09.11.2016

Wolkenmathematik: Die Cloud als Chance für Startups

Mit der Cloud kann sich ein Startup die Produktionsressourcen mieten, den Großen um die Ohren fahren und der Game-Changer sein, meint Tobias Höllwarth. Er ist Unternehmensberater für IT-Outsourcing und Cloud-Consulting und Vorstandssprecher der EuroCloud Austria.
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(c) Andi Bruckner -Tobias Höllwarth sprach beim Industrieforum der Industriellenvereinigung NÖ zum Thema Cybersecurity

Sie beschreiben in Ihrem Buch „Cloud Migration“ die Cloud als Symbol für einen Paradigmenwechsel. Was geht da vor sich?

Was die Dampfmaschine für die industrielle Revolution war, das bedeutet die Cloud für die digitale Revolution. Gartner, ein Unternehmen, das Marktforschungsergebnisse und Analysen über Entwicklungen in der IT anbietet,  hat verschiedene Komponenten herausgearbeitet, die dabei eine Rolle spielen: Mobility, Analytics und Social, Cloud. Letzteres hat mit der Wolke eigentlich das einprägsamste Symbol, aber man kann sich am wenigsten darunter vorstellen.

Eine Wolke, die Datenvolumen speichert?

Die reine Speicher- und Prozessorleistung ist nur das unterste Fundament der Cloud. Da geht es nur mehr um Google versus Microsoft versus Amazon. Interessant ist, was draufgesetzt wird, die Software-Services und Applikationen.

Was bedeutet diese verbindende Funktion beispielsweise für die vielen einzelnen Funktionen im Internet der Dinge?

Diese Helfer im Haushalt, in Büros, in Lagerräumen, in Krankenhäusern, also die sichtbaren Elemente im Internet der Dinge, brauchen keine starken Prozessoren, und daher auch keine großen Batterien mehr. Die unendlichen Ressourcen aus der Cloud eröffnen für die Robotic viele Möglichkeiten. Unlängst hat der Chief Information Officer zu mir gesagt: ,Wir beide erleben noch, dass diese Roboter bei uns Zuhause Aufgaben übernehmen.‘ Das ist nicht mehr in ferner Zukunft. Vor ein paar Jahren klangen 3D-Drucker noch lustig. Jetzt produziert die Ski-Industrie damit Teile ihre Bindungen, die am nächsten Tag schon getestet werden können.

Ein Großteil des Internetbusiness wurzelt derzeit in den USA. Warum findet dort die Adaption von neuen (cloud-basierten) IT-Lösungen schneller als in Europa statt?

Erstens: weil man in manchen Kulturen heutzutage die Chancen deutlicher erkennt und sich etwas weniger fürchtet. Zweitens: weil in manchen Regionen der Erde der Wunsch und der Druck sich zu verändern und anzupassen größer ist als bei uns.

Wie schätzen Sie die Bedeutung für Europa ein?

Aus makroökonomischer Sicht ist die Cloud für  Europa sehr wichtig. Denn 99 Prozent aller europäischen Unternehmen haben weniger als 250 Mitarbeiter, 92 Prozent weniger als zehn Mitarbeiter und 50 Prozent sind sowieso Ein-Personen-Unternehmen. Wir sind darauf angewiesen, dass diese Unternehmen auch nach den radikalen Veränderungen einer digitalen Revolution erfolgreich sind. Unser Lifestyle und Sozialstandard – wir verbrauchen 70 Prozent der Sozialleistungen weltweit – beruht auf der Tatsache, dass diese Unternehmen Wertschöpfung generieren, Steuern bezahlen und Mitarbeiter einstellen.

Welche Branchen müssen aus Ihrer Sicht besonders über Cloud-Services nachdenken?

Die Cloud als Teil der digitalen Revolution ist die technologische Verbindung zwischen Menschen, Informationen und Anwendungen. Es ist mir keine Branche bekannt, die nicht von der digitalen Transformation betroffen ist. Selbst die Katholische Kirche muss sich überlegen, wie sie kommuniziert. Ein Friseur wird vielleicht weniger betroffen sein, oder ein Schwimmlehrer, aber von den Fortune 500, den besten erfolgreichsten Unternehmen des Jahres 2000, ist heutzutage nur noch die Hälfte übrig. Durchschnittlich wird ein Unternehmen 15 Jahre alt

Wie kann die Gründerszene globale Datennetze nutzen?

Die Cloud ist eine Produktionsressource, die in diesem Ausmaß bisher nur großen Unternehmen zur Verfügung stand. Wenn ein Big Player eine Idee hatte und weltweit rausbringen wollte, hat er sich einfach tausende Server gekauft, Rechenzentren angemietet. Jetzt kann auch ein Startup mit einer cleveren Idee, auch wenn sie nur einen Cent pro verkaufter Einheit bringt, ein paar tausend Server haben und sofort die ganze Welt bedienen. Früher musste es dafür einen Kredit aufnehmen. Mit dem richtigen Business-Case stehen einem mit der Cloud schnell alle Türen offen. KMUs haben plötzlich eine Produktionsressource, die bisher nur Großunternehmen zur Verfügung stand.

Redaktionstipps

Ein Startup kann sich also die Chance, die große Unternehmen haben, mieten?

Ja, er kann den Großen um die Ohren fahren und der Game-Changer sein. Weil er schneller reagieren kann. Ein Buchhändler hat jetzt die Idee und ist morgen ist er der größte Internetanbieter der Welt, weil er Amazon heißt. Und weil es so schnell gehen kann, werden Startups oft als Konkurrenz übersehen. So führt eine kleine Idee rasch zu einer Marktveränderung.

Was raten Sie österreichischen Startups?

Die Idee eines Gründers mag nur ein Mini-Detail betreffen, irgendetwas verknüpfen, verbessern, bequemer machen. Wenn er Glück hat, stellt es eine wesentliche Komponente dar. Damit hängt er sich als Teilchen in den riesigen wirtschaftlichen Kreislauf ein. Es gibt ja auch in Österreich Entwickler, die eine App kreieren, die so interessant ist, dass sie Twitter aufkauft. Da reicht oft ein Feature, das einen Mehrwert erzeugt, den große Unternehmen integrieren wollen.

Welches erfolgreiche Beispiel fällt Ihnen dazu als Erstes ein?

Runtastic. Die sind in einen etablierten Markt der Sportuhren reingefahren. Ihre Idee hat einfach die vorhandene Infrastruktur genutzt. Am Handy hab ich ja schon Geopositionierung, Facebook und Musik. Ich kann meine Trainingspläne runter- und meine Top-Zeit  stolz rauflanden. Außerdem ist das Display schöner und das Smartphone sowieso immer mit dabei. Sie haben geschafft, was die Schuhindustrie wollte: Endlich wieder Kontakt zum Endkunden, deswegen hat sie ein Markenhersteller dann aufgekauft.

Sie waren Anfang Oktober beim EuroCloud Forum in Bukarest und vor zehn Tagen in Taiwan. Welche neuen Erkenntnisse haben Sie besonders überrascht?

Es gibt Länder, in denen die Dinge sehr viel schneller funktionieren als bei uns. Taiwan ist gerade einmal 60 Jahre alt. Da leben 23 Millionen Leute. Bis vor kurzem hat dieses Land 90 Prozent aller PCs und Tabletts weltweit hergestellt. Dieses Geschäft geht den Bach hinunter. Deswegen haben sie vor vier Jahren begonnen, sich intensiv auf staatlicher Ebene mit Cloud zu beschäftigen. ,Wir stellen uns auf Services um‘ hat der Vice-Premierminister Chang damals zu mir gesagt. ,aber nicht nur für Taiwan!‘ Es gibt bereits dutzende Cloud Services für unterschiedliche Anwendungen und Themengebiete – eine Food Cloud, eine Health Cloud, eine Education Cloud, eine Fire Departement Cloud…

Wie setzt man die in Taiwan ein?

Vor 10 Tagen hab ich der FDA (Food and Drug Authority Taiwan) für deren Cloud-Anwendung ein Zertifikat von EuroCloud StarAudit übergeben können. Mit der Cloud wollen sie Lebensmittel von der Produktion über den Import bis zum fertigen Produkt rückverfolgen. Da geht der Staat mit gutem Beispiel voran und zeigt: ,Wir verstehen diese neuen Veränderungen, wir bauen auf Cloud auf und zwar auf einer hohen Qualität, und können uns damit international etablieren. Sie zeigen dem Markt, vor allem den jungen interessierten Unternehmen: ,Achtung, man kann die Cloud irgendwie  machen und es kann kräftigst daneben gehen oder man macht es so.‘

Was, wenn diese Cloud gehackt wird?

IT-Anwendungen werden immer Ziel von Angriffen sein, und es ist ein Irrglaube, wenn man meint, dass man grundsätzlich einmal sicher ist, wenn man eine Anwendung selbst betreibt. Es ist wie immer eine Frage des angemessenen Aufwandes sich zu schützen. Das geht nur, wenn man sich nur rechtzeitig darauf vorbereitet und ausreichend Know-how dafür hat. Dies ist bei eigener IT genau so zu prüfen wie bei Cloud Services.

Die auch unterschiedlich in der Qualität sind.

Ich würde behaupten, dass 50 Prozent aller Cloud Anwendungen für den professionellen Einsatz unbrauchbar sind. Sie sind vielleicht in ihrer Funktion gut, aber für Unternehmen unbrauchbar. Der Qualitätsstand ist nicht ideal, sie werden nicht nachvollziehbar und vertrauenswürdig betrieben und mit Verträgen angeboten, die lächerlich oder nicht datenschutzkonform sind. Oft taumeln die Anbieter noch herum wie Schlafwandler.

Tut sich bei uns auf staatlicher Seite schon etwas?

Nach der Fabasoft lässt derzeit gerade ein österreichisches Ministerium seine Cloud Anwendung zertifizieren. Das BMLFUW wird Anfang des nächsten Jahres ein Vorreiter sein. Das ist ein positives Signal. Bei dem Projekt geht es um Abfallwirtschaft, Mülltrennung und Umwelt.

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Christopher Helf war CTO und CO-Founder beim Wiener Krypto-Trading-Startup Trality. Im August des Vorjahres musste dieses Konkurs anmelden. Bereits ein Monat zuvor musste die Trading-Plattform ihren Service einstellen. Damals sei es dem Startup “aufgrund des aktuellen Marktumfelds nicht möglich gewesen, die Plattform und Dienstleistungen weiterhin anzubieten” – brutkasten berichtete.

Mit Januar 2024 startete Helf eine neue Challenge als CTO und Co-Founder des in Bonn sitzenden AI-Startups pagent.ai – gemeinsam mit CEO und Co-Founder Constantin Dißelkamp. Am gestrigen Montag vermeldete das Startup positive Nachrichten: Nämlich den Abschluss einer Pre-Seed-Finanzierungsrunde in Höhe von 900.000 US-Dollar – umgerechnet etwa 857.000 Euro.

AI-basierte Hyperpersonalisierung

Pagent.ai befasst sich mit der “AI-basierten Hyperpersonalisierung von Websites”. Das nun frische Kapital stammt vom teilstaatlichen High-Tech Gründerfonds (HTGF) – einem der größten deutschen Seed-Investoren, ebenfalls mit Sitz in Bonn.

Mit der generativen KI von pagent.ai können personalisierte Webinhalte erstellt und damit eine bessere Nutzeransprache ermöglicht werden. Wie das deutsche Medium startbase.de berichtet, soll pagent.ai “Webseiten automatisch auf die Bedürfnisse und Vorlieben bestimmter Zielgruppen abstimmen”, wodurch diese Marketingziele effizienter erreichen können.

Die Lösung von pagent.ai eigne sich insofern für Unternehmen, als dass diese keine A/B-Testungen mehr durchführen bräuchten, so das Startup. Das AI-System des Startups soll “automatisch die effektivste Variante der Website” identifizieren und “sie den Nutzern ausspielen, was zu einer verbesserten Nutzererfahrung führt”, heißt es auf starbase.de. Die Lösung soll überdies auf die “Verbesserung von Text- und Bildelementen” setzen.

Telekom und E-Commerce im Fokus

Für das kommende Geschäftsjahr plane das Startup, die Funktionalitäten seiner Technologie auf Struktur, Design und Video-Inhalte auszudehnen. Aktuell würden Testungen mit Pilotkunden durchgeführt, wobei sie die sogenannten “pagents” von pagent.ai testen. Diese “pagents” ermöglichen es, Website-Elemente automatisiert zu optimieren und die beste Version für Nutzer:innen auszuspielen, heißt es.

“Unser langfristiges Ziel ist es, das führende AI-Modell für personalisierte Kommunikation zu entwickeln und Online-Erfahrungen völlig neu zu gestalten”, wird Co-Founder Dißelkamp von startbase.de zitiert.

Die Lösung zeige sich bislang – nach Angaben des Startups – besonders für Unternehmen aus den Bereichen der Telekom und des Mode-Online-Handels interessant. Co-Founder Helf bestätigt: “Besonders Telekommunikations- und Fashion-E-Commerce-Unternehmen zeigen großes Interesse für die Automatisierungslösung. Für jede Organisation mit Onlinepräsenz liegt großes Potenzial in der Marketingautomatisierung mit AI, um ihre Ziele besser zu erreichen.”

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