29.04.2021

7 Startups aus Österreich, die Corona als Turbo nutzten

Die Coronakrise wirkt sich nicht auf alle negativ aus. Wir zeigen exemplarisch sieben Startups aus unterschiedlichen Branchen, die die Situation als Boost nutzten.
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Krisengewinner-Startups aus Österreich
(c) Adobe Stock - Jess rodriguez

Startups schmücken sich gerne mit Positiv-Meldungen. Doch wie der aktuelle Austrian Startup Monitor erst dieser Tage zeigte, sieht es für viele junge Unternehmen im Land derzeit keineswegs so rosig aus. Investment-Rekord und Erfolgsgeschichten hin oder her – 53 Prozent der befragten Startups gaben für 2020 einen Umsatzrückgang an, nur 24 Prozent ein Umsatzwachstum. Der Eindruck, in der Startup-Welt ginge es generell entgegen des Trends bergauf, trügt also. Und doch gibt es sie: Die Krisengewinner.

Krisengewinner-Startups: Schnelligkeit als Trumpf

Sie kommen zumeist – aber nicht nur – aus Branchen, denen Corona entgegenkommt. Und sie nutzten die Situation mit der für Startups stereotypischen Schnelligkeit optimal aus. Sie alle aufzuzählen, würde den Rahmen dieses Beitrags sprengen. Wir haben in sieben verschiedenen Branchen exemplarisch junge Unternehmen ausgewählt, die uns in der Redaktion im Laufe der Krise besonders auffielen – ohne Anspruch auf Vollständigkeit und in zufälliger Reihenfolge.

1. SchoolFox: Digitalisierung im Reich der Overheadprojektoren

Dass die EduTech-Branche massiv von der Krise profitiert hat, ist augenscheinlich. Das wahrscheinlich prominenteste Beispiel ist das Online-Nachhilfe-Startup GoStudent aus Wien, das zuletzt mit einer 70 Millionen Euro-Finanzierungsrunde für Aufsehen sorgte. Die meisten heimischen EduTechs arbeiten aber, wie GoStudent, wohl bewusst nicht direkt mit Schulen zusammen. Schließlich haftet dem Bereich nicht gerade der Ruf an, flexibel und digital-affin zu sein. In vielen Klassenräumen prangen noch immer Overheadprojektoren wie Mahnmale für Versäumnisse in der Digitalisierung.

SchoolFox - Rollout an allen niederösterreichischen Pflichtschulen
(c) A1/APA-Fotoservice/Hörmandinger: Das SchoolFox-Team

Fox Education aus Wien ist ein heimisches Startup, das es sogar schaffte, mit seinen Apps SchoolFox und KidsFox vom Bildungsministerium offiziell empfohlen zu werden. Die Folge: In den ersten Monaten der Krise konnte die Anzahl an Schulen, die auf die digitalen Services des Unternehmens setzen, mehr als verdoppelt werden. Inzwischen nutzen tausende Schulen und Kindergärten SchoolFox und KidsFox – nicht nur im Inland.

2. Markta: Bobo-Versorgung im Dauer-Lockdown

Der lokale Handel stöhnt nach wie vor unter den Corona-Maßnahmen (mit einigen Ausnahmen – seien es gesetzlich begünstigte Händler, oder solche, die einfach findiger als die Konkurrenz sind). Doch die Endverbraucher haben im Lockdown keineswegs aufgehört, einzukaufen. Die E-Commerce-Sparte wurde zum großen Krisengewinner. Das konnte etwa auch das steirische Scaleup Niceshops mit seinen zahlreichen Nischen-Shops eindrücklich zeigen.

markta-Gründerin Theresa Imre
markta-Gründerin Theresa Imre | (c) Pamela Rußmann

Eine Nische bedient auch Therea Imre mit Markta – allerdings eine relativ große und finanzkräftige: Bobos. Der digitale Bauernmarkt konnte seine Umsätze in der Krise ordentlich auf mehr als zwei Millionen Euro steigern und holte sich kürzlich ein Millioneninvestment, um den Wachstumskurs zu unterstreichen.

3. Byrd: Der Krisengewinner hinter den Krisengewinnern

Das massive Wachstum des E-Commerce-Bereichs in der Krise ist wohl für fast jeden anhand des eigenen Konsumverhaltens nachvollziehbar. Weniger im Rampenlicht steht die gigantische Branche dahinter, ohne die das alles gar nicht möglich wäre: die Logistik. Sie ist hoch komplex und wirkt nicht unbedingt sexy. und dennoch finden sich auch in dieser Branche heimische Startups, etwa Logsta aus Niederösterreich, das sich kürzlich ein Millioneninvestment holte.

byrd: Das Gründer-Team auf einem irreführenden Foto (Anm.: weil bei byrd laut Eigendefinition niemand ein Paket anfasst)
(c) byrd: Das Gründer-Team auf einem irreführenden Foto (Anm.: weil bei byrd laut Eigendefinition niemand ein Paket anfasst)

Ein weiteres heimisches Startup aus dem Bereich ist Byrd, das zuvor einige andere Geschäftsmodelle ausprobierte. Im Fulfillment fand es schließlich vor einiger Zeit seine Bestimmung, und wuchs rechtzeitig vor der Krise zu einer kritischen Größe heran, um ordentlich mitschneiden zu können. Mit einem fünf Millionen Euro-Investment und anschließenden internationalen Wachstumsschritten unterstrich Byrd vergangenes Jahr seinen Status als Krisengewinner.

4. Bikemap: Navigation im neu entdeckten Radweg-Dschungel

Nicht alle können (oder wollen) ihre Arbeit vom Homeoffice aus erledigen. Doch mitten in der Pandemie wirkt die trotz Lockdown gut gefüllte U-Bahn nicht besonders attraktiv. Das Auto kommt für viele ohnehin nicht mehr infrage, oder wurde längst abgeschafft. Die Lösung: Das Fahrrad. Davon profitierten in der Krise eine ganze Reihe heimischer Fahrrad-Startups aus unterschiedlichen Teilbereichen.

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(c) Kelag/Daniel Waschnig – Bikemap-CEO Matthias Natmessnig mit Astrid Koger, Head of Marketing.

Eines davon ist Bikemap, das mit seiner Fahrrad-Navigationsapp in der Krise auch international reüssierte und von massiv gestiegenen Userzahlen berichtete. Denn viele, die nun auf das Fahrrad umstiegen kannten den Radweg-Dschungel noch nicht auswendig. Die Popularität zeigt sich auch in internationalen Medienberichten, die die App des Wiener Startups als für Fahrradfahrer bessere Alternative zu Google Maps anpreisen.

5. Elephant Skin: Hände Schütteln in Zeiten der Pandemie

Eine weiterer Bereich, der für jeden offensichtlich von der Krise profitierte, ist jener der Corona-spezifischen Medizin- und Hygiene-Produkte. Dabei bieten heimische Startups einerseits digitale MedTech-Lösungen, wie etwa Symptoma aus Oberösterreich oder Medicus AI aus Wien. Andererseits sprangen Gründer einfach im richtigen Moment auf den Zug auf, wie jene von Bida Medical, die mit dem Import und Vertrieb von Corona-Lollipop-Tests hervorragende Umsätze machen.

Die ElephantSkin-Gründer Raphael Reifeltshammer und Ingomar Lang
(c) Susta: Die ElephantSkin-Gründer Raphael Reifeltshammer und Ingomar Lang

Auch im richtigen Moment die Zeichen der Zeit erkannt haben die Gründer von Elephant Skin. Sie starteten knapp nach Beginn der Pandemie mit der Entwicklung ihrer antiviralen und -bakteriellen Baumwoll-Handschuhe und gingen damit noch im Herbst großflächig auf den Markt. Händeschütteln in der Pandemie erwies sich als Erfolgsmodell: innerhalb weniger Wochen waren bereits Millionenumsätze erreicht.

6. Teamazing: Pivot vom Pandemie-Verlierer zum Krisengewinner

Der vielleicht umfassendste Krisengewinner-Bereich ist die – nicht als einzelne Branche klassifizierbare – Digitalisierung. Sie ist die Grundlage vieler Startups, weswegen die Startup-Welt insgesamt zumindest etwas besser durch die Krise kommt, als die Gesamtwirtschaft. Denn was viele etablierte Unternehmen in der Pandemie brauchten, konnten die jungen Unternehmen schon und standen als Anbieter bereit. Exemplarisch seien hier heimische Homeoffice-Tools wie Eyeson, Grape oder MeisterTask genannt.

Teamazing: Gründer Paul Stanzenberger
(c) Teamazing: Gründer Paul Stanzenberger

Sich selber erst einmal digitalisieren musste das Grazer Startup Teamazing in der Krise. Mit Teambuilding war es in einem sehr analogen Feld unterwegs und erlitt durch die Pandemie zunächst einen herben Schlag. Nach einem schrittweisen Aufbau digitaler Produkte gelang mit dem Angebot virtueller Weihnachtsfeiern endgültig der Durchbruch. Mittlerweile hat Teamazing Kunden wie TikTok und Google und befindet sich auf Expansionskurs.

7. Bitpanda: Ein Boom für die Geschichtsbücher

Über die genaue Dynamik dahinter sind sich Expertinnen und Experten zwar nicht einig, aber er ist dennoch offensichtlich: Der Zusammenhang zwischen der Coronakrise und dem aktuellen Krypto-Boom. Bitcoin und viele andere Kryptowährungen wurden innerhalb relativ kurzer Zeit auf ein maßgeblich höheres Niveau katapultiert, auf dem nun die typische Volatilität zur täglichen Kurs-Achterbahnfahrt führt.

die Bitpanda-Cofounder Christian Trummer, Paul Klanschek und Eric Demuth
Die Bitpanda-Cofounder Christian Trummer, Paul Klanschek und Eric Demuth | © Bitpanda

Ein heimisches Krypto-Startup, das unabhängig davon, in welche Richtung die Achterbahn gerade fährt, profitiert darf auf der Liste der Krisengewinner natürlich nicht fehlen: Bitpanda, Österreichs erstes Unicorn im engeren Sinn. Dass sein Geschäftsmodell funktioniert, bewies das Unternehmen bereits vor Jahren. Doch mit seinen zwei riesigen Finanzierungsrunden in kurzem Abstand gelang es dem Scaleup sich einen Eintrag in Österreichs Geschichtsbüchern zu sichern. Und mit neuen Produkten am laufenden Band zeigen die Gründer, dass sie nicht vorhaben, sich auszuruhen.

DisclaimerDie Bitpanda GmbH ist mit 3,9849 % an der Brutkasten Media GmbH beteiligt.

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N26-Founder Maximilian Tayenthal und Valentin Stalf (v.li.) (c) N26

Elf Jahre nach ihrer Gründung gelingt es der Neobank N26, über einen längeren Zeitraum profitabel zu wirtschaften. Im dritten Quartal dieses Jahres erzielte das Unternehmen zum ersten Mal ein operatives Ergebnis von 2,8 Millionen Euro im Plus. Bereits im Juni konnte die Neobank ihren ersten monatlichen Gewinn verbuchen – brutkasten berichtete.

2024: 440 Mio. Euro Umsatz

Mitte des Jahres äußerte CEO Valentin Stalf die Hoffnung, dass das gesamte Jahr profitabel ausfallen könnte. Fünf Monate später steht N26 jedoch vor einem (unbereinigten) operativen Jahresminus von etwa 20 Millionen Euro. Zum Vergleich: Im Vorjahr lag das Minus noch bei 78,3 Millionen Euro.

Die aktuellen Zahlen verdeutlichen, dass es für die Neobank N26 in diesem Jahr deutlich bergauf geht. Der Umsatz wird voraussichtlich rund 440 Millionen Euro erreichen, was einem Wachstum von etwa 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Nahezu die Hälfte davon soll aus Zinserträgen stammen, ergänzt durch Erträge aus der Veranlagung von Kundengeldern und einem wachsenden Anteil aus dem Kreditgeschäft. Der Rest resultiert aus Gebühren und Provisionen.

N26: Transaktionsvolumen von 140 Milliarden Euro

Erstmals überschritt der Betrag der Kundeneinlagen in diesem Jahr die zehn Milliarden Euro. Das Transaktionsvolumen soll 2024 zudem 140 Milliarden Euro erreichen.

Nach der Aufhebung der Wachstumsbeschränkung im Juni, die von der deutschen Finanzaufsicht Bafin aufgrund von Mängeln in der Geldwäsche- und Betrugsbekämpfung verhängt wurde, verzeichnet N26 aktuell mehr als 200.000 Neuanmeldungen pro Monat, wie Stalf verkündet.


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