10.02.2023

US-Aufsicht nimmt Staking ins Visier: Altcoins bleiben Minenfeld für Anleger

Nach langem Warten und vielen Warnungen geht die US-Aufsicht SEC gegen Staking-Anbieter vor. Was bedeutet das und wie geht es weiter?
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brutkasten-Kolumnist Niko Jilch
brutkasten-Kolumnist Niko Jilch | Foto: brutkasten/Adobe Stock

Chaos im Kryptoland. Wieder mal. Mit einiger Verspätung geht die US-Aufsichtsbehörde SEC gegen amerikanische Kryptobörsen vor. Verspätung deshalb, weil es für die Kunden von FTX, BlockFi und Celsius deutlich zu spät kommt. Ein Umstand, auf den auch SEC-Chef Gary Gensler in seinem Video zum Thema verweist. Der Kollaps von FTX war sicherlich ein Grund für den aktuellen Vorstoß. Vielleicht sogar der Auslöser. 

OK, aber was ist gerade geschehen? Die Börse Kraken schließt mit sofortiger Wirkung ihre “Staking”-Angebote für amerikanische Kunden und zahlt 30 Millionen Dollar Strafe an die Aufsicht.

Anders als etwa von Coinbase-Chef Brian Armstrong befürchtet, geht die SEC nicht gegen “Staking” an sich vor, sondern gegen zentralisierte Angebote. Denn die Börsen (inklusive Coinbase) bieten “Staking-as-a-service” an. Aus Kundensicht angenehm: Man überlässt seine Coins der Börse, die “staked” sie auf einer dafür vorgesehenen Blockchain (Ethereum, Solana, Tezos etc.). Die Kunden erhalten den Großteil der Auszahlungen aus dem “Staking” – und die Börse behält einen Teil als Gebühr.

SEC sieht klaren Bruch bestehender Regeln

Das Problem: Die SEC sieht hier einen klaren Bruch der bereits bestehenden Regeln. Es geht also nicht um irgendwelche neuen Regeln rund um Krypto – sondern um die Umsetzung der längst gültigen Bestimmungen rund um Finanzdienstleistungen. 

“Ob durch Staking-as-a-Service, Kreditvergabe oder auf andere Weise – Krypto-Vermittler müssen, wenn sie Anlageverträge im Austausch für die Token der Anleger anbieten, die von unseren Wertpapiergesetzen geforderten angemessenen Offenlegungen und Schutzmaßnahmen bereitstellen”, sagte der Vorsitzende der SEC, Gary Gensler. “Die heutige Maßnahme sollte dem Markt verdeutlichen, dass Staking-as-a-Service-Anbieter sich registrieren lassen und eine vollständige, faire und wahrheitsgemäße Offenlegung sowie Anlegerschutz bieten müssen.”

Kraken hat alle Assets von US-Anlegern bereits “unstaked” und den Service beendet. Eine Ausnahme sind Ethereum-Staker, denn dort ist “Unstaking” bisher einfach technisch nicht vorgesehen. Was mit den Assets der Ethereum-Staker passieren wird, ist bis dato unklar.

Auch Coinbase und andere Anbieter gefährdet

Das erklärt, warum Coinbase-Chef Brian Armstrong so nervös ist. Die populäre App ist einer der größten Anbieter von “Staking-as-a-sevice” in den USA – und macht damit sicherlich gute Umsätze – gerade im Bärenmarkt, in dem die Gewinne aus dem puren Trading eher zurückgehen. Nach dem Kraken-Settlement besteht eigentlich kein Zweifel: Auch Coinbase und andere Anbieter werden den Staking-Service für US-Kunden beenden müssen.

Grundsätzlich ist zu sagen, dass Anleger, die sich selbst um “Staking” kümmern, von diesen Entwicklungen nicht betroffen sind. Bisher. Denn “Staking-as-a-service” ist erst der Anfang. 

SEC-Sieg gegen Ripple könnte Erdbeben im Kryptomarkt auslösen

Die SEC hat auch eine Klage gegen Ripple laufen. Die US-Aufsicht geht davon aus, dass Cryptos, die durch ICO in die Welt gekommen sind, generell als Wertpapiere einzustufen sind und dass es sich bei ICOs (Initial Coin Offerings) um illegale Wertpapierverkäufe handelt. 

Ein Sieg der SEC in diesem Verfahren würde ein Erdbeben im Kryptomarkt auslösen, von dem technisch gesehen nur Bitcoin verschont wäre. “Technisch gesehen” deshalb, weil auch der Bitcoin-Preis unter einem derartigen Kollaps sicherlich leiden würde. Etwas, das wir auch in den vergangenen Tagen rund um das Kraken-Settlement beobachten konnten.

Marktbereinigung keineswegs vorbei

Ich kann in diesem Zusammenhang nur meine Warnung wiederholen: Wer sich vor diesen Entwicklungen zumindest teilweise schützen will, sollte von Investments in Proof-of-stake-Coins generell absehen. Dass ausgerechnet Ethereum-Staker auf ihre Coins gar keinen Zugriff haben und nicht einmal wissen, wann sich das ändern wird, ist eine ziemliche Farce.

Wie schon im September 2022 geschrieben, halte ich Proof-of-stake generell für einen Schmarren. Die jüngsten Entwicklungen zeigen wieder mal, dass der gesamte Altcoin-Sektor ein einziges Minenfeld für Anleger ist. Und auch, dass nach dem Kollaps von Luna, FTX und Celsius die Marktbereinigung keineswegs vorbei ist. Das wird auch der Bitcoin-Preis zu spüren bekommen, der seit Jahresbeginn eine Erholungs-Rallye eingelegt hat. Vorsicht ist geboten!


Disclaimer: Dieser Text sowie die Hinweise und Informationen stellen keine Steuerberatung, Anlageberatung oder Empfehlung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren dar. Sie dienen lediglich der persönlichen Information. Es wird keine Empfehlung für eine bestimmte Anlagestrategie abgegeben. Die Inhalte von brutkasten.com richten sich ausschließlich an natürliche Personen.

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v.l. Die beiden Founding Partner Laurenz Sim- bruner und Lukas Püspök | (c) Tina Herzl

Dieser Artikel erschien zuerst in der Jubiläumsausgabe unseres Printmagazins. Ein Link zum Download findet sich am Ende des Artikels.

Spätestens mit dem Sieg von Donald Trump bei den US-Wahlen und der angekündigten Rückkehr seiner „America First“-Politik ist die Debatte über die Technologiesouveränität in Europa neu entfacht. Unter dem Motto „Drill, baby, drill!“ hat Trump zudem angekündigt, die Förderung fossiler Energieträger wie Öl und Gas massiv ankurbeln zu wollen. Gleichzeitig ist Europa in zentralen Industrien wie der Solar- und Batterietechnologie stark von China abhängig. Angesichts dieser Herausforderungen stellt sich die Frage, welche Marktchancen europäische Climate-Tech-Startups im geopolitischen Spannungsfeld zwischen den USA und China künftig haben.

Diese Frage beleuchten wir aus Investorensicht im Gespräch mit Lukas Püspök und Laurenz Simbruner – sie sind Founding Partner des Wiener Venture-Capital-Fonds Push, der gezielt in Health-Tech- und Climate-Tech-Startups investiert. Püspök leitet zudem das gleichnamige Familienunternehmen, das einer der größten Windkraftbetreiber Österreichs ist.


Wie schätzt ihr die aktuelle Finanzierungslage für Startups aus Investorensicht ein?

Laurenz Simbruner: Die erwartete deutliche Verbesserung bei Dealchancen blieb 2024 aus. Viele hatten die Hoffnung, dass der Markt wieder stärker anzieht, aber das war eher eine vorsichtige Prognose als Realität. Stattdessen erlebten wir ein Jahr, das stark im Zeichen selektiver Investments stand – Flight to Quality und ein klarer Fokus auf Unit Economics und den Weg zur Rentabilität. Besonders Top-Teams und Serial Entrepreneurs hatten es beim Fundraising leichter. Im Bereich Climate-Tech war weiterhin Finanzierung da, vor allem von neueren Fonds, die bereits 2021 und 2022 geraist wurden. Doch auch hier gab es erste Anzeichen von Ernüchterung.

Wie äußern sich diese Anzeichen der Ernüchterung im Climate-Tech-Sektor?

Lukas Püspök: Noch vor zwei Jahren waren die Erwartungen hoch – viele Pitch Decks gingen von extremen Energiepreisen aus, und selbst kleine Einsparungen durch Softwarelösungen wurden als äußerst wertvoll angesehen. Heute sind die Energiepreise in Europa zwar leicht erhöht, aber weitgehend normalisiert. Das führt zu einer gewissen Normalisierung der Nachfrage nach spezifischen Lösungen. Doch der Megatrend Climate-Tech bleibt intakt: Lösungen im Kampf gegen die Klimakrise sind weiterhin dringend notwendig, und das Potenzial für neue Technologien ist groß. Besonders Boom-Technologien wie Batterien bleiben gefragt. Allerdings erschweren die wirtschaftliche Situation in Europa und der geopolitische Druck zwischen China und den Vereinigten Staaten die Entwicklungen in der Clean-Tech- und Climate-Tech-Branche.

Der Megatrend Climate-Tech bleibt intakt.

Laurenz Simbruner: Interessant ist auch die Entwicklung bei den Investitionsvolumina: Nach einem Anstieg über drei Quartale gab es zuletzt wieder einen Rückgang. Besonders Deals im Bereich künstliche Intelligenz ziehen hier Aufmerksamkeit auf sich, da viele Mega-Rounds ein Drittel des Investitionsvolumens in Anspruch nehmen. Unsere beiden Bereiche Klima und Gesundheit bleiben jedoch noch immer unter den Top-Verticals. Der Fokus im Climate-Tech-Bereich verschiebt sich hin zu echten Herausforderungen der Energiewende und Industrie. ESG-Monitoring oder reine Energiemonitoring-Lösungen reichen nicht mehr aus – es geht darum, die großen Probleme anzugehen. Beispielsweise spielt die Steuerung zwischen Energieproduzenten, Speichern und Abnehmern eine zentrale Rolle, und hier kann Software Effekte erzielen.

Lukas Püspök: Die Komplexität im Energiebereich steigt enorm, die neue Energiewelt ist wesentlich vielschichtiger und dynamischer als früher. Das schafft ein ideales Umfeld für neue Technologieunternehmen, die mit ihrer Agilität und Innovationskraft Lösungen bieten können, die traditionelle Akteure oft nicht schnell genug umsetzen. In diesem Feld ergeben sich fast zwangsläufig große Wachstumschancen für neue Technologieunternehmen. Die Herausforderungen und Möglichkeiten sind so groß, dass es fast nicht anders kommen kann.

Welche Chancen bestehen für Startups im Energiebereich angesichts der dominanten Marktposition Chinas im Hardwarebereich?

Lukas Püspök: Ja, tatsächlich sind die meisten wesentlichen Technologien mittlerweile fest in chinesischer Hand. Bei Wärmepumpen könnte Europa noch eine kleine Chance haben, aber auch hier zeigt sich ein ähnliches Bild wie bei den Wechselrichtern: Vor einigen Jahren hatten auch die europäischen Hersteller noch eine gewisse Relevanz am Weltmarkt, heute spricht jedoch fast jeder nur noch über Huawei und ein paar andere, die ihre Dominanz klar ausbauen konnten.

Diese Entwicklung wird sich in den nächsten Jahren nicht einfach aufhalten lassen. China hat ein enormes Production-Know-how aufgebaut. Die Unternehmen dort sind in Forschung und Entwicklung sowie im Bau großer Produktionsanlagen extrem stark geworden. In Europa wird es sehr schwierig, dieses Niveau schnell zu erreichen.

Die USA gehen einen anderen Weg: Mit dem Inflation Reduction Act fließt viel Kapital in den Aufbau von Produktionskapazitäten, was den USA möglicherweise Vorteile verschafft. In Europa fehlen vergleichbar starke Investitionsanreize und langfristige Strategien, wie sie in China und den Vereinigten Staaten umgesetzt werden.

Historisch gesehen sind industrielle Erfolge eng an günstige Energiepreise gebunden.

Das bedeutet jedoch nicht, dass es für europäische Startups im Energy-Tech-Bereich keine Chancen gibt. Es gibt zahlreiche Felder, in denen sie erfolgreich sein können – von der Ausgleichsenergie über das Energiekostenmanagement bis zur Batterieoptimierung und Implementierung, um nur ein paar zu nennen. Hier bieten sich viele Möglichkeiten zur Wertschöpfung.

Wenn jedoch jemand in Europa eine neue Solarzelle entwickeln möchte, ist Skepsis angebracht, ob eine solche Entwicklung hier wirklich konkurrenzfähig in die Massenproduktion gehen kann. Deshalb liegt unser Fokus ohnehin nicht auf Hardware. Sie kann zwar eine Rolle spielen, aber der Hauptwert sollte immer aus der Softwarekomponente kommen – auch wenn das im Energy-Tech-Bereich manchmal herausfordernd ist.

Welchen Investitionsfokus verfolgt Push im Energiebereich?

Lukas Püspök: Unser Fokus liegt immer auf Asset-Light-Ansätzen, selbst bei Projekten mit Hardwarekomponenten. Wir sind offen, auch Hardware anzusehen, aber der wesentliche Wert wird in Europa öfter durch Software geschaffen, seltener durch herausragende Hardwareentwicklung und Produktion.

Laurenz Simbruner: Das liegt auch daran, dass wir als Tech-Investoren darauf achten, wie leicht Folgefinanzierungen gesichert werden können. Bei reinen Hardware-Investments stoßen wir auf Widerstände: Rund drei Viertel der potenziellen Investoren sagen bei „Hardware only“ Nein. Das erhöht das Risiko, dass eine Anschlussfinanzierung scheitert oder man alternative Finanzierungsquellen wie strategische Investoren oder Family Offices anstreben muss.

Was muss Europa tun, um im Energiebereich Technologiesouveränität zu erlangen?

Lukas Püspök: Europa kann nur wettbewerbsfähig bleiben, wenn es langfristige, klare Policies ähnlich wie die anderen großen Wirtschaftsräume umsetzt. China hat mit seinen Fünfjahresplänen schon vor Langem begonnen, grüne Technologien und Batterien strategisch zu fördern, und unterstützt seine Unternehmen auf vielen Ebenen. Die USA setzen auf den Inflation Reduction Act, der klare Impulse für die Industrie bietet. Im Vergleich dazu wirkt Europa mit seinen Initiativen wie dem Green Industrial Deal fast zurückhaltend und politisch fragmentiert, was große Schritte erschwert.

Wir brauchen diese Klarheit in der europäischen Politik, um unsere Industrie zu halten und wettbewerbsfähige, günstige Energie zu sichern. Historisch gesehen sind industrielle Erfolge eng an günstige Energiepreise gebunden, und auch für Europa ist der massive Ausbau erneuerbarer Energien alternativlos. Manche Stimmen sprechen sich zwar für mehr Kernenergie aus, aber der gänzlich fossilfreie Ausbau bleibt das Ziel; besonders, da Europa keine großen natürlichen Ressourcen besitzt. Wir müssen so viel wie möglich selbst in Europa erneuerbar produzieren.

Der Fokus im Climate-Tech-Bereich verschiebt sich hin zu echten Herausforderungen der Energiewende und Industrie

Donald Trump hat die US-Wahlen gewonnen und setzt sich für fossile Energieträger ein. Inwiefern ist das eine Gefahr für den europäischen Climate-Tech-Sektor?

Lukas Püspök: Die aktuellen Entwicklungen in den USA stellen für den europäischen Climate-Tech-Sektor aus meiner Sicht keine allzu große Gefahr dar. Wenn die USA erneut aus dem Klimaabkommen austreten und die Schiefergas- und Schieferölproduktion steigern, wird dies zwar Auswirkungen haben, doch Europa wird weiterhin konsequent auf Zukunftstechnologien setzen. Diese klare Haltung stärkt das europäische Ökosystem und zeigt eine gewisse Unabhängigkeit gegenüber globalen politischen Veränderungen. Insgesamt halte ich den Wahlausgang für die Klimabemühungen für sehr bedauerlich – für die Chancen der europäischen Climate-Tech-Unternehmen aber nicht für eine fundamentale Gefährdung.

Laurenz Simbruner: Viele Climate-Tech-Lösungen dienen primär der Kostenreduktion und der Produktivitätssteigerung. Der Kundennutzen steht dabei im Vordergrund, z. B. durch geringeren Verbrauch oder höhere Effizienz. Die Entscheidung für solche Innovationen ist oft wirtschaftlich motiviert und nicht rein ideologisch. So spielt auch in den USA der wirtschaftliche Nutzen eine entscheidende Rolle – und erneuerbare Technologien wie Photovoltaik setzen sich langfristig durch, wenn sie wirtschaftlich sinnvoll sind.

Lukas Püspök: Letztlich zeigt sich: Technologien setzen sich dauerhaft nur dann durch, wenn sie einen entsprechenden Kundennutzen bringen. In vielen Fällen sind aber Anschubfinanzierungen notwendig, um Technologien wie Photovoltaik zu etablieren und günstige, nachhaltige Lösungen weltweit zu fördern. Der große Photovoltaikboom auf österreichischen Dächern begann weniger aus Umweltgründen oder weil plötzlich jeder grünen Strom wollte; vielmehr wollen wir uns im Lichte der hohen Kosten und der Abhängigkeit von Importen wirtschaftlich absichern. Dieses Prinzip zeigt sich auch in den USA: Zwar könnte man mehr Öl und Gas fördern, und in gewissem Umfang wird das leider auch passieren, aber in vielen Fällen ergeben andere Energieformen wirtschaftlich mehr Sinn. Auch die USA werden PV, Windkraft und Batterien weiter stark ausbauen, hauptsächlich, weil sie in der Stromproduktion zu fast konkurrenzlos günstigen Technologien geworden sind.


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