Inkrafttreten der Umsetzungsbestimmungen der 5. EU-Geldwäsche-Richtlinie im Jänner 2020 sind wir in die Dekade des Kryptorechtes eingestiegen. Seitdem prasseln neue Vorschriften auf diesen Bereich ein. Vom Digital Finance Package der EU, inklusive dem sogenannten „MiCa Paket“, bis hin zum geplanten Informationsaustausch zwischen Steuerbehörden hinsichtlich Kryptowährungen (DAC 8). In keinem Jahrzehnt werden die markt-infrastrukturellen Bestimmungen für Blockchain, DLT und Krypto so maßgeblich bestimmt wie in diesem.

Daher war es aus Sicht der Legislative höchst an der Zeit – oder genau zum richtigen Zeitpunkt – die materiell-rechtlichen Bestimmungen zur Besteuerung von Kryptowährungen hinreichend genau zu definieren. Schlussendlich ist das Einkommenssteuerrecht eine besonders eingriffsintensive Materie, in welcher die Besteuerung nur durch den Gesetzgeber angeordnet werden kann. Während in Deutschland noch über in Schubladen vor sich hinschlummernde Entwürfe für Verwaltungsanweisungen diskutiert wird und das strukturelle Vollzugsdefizit im Raum steht, schafft die österreichische Reform eine klare gesetzliche Grundlage.

Apropos Bekämpfung: Während jüngst unter den Auspizien des Umweltschutzes auf EU-Ebene ein de-facto Bann von Proof-of-Work Protokollen und somit Bitcoin und derzeit noch Ethereum lanciert wurde, wurde die Kryptoreform just in das Ökosoziale Steuerreformpaket gesteckt. Vor dem Hintergrund der Green Enforcement-Anliegen gegenüber Mining tagesaktuell zum Augenzwinkern.

Österreich, eine geheime Krypto-Steuer-Oase

Dass die Steuerreform – systematisch richtig – die Kryptos Kapitalvermögen gleichsetzte, ärgert Sparer und Anleger an einer wesentlichen Stelle: der Wegfall der Haltefrist. So hart dieser Schritt ist und so heftig er auch kritisiert wurde, so notwendig ist er auch. Im Bereich des Kapitalvermögens gibt es seit 2012 keine Haltefrist mehr. Schlussendlich ist die Substanzbesteuerung der Lückenfüller für eine in Österreich nichtexistierende Vermögensbesteuerung.

Dass vor dem Hintergrund der Vorsorge und der Stärkung des Kapitalmarkts die Bundesregierung eine Wiedereinführung der Haltefrist für Kapitalvermögen – und systematisch korrekt daher auch für Kryptowährungen – plant, ist ein berechtigtes regelungspolitisches Anliegen, das sich in der Kritik an der Krypto-Steuerreform widerspiegelt. Außerdem: Non-Fungible-Tokens bleiben sonstige Wirtschaftsgüter; sie werden also weiterhin gleich behandelt wie physisches Gold und können nach einer einjährigen Haltefrist steuerfrei verkauft werden. Auch in diesem Punkt hat der Gesetzgeber mit einer treffsicheren Abgrenzung des ertragsteuerlichen Begriffs „Kryptowährungen“ in wirtschaftlicher Betrachtungsweise Weitsicht bewiesen.

Das war’s aber auch mit der Kritik, ansonsten haben Steuerpflichtige aufgrund der Reform viel zu lachen: Eine Besteuerung wird nur schlagend, wenn wirtschaftlich Gewinne also in FIAT-Gewinnmitnahme realisiert werden – mit den Ausnahmen von Mining und Lending, die im Krypto-Zuflusszeitpunkt steuerpflichtig sind. Veranlagt man sich in Krypto im Privatvermögen, bleibt man sodann in Krypto und wählt für yield generating Staking, Airdrops, Bounties oder Forks aus, erfolgt bei einer Thesaurierung eine NULL-Besteuerung. Die „stillen Reserven“ werden steuerpflichtig bei FIAT-Gewinnmitnahme realisiert. Darüber hinaus wird der Dokumentations- und Administrationsaufwand eingegrenzt; dies dadurch, dass nicht jede Krypto-Krypto-Transaktion zu einer steuerpflichtigen Realisierung führt.

Und die KESt? Ein seit der Begutachtung spannend diskutiertes Themenfeld, das auch im Kern wesentlich den Dokumentations- und Administrationsaufwand reduziert. Die KESt rechtfertigt sich als besondere Erhebungsform ja nur aufgrund des effizienten und einfachen Vollzugs, ganz im Interesse aller Beteiligten. In diesem Punkt bringt einerseits die Technologie Vorteile (Stichwort: Transaktions-Historie ist grundsätzlich protokoll-immanent dokumentiert), andererseits können Marktstandards unter Zuhilfenahme von Steuersoftwaren und Parteienvertretern Abhilfe schaffen. 

Über die Autor:innen

Natalie Enzinger ist Partnerin bei Enzinger Steuerberatung. Sie ist Leiterin der Arbeitsgruppe Steuern der Digital Asset Association Austria. Für Krypto.logisch – Der Podcast hat sie die wichtigsten Punkte der Steuerreform analysiert.

Georg Brameshuber ist Partner bei Validvent. Er ist mit Frederika Ferkova, Clemens Müller und Lukas Leys Mitinitiator von Krypto.logisch – Der Podcast. 

Podcast Krypto.logisch

Krypto.logisch – Der Podcast, in dem 4 Leute über Krypto reden: 2 Noobs & 2 Nerds, die unter anderem zeigen wollen, dass das Thema auch feministisch sein kann. Natalie Enzinger von Enzinger Steuerberatung und Georg Brameshuber von Validvent erklären im Podcast Krypto.logisch, wie der österreichische Krypto-Standort von der Steuerreform profitiert.

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Analyser, CSRD, EU-Taxonomie
(c) - PwC Österreich -Das Konsortium des Projekts "Analyser" beim Kick-Off.

Die Regeln der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), die in den kommenden Jahren sukzessive schlagend werden, bedeuten für zahlreiche österreichische Unternehmen eine Verpflichtung zur Nachhaltigkeitsberichterstattung. Bei vielen von diesen – auch jene, die freiwillig schon früher als erforderlich mit der Umsetzung starten – werden Schwierigkeiten erwartet, die Anforderungen zu erfüllen, da insbesondere KMU nicht über ausreichend Kapazitäten für interne Nachhaltigkeitsabteilungen verfügen würden.

CSRD und Taxonomie

Dies gilt im Besonderen für die EU-Taxonomie, die ergänzend zur CSRD anzuwenden ist. Gemäß ihr müssen die wirtschaftlichen Aktivitäten eines Unternehmens als nachhaltig oder nicht-nachhaltig deklariert werden.

Die Verordnung umfasst umfangreiche und detaillierte Kriterien, die für Ungeübte nicht leicht zu verstehen sind. Deshalb will in einem kürzlich gestarteten Forschungsprojekt namens “AI Enabled Sustainability Jurisdiction Demonstrator” (Analyser) ein Forschungskonsortium KI-basierte Module entwickeln. Die sollen es auch ungeschulten Anwenderinnen und Anwendern ermöglichen, die gesetzlichen Meldepflichten zu erfüllen. So soll eine Erleichterung für Unternehmen erzielt werden.

“Das oberste Ziel unseres Projekts ist es, die Zahl der KMU zu erhöhen, die selbstständig in der Lage sind, die EU-Taxonomie in guter Qualität zu berichten”, erklärt Maximilian Nowak, der das Projekt bei Fraunhofer Austria leitet.

Das Konsortium

Das Konsortium, bestehend aus Fraunhofer Austria, Universität Innsbruck, Technischer Universität (TU) Wien, Leiwand AI, PwC Wirtschaftsprüfgesellschaft, der Wirtschaftsagentur Niederösterreich ecoplus, Murexin und Lithoz wird dafür Teile des Prozesses mithilfe von Künstlicher Intelligenz automatisieren. Ein Chatbot, der auf einem eigens kreierten Sprachmodell beruht, soll mit den Anwenderinnen und Anwendern im Dialog stehen und sicherstellen, dass alle benötigten Dokumente vorliegen.

Es sind nämlich viele Fragen im Rahmen der Nachhaltigkeitsberichterstattung zu klären: Welche wirtschaftlichen Aktivitäten gibt es im Unternehmen? Wie umfangreich sind diese? Welche davon sind taxonomiefähig, können also überhaupt nach den Kriterien bewertet werden?

Josef Baumüller, der von Seiten der TU Wien an dem Projekt beteiligt ist, sagt: “Es ist vielen noch nicht bewusst, wie komplex die Anforderungen zunächst an die Datenerhebung und anschließend an die Klassifizierung sind. Die Prozesslandschaft im Unternehmen muss erfasst und auf die Vorgaben der EU-Taxonomie übergeleitet werden, darüber hinaus gilt es, relevante Datenbedarfe zu identifizieren und im Sinne der Effizienz v.a. bereits vorhandene Datenbestände zu nützen.”

CSRD-Berichterstattung eine Herausforderung

Dass eine Unterstützung der Unternehmen unumgänglich ist, sagt auch Stefan Merl von der PwC Österreich GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft: “Wir spüren bereits jetzt eine massive Zunahme in den Anfragen von Unternehmen, insbesondere von KMU, die sehen, dass die Erfüllung der CSRD-Berichterstattungspflichten eine große Herausforderung ist. Es führt kein Weg daran vorbei, eine automatisierte Lösung zu entwickeln, die weit über den Automatisierungsgrad bestehender Tools hinausgeht. Genau das wollen wir im Projekt ‘Analyser’ verwirklichen.”

Dabei ist essenziell, dass die im Tool eingesetzte KI fair, nachvollziehbar und korrekt arbeitet. Dafür soll Leiwand AI GmbH die nötige Expertise in das Projekt einbringen.

“In einer so kritischen Angelegenheit wie der Nachhaltigkeitsberichterstattung ist es besonders wichtig, dass auch Maßnahmen hinsichtlich einer zuverlässigen und fairen KI-Lösung getroffen werden. Durch den Einsatz verschiedener Methoden rund um nachhaltige und vertrauenswürdige KI werden wir dazu beitragen, dass der ‘Analyser’ gesicherte Informationen liefert, fair in Bezug auf Bias und Diskriminierung ist und im Einklang mit dem EU AI Act steht”, sagt Mira Reisinger, Data Scientist bei Leiwand AI.

Das Projekt ist im Herbst 2024 gestartet, läuft über drei Jahre und wird durch die FFG aus Mitteln des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie gefördert.

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