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Am Anfang dreht sich bei Startups oft alles um das Produkt, die Idee und die Vision. Wenn es dann darum geht, das eigentliche Unternehmen zu gründen, werden viele (gesellschafts-)rechtliche Aspekte wichtig, die aber häufig übersehen werden. Oft mit teuren und aufwändigen Folgen. Umso wichtiger ist es, gerade zu Beginn alle Aspekte zu beachten, erklärt die Wiener Notar-Substitutin Maria Thierrichter im Interview. Thierrichter ist auf die Beratung von Gründerinnen und Gründern spezialisiert und weiß, was die häufigsten Stolpersteine sind.
Bei der Gründung eines Startups stehen Team, Produkt und Geschäftsmodell im Vordergrund. Aber auch das rechtliche Fundament des jungen Unternehmens ist wichtig. Was sind aus Ihrer Erfahrung die häufigsten Probleme, die entstehen, wenn das vernachlässigt wird?
Maria Thierrichter: Beim Start werden wichtige Weichen für das Unternehmen gestellt. Das beginnt schon bei der geeigneten Rechtsform. Einzelfirma? Offene Gesellschaft? Kommanditgesellschaft oder GmbH? Welche Rechtsform optimal ist, hängt von vielen Faktoren ab. Ganz wesentlich ist dabei, das Haftungsrisiko gering zu halten. Aber auch bei der Wahl des Firmennamens, des Firmensitzes, beim Gesellschaftsvertrag oder Gründungskapital gibt es Stolpersteine, über die man nicht fallen sollte.
Co-Founder sind oft auch die besten Freunde. Birgt das aus Ihrer Sicht eine besondere Herausforderung?
Auf jeden Fall! Viele Gründer – vor allem Startups – sind miteinander befreundet oder sogar verwandt, bevor sie gemeinsam als Unternehmer durchstarten. Wenn Umsätze einbrechen und der Gewinn zurückgeht, sind Streitigkeiten vorprogrammiert. Das Wort „Trennung“ steht dann schnell im Raum. Doch so einfach ist das nicht, wenn nicht bereits im Vorfeld im Gesellschaftsvertrag mögliche Ausstiegsszenarien festgehalten sind.
Founder-Teams sind oft auch international aufgestellt. Was muss man dann im Speziellen beachten?
Da macht es Sinn, wenn man die Verträge von Anfang an in englischer Sprache erstellt. Dann erspart man sich später die Übersetzungsarbeit.
Gegründet wird meistens eine GmbH – in welchen Fällen kann für Startups eine andere Rechtsform sinnvoll sein?
Welche Rechtsform optimal ist, hängt von vielen Faktoren ab. Generell kann man aber sagen: Ist das Projekt groß, damit das Haftungsrisiko hoch und sind mehrere Personen im Boot, dann empfiehlt sich eine GmbH. Gründet man ohne großes Haftungsrisiko, etwa zu zweit ein kleines Yoga-Studio, dann empfehle ich eine Offene Gesellschaft oder eine Kommanditgesellschaft. Ein Einzelunternehmen macht Sinn, wenn das Projekt überschaubar und nur an meine Person gebunden ist.
Startups teilen ihr Unternehmen früher oder später gerne mit Investoren, Investorinnen oder auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Muss man das schon ganz zu Beginn mitdenken?
Spätestens wenn es um die Frage geht, wie kann mein Unternehmen wachsen, oder wie kann ich es krisensicherer machen, muss man sich damit auseinandersetzen. Die Rechte und Pflichten des Investors richten sich nach den gesetzlichen und auch den gesellschaftsvertraglichen bzw. syndikatsvertraglichen Regelungen. Wichtig zu wissen ist: Wenn Investoren oder Mitarbeiter über eine Kapitalerhöhung einsteigen, werden die Anteile der Gründer verwässert. Manchmal auch unter Verlust von Mitspracherechten. Im Gesellschaftsvertrag sollte das idealer Weise geregelt sein.
Was sind die größten Fallstricke, wenn man neue Gesellschafter an Bord holt?
Die größten Fallstricke sind, dass fachliche oder menschliche Erwartungen nicht erfüllt werden. Ganz wichtig ist daher die Gewissheit, dass der neue Gesellschafter über die richtigen fachlichen Qualitäten verfügt und menschlich ins Team passt. Konflikte innerhalb eines Teams können zu einem Aus von jungen Unternehmen führen. Wir empfehlen daher, im Gesellschaftsvertrag alle Eventualitäten zu regeln: vom Ausstieg oder Ableben eines Gründers, dessen Insolvenz bis zum Einstieg eines neuen Gesellschafters oder Investors.
Viele Startups, so ehrlich muss man sein, scheitern. Wie ist man für eine Insolvenz zumindest rechtlich gut vorbereitet?
Für den Fall der Insolvenz sollten im Gesellschaftsvertrag Aufgriffsrechte vereinbart werden. Ebenfalls gilt es, während des Lebenszyklus der GmbH stets darauf zu achten, dass keine Einlagenrückgewähr erfolgt, weil im Fall der Insolvenz eine entsprechende durch den Masseverwalter einzufordernde Nachzahlungspflicht ausgelöst würde.
Österreichweit sind 526 Notarinnen und Notare tätig. Unternehmens- und Gesellschaftsrecht sind die wichtigsten Aufgabengebiete der Notare. Für Unternehmensgründer und Start-ups bieten sie eine erweiterte kostenlose Erstberatung. www.notar.at
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