01.03.2021

Bitcoin oder Gold: Was ist eigentlich das härtere Geld?

Unsere Währungen sind weich und werden immer weicher. Gold und Bitcoin bieten einen Gegenentwurf. Aber warum eigentlich? Und welches Geld ist härter?
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Hartes Geld: Bitcoin und Gold

Gold oder Bitcoin? Ist das hier die Frage? Nein, nicht wirklich. Beide Geldformen decken ähnliche Bedürfnisse ihrer Nutzer ab, bringen aber unterschiedliche Eigenschaften mit. Das Edelmetall hat sich über Jahrhunderte in der analogen Welt bewiesen, Bitcoin ist angetreten, um das digitale Gold zu werden. Das Verhältnis von Gold und Bitcoin habe ich hier schon beschrieben. Heute wollen wir die Frage beantworten, was “hartes” Geld eigentlich ausmacht – und wie Gold und Bitcoin sich da schlagen.

Wir leben in einer Ära des weichen Geldes. Und es wird jeden Tag weicher. Diese Aussage kann niemand bestreiten. Die Europäische Zentralbank definiert “Preisstabilität” mit einer Inflationsrate von rund zwei Prozent pro Jahr. Das bedeutet: Wer sein Geld 35 Jahre lang nur rumliegen lässt, verliert die Hälfte seiner Kaufkraft: Weiches Geld. Das ist einer der Gründe, warum Geldanlage so wichtig ist, wenn man langfristig denkt. Wer es gut macht, kann seine Kaufkraft erhalten. Wer es sehr gut macht, kann sie ausbauen. Wer es nicht macht, wird verlieren.

Weiches Geld: Der Dollar verliert stetig an Kaufkraft
(c) Agenda Austria

Diese Grafik stammt aus der neuen Arbeit der “Agenda Austria” zu Bitcoin: “Geld ohne Staat”. Traditionell denken wir an Gold, wenn es um staatenloses Geld geht. Es ist der Gegenentwurf zu Dollar und Euro. Es ist ein weiches Metall, aber hartes Geld. Es ist selten, glänzt schön, ist leicht teilbar und dennoch unzerstörbar. Über Jahrhunderte hat Gold die monetäre Basis der menschlichen Wirtschaft gebildet. Nicht eine Regierung hat das entschieden. Es war der Markt. Was bedeutet: Die Menschen.

Gold: Gutes Geld wird nirgendwo anders als Rohstoff benötigt

Damit ein Rohstoff als Geld gut funktioniert, sollte er für andere Anwendungen nicht allzu nützlich sein. Oft hört man das Argument, Silber sei das bessere Gold, weil es auch in der Industrie benötigt wird. Aber das ist der falsche Blickwinkel. Ein Rohstoff, der von der Industrie stark nachgefragt wird, ist schlechtes Geld. Denn hartes Geld wird gern gehortet. Aber einen Rohstoff zu horten, der anderswo produktiv eingesetzt werden könnte, macht wenig Sinn.

Gold kommt nur in wenigen industriellen Anwendungen zum Einsatz. Wird es verwendet, dann meist als Schmuck. Dabei wird es nicht verbraucht. Ein Großteil der Schmucknachfrage ist mit Investmentnachfrage gleichzusetzen – vor allem im arabischen und asiatischen Raum. Diese Form von Schmuck ist auch eine Art der Hortung.

Weil Gold seit Jahrtausenden als wertvoll erachtet wird, passen wir in der Regel gut drauf auf. Weil es praktisch unzerstörbar ist, sind fast alle in der Geschichte geförderten Unzen noch im Umlauf – wobei wir nicht wissen, wieviel Gold am Meeresboden liegt oder im Wald vergraben wurde. Rund 200.000 Tonnen Gold existieren. Pro Jahr kommen etwas mehr als 3000 Tonnen hinzu. Dieses Verhältnis ist entscheidend. Die bestehende Menge (der “Stock”) ist viel höher als die jährlich neu geförderte Menge (der “Flow”). Dividiert man Bestand durch Produktion, bekommt man die “stock to flow ratio”.

Bitcoin wird alle vier Jahre noch härter

Je höher sie ist, desto geringer sind die potenziellen Preisbewegungen, die neue Produktion ausmachen kann. Assets mit einer hohen “stock to flow ratio” eignen sich gut als Wertspeicher und damit auch als Geld – solange sie weitere Eigenschaften wie Teilbarkeit, Beständigkeit, Knappheit und die Möglichkeit zum leichten Transport mitbringen. Gold hat die höchste “stock to flow ratio” unter den Edelmetallen. Aber dann kam Bitcoin.

Hartes Geld: stock to flow ratio von Bitcoin, Gold, Silber, Platin und Palladium
(c) Agenda Austria

Bitcoin ist als virtueller Rohstoff konzipiert, dessen “stock to flow ratio” sich alle vier Jahre erhöht – immer dann, wenn bei einem “Halving”, die Produktionsrate halbiert wird. Wie die Grafik zeigt, war Bitcoin schon 2019 “härter” als Silber, Platin und Palladium. Aktuell liegt es nur knapp hinter Gold. Aber da wir wissen, dass in etwa vier Jahren das nächste “Halving” stattfindet, wissen wir auch, wann die “stock to flow ratio” sich erhöhen wird. Im Jahr 2025 wird Bitcoin also fast doppelt so “hart” sein wie Gold.

Bitte: Das heißt nicht, dass Bitcoin besser ist als Gold. Auch dessen Minenproduktion geht zurück während die Gesamtmenge steigt, es wird also auch “härter”. Aber langsamer. Und wie Hedgefonds-Manager Paul Tudor Jones geschrieben hat, ist in einem Umfeld des immer weicheren Papiergeldes, damit zu rechnen, dass das kleinere und jüngere Bitcoin größere Sprünge macht. Gold und Bitcoin sind beide extrem harte Geldformen, aber in Gold stecken heute schon rund zehn Billionen Dollar – in Bitcoin nur ein Zehntel davon. Auch, weil Gold sich über die Jahrtausende bewiesen hat und Bitcoin erst zwölf Jahre alt ist


Zum Autor

Niko Jilch ist Finanzjournalist, Podcaster und Speaker. Website: www.nikolausjilch.com Twitter: @nikojilch

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Doris Lippert (Microsoft | Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung) und Thomas Steirer (Nagarro | Chief Technology Officer)
Doris Lippert (Microsoft | Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung) und Thomas Steirer (Nagarro | Chief Technology Officer) | Foto: brutkasten

“No Hype KI” wird unterstützt von CANCOM Austria, IBM, ITSV, Microsoft, Nagarro, Red Hat und Universität Graz


Mit der neuen multimedialen Serie “No Hype KI” wollen wir eine Bestandsaufnahme zu künstlicher Intelligenz in der österreichischen Wirtschaft liefern. In der ersten Folge diskutieren Doris Lippert, Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung bei Microsoft Österreich, und Thomas Steirer, Chief Technology Officer bei Nagarro, über den Status Quo zwei Jahre nach Erscheinen von ChatGPT.

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„Das war ein richtiger Hype. Nach wenigen Tagen hatte ChatGPT über eine Million Nutzer”, erinnert sich Lippert an den Start des OpenAI-Chatbots Ende 2022. Seither habe sich aber viel geändert: “Heute ist das gar kein Hype mehr, sondern Realität“, sagt Lippert. Die Technologie habe sich längst in den Alltag integriert, kaum jemand spreche noch davon, dass er sein Smartphone über eine „KI-Anwendung“ entsperre oder sein Auto mithilfe von KI einparke: “Wenn es im Alltag angekommen ist, sagt keiner mehr KI-Lösung dazu”.

Auch Thomas Steirer erinnert sich an den Moment, als ChatGPT erschien: „Für mich war das ein richtiger Flashback. Ich habe vor vielen Jahren KI studiert und dann lange darauf gewartet, dass wirklich alltagstaugliche Lösungen kommen. Mit ChatGPT war dann klar: Jetzt sind wir wirklich da.“ Er sieht in dieser Entwicklung einen entscheidenden Schritt, der KI aus der reinen Forschungsecke in den aktiven, spürbaren Endnutzer-Bereich gebracht habe.

Von erster Begeisterung zu realistischen Erwartungen

Anfangs herrschte in Unternehmen noch ein gewisser Aktionismus: „Den Satz ‘Wir müssen irgendwas mit KI machen’ habe ich sehr, sehr oft gehört“, meint Steirer. Inzwischen habe sich die Erwartungshaltung realistischer entwickelt. Unternehmen gingen nun strategischer vor, untersuchten konkrete Use Cases und setzten auf institutionalisierte Strukturen – etwa durch sogenannte “Centers of Excellence” – um KI langfristig zu integrieren. „Wir sehen, dass jetzt fast jedes Unternehmen in Österreich KI-Initiativen hat“, sagt Lippert. „Diese Anlaufkurve hat eine Zeit lang gedauert, aber jetzt sehen wir viele reale Use-Cases und wir brauchen uns als Land nicht verstecken.“

Spar, Strabag, Uniqa: Use-Cases aus der österreichischen Wirtschaft

Lippert nennt etwa den Lebensmittelhändler Spar, der mithilfe von KI sein Obst- und Gemüsesortiment auf Basis von Kaufverhalten, Wetterdaten und Rabatten punktgenau steuert. Weniger Verschwendung, bessere Lieferkette: “Lieferkettenoptimierung ist ein Purpose-Driven-Use-Case, der international sehr viel Aufmerksamkeit bekommt und der sich übrigens über alle Branchen repliziert”, erläutert die Microsoft-Expertin.

Auch die Baubranche hat Anwendungsfälle vorzuweisen: Bei Strabag wird mittels KI die Risikobewertung von Baustellen verbessert, indem historische Daten zum Bauträger, zu Lieferanten und zum Bauteam analysiert werden.

Im Versicherungsbereich hat die UNIQA mithilfe eines KI-basierten „Tarif-Bots“ den Zeitaufwand für Tarifauskünfte um 50 Prozent reduziert, was die Mitarbeiter:innen von repetitiven Tätigkeiten entlastet und ihnen mehr Spielraum für sinnstiftende Tätigkeiten lässt.

Nicht immer geht es aber um Effizienzsteigerung. Ein KI-Projekt einer anderen Art wurde kürzlich bei der jüngsten Microsoft-Konferenz Ignite präsentiert: Der Hera Space Companion (brutkasten berichtete). Gemeinsam mit der ESA, Terra Mater und dem österreichischen Startup Impact.ai wurde ein digitaler Space Companion entwickelt, mit dem sich Nutzer in Echtzeit über Weltraummissionen austauschen können. „Das macht Wissenschaft zum ersten Mal wirklich greifbar“, sagt Lippert. „Meine Kinder haben am Wochenende die Planeten im Gespräch mit dem Space Companion gelernt.“

Herausforderungen: Infrastruktur, Daten und Sicherheit

Auch wenn die genannten Use Cases Erfolgsbeispiele zeigen, sind Unternehmen, die KI einsetzen wollen, klarerweise auch mit Herausforderungen konfrontiert. Diese unterscheiden sich je nachdem, wie weit die „KI-Maturität“ der Unternehmen fortgeschritten sei, erläutert Lippert. Für jene, die schon Use-.Cases erprobt haben, gehe es nun um den großflächigen Rollout. Dabei offenbaren sich klassische Herausforderungen: „Integration in Legacy-Systeme, Datenstrategie, Datenarchitektur, Sicherheit – all das darf man nicht unterschätzen“, sagt Lippert.

“Eine große Herausforderung für Unternehmen ist auch die Frage: Wer sind wir überhaupt?”, ergänzt Steirer. Unternehmen müssten sich fragen, ob sie eine KI-Firma seien, ein Software-Entwicklungsunternehmen oder ein reines Fachunternehmen. Daran anschließend ergeben sich dann Folgefragen: „Muss ich selbst KI-Modelle trainieren oder kann ich auf bestehende Plattformen aufsetzen? Was ist meine langfristige Strategie?“ Er sieht in dieser Phase den Übergang von kleinen Experimenten über breite Implementierung bis hin zur Institutionalisierung von KI im Unternehmen.

Langfristiges Potenzial heben

Langfristig stehen die Zeichen stehen auf Wachstum, sind sich Lippert und Steirer einig. „Wir überschätzen oft den kurzfristigen Impact und unterschätzen den langfristigen“, sagt die Microsoft-Expertin. Sie verweist auf eine im Juni präsentierte Studie, wonach KI-gestützte Ökosysteme das Bruttoinlandsprodukt Österreichs deutlich steigern könnten – und zwar um etwa 18 Prozent (brutkasten berichtete). „Das wäre wie ein zehntes Bundesland, nach Wien wäre es dann das wirtschaftsstärkste“, so Lippert. „Wir müssen uns klar machen, dass KI eine Allzwecktechnologie wie Elektrizität oder das Internet ist.“

Auch Steirer ist überzeugt, dass sich für heimische Unternehmen massive Chancen eröffnen: “Ich glaube auch, dass wir einfach massiv unterschätzen, was das für einen langfristigen Impact haben wird”. Der Appell des Nagarro-Experten: „Es geht jetzt wirklich darum, nicht mehr zuzuwarten, sondern sich mit KI auseinanderzusetzen, umzusetzen und Wert zu stiften.“


Folge nachsehen: No Hype KI – wo stehen wir nach zwei Jahren ChatGPT?


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