04.10.2021

Steuerreform 2021: Profitieren auch Startups davon?

Im Gastbeitrag analysieren die ECOVIS-Experten Christoph Puchner und David Gloser die von der Regierung angekündigte Steuerreform.
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(c) Ecovis: Christoph Puchner und David Gloser zur ökosoziale Steuerreform 2021
(c) Ecovis: Christoph Puchner und David Gloser.

Am gestrigen Sonntag wurde von der Regierung die geplante Steuerreform präsentiert, die in weiterer Folge beschlossen werden soll. Neben den Maßnahmen für Familien und Beschäftigte (zB Senkung des Einkommensteuertarifes, Senkung der Krankenversicherungsbeiträge für Beschäftigte bei denen sich die Senkung der Einkommensteuertarife nicht auswirkt, Erhöhung des Familienbonus, CO2-Bepreisung, etc…), sind auch zahlreiche Maßnahmen für Unternehmen vorgesehen.

Ob und wie sich die geplanten Maßnahmen im Einzelnen auf Startups auswirken können, wird nachfolgend auf Basis der bislang durchgesickerten Informationen einer ersten Analyse unterzogen. Soviel vorab – da muss mehr für Startups drinnen sein!

Steuerreform 2021: Maßnahmen für Unternehmen im Überblick

  • Stufenweise Absenkung des 25-prozentigen Körperschaftssteuersatzes auf 24 % im Jahr 2023 und auf 23 % ab dem Jahr 2024.
  • Neues Mitarbeiterbeteiligungsmodell soll es Unternehmen ermöglichen, Mitarbeiter mit bis zu 3.000 Euro steuerfrei am Unternehmensgewinn mitpartizipieren zu lassen.
  • Investitionsfreibetrag inklusive Ökologisierungskomponente, wobei eine Deckelung pro Unternehmen vorgesehen werden soll.
  • Der bereits bestehende Gewinnfreibetrag wird von 13 % auf 15 % erhöht. Diesen Freibetrag können alle natürlichen Personen mit betrieblichen Einkünften geltend machen.
  • Die Wertgrenze bei geringwertigen Wirtschaftsgütern, die sofort zur Gänze als Betriebsausgabe abgesetzt werden können, soll von 800 Euro auf 1000 Euro angehoben werden.

Auswirkungen von einzelnen relevanten Maßnahmen der Steuerreform auf Startups

1. Senkung der Körperschaftsteuer

Der Hauptteil der unternehmerischen Entlastung, die beabsichtigte Senkung der Körperschaftsteuer, bringt den meisten Startups gar nichts, da diese in der Anfangs- bzw Entwicklungsphase fast immer Verluste einfahren.

Natürlich werden manche (erfolgreiche) Startups davon in einem späteren Stadium profitieren. Es ist aber fast ausgeschlossen, dass wegen der angepeilten nur 2-prozentigen Senkung des KÖSt-Satzes, allfällige Ansiedelungen von Startups oder Entwicklungsunternehmen in Österreich erfolgen werden.

2. Senkung der Lohnsteuertarife

Die Entlastung bringt auch für die Mitarbeiter von Startups positive Effekte und ist ein wichtiger Schritt betreffend die Senkung der Arbeitskosten. Allerdings bleiben die Arbeitskosten (auch unter Einrechnung der Lohnnebenkosten) auch nach der Tarifsenkung in Europa noch rekordverdächtig hoch – die Anstellung von Dienstnehmern bleibt somit auch unter Einrechnung der Entlastung der Steuerreform extrem teuer.

Zudem kommt noch dazu, dass man derzeit qualifizierte Leute nur sehr schwer bekommt. Startups wäre wohl deutlich mehr geholfen, wenn massiv in die Qualifizierung investiert werden würde und es den österreichischen Unternehmern deutlich leichter gemacht werden würde, hoch qualifizierte Nicht-EU-Bürger (IT-Experten, Techniker etc.) nach Österreich zu bekommen.

3. Investitionsfreibetrag

Investitionsfreibeträge dienen der Förderung von Investitionen und stellen aus Sicht des Unternehmens idR eine zusätzliche steuerliche Betriebsausgabe dar. Da Startups gerade in der Anfangs- bzw Entwicklungsphase regelmäßig Verluste aufweisen, wirkt sich ein Investitionsfreibetrag nicht unmittelbar aus (bzw ist auch abzuwarten, wie Verlustvorträge resultierend aus Investitionsfreibeträgen genutzt werden können).

Aus diesem Grund dürfte daher auch der geplante Investitionsfreibetrag – bei vergleichbarer Ausgestaltung wie in der Vergangenheit – wohl kaum von Startups genutzt werden können.

4. Mitarbeiterbeteiligungsmodell

Auch jetzt schon können Mitarbeiter Beteiligungen im Wert von 3.000 Euro steuerfrei bekommen. Wie das neue Mitarbeiterbeteiligungsmodell im Detail ausgestaltet werden soll, ist derzeit noch nicht ganz klar. Sofern mit dem neuen Mitarbeiterbeteiligungsmodell künftig auch zB Gewinnprämien begünstigt ausbezahlt werden können, ist dies zwar ein zusätzlicher Vorteil für Mitarbeiter, allerdings sicherlich nicht kriegsentscheidend beim “War for Talents”.

Abgesehen davon kann dazu aber schon jetzt folgendes festgehalten werden: Seit vielen Jahren wird von der österreichischen Startup-Community gefordert, dass Mitarbeiterbeteiligungen steuerlich attraktiver werden müssen. Derzeit unterliegt die unentgeltliche oder vergünstigte Gewährung einer Beteiligung am Startup im Ausmaß des geldwerten Vorteils in Form eines Sachbezuges der vollen Lohnsteuer und der Sozialversicherung – berechnet vom Verkehrswert des Startups. Da sich der Verkehrswert meistens von den vergangenen Finanzierungsrunden ableitet, würden daher massive Steuerlasten zum Zeitpunkt der Gewährung der Anteile anfallen, obwohl keine Realisierung eintritt.

Das es auch anders geht, ist am Beispiel von Deutschland ersichtlich, das vor kurzem mit einer neuen Regelung für Startup-Mitarbeiterbeteiligungen vorgeprescht ist: In Deutschland kann zB die Besteuerung des Sachbezugs bei unentgeltlichen oder vergünstigten Mitarbeiteranteilsgewährungen für junge KMUs (worunter auch Startups fallen) 12 Jahre lang gestundet werden. Wenn der ursprünglich eingeloggte Wert der Beteiligung innerhalb der 12 Jahre fällt, wird der Sachbezug nur vom gesunkenen Wert zum Besteuerungszeitpunkt berechnet. Weiters kommt abhängig von der Beteiligungsdauer auch ein begünstigter Steuersatz zur Anwendung.

Es stellt sich daher die Frage, welchen Anreiz sich die Politik mit dem “mickrigen” steuerfreien Mitarbeiterbeteiligungsbetrag von 3.000 Euro erwartet. Abgesehen davon bleibt aber zu hoffen, dass diesbezüglich eine wirklich große Lösung dieses Themenbereichs noch folgen wird.

Schlussstrich – Zentrale Startup-Forderungen bei Steuerreform 2021 nicht aufgegriffen

Vor diesem Hintergrund ist die Bilanz hinsichtlich der Umsetzung von wesentlichen relevanten Startup-Forderungen leider aufs Erste ernüchternd. Da Startups einen zentrale Rolle in der Wirtschaft einnehmen und auch positive Effekte auf das Wirtschaftswachstum und die Innovationskraft des Standortes Österreich haben, bleibt zu hoffen, dass der Gesetzgeber nicht auf den Startup-Bereich vergisst.

Was eigentlich dringend für den Startup-Bereich kommen müsste und derzeit (noch) gar nicht auf der Agenda der Regierung ist, sind alt bekannte Startup-Forderungen:

  • Schaffung attraktiver Rahmenbedingungen für Mitarbeiterbeteiligungen (im Sinne der obigen Ausführungen)
  • Verlustausgleich und Verlustvortragsfähigkeit iZm Startup-Beteiligungen
  • Einführung eines Beteiligungsfreibetrags für Startup-Investments
  • Gleichstellung von Wandeldarlehen mit verbrieften Unternehmensfinanzierungen, damit die Wandlung – entgegen der derzeit restriktiven Meinung des BMF – keinen steuerpflichtigen Tausch darstellt. Auch in Deutschland geht die Finanzverwaltung davon aus, dass es bei Wandeldarlehen im Zeitpunkt der Ausübung des Wandlungsrechts zu keinem steuerpflichtigen Tausch kommt.

Die Hoffnung stirbt zuletzt – da muss (zumindest mittelfristig) für die Startups und Entwicklungsunternehmen in Österreich schon noch mehr möglich sein!

Die Autoren

Christoph Puchner und David Gloser, sind jeweils Tax Partner bei ECOVIS Austria, einer der führenden Steuerberatungsgesellschaften im Startup-Bereich.

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Lanbiotic, Neurodermitis
(c) Oliver Wolf - Patrick Hart und Katrin Susanna Wallner von Lanbiotic.

Das Grazer Startup Lanbiotic stellt medizinische Hautpflege-Produkte mit lebensfähigen Bakterien speziell für die von Neurodermitis geplagte Haut her. Dabei verwenden die beiden Gründer:innen Patrick Hart und Katrin Wallner den zum Patent angemeldeten Bakterienstamm “Lactococcus Lanbioticus“.

Lanbiotic: “Skalierung als neue Normalität”

“Mit unseren probiotischen Hautanwendungen bringen wir gesundheitsfördernde Bakterien direkt auf die Haut, um die natürliche Balance des Hautmikrobioms wiederherzustellen und Hautprobleme gezielt an der Ursache zu bekämpfen”, erklärt Wallner.

Das letzte Jahr fühlte sich für die Gründerin an, als sei ein Traum nicht nur wahr, sondern sogar übertroffen worden. Andererseits sei es eine “neue Normalität” an der Skalierung des Unternehmens zu arbeiten.

“Wir haben weitere Produkte mit unserem einzigartigen Bakterienstamm ‘Lactococcus Lanbioticus’ entwickelt, um umfassender auf die Bedürfnisse von Menschen mit zu Neurodermitis neigender Haut eingehen zu können. Neu hinzugekommen sind Flora Bath und Flora Sun”, erklärt Wallner.

Flora Bath ist ein spezieller Badezusatz, der für Menschen entwickelt wurde, die großflächig oder an der Kopfhaut von Ekzemen betroffen sind – ein Bereich, in dem Pflegecremen oft an die Grenzen ihrer Praktikabilität stoßen.

“Der Fokus liegt wie immer bei Lanbiotic auf der Ergänzung des Hautmikrobioms, also ‘der lebende Teil’ der natürlichen Schutzbarriere der Haut, die den gesamten Körper bedeckt, mit probiotischen Bakterien”, so Wallner weiter. “Eine Ausgewogenheit des Hautmikrobioms ist, wie auch im Darm, entscheidend, um die Gesundheit der Haut zu bewahren und Beschwerden zu lindern.”

Flora Sun hingegen ist ein weiteres Produkt, das auf die besonderen Herausforderungen empfindlicher Haut unter UV-Strahlung eingeht. Studien hätten gezeigt, dass das Hautmikrobiom die natürliche Fähigkeit der Haut verbessern kann, mit den Effekten – und häufig auch Schäden – durch Sonneneinstrahlung umzugehen.

EHI-Siegel für Onlineshop

“Parallel dazu haben wir auch international expandiert: Der Eintritt in den deutschen Markt war ein großer Schritt, der mit der Anpassung unserer Produktions- und Logistikkapazitäten verbunden war, um langfristig weitere internationale Märkte beliefern zu können. Unser Webshop wurde außerdem mit dem EHI-Siegel zertifiziert, um unseren Kund:innen einen sicheren und vertrauenswürdigen Einkauf zu ermöglichen.”

Auch das Team wuchs 2024, zudem konnte durch zahlreiche Medienauftritte und Messeteilnahmen Aufmerksamkeit für die eigenen Produkte und die Marke gewonnen werden.

“Als weiteres Highlight wurden wir von der Apothekerkammer mit unserer Fachfortbildung akkreditiert, was Apotheker dazu motiviert, unsere Fortbildungen zu besuchen und mehr über das noch recht ‘nischige’ Thema Hautmikrobiom zu erfahren”, sagt Wallner.

Neue Märkte im Fokus

Aktuell arbeitet das Startup intensiv daran, Lanbiotic als Unternehmen und Marke weiterzuentwickeln, strategisch zu positionieren und zu skalieren. Das oberste Ziel ist es, die Lebensqualität von Menschen mit Neurodermitis über ihre mikrobiombasierten Produkte zu verbessern.

“Wir möchten Lanbiotic in weiteren Märkten etablieren, insbesondere natürlich in Ländern, wo die Prävalenz für Neurodermitis hoch ist. Dafür arbeiten wir an effizienten Marketingprozessen, um unsere Markenbekanntheit zu steigern, und bauen unsere Vertriebsstrukturen aus”, erklärt die Founderin. “Um diesen Schritt bestmöglich zu unterstützen, suchen wir gezielt nach vertrauenswürdigen Partnern für den internationalen Vertrieb, die unsere Werte und Qualitätsansprüche teilen. Die Kooperationen sollen es uns ermöglichen, unsere Produkte nachhaltig in weiteren europäischen und außereuropäischen Ländern anzubieten und das Thema Hautmikrobiom international bekannter zu machen.”

Daneben optimiert das Team Produktionsprozesse, um der wachsenden Nachfrage nachkommen zu können. In der Produktentwicklung liegt dabei der Fokus auf der Entwicklung weiterer wissenschaftsbasierten probiotischen Pflegeprodukten, die speziell auf die Bedürfnisse von Menschen mit Neurodermitis und empfindlicher Haut zugeschnitten sind. Dazu steht man intensiv mit Industrie und Spitzenforschung in Kontakt.

Lanbiotic: Strukturen und Prozesse schaffen

Intern sei man vor allem stark mit dem Aufbau der Organisation beschäftigt. Man arbeitet daran, Strukturen und Prozesse zu schaffen, die das Wachstum langfristig stützen können. Ziel sei es, eine gesunde Organisation aufzubauen, die den Expansions- und Innovationszielen gerecht werde und das Unternehmen flexibel in die nächsten Entwicklungsstufen führt.

Lanbiotic wurde in der Vergangenheit unter anderem auch von der Austria Wirtschaftsservice (aws) unterstützt. So absolvierte das Unternehmen den aws First Incubator und erhielt über aws Innovationsschutz eine Förderung, um sein geistiges Eigentum zu schützen. Später folgte eine Preseed- und Seed-Förderung über aws Innovative Solutions. Mit diesem Seed-Förderprogramm unterstützt die aws innovative Gründungsideen, die über die Unternehmensgrenzen hinaus einen positiven gesellschaftlichen Impact bewirken. Der Fokus liegt auf skalierbaren Geschäftsmodellen. Im Fall von Lanbiotic war die Förderung essentiell, um die Produktentwicklung und Markteinführung zu finanzieren und sich allgemein zu professionalisieren.

“Eine bessere Förderung als aws Seed Innovative Solutions könnte es derzeit, meiner Meinung nach, für uns nicht geben”, sagt sie. “Es handelt sich um einen nicht rückzahlbaren Zuschuss von 400.000 Euro, der für unterschiedlichste Aktivitäten in der Markteinführung und Produkteinführung verwendet werden kann. Naturgemäß ist das Programm sehr kompetitiv, aber wenn man für die Finanzierung ausgewählt wird, hat man wirklich einen gewaltigen Booster, um ein nachhaltiges Unternehmen aufzubauen.”

Die weiteren Ziele von Lanbiotic

Im Allgemeinen habe ihnen das Programm bereits jetzt weit mehr gebracht als Geld. “Ich empfand den Bewerbungsprozess per se als wertvolle Erfahrung, um mir unser Business Model noch einmal ganz genau anzusehen und unsere Ziele zu definieren”, präzisiert die Grazerin. “Dass wir sie jetzt so scheinbar ‘locker’ übertreffen konnten, ist natürlich die Draufgabe.”

Durch die positive Resonanz der stetig wachsenden Stammkundenbasis sieht sich Wallner in ihrer Mission bestätigt. “Wir wissen aber auch, dass viele Menschen Lanbiotic noch nicht kennen und Neurodermitis in vielen Ländern nach wie vor ein großes Problem darstellt”, sagt sie. “Daher wollen wir gezielt skalieren, den Umsatz und Gewinn steigern, innerhalb und außerhalb Europas expandieren und unser Produktportfolio weiter diversifizieren.”

In Sachen Umsatzentwicklung wird Lanbiotic 2024 das gesetzte Umsatzziel voraussichtlich verdoppeln, wie Wallner erzählt. “Unser für 2025 gestecktes Ziel ist ambitioniert, aber wir sind zuversichtlich, dass wir hier wieder gute Arbeit leisten. Aktuell haben wir einen sechsstelligen Nettoumsatz erreicht, und dank der Unterstützung durch die aws Seed-Förderung werden wir auch heuer, wie jedes Jahr seit unserer Gründung, noch profitabler sein.”


* Disclaimer: Das Startup-Porträt erscheint in Kooperation mit Austria Wirtschaftsservice (aws)

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