01.04.2019

Pitching-Tipps: Wie man den richtigen Investor richtig anspricht

Tanja Emmerling, Principal beim teilstaatlichen deutschen High-Tech Gründerfonds, gibt im Gastbeitrag Pitching-Tipps für Early Stage-Gründer.
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High-Tech Gründerfonds: Principal Tanja Emmerling gibt im Gastbeitrag Pitching-Tipps
(c) High-Tech Gründerfonds: Principal Tanja Emmerling gibt im Gastbeitrag Pitching-Tipps

Dass einfach wild drauf los pitchen meistens nicht zum gewünschten Ergebnis führt, hat sich inzwischen vielleicht herumgesprochen. Dann dennoch – ganz gemäß dem österreichischen Bonmot “Nutzt’s nix, schad’s nix” – damit weiterzumachen, ist nicht nur nicht zielführend. Unzählige Events abzuklappern und dort vor Leuten zu pitchen, die am Konzept überhaupt kein Interesse haben, verschlingt nämlich Ressourcen, die man durchaus besser einsetzen kann. Tanja Emmerling, Principal beim größten deutschen Frühphasen-Finanzierer, High-Tech Gründerfonds, zeigt in ihren Pitching-Tipps, wie man den nötigen Fokus wahrt.

+++ Speedinvest: Dos and Don’ts bei der Investorenansprache +++


Pitching-Tipps: 5 Punkte für die richtige Investorenansprache

1. Macht eure Due Diligence und findet den richtigen Partner

Stürzt euch nicht Hals über Kopf in jeden Pitch. Viel wichtiger ist es, sich erst klarzumachen, welche Partner oder Investoren man für sein Unternehmen gewinnen möchte. Gründer profitieren nicht nur vom Kapital, sondern auch der Branchenkenntnis, der Beteiligungserfahrung sowie den wertvollen Netzwerken der Investoren. Daher ist es unerlässlich, vorab zu klären, ob das eigene Startup überhaupt in den Investmentfokus des Kapitalgebers passt. Hilfreich ist es auch, mit anderen Unternehmen zu sprechen, in die der Kapitalgeber bereits investiert ist und eigene Referenzen einzuholen.

Und schließlich: auch im digitalen Zeitalter gilt es, die Frage der Erreichbarkeit zu klären: gerade in frühen Phasen sind kurze Wege und ein direkter Austausch sehr hilfreich. In der Auswahl des richtigen Investors gilt es auch langfristig zu denken: Kann einen der Investor bei späteren Finanzierungsrunden unterstützen? Bringt er das richtige Netzwerk mit und wurden seine Portfoliounternehmen auch von Dritten weiter finanziert?

2. Welche Story interessiert einen Investor?

Im Investorenpitch muss euch bewusst sein, wer eure Zielgruppe ist und welches Interesse diese an euren Unternehmen hat. Ein Investor will verstehen, welchen Investment Case ihr ihm zeigt. Was sind seine Chancen und Risiken, wenn er in Euch investiert? Welches Potenzial hat euer Business Case?

Forciert keinen Salespitch, sondern präsentiert ein Investment, denn ein Investor ist in der Regel nicht der Abnehmer eures Produktes. Konzentriert euch darauf, möglichst schnell zum Punkt zu kommen: Welchen Markt bespielt ihr, welchen klar ersichtlichen Nutzen für den Kunden bietet ihr und was hebt euch vom Status Quo und der Konkurrenz ab? Wer es dabei noch schafft, auf austauschbaren Marketingsprech zu verzichten und stattdessen Kennzahlen oder erste Performance zu zeigen, hat gute Karten.

3. Eine Technologie sucht ihre Zielgruppe

Ihr verbringt jeden Tag viel Zeit damit, euer Produkt zu analysieren und eure Idee voranzutreiben. Das konditioniert euer Denken und kann zu einem gefährlichen Tunnelblick führen. Egal wie innovativ ihr seid oder wie interessant eure Technologie ist. Am Ende zählt nur, ob der Kunde dies auch für relevant hält und ob er am Ende bereit ist, für das Produkt zu zahlen.

Holt euch deshalb unbedingt Feedback von außerhalb der Blase eures Alltags. Holt euch Stimmen aus der Zielgruppe und testet eure Ideen direkt am Kunden, bevor ihr euch damit in einen Investoren-Pitch wagt. Versteht die Mechanik, Kosten und Timeline des Sales-Zyklus, damit ihr eure Geschäftsidee erfolgreich skalieren könnt.

4. Überzeugt als Team

Der Investor muss Vertrauen in euer Team gewinnen, denn gerade in frühen Phasen, setzt er auf dessen Potenzial, ein erfolgreiches Unternehmen zu bauen. Der vielzitierte Spruch “Das Team ist wichtiger als die Idee” ist in der Welt der Startups Realität.
Von Anfang an evaluieren potentielle Investoren die Interaktionen im Gründerteam, um mögliche Risse und Schwachstellen im Gefüge ausfindig zu machen. Sind Schlüsselstellen im Team nicht besetzt? Herrscht im Team hohe Fluktuation oder Streit? In diesem Fall ziehen potentielle Investoren früh die Reißleine. Denn wenn es von Anfang an im Getriebe lärmt und kracht, droht ein Unternehmen schon bei den ersten Herausforderungen auseinanderzufallen.

5. Beeindruckt mit der bisherigen Entwicklung

Ihr habt die Zielgruppe fest im Blick, der vorzeigbare Prototyp eures Produkts steht in den Startlöchern oder die ersten Ergebnisse aus euren Tests liegen bereits vor und der Finanzplan steht nicht mehr nur auf dem Bierdeckel. Darüber hinaus ist es wichtig, dass ihr eure Timeline für eine Finanzierung im Blick behaltet.

Baut frühzeitig Kontakte zu Investoren auf, dann ist es leichter, mit den eigenen Entwicklungsfortschritten zu punkten und die richtigen Gesprächspartner zu finden, wenn es darauf ankommt. Einem Investor muss sofort klar sein, dass ihr eure Hausaufgaben gemacht habt. Zeigt, dass ihr euer Geschäftsmodell durchdrungen habt und alle Parameter genau versteht. Stellt sicher, dass ihr die besten Experten für euren Case seid!


Zur Autorin

Tanja Emmerling ist Principal beim High-Tech Gründerfonds mit den Schwerpunkten Software, Internet- & Telekommunikationstechnologien, Medien, e-commerce sowie Blockchain. Sie engagiert sich als Startup-Mentorin und ist ein häufig gesehener Gast auf diversen Panels. Vor ihrer Tätigkeit beim HTGF war sie als Head of New Ventures für Inkubation und Corporate Ventures verantwortlich. Tanja hat Romanistik und Volkswirtschaft studiert und promovierte über Lokalisierung von Corporate Identity in einem Life Sciences Konzern.

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Lanbiotic, Neurodermitis
(c) Oliver Wolf - Patrick Hart und Katrin Susanna Wallner von Lanbiotic.

Das Grazer Startup Lanbiotic stellt medizinische Hautpflege-Produkte mit lebensfähigen Bakterien speziell für die von Neurodermitis geplagte Haut her. Dabei verwenden die beiden Gründer:innen Patrick Hart und Katrin Wallner den zum Patent angemeldeten Bakterienstamm “Lactococcus Lanbioticus“.

Lanbiotic: “Skalierung als neue Normalität”

“Mit unseren probiotischen Hautanwendungen bringen wir gesundheitsfördernde Bakterien direkt auf die Haut, um die natürliche Balance des Hautmikrobioms wiederherzustellen und Hautprobleme gezielt an der Ursache zu bekämpfen”, erklärt Wallner.

Das letzte Jahr fühlte sich für die Gründerin an, als sei ein Traum nicht nur wahr, sondern sogar übertroffen worden. Andererseits sei es eine “neue Normalität” an der Skalierung des Unternehmens zu arbeiten.

“Wir haben weitere Produkte mit unserem einzigartigen Bakterienstamm ‘Lactococcus Lanbioticus’ entwickelt, um umfassender auf die Bedürfnisse von Menschen mit zu Neurodermitis neigender Haut eingehen zu können. Neu hinzugekommen sind Flora Bath und Flora Sun”, erklärt Wallner.

Flora Bath ist ein spezieller Badezusatz, der für Menschen entwickelt wurde, die großflächig oder an der Kopfhaut von Ekzemen betroffen sind – ein Bereich, in dem Pflegecremen oft an die Grenzen ihrer Praktikabilität stoßen.

“Der Fokus liegt wie immer bei Lanbiotic auf der Ergänzung des Hautmikrobioms, also ‘der lebende Teil’ der natürlichen Schutzbarriere der Haut, die den gesamten Körper bedeckt, mit probiotischen Bakterien”, so Wallner weiter. “Eine Ausgewogenheit des Hautmikrobioms ist, wie auch im Darm, entscheidend, um die Gesundheit der Haut zu bewahren und Beschwerden zu lindern.”

Flora Sun hingegen ist ein weiteres Produkt, das auf die besonderen Herausforderungen empfindlicher Haut unter UV-Strahlung eingeht. Studien hätten gezeigt, dass das Hautmikrobiom die natürliche Fähigkeit der Haut verbessern kann, mit den Effekten – und häufig auch Schäden – durch Sonneneinstrahlung umzugehen.

EHI-Siegel für Onlineshop

“Parallel dazu haben wir auch international expandiert: Der Eintritt in den deutschen Markt war ein großer Schritt, der mit der Anpassung unserer Produktions- und Logistikkapazitäten verbunden war, um langfristig weitere internationale Märkte beliefern zu können. Unser Webshop wurde außerdem mit dem EHI-Siegel zertifiziert, um unseren Kund:innen einen sicheren und vertrauenswürdigen Einkauf zu ermöglichen.”

Auch das Team wuchs 2024, zudem konnte durch zahlreiche Medienauftritte und Messeteilnahmen Aufmerksamkeit für die eigenen Produkte und die Marke gewonnen werden.

“Als weiteres Highlight wurden wir von der Apothekerkammer mit unserer Fachfortbildung akkreditiert, was Apotheker dazu motiviert, unsere Fortbildungen zu besuchen und mehr über das noch recht ‘nischige’ Thema Hautmikrobiom zu erfahren”, sagt Wallner.

Neue Märkte im Fokus

Aktuell arbeitet das Startup intensiv daran, Lanbiotic als Unternehmen und Marke weiterzuentwickeln, strategisch zu positionieren und zu skalieren. Das oberste Ziel ist es, die Lebensqualität von Menschen mit Neurodermitis über ihre mikrobiombasierten Produkte zu verbessern.

“Wir möchten Lanbiotic in weiteren Märkten etablieren, insbesondere natürlich in Ländern, wo die Prävalenz für Neurodermitis hoch ist. Dafür arbeiten wir an effizienten Marketingprozessen, um unsere Markenbekanntheit zu steigern, und bauen unsere Vertriebsstrukturen aus”, erklärt die Founderin. “Um diesen Schritt bestmöglich zu unterstützen, suchen wir gezielt nach vertrauenswürdigen Partnern für den internationalen Vertrieb, die unsere Werte und Qualitätsansprüche teilen. Die Kooperationen sollen es uns ermöglichen, unsere Produkte nachhaltig in weiteren europäischen und außereuropäischen Ländern anzubieten und das Thema Hautmikrobiom international bekannter zu machen.”

Daneben optimiert das Team Produktionsprozesse, um der wachsenden Nachfrage nachkommen zu können. In der Produktentwicklung liegt dabei der Fokus auf der Entwicklung weiterer wissenschaftsbasierten probiotischen Pflegeprodukten, die speziell auf die Bedürfnisse von Menschen mit Neurodermitis und empfindlicher Haut zugeschnitten sind. Dazu steht man intensiv mit Industrie und Spitzenforschung in Kontakt.

Lanbiotic: Strukturen und Prozesse schaffen

Intern sei man vor allem stark mit dem Aufbau der Organisation beschäftigt. Man arbeitet daran, Strukturen und Prozesse zu schaffen, die das Wachstum langfristig stützen können. Ziel sei es, eine gesunde Organisation aufzubauen, die den Expansions- und Innovationszielen gerecht werde und das Unternehmen flexibel in die nächsten Entwicklungsstufen führt.

Lanbiotic wurde in der Vergangenheit unter anderem auch von der Austria Wirtschaftsservice (aws) unterstützt. So absolvierte das Unternehmen den aws First Incubator und erhielt über aws Innovationsschutz eine Förderung, um sein geistiges Eigentum zu schützen. Später folgte eine Preseed- und Seed-Förderung über aws Innovative Solutions. Mit diesem Seed-Förderprogramm unterstützt die aws innovative Gründungsideen, die über die Unternehmensgrenzen hinaus einen positiven gesellschaftlichen Impact bewirken. Der Fokus liegt auf skalierbaren Geschäftsmodellen. Im Fall von Lanbiotic war die Förderung essentiell, um die Produktentwicklung und Markteinführung zu finanzieren und sich allgemein zu professionalisieren.

“Eine bessere Förderung als aws Seed Innovative Solutions könnte es derzeit, meiner Meinung nach, für uns nicht geben”, sagt sie. “Es handelt sich um einen nicht rückzahlbaren Zuschuss von 400.000 Euro, der für unterschiedlichste Aktivitäten in der Markteinführung und Produkteinführung verwendet werden kann. Naturgemäß ist das Programm sehr kompetitiv, aber wenn man für die Finanzierung ausgewählt wird, hat man wirklich einen gewaltigen Booster, um ein nachhaltiges Unternehmen aufzubauen.”

Die weiteren Ziele von Lanbiotic

Im Allgemeinen habe ihnen das Programm bereits jetzt weit mehr gebracht als Geld. “Ich empfand den Bewerbungsprozess per se als wertvolle Erfahrung, um mir unser Business Model noch einmal ganz genau anzusehen und unsere Ziele zu definieren”, präzisiert die Grazerin. “Dass wir sie jetzt so scheinbar ‘locker’ übertreffen konnten, ist natürlich die Draufgabe.”

Durch die positive Resonanz der stetig wachsenden Stammkundenbasis sieht sich Wallner in ihrer Mission bestätigt. “Wir wissen aber auch, dass viele Menschen Lanbiotic noch nicht kennen und Neurodermitis in vielen Ländern nach wie vor ein großes Problem darstellt”, sagt sie. “Daher wollen wir gezielt skalieren, den Umsatz und Gewinn steigern, innerhalb und außerhalb Europas expandieren und unser Produktportfolio weiter diversifizieren.”

In Sachen Umsatzentwicklung wird Lanbiotic 2024 das gesetzte Umsatzziel voraussichtlich verdoppeln, wie Wallner erzählt. “Unser für 2025 gestecktes Ziel ist ambitioniert, aber wir sind zuversichtlich, dass wir hier wieder gute Arbeit leisten. Aktuell haben wir einen sechsstelligen Nettoumsatz erreicht, und dank der Unterstützung durch die aws Seed-Förderung werden wir auch heuer, wie jedes Jahr seit unserer Gründung, noch profitabler sein.”


* Disclaimer: Das Startup-Porträt erscheint in Kooperation mit Austria Wirtschaftsservice (aws)

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