27.04.2018

Uber: Innovation kann man bremsen, aber nicht aufhalten!

Gastkommentar. Der erklärte "Vielfahrer" Berthold Baurek-Karlic schreibt, warum die einstweilige Verfügung gegen Uber in Wien ein "Pyrrhussieg" ist und welche "echten Probleme" es zu lösen gilt.
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Uber in Wien
(c) fotolia.com - razihusin

Weltweit kämpfen Transport-Unternehmer seit Jahren, mehr oder minder erfolgreich gegen Uber. Auch in Europa hagelte es in den letzten Jahren eine Menge Klagen, wobei sich Uber aber in vielen Fällen in Millionenhöhe vergleichen konnte. Das Unternehmen ist den Gegenwind seit seiner Gründung gewohnt. Es hat eine enorme Kriegskasse, die es ihm erlaubt bei diesen Prozessen dagegen zu halten. Diese Woche war es dann auch bei Uber in Wien soweit. Der Wiener Taxi-Funk 40100 erreichte eine kurzfristige einstweilige Verfügung (EV) – der Brutkasten berichtete – und Uber muss seit dem 26. April 2018 kurzfristig seine Fahrtendienste einstellen.

+++ Einstweilige Verfügung: Uber soll vorübergehend Betrieb in Wien einstellen +++

“Uber ist böse, aber der Service ist trotzdem unschlagbar”

Unterdessen gingen im Internet die Wogen hoch – in den online Foren der traditionellen Medien, sowie auf Social-Media entbrannten hitzige Diskussionen. Die Quint-Essenz ist einfach: “Uber ist böse, aber der Service ist trotzdem unschlagbar”. Wie ich zu der Aussage komme, erkläre ich gleich. Uber selbst schreibt seinen Fans auf Facebook, dass sie bald wieder fahren werden und bereits in den nächsten Tagen eine Lösung präsentieren werden.

Ich will die Freude der obsiegenden Taxi-Unternehmer nicht trüben, aber ich fürchte dieser Sieg wird letztlich ein “Pyrrhussieg” gewesen sein. Die Taxi-Unternehmer und die Wirtschaftskammer (Taxi-Innung) dürften von außen betrachtet bereits einiges an Geld in Anwälte, Demos und sonstige “Kampfmaßnahmen” gesteckt haben – viel mehr als sie offenbar bereit waren in Innovation oder etwa eine Verbesserung ihrer Services zu stecken. Und das ist ein riesen Fehler.

Denn es gibt nicht nur den einen digitalen Wettbewerber Uber in Wien – es gibt eine ganze Reihe von Startups, die sich das Thema Transport vorgenommen haben, und eines von diesen oder eine Gruppe davon wird überleben. Philipp Baldauf von Butleroy – selbst gerade bei der BMW (Startup) Garage in Bayern – brachte es mit seiner Aussage via Facebook Posting auf den Punkt: “Innovation kann gebremst, aber sicher nicht aufgehalten werden”!

Was Kunden an Uber mögen?

Es gibt eine Reihe von Dingen, die Uber ausmachen. Der Service ist simpel, die Qualität stimmt, die Kosten sind transparent und der Fahrer kann kontaktiert werden, wenn man etwas verliert. Im Detail sind es eine Reihe von Kleinigkeiten, die die Innovation “Uber” ausmachen:

  • Bei Uber wird jede Fahrt abgerechnet. Die Wiener Taxifahrer beschweren sich immer noch über die Registrierkasse (warum?).
  • Uber gibt eine optimale Strecke vor. Wiener Taxilenker wählen bei mangelnder Ortskenntnis gerne mal “kreative” Routen.
  • Bei Uber ist die Kreditkarte in der App hinterlegt und damit die Zahlung mit einem einfachen “Danke” beim Aussteigen erledigt. Bei Wiener Taxilenkern werden in vielen Fällen überhaupt keine Karten akzeptiert – die Zahlung mit Terminals dauert ewig!
  • Die App von Uber besticht durch Nutzerfreundlichkeit und sie funktioniert problemlos. 40100 hat auch ein App veröffentlicht – die Nutzerfreundlichkeit ist allerdings leider sehr schwach (offenbar wurde diese sehr günstig umgesetzt).
  • Ist der Uber-Lenker freundlich, hat ein gepflegtes Auto und fährt umsichtig, bekommt er fünf Sterne. Wiener Taxilenker sind anonym als Fahrer, ihr Tarif ist unabhängig von ihrer Leistung oder ihrem Fahrzeug. Es fehlt schlicht ein Anreiz zu besserer Leistung.
  • Wenn man ein Uber für eine Route bestellt, steht der Preis vorab fest. Bei einem Taxi ist das nicht so und je nach Fahrer oder Wetterlage kann der Preis schon mal um 30 Prozent schwanken (nach meiner Erfahrung als jahrelanger VIELFAHRER nach mehr als 500 Fahrten auf der gleichen Strecke!).

Die Begründungen klingen so einfach, dass man sich schlicht fragt, warum es Taxilenker nicht einfach auch schaffen, einen besseren Service anzubieten. Hätte man einen Bruchteil des bereits verpulverten Geldes und Zeitaufwands darin investiert, von Uber zu lernen und neue Mitbewerber durch Partnerschaft zum Vorteil des Gewerbes zu nutzen, wäre den Kunden und den Fahrern ein großer Dienst erwiesen worden. Eine sinnvolle Strategie hierfür zu entwickeln, ist wirklich keine Raketenwissenschaft – aber mich fragt bislang keiner.

Das rechtliche Problem mit Uber?

Uber ist eine Mobile-App, die Fahrgäste gegen eine Kommission an in der App registrierte Fahrer vermittelt. Theoretisch kann sich jeder bei Uber als Fahrer anmelden und seinen Service anbieten. Es gelten aber natürlich die nationalen Bestimmungen für Transportunternehmen und damit viele kleine Unterschiede in Sachen Regulierung auf der ganzen Welt. Eine EU-weite Regelung gibt es bislang für das Transport- bzw. Taxigewerbe nicht. Deshalb muss Uber auch in allen Ländern und Städten einen eigenen Rechtsstreit führen. Nach em Uber in Barcelona dazu verpflichtet wurde, die Anforderungen für Taxi Unternehmer zu erfüllen, eskalierte man den Fall zum europäischen Gerichtshof, welcher im Dezember 2017 entschied, dass Uber ein Transportunternehmen ist und als solches durch nationale Gesetzte zu regeln ist.

Antiquiertes Gesetz gegen Uber in Wien

Soweit so klar. In Österreich waren Uber-Fahrer – aller Kategorien – unter dem Regulativ der Mietwagen-Unternehmer (wie Limo-Services) unterwegs. Das Gesetz dahinter ist leider recht antiquiert und wurde im Falle der aktuellen einstweiligen Verfügung gegen Uber in Wien nun streng ausgelegt. Die wesentliche Regelung in dieser Sache besagt:

Die Aufnahme der Fahrgäste darf nur am Standort (in der Betriebsstätte) des Gewerbetreibenden oder an dem Ort erfolgen, der auf Grund einer in der Wohnung oder Betriebsstätte des Gewerbetreibenden eingegangenen Bestellung für die Fahrgastaufnahme vorgesehen ist. Dies gilt auch für Kraftfahrzeuge, die mit Funk oder Autotelefon ausgestattet sind. Mit Mietwagen ist nach Beendigung des Auftrages wieder zu einer Betriebsstätte des Gewerbetreibenden zurückzukehren. Bei Leerfahrten dürfen Fahrgäste nicht aufgenommen werden, es sei denn, es handelt sich um eine in der Betriebsstätte oder in der Wohnung des Gewerbetreibenden eingelangte Bestellung auf Abholung von Fahrgästen.

Kurzum – eine Vermittlung von Fahrgästen via App und die Aufnahme von Fahrgästen nach einander ist nicht erlaubt. In wie weit das sinnvoll ist, darüber lässt sich eben sehr intensiv diskutieren und streiten. Die Gesetze und Regelungen in Bezug auf das Taxi bzw. Transportgewerbe scheinen generell etwas antiquiert. So dürfen zum Beispiel keine Wiener Taxis vom Wiener Flughafen (in Wien-Schwechat) Fahrgäste aufnehmen (außer man geht zum Schalter in der Ankunftshalle und bestellt einen Wagen). Schwechater Taxifahrer wiederum müssen überbordende Gebühren für Fahrten nach Wien verlangen, da sie in Wien keine Kunden aufnehmen dürfen. Wer dachte, dass der Gebietsschutz bei Apotheken ein Irrsinn ist, der sollte sich mal mit diesem Gewerbe auseinandersetzen!

Die echten Probleme, die es zu lösen gilt!

Ich bin überzeugt, dass Uber in Wien bald wieder seine Dienste auf Hochtouren anbieten wird – genau so wie viele andere digitale Services. Bei aller Begeisterung für den Kundennutzen und die schönen Seiten dieser innovativen Anbieter, müssen wir aber auch daran arbeiten, dass es nicht zur Ausbeutung von Arbeitskräften kommt. Uber steht vielfach in der Kritik, sehr hohe Gebühren von den Fahrern zu verlangen und diese Einnahmen nicht in Österreich oder gar Europa zu versteuern. Diese Entwicklung ist bedenklich und als negative Auswirkung der sog. “gig-economy” bestens bekannt. Die Politik ist alarmiert – so hat auch Bundeskanzler Sebastian Kurz in einem Live-Stream diese Woche wieder betont, dass es wichtig ist, dass wir in Europa hier eine saubere Lösung schaffen.


Der Autor

Berthold Baurek-Karlic ist Gründer der Beratungs- und Venture Capital Firma – Venionaire (www.venionaire.com), Vorstand des European Super Angels Clubs (www.superangels.club), Expert Partner diverser Akzeleratoren und Venture Fonds, Vorstand der Austrian Private Equity und Venture Capital Association (www.avco.at), Blogger (www.baurek-karlic.at), sowie externer Berater in den Programmen Horizon2020, Innovation Radar der Europäischen Kommission.

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v.l. Die beiden Founding Partner Laurenz Sim- bruner und Lukas Püspök | (c) Tina Herzl

Dieser Artikel erschien zuerst in der Jubiläumsausgabe unseres Printmagazins. Ein Link zum Download findet sich am Ende des Artikels.

Spätestens mit dem Sieg von Donald Trump bei den US-Wahlen und der angekündigten Rückkehr seiner „America First“-Politik ist die Debatte über die Technologiesouveränität in Europa neu entfacht. Unter dem Motto „Drill, baby, drill!“ hat Trump zudem angekündigt, die Förderung fossiler Energieträger wie Öl und Gas massiv ankurbeln zu wollen. Gleichzeitig ist Europa in zentralen Industrien wie der Solar- und Batterietechnologie stark von China abhängig. Angesichts dieser Herausforderungen stellt sich die Frage, welche Marktchancen europäische Climate-Tech-Startups im geopolitischen Spannungsfeld zwischen den USA und China künftig haben.

Diese Frage beleuchten wir aus Investorensicht im Gespräch mit Lukas Püspök und Laurenz Simbruner – sie sind Founding Partner des Wiener Venture-Capital-Fonds Push, der gezielt in Health-Tech- und Climate-Tech-Startups investiert. Püspök leitet zudem das gleichnamige Familienunternehmen, das einer der größten Windkraftbetreiber Österreichs ist.


Wie schätzt ihr die aktuelle Finanzierungslage für Startups aus Investorensicht ein?

Laurenz Simbruner: Die erwartete deutliche Verbesserung bei Dealchancen blieb 2024 aus. Viele hatten die Hoffnung, dass der Markt wieder stärker anzieht, aber das war eher eine vorsichtige Prognose als Realität. Stattdessen erlebten wir ein Jahr, das stark im Zeichen selektiver Investments stand – Flight to Quality und ein klarer Fokus auf Unit Economics und den Weg zur Rentabilität. Besonders Top-Teams und Serial Entrepreneurs hatten es beim Fundraising leichter. Im Bereich Climate-Tech war weiterhin Finanzierung da, vor allem von neueren Fonds, die bereits 2021 und 2022 geraist wurden. Doch auch hier gab es erste Anzeichen von Ernüchterung.

Wie äußern sich diese Anzeichen der Ernüchterung im Climate-Tech-Sektor?

Lukas Püspök: Noch vor zwei Jahren waren die Erwartungen hoch – viele Pitch Decks gingen von extremen Energiepreisen aus, und selbst kleine Einsparungen durch Softwarelösungen wurden als äußerst wertvoll angesehen. Heute sind die Energiepreise in Europa zwar leicht erhöht, aber weitgehend normalisiert. Das führt zu einer gewissen Normalisierung der Nachfrage nach spezifischen Lösungen. Doch der Megatrend Climate-Tech bleibt intakt: Lösungen im Kampf gegen die Klimakrise sind weiterhin dringend notwendig, und das Potenzial für neue Technologien ist groß. Besonders Boom-Technologien wie Batterien bleiben gefragt. Allerdings erschweren die wirtschaftliche Situation in Europa und der geopolitische Druck zwischen China und den Vereinigten Staaten die Entwicklungen in der Clean-Tech- und Climate-Tech-Branche.

Der Megatrend Climate-Tech bleibt intakt.

Laurenz Simbruner: Interessant ist auch die Entwicklung bei den Investitionsvolumina: Nach einem Anstieg über drei Quartale gab es zuletzt wieder einen Rückgang. Besonders Deals im Bereich künstliche Intelligenz ziehen hier Aufmerksamkeit auf sich, da viele Mega-Rounds ein Drittel des Investitionsvolumens in Anspruch nehmen. Unsere beiden Bereiche Klima und Gesundheit bleiben jedoch noch immer unter den Top-Verticals. Der Fokus im Climate-Tech-Bereich verschiebt sich hin zu echten Herausforderungen der Energiewende und Industrie. ESG-Monitoring oder reine Energiemonitoring-Lösungen reichen nicht mehr aus – es geht darum, die großen Probleme anzugehen. Beispielsweise spielt die Steuerung zwischen Energieproduzenten, Speichern und Abnehmern eine zentrale Rolle, und hier kann Software Effekte erzielen.

Lukas Püspök: Die Komplexität im Energiebereich steigt enorm, die neue Energiewelt ist wesentlich vielschichtiger und dynamischer als früher. Das schafft ein ideales Umfeld für neue Technologieunternehmen, die mit ihrer Agilität und Innovationskraft Lösungen bieten können, die traditionelle Akteure oft nicht schnell genug umsetzen. In diesem Feld ergeben sich fast zwangsläufig große Wachstumschancen für neue Technologieunternehmen. Die Herausforderungen und Möglichkeiten sind so groß, dass es fast nicht anders kommen kann.

Welche Chancen bestehen für Startups im Energiebereich angesichts der dominanten Marktposition Chinas im Hardwarebereich?

Lukas Püspök: Ja, tatsächlich sind die meisten wesentlichen Technologien mittlerweile fest in chinesischer Hand. Bei Wärmepumpen könnte Europa noch eine kleine Chance haben, aber auch hier zeigt sich ein ähnliches Bild wie bei den Wechselrichtern: Vor einigen Jahren hatten auch die europäischen Hersteller noch eine gewisse Relevanz am Weltmarkt, heute spricht jedoch fast jeder nur noch über Huawei und ein paar andere, die ihre Dominanz klar ausbauen konnten.

Diese Entwicklung wird sich in den nächsten Jahren nicht einfach aufhalten lassen. China hat ein enormes Production-Know-how aufgebaut. Die Unternehmen dort sind in Forschung und Entwicklung sowie im Bau großer Produktionsanlagen extrem stark geworden. In Europa wird es sehr schwierig, dieses Niveau schnell zu erreichen.

Die USA gehen einen anderen Weg: Mit dem Inflation Reduction Act fließt viel Kapital in den Aufbau von Produktionskapazitäten, was den USA möglicherweise Vorteile verschafft. In Europa fehlen vergleichbar starke Investitionsanreize und langfristige Strategien, wie sie in China und den Vereinigten Staaten umgesetzt werden.

Historisch gesehen sind industrielle Erfolge eng an günstige Energiepreise gebunden.

Das bedeutet jedoch nicht, dass es für europäische Startups im Energy-Tech-Bereich keine Chancen gibt. Es gibt zahlreiche Felder, in denen sie erfolgreich sein können – von der Ausgleichsenergie über das Energiekostenmanagement bis zur Batterieoptimierung und Implementierung, um nur ein paar zu nennen. Hier bieten sich viele Möglichkeiten zur Wertschöpfung.

Wenn jedoch jemand in Europa eine neue Solarzelle entwickeln möchte, ist Skepsis angebracht, ob eine solche Entwicklung hier wirklich konkurrenzfähig in die Massenproduktion gehen kann. Deshalb liegt unser Fokus ohnehin nicht auf Hardware. Sie kann zwar eine Rolle spielen, aber der Hauptwert sollte immer aus der Softwarekomponente kommen – auch wenn das im Energy-Tech-Bereich manchmal herausfordernd ist.

Welchen Investitionsfokus verfolgt Push im Energiebereich?

Lukas Püspök: Unser Fokus liegt immer auf Asset-Light-Ansätzen, selbst bei Projekten mit Hardwarekomponenten. Wir sind offen, auch Hardware anzusehen, aber der wesentliche Wert wird in Europa öfter durch Software geschaffen, seltener durch herausragende Hardwareentwicklung und Produktion.

Laurenz Simbruner: Das liegt auch daran, dass wir als Tech-Investoren darauf achten, wie leicht Folgefinanzierungen gesichert werden können. Bei reinen Hardware-Investments stoßen wir auf Widerstände: Rund drei Viertel der potenziellen Investoren sagen bei „Hardware only“ Nein. Das erhöht das Risiko, dass eine Anschlussfinanzierung scheitert oder man alternative Finanzierungsquellen wie strategische Investoren oder Family Offices anstreben muss.

Was muss Europa tun, um im Energiebereich Technologiesouveränität zu erlangen?

Lukas Püspök: Europa kann nur wettbewerbsfähig bleiben, wenn es langfristige, klare Policies ähnlich wie die anderen großen Wirtschaftsräume umsetzt. China hat mit seinen Fünfjahresplänen schon vor Langem begonnen, grüne Technologien und Batterien strategisch zu fördern, und unterstützt seine Unternehmen auf vielen Ebenen. Die USA setzen auf den Inflation Reduction Act, der klare Impulse für die Industrie bietet. Im Vergleich dazu wirkt Europa mit seinen Initiativen wie dem Green Industrial Deal fast zurückhaltend und politisch fragmentiert, was große Schritte erschwert.

Wir brauchen diese Klarheit in der europäischen Politik, um unsere Industrie zu halten und wettbewerbsfähige, günstige Energie zu sichern. Historisch gesehen sind industrielle Erfolge eng an günstige Energiepreise gebunden, und auch für Europa ist der massive Ausbau erneuerbarer Energien alternativlos. Manche Stimmen sprechen sich zwar für mehr Kernenergie aus, aber der gänzlich fossilfreie Ausbau bleibt das Ziel; besonders, da Europa keine großen natürlichen Ressourcen besitzt. Wir müssen so viel wie möglich selbst in Europa erneuerbar produzieren.

Der Fokus im Climate-Tech-Bereich verschiebt sich hin zu echten Herausforderungen der Energiewende und Industrie

Donald Trump hat die US-Wahlen gewonnen und setzt sich für fossile Energieträger ein. Inwiefern ist das eine Gefahr für den europäischen Climate-Tech-Sektor?

Lukas Püspök: Die aktuellen Entwicklungen in den USA stellen für den europäischen Climate-Tech-Sektor aus meiner Sicht keine allzu große Gefahr dar. Wenn die USA erneut aus dem Klimaabkommen austreten und die Schiefergas- und Schieferölproduktion steigern, wird dies zwar Auswirkungen haben, doch Europa wird weiterhin konsequent auf Zukunftstechnologien setzen. Diese klare Haltung stärkt das europäische Ökosystem und zeigt eine gewisse Unabhängigkeit gegenüber globalen politischen Veränderungen. Insgesamt halte ich den Wahlausgang für die Klimabemühungen für sehr bedauerlich – für die Chancen der europäischen Climate-Tech-Unternehmen aber nicht für eine fundamentale Gefährdung.

Laurenz Simbruner: Viele Climate-Tech-Lösungen dienen primär der Kostenreduktion und der Produktivitätssteigerung. Der Kundennutzen steht dabei im Vordergrund, z. B. durch geringeren Verbrauch oder höhere Effizienz. Die Entscheidung für solche Innovationen ist oft wirtschaftlich motiviert und nicht rein ideologisch. So spielt auch in den USA der wirtschaftliche Nutzen eine entscheidende Rolle – und erneuerbare Technologien wie Photovoltaik setzen sich langfristig durch, wenn sie wirtschaftlich sinnvoll sind.

Lukas Püspök: Letztlich zeigt sich: Technologien setzen sich dauerhaft nur dann durch, wenn sie einen entsprechenden Kundennutzen bringen. In vielen Fällen sind aber Anschubfinanzierungen notwendig, um Technologien wie Photovoltaik zu etablieren und günstige, nachhaltige Lösungen weltweit zu fördern. Der große Photovoltaikboom auf österreichischen Dächern begann weniger aus Umweltgründen oder weil plötzlich jeder grünen Strom wollte; vielmehr wollen wir uns im Lichte der hohen Kosten und der Abhängigkeit von Importen wirtschaftlich absichern. Dieses Prinzip zeigt sich auch in den USA: Zwar könnte man mehr Öl und Gas fördern, und in gewissem Umfang wird das leider auch passieren, aber in vielen Fällen ergeben andere Energieformen wirtschaftlich mehr Sinn. Auch die USA werden PV, Windkraft und Batterien weiter stark ausbauen, hauptsächlich, weil sie in der Stromproduktion zu fast konkurrenzlos günstigen Technologien geworden sind.


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