07.11.2018

10 Jahre Bitcoin – Warum die Reise jetzt erst losgeht

Gastkommentar. Bitcoin und dessen Technologie werden von kommender Regulierung profitieren. Sofern diese klug angelegt sind und Innovation nicht behindern sondern fördern.
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Bitpanda-CEO Eric Demuth findet, dass es für Bitcoin und die Blockchain einen klugen Gesetzesrahmen braucht, der Innovationen fördert, und nicht behindert. - bitpanda ieo, best-token
Bitpanda-CEO Eric Demuth (c) Bitpanda.
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Bitcoin feierte dieser Tage zehnten Geburtstag. Was als Experiment begann, ist heute ein Abendnachrichten füllendes Thema, das Ökonomen, Banker, Kleinanleger und Computerwissenschaftler gleichermaßen fasziniert. Das ist vor allem darauf zurückzuführen, dass Bitcoin und andere Kryptowährungen derzeit vieles gleichzeitig ist: innovatives Zahlungsmittel, riskantes Spekulationsobjekt, digitales Gold, kurzfristiger Hype oder Innovationsmotor, der über die Finanzbranche hinaus unser Leben verändern wird. Doch egal wie man zum Thema steht: Bitcoin erfüllt sowohl die Charakteristika einer Wertanlage als auch die Voraussetzungen, um Wert schnell und kostengünstig rund um den Globus zu versenden. Und es ist immer noch das beste und einflussreichste Proof-of-Concept für die revolutionäre Idee hinter der Blockchain. Nach dem unglaublichen Hype Ende des Jahres 2017 steht die Technologie dank Entwicklungen wie dem Lightning Network besser da denn je und es fließt mehr und mehr Kapital in die Branche. Jetzt gilt es Innovation zu fördern, um das volle Potential ausschöpfen zu können. 

“Die Technologie steht besser da denn je und es fließt mehr und mehr Kapital in die Branche.”

Bitcoin: eine Währung ohne Zentralbank

Um die Revolution, die aktuell im Gange ist zu verstehen, ist ein kurzer Blick in die Vergangenheit nötig. Im Oktober 2008 veröffentlichte eine Person oder eine Gruppe unter dem Pseudonym Satoshi Nakamoto ein wissenschaftliches Paper mit dem Titel Bitcoin: A Peer-to-Peer Electronic Cash System. Darin wird eine digitale Währung beschrieben, die ohne Zentralbank auskommt. Ohne einen Staat oder ein Unternehmen, welches dahinter steht. Statt dessen führen alle Nutzer gleichzeitig und öffentlich Buch darüber, welche Konten wie viele Bitcoins halten und welche Transaktionen zwischen welchen Teilnehmern des Peer-to-Peer-Netzes stattgefunden haben. Wer aktiv Teil dieses Netzwerkes wird und dieses Kontobuch auf dem eigenen Rechner aktualisiert und mit anderen vergleicht (und dadurch zum “Miner” wird), erhält als Belohnung neue Bitcoins.

So viel zu den bekannten technischen Basics von Bitcoin. Anders als bei Fiat-Währungen wie den US-Dollar oder den Euro gibt keine Zentralbank neue Bitcoins aus, sondern die Nutzer des Bitcoin-Netzwerkes selbst. Satoshi vergleicht diesen Mechanismus mit dem Abbau von Gold:

“The steady addition of a constant amount of new coins is analogous to gold miners expending resources to add gold to circulation. In our case, it is CPU time and electricity that is expended.” 

Geld 2.0

Aber nicht nur bei der Gewinnung weist Bitcoin Ähnlichkeiten mit Gold auf. Bitcoin soll laut Nakamoto universelles Geld sein, das einzelnen Personen wirklich gehört und überall wo es akzeptiert wird, ausgegeben werden kann. Das einzige Problem dabei: Gold hat sich über Jahrtausende einen Ruf als Wertspeicher erarbeitet. Bitcoin hat ähnliches in gerade einmal 10 Jahre geschafft. Doch es leistet mehr als Gold. Bitcoin ist für Geld, was das Internet für Information war. In den 1990er Jahren gab es noch kein offenes Internet, sondern eine Reihe von geschlossenen Intranets. Bill Gates glaubte damals nicht an den Erfolg eines offenen, freien Internets und plädierte dafür, dass Microsoft an einem eigenen Intranet arbeiten sollte. 

“Bitcoin ist für Geld, was das Internet für Information war.”

Bitcoin ist wie das Internet ein digitaler Organismus, der von den abertausenden Menschen, die daran teilnehmen, am Leben erhalten wird. Es ist ein Zahlungsnetzwerk, das für ein paar Cent Gebühr auch Milliardenbeträge innerhalb weniger Minuten von A nach B transferieren kann. Das, und nicht der Preis des Assets, ist der mittel- und langfristig wohl spannendste Aspekt an Bitcoin.  

Learnings aus der Vergangenheit

Das Internet (ARPANET) wurde 1969 erfunden. Die Dotcom Bubble platzte gut 30 Jahre später. Und wir alle wissen, dass dieses Platzen für damals bereits aktive Unternehmen wie Amazon, eBay und auch Netflix nicht das Ende sondern einen Anfang darstellte. Neue, extrem disruptive Technologien haben es an sich, durch eine – oder wie im Falle von Kryptowährungen – sogar mehrere Hype-Phasen voller Auf und Abs zu gehen, bevor sie ihr volles Potential entfalten können. 

Bitcoin aufgrund seiner durchaus vorhandenen Probleme in Sachen Skalierbarkeit und Ressourcenverbrauch im Jahr 2018 als gescheitert abzutun, ist damit vergleichbar, dass Internet im Jahr 1995 als nutzlos zu bezeichnen. Damals hatten nur 0,04 Prozent der Weltbevölkerung Zugang zum World Wide Web, welches aufgrund fehlender Inhalte und lähmend langsamer Verbindungsgeschwindigkeiten für viele nicht sonderlich relevant erschien. 

Wie es weitergeht

Dass diese Widerstandsfähigkeit nicht reine Theorie ist, bestätigt das Bitcoin-Netzwerk selbst, das seit seinem Start am 3. Jänner 2009 ohne Unterbrechung und gröbere Zwischenfälle läuft. In diesem Sinne ist das “Experiment Bitcoin” ein voller Erfolg, auch wenn häufig das Argument ins Treffen geführt wird, dass es als Währung mangels massentauglicher Akzeptanz bereits gescheitert sei. Die populärste Kryptowährung ist tatsächlich technisch besser aufgestellt als je zuvor. Und das, obwohl ihr unmittelbar bevorstehender Untergang mittlerweile fast 300-mal heraufbeschworen wurde. 

Dennoch ist klar, dass die Technologie hinter Bitcoin und anderen Kryptowährungen noch in den Kinderschuhen steckt. Es gilt fundamentale Probleme, vor allem in Bezug auf Skalierbarkeit, zu lösen. Was jetzt zudem nötig ist, sind kluge regulatorische Rahmenbedingungen. Erklärtes Ziel soll es dabei sein, Betrug einzudämmen und gleichzeitig Innovationen auf dem heimischen Fintech-Sektor zu fördern. Dann haben beispielsweise ICOs das Potential, klassischen Börsengängen mittelfristig Konkurrenz zu machen. Auch für die Finanzierung kleinerer und mittlerer Unternehmen können sie eine praktikable Lösung bieten. Dafür bedarf es aber klaren Regeln, dann wird es möglich sein, echte, werthaltige Securities auf die Blockchain zu bringen, während betrügerischen ICOs und kriminellen Multi-Level-Marketing ein Riegel vorgeschoben wird.


Eric Demuth hat Wirtschaft an der WU Wien und der London School of Economics studiert und gemeinsam mit Paul Klanschek und Christian Trummer 2014 das Fintech-Startup Bitpanda gegründet. Während er bereits in der Finanzindustrie in London und Wien aktiv war, beschäftigt er sich seit 2011 intensiv mit Kryptowährungen.

Archiv: Eric Demuth und Paul Klanschek im Video-Interview

Live mit Paul Klanschek und Eric Demuth den Foundern von Bitpanda und Pantos

Gepostet von DerBrutkasten am Donnerstag, 8. März 2018

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Rituale, Rituale der Startup-Welt, Ritual, Howard, Factinsect, Hadia, Storebox, Instahelp, monkee, Dental Armor, Coinpanion
(c) Hello Again/zVg/Hadia/Die Abbilderei/Storebox/schon nice gmbh/Victor Malyshev - (o.v.l.) Franz Tretter von Hello Again, Romana Dorfer von Factinsect, Anna Lauda von Hadia, Bernadette Frech von Instahelp/ Johannes Braith von Storebox, Saad Wohlgennannt von Dental Armor und Martin Granig von monkee.

Dieser Artikel ist im brutkasten-Printmagazin von Dezember 2024 erschienen. Eine Download-Möglichkeit des gesamten Magazins findet sich am Ende dieses Artikels.


Ein Pythonkopf aus Stein ragt aus der Dunkelheit hervor. In Kreisen angeordnete, farbenfrohe Speerspitzen verzieren den kalten Höhlenboden; manche davon stammen aus Hunderte Kilometer entfernten Gegenden. Am Ende der Höhle erstreckt sich ein kleiner, versteckter Raum, der Platz für eine Person bietet; üblicherweise versteckt sich ein Schamane darin und spricht zu seinem Stamm, sodass es scheint, die steinerne Schlange selbst lasse donnernde Worte erklingen.

Diese Verehrung des majestätischen Reptils fand vor rund 70.000 Jahren in der Kalahari-Wüste am Fuße der Tsodilo Hills im heutigen Botswana statt. Dies hat im Jahr 2012 die Archäologin Sheila Coulson herausgearbeitet und, so heißt es, damit das älteste wissenschaftlich belegte Ritual der Welt entdeckt.

Seitdem haben sich Rituale in Gesellschaften im Großen und Kleinen gehalten und weiterentwickelt – von religiösen Gepflogenheiten über politisches Zeremoniell bis hin zu privaten, sich wiederholenden Gewohnheiten sind sie in tausendfacher Weise etabliert. Das Küssen des Balls im Sport, das Aufstehen mit dem „richtigen Fuß“, Salz über die Schulter werfen, auf Holz klopfen, Dinge nicht verschreien, Braut und Bräutigam nicht vor der Hochzeit sehen, zu bestimmten Jahreszeiten fasten, den Jahreswechsel laut feiern oder die zum Ritual gewordene Morgen-Rou­tine wiederholen.

Spiritualität und Ordnung

All dies lässt sich komprimiert und per Definition in zwei Bedeutungen unterteilen: in eine spirituelle Handlung und in ein „wiederholtes, immer gleichbleibendes, regelmäßiges Vorgehen nach einer festgelegten Ordnung“. Exakt diese Ordnung (also die zweite Definition) ist es, die auch manchen Startup-Gründer:innen dabei hilft, den stressigen Joballtag zu bewältigen, Klarheit zu schaffen und Erfolge zu erreichen.

Sohlen und Poster

So zeigt sich etwa Johannes Braith vom österreichischen Scaleup Storebox als großer Anhänger davon, sich klare Ziele zu setzen und diese zu visualisieren.

„Dabei halte ich es für wichtig, einerseits eine große Vision zu definieren und diese in kleinere Meilensteine herunterzubrechen“, sagt er. „Diese verhältnismäßig kleinen Meilensteine sind leichter zu erreichen, greifbarer und man kann entsprechend auch früher Erfolge verbuchen. Das Wichtigste ist, konstant dranzubleiben. Erfolg ist kein Sprint, sondern ein Marathon.“

Das Visualisieren definierter Ziele wurde bereits früh als Ritual bei Storebox eingeführt: Im Office des Logistikunternehmens prangen Vision und Werte als Poster an der Wand und OKRs (Objectives and Key Results) werden in Echtzeit mittels Soll/Ist-Vergleich auf Bildschirmen angezeigt.

Zudem gibt Braith noch eine weitere Besonderheit aus seiner Ritualwelt preis: „Habe ich ein Etappenziel für mich definiert, schreibe ich es mir auf die Sohlen meiner Schuhe“, sagt er. „Das hilft mir, mich daran zu erinnern, dass jeder kleine Schritt zählt.“

Der Knopf des Erfolgs

Franz Tretter, Gründer des Kundenbindungs-Startups Hello Again, nutzt Rituale dazu, um Ziele und Kultur in seinem Team zu verankern. Dazu gehört ein „Global Success Button“, der bei jedem neuen Kunden gedrückt wird, mit anschließender Feier im Büro. Mitarbeiter:innen, die remote arbeiten oder unterwegs sind, werden per Mail oder Smartphone ebenso informiert; „einfach, damit man Bescheid weiß“, sagt Tretter.

Auch etwas namens „Howard 1000“ gehört zum regelmäßigen Ritual des Linzer Teams dazu. Dabei handelt es sich um eine Wand bestehend aus 1.000 Kästchen mit einer besonderen Bedeutung. „Wir haben diese aufgebaut, als wir 120 Kunden hatten. Mit jedem Kunden, den wir gewonnen haben, haben wir ein Logo hinzugefügt und haben nun knapp 900 Kästchen voll“, erklärt Tretter.

Und zu guter Letzt sind bei Hello Again die „Compliment Cards“ ein weiteres internes Ritual: „Wertschätzung ist total wichtig bei uns“, erklärt Tretter. „Wir haben eigene Kärtchen beim Eingang, da schreibt man gelegentlich etwas Nettes drauf und legt es am Abend Kollegen auf den Tisch. Die freuen sich am nächsten Morgen.“

An diesen beiden Beispielen bemerkt man bereits eine kleine Gemeinsamkeit, die zwischen den Zeilen mitschwingt: Wiederkehrendes, etwas Konstantes ist nicht bloß eine Orientierungshilfe für Startup-Gründer:innen, sondern kann als einer von mehreren Bausteinen eines spezifischen Mindsets gesehen werden; eines Mindsets, das von einem ruhigen Leadership-Skill zeugt und deutlich zeigt, dass manchmal das wilde Gefüge in einem selbst sowie auch das Äußere, das sich unter Mitarbeitenden am Arbeitsplatz entwickelt, gepflegt werden muss.

Gemeinschaft fördern

Das weiß auch Anna Maria Lauda von Hadia, einem Wiener Verein, der weibliches Unternehmertum in Afghanistan fördert. Ihr hilft eine tägliche zehnminütige Meditation, den Tag entschleunigt, entspannt und fokussiert zu beginnen.

„Dadurch kann ich klarere Prioritäten setzen und produktiver arbeiten“, sagt sie. „Früher lag mein Schwerpunkt vor allem auf individuellen Praktiken wie dem Selbstmanagement und der strikten Zeitplanung durch To- do-Listen. Doch im Laufe meiner Reise als Gründerin habe ich erkannt, dass Flexibilität und der wertvolle Austausch mit dem Team genauso entscheidend sind. Heute schätze ich Rituale, die nicht nur den persönlichen Fokus stärken, sondern auch das Gemeinschaftsgefühl fördern.“

Daher veranstaltet Lauda wiederkehrende Onlinemeetings mit ihren Weberinnen in Afghanistan. „Regelmäßige Check-ins mit den Frauen sind inspirierend und motivierend. Allzu leicht verliert man in der Hektik des Alltags den Bezug zu den Menschen, für die man arbeitet. Und diese Gespräche erinnern mich daran, was unser gemeinsames Ziel ist und wie viel wir schon erreicht haben“, sagt sie.

Saad Wohlgenannt, Gründer und CEO des Zahn-Startups Dental Armor und der Kryptobörse Coinpanion, hatte im Lauf der Zeit verschiedene Rituale, die er jedoch mittlerweile fast alle ab- gelegt hat; darunter eine wöchentliche „Rückschau“, um zu überlegen, was er besser machen könnte, oder Journaling (Anm.: Blick nach innen mit schriftlicher Aufzeichnung, was in einem vorgeht).

Heute plant er an jedem Geburtstag, was er im kommenden Jahr erreichen möchte. Meistens setzt sich der Founder dabei ein monetäres Ziel für sein Business sowie ein paar persönliche Ziele, wie etwa einen neuen Sport zu erlernen, ein Land zu bereisen oder ein bestimmtes Problem zu lösen.

„Die wichtigsten Rituale, die mir langfristig helfen, meine Ziele zu erreichen, haben meistens den Effekt, mich kurzfristig vom Arbeiten abzuhalten“, sagt er. „Zum Beispiel beginne ich meinen Tag mit ein paar Mobility-Übungen, Liegestützen, Klimmzügen und einer kalten Dusche – erst danach schaue ich in meine E-Mails und starte richtig durch. Ab 20.30 Uhr ist mein Handy auf ‚Nicht stören‘, und dann bin ich nur noch schwer erreichbar.“

Drei und nicht mehr

Romana Dorfer beschäftigt sich mit ihrem Startup Factinsect damit, die Fülle an Fake News im Netz aufzulösen und User:innen gesicherte Informationen zur Verfügung zu stellen. Sie selbst hat sich früher oft viele, unspezifische und große Ziele vorgenommen, die jedoch innerhalb eines Tages kaum zu erreichen waren. Dabei waren Fortschritte nur schwer messbar und am Ende des Tages wurde kein Ziel erledigt, wie sie gesteht. Dadurch ist oft das Gefühl entstanden, wenig erreicht zu haben.

Heute greift sie maximal auf drei Vorhaben pro Tag zurück. „Der Vorteil ist, dass ich fast immer alle Ziele für den Tag erreiche und dadurch meine Motivation steigt. Meistens arbeite ich dann noch an weiteren Themen“, sagt Dorfer.

Bei Martin Granig, Gründer der Spar-App monkee und Vater einer siebenjährigen Tochter, sehen die Morgen oftmals chaotisch aus. Um dem entgegenzuwirken, hat er eine Morgenroutine entwickelt: „Ich stehe meist 30 Minuten früher auf. Das gibt mir die Gelegenheit, mich in Ruhe im Bad fertig zu machen“, sagt er. „Während des Zähneputzens mache ich ein paar Übungen, um den Kreislauf in Schwung zu bringen, bevor ich Frühstück für meine Tochter und Kaffee für meine Frau und mich zubereite. So habe ich noch ein paar ruhige Momente für mich, bevor der Trubel beginnt.“

Am Ende seines Arbeitstags führt der Gründer einen kurzen Check-in durch und klärt für sich, was er heute schaffen möchte, was er tatsächlich geschafft hat und was er noch anpassen muss.

„Das hilft mir, mein Time-Boxing im Kalender zu optimieren, gerade für die Aufgaben, die zwar wichtig sind, aber erst in der Zukunft anstehen“, erklärt er. „Ich habe gelernt, dass es notwendig ist, solche Dinge bewusst zu planen, bevor sie von den dringenden, aber weniger wichtigen Aufgaben verdrängt werden.“

Raus aus der Bubble

Für Granig gibt es zudem noch ein persönliches Highlight der Woche: Freitagabend-Basketball. „Das mag zwar kein typisches Gründer-Ritual sein, aber für mich ist es essenziell. Es hilft mir, Stress abzubauen, den Kopf frei zu bekommen und in einer entspannten Atmosphäre mit Freunden zu lachen. Danach starte ich erfrischt ins Wochenende – und am Montag wieder voller Energie in die neue Woche“, so der Tiroler, der früher oft von „dringenden Dingen“ stark getrieben war, die dazu führten, dass wichtige strategische Aufgaben oftmals zu kurz kamen.

„Man arbeitet in so einem Fall zu viel ‚in the business‘ statt ‚on the business‘“, sagt er. „Heute habe ich meine Timeboxing-Routine deutlich verbessert, damit genau diese wichtigen Dinge nicht untergehen. Früher musste ich auch keine Rücksicht auf Familie und Kind nehmen. Das hat sich natürlich geändert, und ich musste Wege finden, trotz all der Verantwortung auch noch Zeit für mich zu schaffen. Daher meine Morgenroutine und mein Freitagabend-Basketball. Dort geht es einfach nur ums Spielen und um entspannte Gespräche über deutlich unkompliziertere Dinge als Startups, Karriere oder Business. Das tut gut und gibt mir Energie.“

Ankerpunkte fürs Wesentliche

Ähnlich ergeht es Instahelp-Founderin Bernadette Frech. Für die Gründerin des Grazer Health-Startups sind Rituale bewusste Ankerpunkte, um den Fokus auf dem Wesentlichen zu halten – im Beruf wie im Privatleben.

„Eines der wichtigsten Rituale habe ich mit meinen Kindern: Jeden Morgen beginnen wir den Tag mit einer vollen Minute Umarmung, ohne Worte, nur Nähe. Das stärkt unsere Bindung und gibt uns einen liebevollen Start in den Tag“, sagt Frech. „Abends reflektieren wir gemeinsam: Beim Rückenkraulen sprechen wir über Belastendes, bei der kitzligen Fußmassage teilen wir schöne oder lustige Momente und bei der Kopfmassage besprechen wir, wofür wir dankbar sind und was uns gut gelungen ist.“

Ambition vs. Balance

Auch bei ihr haben sich Rituale über die Jahre verändert und sich immer wieder ihren Lebensumständen angepasst. Früher, als berufliche Ambitionen im Vordergrund standen, hatten Frechs Rituale viel mit persönlicher Effizienz und beruflicher Zielerreichung zu tun. Heute, als dreifache Mama und Unternehmerin, haben sich die Prioritäten verschoben.

„Es geht mir jetzt viel stärker darum, eine Balance zwischen Karriere und Familie zu finden, ohne den Fokus auf meine eigene mentale Gesundheit zu verlieren“, erklärt sie. Das Ritual mit ihren Kindern sei ein Beispiel dafür, wie sich Rituale an neue Lebensphasen anpassen.

„Früher hätte ich vielleicht nicht gedacht, dass eine Umarmung am Morgen oder ein Ritual vor dem Schlafengehen so kraftvoll sein könnten. Heute sind es genau diese Momente, die mich erden und mir und meinen Kindern Energie geben“, erzählt sie. „Was sich jedoch nie geändert hat, ist meine wöchentliche psychologische Beratung. Sie ist seit Jahren eine Konstante, die mich sowohl beruflich als auch persönlich auf Kurs hält, auch wenn sich die Themen im Laufe der Zeit wandeln.“

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