19.04.2019

Wie WeAreDevelopers das Millioneninvestment verwenden wird

Diese Woche erhielt das in Wien beheimatete Unternehmen WeAreDevelopers ein Investment in Millionenhöhe. Managing Director Benjamin Ruschin erläutert die Hintergründe und die Pläne für die Zukunft. Auch in Wien wird es weiterhin Events geben.
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(c) Tamas Künsztler

Anfang dieser Woche hat das in Wien beheimatete Unternehmen WeAreDevelopers ein Investment in Millionenhöhe erhalten (der brutkasten berichtete). Benjamin Ruschin, Managing Director von WeAreDevelopers, erläutert im Gespräch mit dem brutkasten die Hintergründe des Deals: Erstmalig nimmt das 2014 gegründete Unternehmen nun fremdes Kapital auf, zuvor hatte man sich hauptsächlich aus dem Cashflow finanziert – allem voran aus den Events.

„Unsere Vision ist es aber, zum weltweiten Marktführer im Developer-Recruitingmarkt zu werden“, sagt Ruschin: „Daher müssen wir investieren, um schneller zu wachsen.“ Ein essentieller Schritt dieser Wachstumsstrategie ist die Expansion nach Deutschland: Deutschland ist der größte Personalmarkt für Developer in Europa, gefolgt von Großbritannien und den Niederlanden. Während WeAreDevelopers in Österreich aber unter Developern und Recruitern einen hohen Brekanntheitsgrad genießt, ist man in Deutschland noch eher unbekannt. Das soll sich nun ändern.

Event zum Markteintritt in Deutschland

In Berlin besteht das Team mittlerweile aus zehn Leuten, und das frische Kapital soll vor allem dafür verwendet werden, die Marketing- und Vertriebsaktivitäten in Deutschland voranzutreiben. Dazu gehört auch, dass das Hauptevent 2019 nicht in Wien, sondern in Berlin stattfindet. Top-Speaker ist der Schachweltmeister Garri Kasparow, der nun auch als Experte für Künstliche Intelligenz auftritt.

„Events sind das perfekte Werkzeug für einen Markteinstieg. Sie sind das Mittel zum Zweck, um eine Community aufzubauen“, sagt Ruschin. Das unterscheidet das WeAreDevelopers-Konzept von der Konkurrenz: Während andere Anbieter Bewerber durch einen Standard-Recruitingprozess schleusen, wird hier eine Community durch positive Erlebnisse zusammengeschweißt: Sie erinnern sich an Begegnungen mit Speakern wie Doom-Erfinder John Romero oder Apple-Cofounder Steve Wozniak und vertrauen daher auch der Marke WeAreDevelopers.

Investoren mit Community-Erfahrung

Zur genauen Höhe des „siebenstelligen Investments“ lässt Ruschin sich keine Details entlocken. Jedoch verrät er die Namen aller sechs Investoren: Udo Schloemer, Gründer der Factory Berlin, und Thomas Bachem, Gründer der CODE University, investieren über ihre jeweiligen Venturefirmen. Zu den weiteren Investoren gehören der in Wien lebende Profi-Pokerspieler Fedor Holz, der Oberösterreicher Fritz Berger (Berger Maschinen), die von zwei Familien aus der Druckerbranche geschaffene MCS Holding und die Immobilienunternehmerin Sandra Berkson.

„Es handelt sich dabei um Investoren, die nicht nur Cash einbringen, sondern uns mit ihrem Wissen und ihren Kontakten auch bei der Expansion unterstützen“, sagt Ruschin. Die von Schloemer gegründete Factory Berlin bezeichnet er zum Beispiel als „das deutsche WeXelerate“, wo Corporates und Startups auf 15000 Quadratmetern zusammenkommen. Bachem wiederum bilde mit seiner Code University Developer aus – was perfekt zur Developer-Jobvermittlung von WeAreDevelopers passt.

WeAreDevelopers in Wien Ende 2019

Und wie geht es mit Wien weiter? „Es gab Unmut darüber, dass wir das Hauptevent nach Berlin verlagern, aber das ist nun mal die Marktsituation“, sagt Ruschin. Es werden aber mehr als 500 Österreicher auf das Event fahren, das am 6. Und 7. Juni in Berlin stattfindet – und Wien selbst ist als Standort alles andere als abgeschrieben, wie Ruschin verrät: Ende 2019 wird es auch hierzulande ein Event geben.

Der Plan ist, ab nun einmal pro Jahr jeweils ein Event in Berlin und in Wien zu veranstalten. Zugleich, so Ruschin, wird im Jahr 2020 ein neuer geographischer Markt erschlossen – erneut in Kombination mit einem entsprechend großen Event.


==> Details zum WeAreDevelopers World Congress 2019 in Berlin

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Doris Lippert (Microsoft | Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung) und Thomas Steirer (Nagarro | Chief Technology Officer) | Foto: brutkasten

“No Hype KI” wird unterstützt von CANCOM Austria, IBM, ITSV, Microsoft, Nagarro, Red Hat und Universität Graz


Mit der neuen multimedialen Serie “No Hype KI” wollen wir eine Bestandsaufnahme zu künstlicher Intelligenz in der österreichischen Wirtschaft liefern. In der ersten Folge diskutieren Doris Lippert, Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung bei Microsoft Österreich, und Thomas Steirer, Chief Technology Officer bei Nagarro, über den Status Quo zwei Jahre nach Erscheinen von ChatGPT.

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„Das war ein richtiger Hype. Nach wenigen Tagen hatte ChatGPT über eine Million Nutzer”, erinnert sich Lippert an den Start des OpenAI-Chatbots Ende 2022. Seither habe sich aber viel geändert: “Heute ist das gar kein Hype mehr, sondern Realität“, sagt Lippert. Die Technologie habe sich längst in den Alltag integriert, kaum jemand spreche noch davon, dass er sein Smartphone über eine „KI-Anwendung“ entsperre oder sein Auto mithilfe von KI einparke: “Wenn es im Alltag angekommen ist, sagt keiner mehr KI-Lösung dazu”.

Auch Thomas Steirer erinnert sich an den Moment, als ChatGPT erschien: „Für mich war das ein richtiger Flashback. Ich habe vor vielen Jahren KI studiert und dann lange darauf gewartet, dass wirklich alltagstaugliche Lösungen kommen. Mit ChatGPT war dann klar: Jetzt sind wir wirklich da.“ Er sieht in dieser Entwicklung einen entscheidenden Schritt, der KI aus der reinen Forschungsecke in den aktiven, spürbaren Endnutzer-Bereich gebracht habe.

Von erster Begeisterung zu realistischen Erwartungen

Anfangs herrschte in Unternehmen noch ein gewisser Aktionismus: „Den Satz ‘Wir müssen irgendwas mit KI machen’ habe ich sehr, sehr oft gehört“, meint Steirer. Inzwischen habe sich die Erwartungshaltung realistischer entwickelt. Unternehmen gingen nun strategischer vor, untersuchten konkrete Use Cases und setzten auf institutionalisierte Strukturen – etwa durch sogenannte “Centers of Excellence” – um KI langfristig zu integrieren. „Wir sehen, dass jetzt fast jedes Unternehmen in Österreich KI-Initiativen hat“, sagt Lippert. „Diese Anlaufkurve hat eine Zeit lang gedauert, aber jetzt sehen wir viele reale Use-Cases und wir brauchen uns als Land nicht verstecken.“

Spar, Strabag, Uniqa: Use-Cases aus der österreichischen Wirtschaft

Lippert nennt etwa den Lebensmittelhändler Spar, der mithilfe von KI sein Obst- und Gemüsesortiment auf Basis von Kaufverhalten, Wetterdaten und Rabatten punktgenau steuert. Weniger Verschwendung, bessere Lieferkette: “Lieferkettenoptimierung ist ein Purpose-Driven-Use-Case, der international sehr viel Aufmerksamkeit bekommt und der sich übrigens über alle Branchen repliziert”, erläutert die Microsoft-Expertin.

Auch die Baubranche hat Anwendungsfälle vorzuweisen: Bei Strabag wird mittels KI die Risikobewertung von Baustellen verbessert, indem historische Daten zum Bauträger, zu Lieferanten und zum Bauteam analysiert werden.

Im Versicherungsbereich hat die UNIQA mithilfe eines KI-basierten „Tarif-Bots“ den Zeitaufwand für Tarifauskünfte um 50 Prozent reduziert, was die Mitarbeiter:innen von repetitiven Tätigkeiten entlastet und ihnen mehr Spielraum für sinnstiftende Tätigkeiten lässt.

Nicht immer geht es aber um Effizienzsteigerung. Ein KI-Projekt einer anderen Art wurde kürzlich bei der jüngsten Microsoft-Konferenz Ignite präsentiert: Der Hera Space Companion (brutkasten berichtete). Gemeinsam mit der ESA, Terra Mater und dem österreichischen Startup Impact.ai wurde ein digitaler Space Companion entwickelt, mit dem sich Nutzer in Echtzeit über Weltraummissionen austauschen können. „Das macht Wissenschaft zum ersten Mal wirklich greifbar“, sagt Lippert. „Meine Kinder haben am Wochenende die Planeten im Gespräch mit dem Space Companion gelernt.“

Herausforderungen: Infrastruktur, Daten und Sicherheit

Auch wenn die genannten Use Cases Erfolgsbeispiele zeigen, sind Unternehmen, die KI einsetzen wollen, klarerweise auch mit Herausforderungen konfrontiert. Diese unterscheiden sich je nachdem, wie weit die „KI-Maturität“ der Unternehmen fortgeschritten sei, erläutert Lippert. Für jene, die schon Use-.Cases erprobt haben, gehe es nun um den großflächigen Rollout. Dabei offenbaren sich klassische Herausforderungen: „Integration in Legacy-Systeme, Datenstrategie, Datenarchitektur, Sicherheit – all das darf man nicht unterschätzen“, sagt Lippert.

“Eine große Herausforderung für Unternehmen ist auch die Frage: Wer sind wir überhaupt?”, ergänzt Steirer. Unternehmen müssten sich fragen, ob sie eine KI-Firma seien, ein Software-Entwicklungsunternehmen oder ein reines Fachunternehmen. Daran anschließend ergeben sich dann Folgefragen: „Muss ich selbst KI-Modelle trainieren oder kann ich auf bestehende Plattformen aufsetzen? Was ist meine langfristige Strategie?“ Er sieht in dieser Phase den Übergang von kleinen Experimenten über breite Implementierung bis hin zur Institutionalisierung von KI im Unternehmen.

Langfristiges Potenzial heben

Langfristig stehen die Zeichen stehen auf Wachstum, sind sich Lippert und Steirer einig. „Wir überschätzen oft den kurzfristigen Impact und unterschätzen den langfristigen“, sagt die Microsoft-Expertin. Sie verweist auf eine im Juni präsentierte Studie, wonach KI-gestützte Ökosysteme das Bruttoinlandsprodukt Österreichs deutlich steigern könnten – und zwar um etwa 18 Prozent (brutkasten berichtete). „Das wäre wie ein zehntes Bundesland, nach Wien wäre es dann das wirtschaftsstärkste“, so Lippert. „Wir müssen uns klar machen, dass KI eine Allzwecktechnologie wie Elektrizität oder das Internet ist.“

Auch Steirer ist überzeugt, dass sich für heimische Unternehmen massive Chancen eröffnen: “Ich glaube auch, dass wir einfach massiv unterschätzen, was das für einen langfristigen Impact haben wird”. Der Appell des Nagarro-Experten: „Es geht jetzt wirklich darum, nicht mehr zuzuwarten, sondern sich mit KI auseinanderzusetzen, umzusetzen und Wert zu stiften.“


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