26.03.2021

Bitcoin verbieten? Das wird schwer. Teil 1: Was die USA und Nigeria gemeinsam haben

Hedgefonds-Legende Ray Dalio warnt vor einem Bitcoin-Verbot. Das ist verständlich. Aber ist es auch realistisch?
/artikel/bitcoin-verbot-teil-1
Niko Jilch: Replik auf Ray Dalios Aussagen zu einem Bitcoin-Verbot
brutkasten-Kolumnist Niko Jilch | Hintergrund (c) Harry Murphy/Web Summit via Sportsfile (CC BY 2.0)

Was Ray Dalio zu einem möglich Bitcoin-Verbot sagt, sollte man sich anhören. Der Mann hat mit Bridgewater den größten Hedgefonds der Welt aufgebaut. Er hat mehrere Bücher und unzählige Aufsätze über die Geschichte von Märkten, Blasen, Währungen und Geldpolitik geschrieben. Kurz: Er weiß, wovon er spricht.

Oder?

Dalio hat schon mehrfach durchscheinen lassen, dass er sich mit Bitcoin zumindest grundsätzlich beschäftigt hat. Er sieht die Innovation, die die Technologie bringt. Ein nichtstaatlicher, dezentraler Wertspeicher. “Digitales Gold” wenn man so will. Daher kommt auch Dalios ultimativer Schluss: Die Staaten werden Bitcoin verbieten, sagt er. Weil sie Konkurrenz nicht schätzen. Er vergleicht die Situation mit dem Goldverbot der 1930er-Jahre in den USA.

Geschicktes Manöver oder aufrichtige Prognose?

Nun gibt es zwei Möglichkeiten.

A) Dalio tut, was Hedgefondsmanager gerne tun: Er nutzt seinen medialen Einfluss, um den Preis von Bitcoin zu drücken, während er einkauft. Diese Möglichkeit darf man nicht ausschließen. Immerhin hat er erst vor wenigen Wochen gesagt, dass Bridgewater sich Bitcoin sehr genau ansieht – und auch einen Fonds mit Bitcoin-Beteiligung auflegen könnte. Dalios grundlegendes Szenario für die nächsten Dekaden liest sich in großen Teilen wie ein Bitcoin-Buch. Er erwartet eine fortgesetzte Abwertung der staatlichen Währungen durch extrem lockere Geldpolitik und eine steigende Nachfrage nach “goldähnlichen Assets” von Investoren, die sich vor dieser der Politik der Notenbanken schützen wollen.

B) Dalio glaubt wirklich an massiven Widerstand seitens des Staats – bis hin zu einem kompletten Bitcoin-Verbot in den USA. Das ist fraglos ein äußerst problematisches Szenario für Bitcoin. Amerika hat die größten und wichtigsten Finanzmärkte, es ist schon heute Heimat für einige der wichtigsten Bitcoin-Unternehmen (Coinbase, Gemini, Kraken, Tesla). Ein Verbot hätte massive Auswirkungen.

Aber wie realistisch ist so ein Bitcoin-Verbot?

Dalio vergleicht die Situation mit Gold in den 1930er-Jahren. Dieser Vergleich hinkt aus mehreren Gründen. Die USA operierten damals unter einem Goldstandard. Die Landeswährung war an Gold gebunden. Der private Goldbesitz wurde verboten, damit der Staat das Gold einsammeln konnte, um sich im internationalen Spiel der Kräfte besser zu stellen. Nun ist Gold – wie Bitcoin – in der Menge begrenzt und ein Geld, das keine Nation kennt. So gesehen sind beide vergleichbar. Aber die USA operieren heute nicht auf einem Bitcoin-Standard. Es gibt keinen Grund, Bitcoin “einzusammeln”.

Sollte es ein Verbot geben, dann um den Dollar vor direkter Konkurrenz durch die Kryptowährung zu schützen. Das ist ein nachvollziehbarer Gedanke. Aber ein Bitcoin-Verbot aus diesem Grund wäre auch ein Eingeständnis des Versagens. Und der “Erfolg” eines solchen Verbots ist keineswegs garantiert. Alle bisherigen Versuche, die Bitcoin-Nutzung per Gesetz zu verbieten, sind gescheitert.

Bitcoin-Verbot in Nigeria gescheitert

Jüngstes Beispiel: Nigeria. Das afrikanische Land ist der zweitgrößte Bitcoin-Markt weltweit – nach den USA. Die digitale Wirtschaft und Bitcoin bieten gewaltige Chancen, das Wachstum ist in diesen Bereichen enorm. Kein Wunder: Die Landeswährung wertet seit Jahren ab, Bitcoin wertet auf. Auch für Zahlungen der afrikanischen Diaspora zurück in die Heimat bieten Kryptowährungen eine sehr attraktive Alternative. In Relation zur Bevölkerung hat Nigeria heute die höchste Bitcoin-Nutzungsrate weltweit. Ein Drittel aller Nigerianer nutzt heute Bitcoin und das Verbot hat die Beliebtheit von Bitcoin in der Bevölkerung nur angeheizt – nicht gedämpft.

Das Bitcoin-Verbot in Nigeria ist gescheitert. Nach wenigen Wochen rudert die Notenbank zurück und stellt klar: Banken dürfen weiterhin keine Bitcoin-Services anbieten – der breiten Bevölkerung ist die Nutzung aber sehr wohl erlaubt. “Die Zentralbank Nigerias hat keine Einschränkungen für die Nutzung und den Handel mit Kryptowährungen erlassen und wir wollen die Menschen nicht davon abhalten, damit zu handeln”, hieß es aus der Notenbank: “Was wir getan haben, ist den Banken zu verbieten, Transaktionen mit Kryptowährungen durchzuführen.”

Heißt: Es gibt kein Verbot für Kryoptowährungen oder Bitcoin in Nigeria, denn wenn Bitcoin etwas nicht braucht, dann sind es Banken. Die Kontroverse, hinter der auch innenpolitische Gründe zu vermuten sind, wird aber weitergehen. Im Grunde befindet sich Nigeria in einer ähnlichen Zwickmühle wie die USA: Verbietet man Bitcoin, würgt man die Innovation im Fintechsektor ab – und der wird für beide Staaten immer wichtiger. Verbietet man es nicht, muss man sich auf die neue Realität einstellen, die Bitcoin bringt. Namentlich: Eine Art “Schweizer Bankkonto” für jedermann, weltweit. Das hat für die Nutzer, die sich vor staatlicher Ausbeutung, Abwertung und Kontrolle schützen wollen, große Vorteile. Aus staatlicher Sicht ist es aber, gelinde gesagt, eine gewaltige Herausforderung.

Mehr dazu in Teil 2.


Zum Autor

Niko Jilch ist Finanzjournalist, Podcaster und Speaker. Website: www.nikolausjilch.com Twitter: @nikojilch


Disclaimer: Dieser Text sowie die Hinweise und Informationen stellen keine Steuerberatung, Anlageberatung oder Empfehlung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren dar. Sie dienen lediglich der persönlichen Information. Es wird keine Empfehlung für eine bestimmte Anlagestrategie abgegeben. Die Inhalte von brutkasten.com richten sich ausschließlich an natürliche Personen.

Deine ungelesenen Artikel:
vor 9 Minuten

WSF: OÖ-Fahrrad-Startup ist insolvent und soll saniert werden

Ein deutlicher Jobabbau von rund 50 auf 15 Mitarbeiter:innen reichte nicht mehr: Das oberösterreichische Fahrrad-Startup WSF Bicycle Technology ist insolvent. Das Unternehmen soll nun saniert werden.
/artikel/wsf-bicycle-technology-insolvenz
vor 9 Minuten

WSF: OÖ-Fahrrad-Startup ist insolvent und soll saniert werden

Ein deutlicher Jobabbau von rund 50 auf 15 Mitarbeiter:innen reichte nicht mehr: Das oberösterreichische Fahrrad-Startup WSF Bicycle Technology ist insolvent. Das Unternehmen soll nun saniert werden.
/artikel/wsf-bicycle-technology-insolvenz
Die Werkshalle von WSF Bicycle Technology in Regau | (c) WSF/Sabrina Perauer-Wallinger
Die Werkshalle von WSF Bicycle Technology in Regau | Foto: WSF/Sabrina Perauer-Wallinger

Für Fahrrad-Startups war das vergangene Jahr nicht einfach: Beispielsweise rutschten die beiden Wiener E-Bike-Unternehmen Gleam Bikes und Bike Gorillaz jeweils in die Zahlungsunfähigkeit und meldeten Konkurs an. WSF Bicycle Technology aus dem oberösterreichischen Regau dagegen meldete erst vor zwei Monaten weiteres Wachstum für das Jahr 2023. So sei die Zahl der Mitarbeiter:innen am Standort Regau innerhalb von sechs Monaten von 40 auf über 50 gestiegen. Weitere Einstellungen seien geplant (brutkasten berichtete).

Das Startup rund um die beiden Gründer Roland Wallmannsberger und Alexander Schnöll kümmert sich um Sourcing, Beschaffung und Import der Fahrradkomponenten in die EU und übernimmt anschließend die Montage und Lackierung der Fahrräder sowie den Versand zum Endverbraucher, Händler oder Hersteller. Ebenfalls im Februar hatte das Unternehmen angekündigt, sein Produktionsvolumen bis 2026 von circa 25.000 auf 100.000 (E-)Bikes pro Jahr steigern zu wollen. Nur wenige Monate zuvor hatte WSF über eine Crowdinvesting-Kampagne auf Conda 433.000 Euro aufgenommen.

Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung eröffnet

Nun ist das Unternehmen aber doch in Schwierigkeiten geraten: Wie der Alpenländische Kreditorenverabnd (AKV) meldet, ist auf Eigenantrag des Unternehmens vom zuständigen Landesgericht Wels ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung eröffnet worden.

Im Eröffnungsantrag verweist das Unternehmen laut AKV auf den Umschwung in der Branche: Nach dem starken Wachstum zwischen 2020 und 2022 sei es mit Ende 2023 zu einem starken Rückgang des Marktvolumens gekommen. Die Folge: WSF konnte “kaum neue Kunden” gewinnen. Auch Bestandskunden hätten das Unternehmen deutlich weniger beauftragt.

Dazu kamen noch Lieferverzögerungen bei Teilen, die für die Fertigung benötigt werden. Dies wirkte sich direkt aus: Einige bestehende Aufträge hätten nicht zeitgerecht abgeschlossen werden können – und mit einem Großauftrag konnte das Startup nicht einmal noch starten.

Auslastung von 1.500 Fahrrädern auf 300 Fahrräder monatlich gesunken

Das schlug sich dann schnell in der Auslastung nieder: Im ersten Quartal 2023 produzierte das Unternehmen im Monat noch 1.500 Fahrräder. Zuletzt waren es unter 300. WSF erhöhte dann die Preise – laut Eröffnungsantrag reichte dies aber nicht mehr, um den Mengenverlust umsatzseitig zu kompensieren. Das Unternehmen schlitterte in die Zahlungsunfähigkeit.

Anders als noch im Februar geplant, hat WSF Bicycle Technology keine weiteren Mitarbeiter:innen eingestellt – sondern im Gegenteil das Personal drastisch reduziert. Von der Insolvenz sind laut Antrag 15 Dienstnehmer:innen betroffen. Laut AKV hatte das Unternehmen vor dem Jobbabu 49 Mitarbeiter:innen.

Im Februar hatte das Unternehmen, wie eingangs erwähnt, gemeldet, dass die Teamgröße auf über 50 Personen angestiegen sei. Im Insolvenzantrag werden nun 15 betroffene Dienstnehmer:innen genannt. Laut AKV hatte das Unternehmen vor dem Abbau 49 Mitarbeiter:innen.

Verbindlichkeiten von 2 Mio. Euro

Laut AKV hat das Unternehmen Verbindlichkeiten in der Höhe von zwei Millionen Euro. Demgegenüber stehen Vermögenswerte in der Höhe von 175.000 Euro. Dabei handelt es sich um das vorhandene Anlage- und Umlaufvermögen. Den größten Wert stellen laut dem Verband Betriebs- und Geschäftsausstattung sowie die vorhandenen Produktionsmittel dar. Die Betriebsstätte dagegen ist gemietet und nicht im Eigentum des Unternehmens.

WSF Bicycle Technology soll jetzt jedenfalls fortgeführt werden. Im Eröffnungsantrag gibt das Unternehmen laut AKV an, dass sich der Markt für Fahrräder langsam wieder erhole. Die Aufträge würden wieder steigen, sodass eine Finanzierung des weiteren Betriebs aus der laufenden operativen Tätigkeit möglich sei. Gleichzeitig laufen nach Unternehmensangaben Gespräche mit möglichen Investor:innen.


brutkasten hat bei der PR-Agentur des Unternehmens um eine Stellungnahme angefragt. Sie wird bei Eintreffen ergänzt.

Toll dass du so interessiert bist!
Hinterlasse uns bitte ein Feedback über den Button am linken Bildschirmrand.
Und klicke hier um die ganze Welt von der brutkasten zu entdecken.

brutkasten Newsletter

Aktuelle Nachrichten zu Startups, den neuesten Innovationen und politischen Entscheidungen zur Digitalisierung direkt in dein Postfach. Wähle aus unserer breiten Palette an Newslettern den passenden für dich.

Montag, Mittwoch und Freitag

AI Summaries

Bitcoin verbieten? Das wird schwer. Teil 1: Was die USA und Nigeria gemeinsam haben

AI Kontextualisierung

Welche gesellschaftspolitischen Auswirkungen hat der Inhalt dieses Artikels?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Bitcoin verbieten? Das wird schwer. Teil 1: Was die USA und Nigeria gemeinsam haben

AI Kontextualisierung

Welche wirtschaftlichen Auswirkungen hat der Inhalt dieses Artikels?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Bitcoin verbieten? Das wird schwer. Teil 1: Was die USA und Nigeria gemeinsam haben

AI Kontextualisierung

Welche Relevanz hat der Inhalt dieses Artikels für mich als Innovationsmanager:in?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Bitcoin verbieten? Das wird schwer. Teil 1: Was die USA und Nigeria gemeinsam haben

AI Kontextualisierung

Welche Relevanz hat der Inhalt dieses Artikels für mich als Investor:in?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Bitcoin verbieten? Das wird schwer. Teil 1: Was die USA und Nigeria gemeinsam haben

AI Kontextualisierung

Welche Relevanz hat der Inhalt dieses Artikels für mich als Politiker:in?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Bitcoin verbieten? Das wird schwer. Teil 1: Was die USA und Nigeria gemeinsam haben

AI Kontextualisierung

Was könnte das Bigger Picture von den Inhalten dieses Artikels sein?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Bitcoin verbieten? Das wird schwer. Teil 1: Was die USA und Nigeria gemeinsam haben

AI Kontextualisierung

Wer sind die relevantesten Personen in diesem Artikel?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Bitcoin verbieten? Das wird schwer. Teil 1: Was die USA und Nigeria gemeinsam haben

AI Kontextualisierung

Wer sind die relevantesten Organisationen in diesem Artikel?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Bitcoin verbieten? Das wird schwer. Teil 1: Was die USA und Nigeria gemeinsam haben