30.08.2021

Von Uber bis KI: Die Standort-Elchtests der Europäer

Wie man am Umgang mit Uber und KI die Zukunftsfähigkeit der Standortpolitik eines Landes beurteilen kann, beschreibt Mic Hirschbrich in seiner aktuellen Kolumne.
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Hirschbrich: Was Uber und KI über den Standort aussagen
Brutkasten-Kolumnist Mic Hirschbrich | Hintergrund: (c) Thibault Penin on Unsplash
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Man kann und soll neue, am Markt eingeführte Technologie auch aus dem Blickwinkel der Standortpolitik beurteilen:

  1. Hätte diese Innovation auch im eigenen Land entstehen können?
  2. Welche Chancen hat die Innovation im neuen Markt aus regulatorischer Sicht?

Uber spielt dabei eine zentrale Rolle. In meinem vor fünf Jahren verfassten Buch “Schöne neue Welt 4.0” widmete ich dem Startup das erste Kapitel und stellte die These auf: Diese App wird die Zukunftsfähigkeit globaler Standorte messen und transparent machen. Sie wird zum “Elchtest der Technologiepolitik”.

Der Grund dafür liegt auf der Hand: Sie hat einen disruptiven Charakter und war immer stark skalierend. Jeder Smartphone-Benutzer erhielt plötzlich ein neues, niederschwelliges Mobilitätsangebot, das den bisherigen Anbietern haushoch überlegen war.

  • Man musste plötzlich keine Taxi-Zentralen mehr anrufen, sondern konnte instant Fahrer buchen, von denen man noch dazu genau wusste, wie nahe sie waren.
  • Fahrer waren namentlich und bildlich in der App transparent gemacht, was Frauen in Großstädten ein Gefühl von Sicherheit vermittelte.
  • Durch die benutzte Maps Technologie (Waze oder Google Maps), wurde der kürzeste Weg plötzlich transparent.
  • Und der unangenehme und punkto Belegwesen umständliche Bezahl-Vorgang wurde dezent in die App integriert und automatisiert.
  • Ein ausgeklügeltes Bewertungssystem half Uber darüber hinaus, Fahrer*innen zu belohnen, die sich bemühten und beliebt waren.

Die 2 Merkmale der Uber-Disruption:

“Disruptiv” aber waren eigentlich diese 2 Merkmale:

  1. Uber positionierte sich zu Beginn als neuer Gestalter der Sharing-Economy, wo jeder Mensch Kunde aber auch Anbieter sein kann. Du bist Student und hast zwei Stunden am Nachmittag frei, dann verdiene ein wenig Geld mit Uber.
  2. Das zweite Produkt-Merkmal war technologisch spannender, denn Uber baute fast von Beginn an parallel an einer eigenen “Selfdriving-Cab”-Technologie, der Albtraum der Technologieskeptiker.

Denn, so argumentierten sie, Uber würde die Uber-Driver dazu benutzen, den Markt aufzubauen und Trainingsdaten zu gewinnen und diesen dann ihre Jobs durch Automatisierung wegnehmen. Die Kritik ist vielleicht berechtigt. Technologische Substitution fordert unsere Gesellschaften seit mehreren industriellen Revolutionen immer wieder heraus, aber sie hat in Summe eben immer auch den Wohlstand erhöht und durch einen Sozialstaat die Errungenschaften von Innovation und deren Wertschöpfung für alle zugänglich gemacht. Ohne technologische Innovation keine Wohlstandssicherung.

Diess am EFA21 zum Europäischen Datendrama

VW Boss Diess hat es gestern am Europäischen Forum Alpbach live im Congress-Zentrum auf den Punkt gebracht: Während Amerikaner mit Daten Geld verdienen und Chinesen diese für die Gesellschaft nutzen (müssen), versucht Europa sie vor allem individuell zu schützen. Uns schwimmen damit die Wettbewerbsvorteile weg. Denn unzählige Datensets und Korpora, die man z.B. für KI-Entwicklungen brauchen würde, müssten nicht reguliert werden, stehen in Europa aber häufig im Konflikt mit dem Gesetz. Ein Wahnsinn, in Zeiten der Datenökonomie, wo bald alles von unserer Fähigkeit abhängen wird, wie gut wir von Daten lernen bzw. KIs trainieren können.

Aber zurück zum Thema “Regulierung” und Uber.

“Ziel erreicht: Uber ist gleich schlecht wie Taxis”

titelte die Presse vor wenigen Tagen. Uber habe ein völlig neues Erlebnis für Fahrgäste gebracht. Und anstatt sich als Taxi-Unternehmen daran zu orientieren und für seine Fahrgäste attraktiver zu werden, sei man vor Gericht gezogen. Das Ende ist bekannt.

Die strengen regulativen Vorgaben sind der perfekte Schutzrahmen für ein lange etabliertes Transport-Gewerbe, das es sich damit leisten konnte, nicht in die eigene Zukunftsfähigkeit zu investieren. Und das ist mit ein Grund, warum in Europa kein Uber entstanden ist und entstehen konnte.

Es wäre eine große Chance für den Standort gewesen, die berechtigte Kritik an Uber aufzugreifen (etwa jene der Unterbezahlung von Fahrer*innen), dies gesetzlich im Sinne der Arbeitnehmer*innen zu lösen, aber gleichzeitig auch die Vorteile der Technologie gesetzlich zu fördern bzw. zu erlauben, im Sinne der Konsument*innen.

Durch die intelligente Vermittlung etwa durch Annäherungsalgorithmen, verbrauchen diese Autos wesentlich weniger Sprit als Taxis, die immer wieder zu Sammelpunkten fahren und dort dann oft stundenlang (im Winter mit laufenden Motoren) auf Gäste warten.

Wenig Trost ist dabei, dass Uber weltweit Gesetzgeber und etablierte Taxi-Innungen gegen sich aufbrachte, nicht nur bei uns.

Uber Konkurrent DiDi in China kämpft übrigens auch mit den Behörden. Das Unternehmen wurde zuletzt mit 76 Milliarden bewertet und bekommt Probleme, je mächtiger seine Daten werden.


Land der Hämmer zukunftsreich!

Die österreichische Lyrikerin Paula Preradović wies in der Österreichischen Nationalhymne darauf hin: Land der Hämmer zukunftsreich! – sollte Österreich werden und “mutig in die neuen Zeiten gehen”, “arbeitsfroh und hoffnungsreich”. “Hämmer” standen metaphorisch für die “menschlichen Werkzeuge”, mit denen man sich aus dem vorindustriellen Zeitalter befreien könne – und dieser Innovationsprozess würde zu einer “reichen Zukunft” führen.

Ja, unsere Hymne klammert die Identifikation des Landes nicht nur an Berge, Äcker und Dome, sondern weiß um die Wichtigkeit sich verändernder wirtschaftlicher Rahmenbedingungen und, um es neudeutsch zu sagen, um das dafür nötige Mindset.

Land falscher Regulation – zukunftsarm!

Wer glaubt, man komme in modernen Gesellschaften ohne Regulierung aus, irrt. Sie ist der Weg, Gefahren und unerwünschte Entwicklungen von einer Gesellschaft fernzuhalten. Aber, sie hat auch enorm destruktives Potential. Uber ist ein Beispiel, das es in den allermeisten EU-Ländern richtig schwer hat. Das ist vielleicht schade für Uber, aber vernichtend für die Länder, die besser einen Weg gefunden hätten, diese Technologie im Sinne seiner Menschen zuzulassen. Denn jedes neue Startup, das sich mit ähnlichen Technologien beschäftigt, wird in Länder gehen, wo diese auch willkommen ist. Wenn Tech-Gründer*innen heute etwas sind, dann so mobil, wie das Kapital, das sie für ihr Wachstum brauchen.

Und es gibt viele Beispiele. Die Urheberrichtlinie der EU hat in beispielloser Art und Weise den europäischen, digitalen Medienmarkt zugunsten nicht transformierter Medien-Unternehmen reguliert und Europas Finanzminister sind gerade drauf und dran, dasselbe mit Krypto- und Blockchaintechnologien zu tun. Wie das in Österreich aussehen wird, dürften wir in den kommenden Wochen erfahren. Und auch im KI-Bereich reguliert sich der Kontinent ins Aus, wird auf wichtigen Konferenzen neben China und den USA nicht mal mehr genannt. Derweil wäre diese Technologie der „Hammer“ unserer Neu-Zeit. Wir haben in zahlreichen Kolumnen (wie in dieser) auf die Bedeutung von KI hingewiesen.


“Hammer-KI-Software” und eine Strategie dafür

Die Bundesregierung hat soeben eine KI-Strategie mit dem Titel “AIM AT 2030” vorgelegt. Darin hat man erkannt, dass KI-Entwickler vor allem Kunden und Corporate-Partner brauchen (Match-Making-Marktplätze und Innovation-Hubs) und Freiräume zum Testen (“regulatory sandboxes in ai”). Dafür wurde einiges angestoßen. Daneben stecken im Papier aber auch viel “Angst-Therapie” und Ethik-Überlegungen, die zwar prinzipiell sinnvoll klingen, aber thematisch besser nach China oder in die USA passen als nach Österreich und unsere KI-Wirklichkeit, die alles andere als bedrohlich ist. Das einzig bedrohliche an Österreichs KI ist, dass sie oft falsch eingeschätzt und gewaltig unterkapitalisiert ist.

Die Community meint jedenfalls, dass wir rasch weitere, konkrete Dinge auf Schiene bringen sollten: Etwa die Einbindung der führenden KI-Forscher in die operative KI-Strategie. Den erleichterten Zugang von KI-Anbietern in die Beschaffung. Deutlich größere Budgets für KI Forschung und -Entwicklung, denn wir haben ein globales Marktversagen und eine beachtliche Konzentration mit hoher Wettbewerbsverzerrung. Der Standort braucht ausreichend Mittel und Talente (!). In beidem sind wir derzeit Wüste. KI-Firmen und Institute suchen einzelne Entwickler über Jahre, das ist die KI-Realität heute in unserem Land. Hiesige Investoren bevorzugen zudem Business-Modelle, die sich in wenigen Jahren rechnen. KI braucht aber fast immer einen langen Atem, um sein Potential auszuschöpfen. Es gibt zudem lange bekannte Forderungen, wie etwa größere GPU-Cluster, mehr Professuren und Geld für Grundlagenforschung, aber eben bis heute keine konkreten Beträge dafür und grünes Licht?

Das war zumindest bis gestern so. Denn da erklärte Frau Minister Schramböck beim #EFA21, dass bis 2030 rund 2 Milliarden in diesen Bereich fließen sollen. Und das klingt ermutigend!

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Matthias Gruber und Daniel Keinrath von fonio.ai (c) Kurt Keinrath

KMUs und KI sollen sich nicht mehr ausschließen. Das frische Wiener AI-Startup fonio.ai kombiniert Künstliche Intelligenz mit Telefonnummern und ermöglicht es Kleinunternehmen, sich ihre eigenen KI-Telefonagenten “in wenigen Minuten” zu bauen. Damit könne man “Anrufweiterleitungen nutzen, um KI in bestehende Telefon-Workflows einzubinden”, heißt es im Ankünder-LinkedIn-Posting des Mitgründers Daniel Keinrath.

Co-Gründer lernten sich bei Sigma Squared kennen

Keinrath war von 2020 bis Mai 2024 als CO-Founder und CEO beim Wiener Startup GetNano tätig – unter anderem gemeinsam mit Claudio Rebernig. Das AdTech-Startup, das sich auf die Vermarktung von User Generated Content spezialisierte, wurde 2024 von stylink, einer deutschen Influencer-Vergütungs-Plattform, übernommen – brutkasten berichtete.

Nun startet der nächste Streich des Founders: Gemeinsam mit Matthias Gruber hat Keinrath fonio.ai aus Eigenmitteln gegründet: “Wir wussten sofort, dass wir diese Idee zum Leben erwecken müssen”, schreibt Keinrath auf LinkedIn dazu. Mittlerweile habe man sich auch ein “unglaubliches Team zusammengestellt und kommen schneller voran, als wir je erwartet hätten.”

Co-Founder Gruber war zuvor beim SoftwareTech Platomics als Chief Product Officer vertreten. Und ist – wie Keinrath selbst – Mitglied der Sigma Squared Society. Mit Ende September legt Gruber seinen Posten bei Platomics ab und wird sich fortan dem Ausbau von fonio.ai widmen. Gemeinsam verfolgt das Gründerduo das Ziel, “KMUs zu befähigen, ihren eigenen KI-Telefonagenten in wenigen Minuten zu erstellen”, heißt es aus LinkedIn.

Eigener KI-Telefonassistent “wenigen Minuten”

Fonio.ai erstellt “in Sekunden” eine zusätzliche Telefonnummer, “über die dein individueller KI-Telefonassistent künftig erreichbar ist”, heißt es auf der Website des Startups. Folglich könne man Aufgaben und Themen, die die KI abdecken soll, festlegen und Details zum Unternehmen preisgeben, damit “die KI zuverlässig auf Kundenanfragen reagieren kann”.

Auch die KI-generierte Stimme kann an den Typus des Unternehmens angepasst und als männliche oder weibliche Stimme festgelegt werden. Anschließend sei es möglich, die KI in interne CRM-Systeme, Terminkalender oder Datenbanken zu integrieren. Während der KI-Telefonassistent im Einsatz ist, werden “in Echtzeit” Reportings erstellt und man sieht, “wie gut die Telefonate laufen”.

Noch vor drei Tagen verkündete Co-Gründer Keinrath auf LinkedIn die beta-Version von fonio.ai: In der Anfangsphase werde jeder Kunde noch einzeln in die Funktionsweise der KI eingeführt. Bald wolle man aber den Schritt wagen und die Plattform universell zugänglich machen.

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