09.09.2019

Guck mal: Wie Konica Minolta die Transformation zum Anbieter von IT-Services schafft

Von Kompaktkameras hat sich der japanische Konzern Konica Minolta verabschiedet, der Fokus liegt nun auf Managed IT Services. Johannes Bischof, CEO Konica Minolta Business Solutions Österreich und Deutschland, spricht über die Hintergründe der Transformation und die Bedeutung von Startups in diesem Prozess.
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Konica Minolta
Johannes Bischof (re.), Managing Director Konica Minolta Business Solutions Germany and Austria, im Gespräch mit dem brutkasten. (c) Dejan Jovicevic

“Guck mal, Konica” – dieser bekannte Werbeslogan dürfte wohl noch jedem bekannt sein, der in den 1990er Jahren einen Fernseher besessen hat. Doch von diesem Geschäft hat sich der Konzern, der nun unter dem Namen Konica Minolta firmiert, längst verabschiedet: Das Fotogeschäft wurde im Jahr 2006 abgegeben, und auch Drucker – die andere bekannte Cashcow des Unternehmens – sind nun eher Mittel zum Zweck: Viel mehr entwickelt sich Konica Minolta zu einem Anbieter für Managed IT Services aller Art.

“Wir genießen weltweit nun das Vertrauen von rund zwei Millionen B2B-Kunden”, sagt Johannes Bischof, Managing Director Konica Minolta Business Solutions Germany and Austria. Die rund 360 Mitarbeiter in Österreich haben rund 1000 Kundenkontakte pro Tag. Die Kunden sind dabei vor allem kleine und mittelgroße Unternehmen (KMU), die selbst nicht die Ressourcen für das Instandhalten einer ausgefeilten IT-Infrastruktur haben, diese aber gerne nutzen würden. Auch die entsprechenden IT-Fachkräfte fehlen den KMU oft, sie sind meist zu teuer oder erst gar nicht verfügbar.

+++Analyse: Chancen für Österreichs Startups in Japan+++

Die Bandbreite der Kunden reicht von klassischen Büros mit zehn Mitarbeitern bis zur temporären IT auf einer Baustelle: Diese kann vor Ort konfiguriert und dann über die Cloud aus der Ferne verwaltet werden. “Die Cloud eignet sich gut für SaaS-Lösungen und für Remote Updates”, sagt Bischof. Zugleich sei es wichtig, manche Daten lokal zu speichern – das zeige sich für ihn alleine dann schon, wenn er eine Geschäftsreise zum Headquarter in Japan antritt und während des Flugs Dokumente bearbeiten will. Bischof: “Ich bin dort ein Verfechter der Cloud-Technologie, wo sie Sinn macht.”

Drucker als Teil des Internet of Things

Wie eingangs erwähnt, hat Konica Minolta sich von dem Thema Drucker jedoch nicht verabschiedet – ganz im Gegenteil: Der Drucker ist Teil der IT-Umgebung, die Konica Minolta verwaltet. “In gewisser Weise ist jeder Drucker heutzutage Teil des Internets der Dinge”, sagt Bischof. Das zeigt sich unter anderem in dem “Workplace Hub”, den Konica Minolta seinen Kunden anbietet: Dieser ist nicht bloß ein Drucker, sondern dient zugleich als WiFi-Hotspot und Managed IT-Server, der aus der Ferne gewartet werden kann. Die Sicherheit der Infrastruktur wird dabei durch eine Kooperation mit Sophos geboten, der Server kommt von Hewlett Packard Enterprise.

Und dass Drucker per se innovativ sein können, zeigt das Unternehmen mit seinem Koloss namens AccurioJet KM-1: Dieser ist vier Meter lang, kann diverse Materialien drucken und kostet in der Anschaffung rund eine Million Euro. In Europa sind rund 20 Drucker dieser Art installiert.

Stillstand ist der Tod: Konica Minolta kooperiert mit Startups

Als No-Go für Unternehmen sieht Bischof es angesichts dieser Neuausrichtung, dass sich das Top-Management zurücklehnt und mit dem Status-quo zufriedengibt: Das zeigt schon allein die Tatsache, dass die einst erfolgreichen Kompaktkameras heute wohl mit keiner Handy-Kamera mehr mithalten könnten. “Man sollte sich immer selbst in Frage stellen”, sagt Bischof: “Und wenn man das nicht schafft, sollte man sich von einem Startup in Frage stellen lassen.”

Gesagt, getan: Konica Minolta gehörte zu den ersten Sponsoren des Pioneers Festivals in Wien, welches mittlerweile Geschichte ist. Unter anderem wurden dort auch die Business Innovation Center (BIC) des Konzerns präsentiert: Dabei handelt es sich um fünf auf der ganzen Welt verstreute Zentren, in denen Konica Minolta gemeinsam mit Forschern und Startups an neuen Ideen feilt.

Das europäische BIC steht in London, weitere befinden sich in Singapur, Shanghai, Tokio und Kalifornien. “Jeder Manager sollte sich derartige Zentren ansehen, denn man verfällt schnell in eine Routine, und Routine ist der Feind der Innovation”, sagt Bischof: “Startups wiederum brauchen Stabilität, und hier können wir uns gegenseitig helfen.” Zudem können die Startups bei gewissen Kooperationen das bestehende IT-Angebot von Konica Minolta, sowie das Kundenportfolio des Konzerns nutzen.

Parallel dazu wurde ein Technology Innovation Programm eingerichtet: Seit vier Jahren können bei diesem Intrapreneurship-Programm Mitarbeiter aller Ebenen ihre Ideen pitchen. “Hier haben wir die Idee des Pioneers nach innen getragen”, sagt Bischof. Gemeinsam mit Kollegen werden dann die besten Ideen ausgearbeitet, einmal pro Jahr werden die besten Ideen bei einem globalen Event präsentiert.

Smarte Brille für die Industrie 4.0

Ein Beispiel für die Ergebnisse der BICs ist etwas, das mit dem Druckergeschäft recht wenig zu tun hat: Die smarte Brille “AIRe Lens“. Diese bietet Augmented Reality für die Industrie und kann unter anderem in den Bereichen Diagnostics und Maintenance eingesetzt werden. “Außerdem kann sie genutzt werden, um dem Mitarbeiter aus der Ferne Anleitungen zu geben”, sagt Bischof.

Wie schafft es also ein Unternehmen dieser Größe, sich zu transformieren und quasi ein Startup mit 145jähriger Unternehmensgeschichte zu bleiben? Erstens dürfte diese Frage mit dem zuvor erwähnten Managementbild beantwortet werden, bei dem man sich stets selbst in Frage stellt und von Partnern in Frage stellen lässt. Zweitens dürfte es helfen, dass der Konzern Gewinne erwirtschaftet, mit denen neue Projekte finanziert werden können.

Und drittens hilft es, die richtigen Mitarbeiter zu haben. “Jede Veränderung ist für die Mitarbeiter eine Herausforderung. Manche tun sich schwer damit, anderen fällt es leichter”, sagt Bischof. Es hänge aber auch davon ab, wo man die Mitarbeiter abholt: “Wenn ich neue Leute anheuere, bestärke ich immer die positiven Aspekte der Veränderung.”

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Lanbiotic, Neurodermitis
(c) Oliver Wolf - Patrick Hart und Katrin Susanna Wallner von Lanbiotic.

Das Grazer Startup Lanbiotic stellt medizinische Hautpflege-Produkte mit lebensfähigen Bakterien speziell für die von Neurodermitis geplagte Haut her. Dabei verwenden die beiden Gründer:innen Patrick Hart und Katrin Wallner den zum Patent angemeldeten Bakterienstamm “Lactococcus Lanbioticus“.

Lanbiotic: “Skalierung als neue Normalität”

“Mit unseren probiotischen Hautanwendungen bringen wir gesundheitsfördernde Bakterien direkt auf die Haut, um die natürliche Balance des Hautmikrobioms wiederherzustellen und Hautprobleme gezielt an der Ursache zu bekämpfen”, erklärt Wallner.

Das letzte Jahr fühlte sich für die Gründerin an, als sei ein Traum nicht nur wahr, sondern sogar übertroffen worden. Andererseits sei es eine “neue Normalität” an der Skalierung des Unternehmens zu arbeiten.

“Wir haben weitere Produkte mit unserem einzigartigen Bakterienstamm ‘Lactococcus Lanbioticus’ entwickelt, um umfassender auf die Bedürfnisse von Menschen mit zu Neurodermitis neigender Haut eingehen zu können. Neu hinzugekommen sind Flora Bath und Flora Sun”, erklärt Wallner.

Flora Bath ist ein spezieller Badezusatz, der für Menschen entwickelt wurde, die großflächig oder an der Kopfhaut von Ekzemen betroffen sind – ein Bereich, in dem Pflegecremen oft an die Grenzen ihrer Praktikabilität stoßen.

“Der Fokus liegt wie immer bei Lanbiotic auf der Ergänzung des Hautmikrobioms, also ‘der lebende Teil’ der natürlichen Schutzbarriere der Haut, die den gesamten Körper bedeckt, mit probiotischen Bakterien”, so Wallner weiter. “Eine Ausgewogenheit des Hautmikrobioms ist, wie auch im Darm, entscheidend, um die Gesundheit der Haut zu bewahren und Beschwerden zu lindern.”

Flora Sun hingegen ist ein weiteres Produkt, das auf die besonderen Herausforderungen empfindlicher Haut unter UV-Strahlung eingeht. Studien hätten gezeigt, dass das Hautmikrobiom die natürliche Fähigkeit der Haut verbessern kann, mit den Effekten – und häufig auch Schäden – durch Sonneneinstrahlung umzugehen.

EHI-Siegel für Onlineshop

“Parallel dazu haben wir auch international expandiert: Der Eintritt in den deutschen Markt war ein großer Schritt, der mit der Anpassung unserer Produktions- und Logistikkapazitäten verbunden war, um langfristig weitere internationale Märkte beliefern zu können. Unser Webshop wurde außerdem mit dem EHI-Siegel zertifiziert, um unseren Kund:innen einen sicheren und vertrauenswürdigen Einkauf zu ermöglichen.”

Auch das Team wuchs 2024, zudem konnte durch zahlreiche Medienauftritte und Messeteilnahmen Aufmerksamkeit für die eigenen Produkte und die Marke gewonnen werden.

“Als weiteres Highlight wurden wir von der Apothekerkammer mit unserer Fachfortbildung akkreditiert, was Apotheker dazu motiviert, unsere Fortbildungen zu besuchen und mehr über das noch recht ‘nischige’ Thema Hautmikrobiom zu erfahren”, sagt Wallner.

Neue Märkte im Fokus

Aktuell arbeitet das Startup intensiv daran, Lanbiotic als Unternehmen und Marke weiterzuentwickeln, strategisch zu positionieren und zu skalieren. Das oberste Ziel ist es, die Lebensqualität von Menschen mit Neurodermitis über ihre mikrobiombasierten Produkte zu verbessern.

“Wir möchten Lanbiotic in weiteren Märkten etablieren, insbesondere natürlich in Ländern, wo die Prävalenz für Neurodermitis hoch ist. Dafür arbeiten wir an effizienten Marketingprozessen, um unsere Markenbekanntheit zu steigern, und bauen unsere Vertriebsstrukturen aus”, erklärt die Founderin. “Um diesen Schritt bestmöglich zu unterstützen, suchen wir gezielt nach vertrauenswürdigen Partnern für den internationalen Vertrieb, die unsere Werte und Qualitätsansprüche teilen. Die Kooperationen sollen es uns ermöglichen, unsere Produkte nachhaltig in weiteren europäischen und außereuropäischen Ländern anzubieten und das Thema Hautmikrobiom international bekannter zu machen.”

Daneben optimiert das Team Produktionsprozesse, um der wachsenden Nachfrage nachkommen zu können. In der Produktentwicklung liegt dabei der Fokus auf der Entwicklung weiterer wissenschaftsbasierten probiotischen Pflegeprodukten, die speziell auf die Bedürfnisse von Menschen mit Neurodermitis und empfindlicher Haut zugeschnitten sind. Dazu steht man intensiv mit Industrie und Spitzenforschung in Kontakt.

Lanbiotic: Strukturen und Prozesse schaffen

Intern sei man vor allem stark mit dem Aufbau der Organisation beschäftigt. Man arbeitet daran, Strukturen und Prozesse zu schaffen, die das Wachstum langfristig stützen können. Ziel sei es, eine gesunde Organisation aufzubauen, die den Expansions- und Innovationszielen gerecht werde und das Unternehmen flexibel in die nächsten Entwicklungsstufen führt.

Lanbiotic wurde in der Vergangenheit unter anderem auch von der Austria Wirtschaftsservice (aws) unterstützt. So absolvierte das Unternehmen den aws First Incubator und erhielt über aws Innovationsschutz eine Förderung, um sein geistiges Eigentum zu schützen. Später folgte eine Preseed- und Seed-Förderung über aws Innovative Solutions. Mit diesem Seed-Förderprogramm unterstützt die aws innovative Gründungsideen, die über die Unternehmensgrenzen hinaus einen positiven gesellschaftlichen Impact bewirken. Der Fokus liegt auf skalierbaren Geschäftsmodellen. Im Fall von Lanbiotic war die Förderung essentiell, um die Produktentwicklung und Markteinführung zu finanzieren und sich allgemein zu professionalisieren.

“Eine bessere Förderung als aws Seed Innovative Solutions könnte es derzeit, meiner Meinung nach, für uns nicht geben”, sagt sie. “Es handelt sich um einen nicht rückzahlbaren Zuschuss von 400.000 Euro, der für unterschiedlichste Aktivitäten in der Markteinführung und Produkteinführung verwendet werden kann. Naturgemäß ist das Programm sehr kompetitiv, aber wenn man für die Finanzierung ausgewählt wird, hat man wirklich einen gewaltigen Booster, um ein nachhaltiges Unternehmen aufzubauen.”

Die weiteren Ziele von Lanbiotic

Im Allgemeinen habe ihnen das Programm bereits jetzt weit mehr gebracht als Geld. “Ich empfand den Bewerbungsprozess per se als wertvolle Erfahrung, um mir unser Business Model noch einmal ganz genau anzusehen und unsere Ziele zu definieren”, präzisiert die Grazerin. “Dass wir sie jetzt so scheinbar ‘locker’ übertreffen konnten, ist natürlich die Draufgabe.”

Durch die positive Resonanz der stetig wachsenden Stammkundenbasis sieht sich Wallner in ihrer Mission bestätigt. “Wir wissen aber auch, dass viele Menschen Lanbiotic noch nicht kennen und Neurodermitis in vielen Ländern nach wie vor ein großes Problem darstellt”, sagt sie. “Daher wollen wir gezielt skalieren, den Umsatz und Gewinn steigern, innerhalb und außerhalb Europas expandieren und unser Produktportfolio weiter diversifizieren.”

In Sachen Umsatzentwicklung wird Lanbiotic 2024 das gesetzte Umsatzziel voraussichtlich verdoppeln, wie Wallner erzählt. “Unser für 2025 gestecktes Ziel ist ambitioniert, aber wir sind zuversichtlich, dass wir hier wieder gute Arbeit leisten. Aktuell haben wir einen sechsstelligen Nettoumsatz erreicht, und dank der Unterstützung durch die aws Seed-Förderung werden wir auch heuer, wie jedes Jahr seit unserer Gründung, noch profitabler sein.”


* Disclaimer: Das Startup-Porträt erscheint in Kooperation mit Austria Wirtschaftsservice (aws)

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