08.07.2019

Warum Smart Home unser Leben verändert – und wie Startups am Boom partizipieren

Smart Assistants spielen im Alltag eine immer wichtigere Rolle und zeigen, wie das Smart Home der Zukunft aussehen könnte. Für die User sind vor allem zwei Faktoren ausschlaggebend: Integrierbarkeit und Komfort.
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(c) fotolia / AndSus

Musiksteuerung, Temperaturregler, Lichtverhältnisse anpassen, per Voice Command online nach Antworten suchen oder einfach die Jalousien hochfahren – sprachgesteuerte Systeme drängen in unser Leben und bieten uns die Möglichkeit, unser individuell gestaltetes Smart Home selbst zu entwickeln.

Freilich gibt es hierbei noch Knackpunkte, die den Weg der „künstlichen Hilfsintelligenzen“ in die Mitte der Gesellschaft drosseln, darunter Fragmentierung, Privatsphäre, Bedarf und allgemeine Skepsis gegenüber miteinander vernetzten Haushaltsgeräten. Allerdings ist zu erkennen, dass der Anfang des IoT bereits getätigt wurde und Speaker-Systeme wie Alexa & Co in den nächsten Jahren so normal sein werden, wie es Smartphones heute sind. Das belegen diverse Zahlen aus dem deutschsprachigen Raum.

23 Prozent Wiener mit Sprachsteuerung

In Österreich besitzen 14 Prozent der Haushalte einen Sprachassistenten. Wie eine Umfrage des Gallup Instituts im Auftrag der VAV Versicherungs-AG Ende Jänner 2019 herausgefunden hat, nutzt oder plant jeder fünfte Haushalt die Nutzung eines digitalen Assistenten. In Wien greifen rund 23 Prozent auf sprachgesteuerte Unterstützung zurück. Von den insgesamt 1.000 Befragten gaben jedoch nur sieben Prozent an, ihre Haushaltsgeräte via Internet oder Smartphone zu steuern. Rund 15 Prozent zeigten sich nicht abgeneigt, in Zukunft auf diese Art der Steuerung zurückzugreifen.

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In Deutschland verwenden bereits rund 15 Prozent der Internetnutzer in ihrem Alltag Smart Speaker, wie die Ergebnisse einer Umfrage von Trendmonitor aus dem Februar 2019 zeigen. Die meisten Deutschen gebrauchen ihre Sprachassistenten für Musik (57 Prozent), den Wetterbericht (55 Prozent) und die Online-Suche (46 Prozent). Knapp ein Drittel steuert per Sprache das eigene Fernsehgerät.

Ein Grund dafür ist, dass der Komfort intelligenter Lautsprecher die Sorge vor Datenklau und Manipulation zwar nicht verjagt, aber etwas überlagert. Das Hands- free-Einschalten des Lichts, wenn man vom Einkauf zurückkommt, überwiegt als Komfortvorteil ebenso wie das Abspielen des Lieblingslieds auf Kommando.

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Doch Smart Assistants können darüber hinaus immer mehr Bedürfnisse der Konsumenten erfüllen. Neben Dienstleistungen wie Video- und Audio-Entertainment, Kommunikation, Überwachung des Eigenheims per Kamera über Smartphone und Bereitstellung von Information ermöglichen sie zudem Online-Shopping, Terminerinnerungen, Hotelbuchungen oder energiesparendes Heizen und Belichten. Sie adressieren damit eine breite Palette menschlicher Begehren.

Dennoch erleben wir aktuell erst den Beginn eines Wandels. Nach Prognosen des Marktforschungsunternehmens IDC wird sich die Anzahl der weltweit verkauften Smart-Assistant-Geräte von 99 Millionen Stück im Jahr 2018 bis 2022 auf 231 Millionen erhöhen. Zudem integrieren immer mehr Drittanbieter – von Philips Hue über smarte Soundbars bis hin zu Smart-TV – Smart Assistants in ihre Geräte.

Konzerne und Startups erkennen das smarte Potenzial

Neben Konzernen haben auch Startups die vielfältigen Chancen erkannt, ihre Produkte in Smart Assistants zu integrieren und damit im Marketing-Bereich zu punkten, wie Robert Kopka, Mitgründer des auf smarte Lampen spezialisierten Startups Luke Roberts, erklärt: “Der Smart-Home-Markt ist noch ziemlich fragmentiert. Wir glauben aber, dass der Großteil der Privatkunden in Zukunft das Ökosystem von Amazon, Apple oder Google nutzen wird”, sagt er. “Aus unserer Sicht ist es für Startups ein großes Marketing-Thema. Sprachassistenten sind gerade sehr gefragt. Wenn die Konkurrenz ihre Produkte in Smart Speaker integriert hat, man selbst aber nicht, ist man im Nachteil.”

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Auch Phillip Bittner, Content Manager bei Tink, einem Marktplatz für SmartHome- Produkte, sieht Google Home, Amazon Alexa und Apple HomeKit als die globalen Standards. “Die neue grafische Oberfläche von Google Home verbindet tatsächlich die ganze Smart-Home-Steuerung in einer App, Google hat auch die beste Kompetenz im Bereich Sprachsteuerung. Apple setzt aktuell den Maßstab beim Thema Datenschutz und Alexa bietet die meisten kompatiblen Geräte”, sagt er.

Video-Talk mit Robert Kopka von Luke Roberts

Heimische „Smart-Home-Lösungen“

Auch heimische Großunternehmen arbeiten an umfassenden Lösungen für das smarte Zuhause. A1 zum Beispiel entdeckte vor über einem Jahr diesen Bereich für sich. Der Grund für diesen Schritt wird wohl nicht zuletzt in den Ergebnissen einer vom Unternehmen durchgeführten Studie aus dem Jahr 2018 liegen. In dieser wurde das Wissen der Österreicher in punkto Smart Home untersucht. Demnach stieg bei technikaffinen Österreichern der Bekanntheitsgrad des Begriffs Smart Home in einem Jahr um sechs Prozent auf 84 Prozent. Bei wenig Technikbegeisterten war der Sprung sogar noch größer: von 66 auf 81 Prozent.

Die Smart-Home-Pakete von A1 enthalten ein Gateway sowie diverse Gerätschaften und Sensoren. Sie werden durch eine Smart-Home-App ergänzt. “Mit ihr habe ich die Möglichkeit, mein Smart Home zu steuern und genieße den Vorteil, wenn ich auf Anbieter wie A1 zurückgreife, dass alle Sensoren, dich ich zusätzlich erwerbe, etwa Sirenen für innen und außen, Indoor-Kamera oder Rauchmelder, bei unserer Smart-Home-Lösung mit der App kompatibel sind”, sagt Jochen Schützenauer, Sprecher von A1. Der große Vorteil: Alle Geräte können aus einer Quelle heraus gesteuert werden. Dieser “A1-Turn” eröffnet auch für Startups Chancen, sich in diesem Bereich zu profilieren.

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Ein Beispiel dafür ist das Grazer Startup Nuki. Es entwickelt elektronische Türschlösser (Smart Locks), die über Apple HomeKit, Amazon Alexa, Google Home und auch A1 Smart Home steuerbar und in A1-Shops erhältlich sind. Ein Smart Lock bietet mehrere Vorteile, heißt es: So ver- bzw. entriegle es sich automatisch, wann immer eine zutrittsberechtigte Person mit dem Smart Phone oder der Smart Watch gehe bzw. komme. Auch ließen sich bei Bedarf zusätzliche virtuelle Schlüssel per Klick generieren und wieder löschen. Man hat erkannt, dass Sicherheit für die Österreicher ein großes Thema ist. Rund 70 Prozent der Befragten der A1-Studie würden sich für eine Smart-Lock-Lösung interessieren, auch wenn aktuell nur drei Prozent ein smartes Türschloss besitzen.

Schützenauer erwartet zukünftig noch smartere Gadgets in großer Menge an vielen Point of Sales und steht mit dieser Meinung nicht allein da. Bittner sieht den Markt ebenfalls in ständiger Bewegung: “Auf der CES im Jänner [Anm.: Consumer Electronics Show] in Las Vergas haben wir sehr viele innovative Produkte gesehen, die sich qualitativ immer weiter steigern. Der Trend geht dabei zu einer noch besseren Vernetzung, bei der künstliche Intelligenz bei den Automatisierungen immer mehr zum Einsatz kommt.” Auch Barbara Ondrisek, Entrepreneurin, Software-Entwicklerin und Mitgründerin der Chatbots Agency, denkt, dass sich smarte Assistenten in Zukunft mehr integrieren werden. “Ich würde mich sehr über eine Hands-free-Eingabe der Zieladresse beim Navi im Auto freuen. Die GoPro-Kamera kann man mittlerweile auch schon per Sprache steuern”, sagt sie.

Video: IoT-Lösungen mit Hilfe von 5G

Tipps für Startups

In diesem Sinne hat Kopka für Startup-Gründer, die sich auch mit Assistants für Smart Home verbinden wollen, Tipps parat: “Man sollte vorab klären, ob das Produkt alle Anforderungen erfüllt. Außerdem muss man viel Entwicklungszeit einplanen. Bis die Integrationen schnell und stabil laufen, kann viel Zeit vergehen. Zudem sind die Zertifizierungsprozesse teilweise sehr umfangreich”, sagt er.

Die Frage der Smart-Home-Entwicklung erscheint ein wenig wie der Übergang von der Kerze zum elektrischen Licht oder vom Morsen zum Telefon. Und doch ist es anders. Eine Unübersichtlichkeit am Markt, ungeklärte Fragen zur Privatsphäre und vor allem fragmentierte Angebote lassen den Customer noch etwas zögerlich an die Sache herangehen. Es ist ein Wettkampf der Goliaths der Branche, der an der peripheren Wahrnehmung der Gesellschaft stattfindet, jedoch langsam ins Zentrum drängt. Es ist nicht gewiss, wer sich zur Gänze durchsetzen wird oder ob es überhaupt einen Sieger geben kann.

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Was aber das Smart Home der nahenden Zukunft prägen könnte, sind kleinere Anbieter mit bestimmten USPs oder Qualitätsvorteilen, die sich in einem jungen und wachsenden Markt noch nicht abschätzen lassen. Man denke nur an den als unschlagbar geltenden Handy-Giganten Nokia, der heutzutage nur noch Kultstatus besitzt, oder den lange Zeit führenden Web-Browser Internet Explorer, der mit Chrome, Firefox oder etwa Tor seine Gegner gefunden hat.

Am Ende werden für den Consumer einfache Handhabung, schnelle Integration der individuellen Eigenheimgeräte und rasche Ausführung der Befehle zählen – kurzum, welcher Assistent es am besten versteht, das Zuhause gemütlicher zu machen.

Video: Startup ryd macht jedes Auto zum Smart Car


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„Das war ein richtiger Hype. Nach wenigen Tagen hatte ChatGPT über eine Million Nutzer”, erinnert sich Lippert an den Start des OpenAI-Chatbots Ende 2022. Seither habe sich aber viel geändert: “Heute ist das gar kein Hype mehr, sondern Realität“, sagt Lippert. Die Technologie habe sich längst in den Alltag integriert, kaum jemand spreche noch davon, dass er sein Smartphone über eine „KI-Anwendung“ entsperre oder sein Auto mithilfe von KI einparke: “Wenn es im Alltag angekommen ist, sagt keiner mehr KI-Lösung dazu”.

Auch Thomas Steirer erinnert sich an den Moment, als ChatGPT erschien: „Für mich war das ein richtiger Flashback. Ich habe vor vielen Jahren KI studiert und dann lange darauf gewartet, dass wirklich alltagstaugliche Lösungen kommen. Mit ChatGPT war dann klar: Jetzt sind wir wirklich da.“ Er sieht in dieser Entwicklung einen entscheidenden Schritt, der KI aus der reinen Forschungsecke in den aktiven, spürbaren Endnutzer-Bereich gebracht habe.

Von erster Begeisterung zu realistischen Erwartungen

Anfangs herrschte in Unternehmen noch ein gewisser Aktionismus: „Den Satz ‘Wir müssen irgendwas mit KI machen’ habe ich sehr, sehr oft gehört“, meint Steirer. Inzwischen habe sich die Erwartungshaltung realistischer entwickelt. Unternehmen gingen nun strategischer vor, untersuchten konkrete Use Cases und setzten auf institutionalisierte Strukturen – etwa durch sogenannte “Centers of Excellence” – um KI langfristig zu integrieren. „Wir sehen, dass jetzt fast jedes Unternehmen in Österreich KI-Initiativen hat“, sagt Lippert. „Diese Anlaufkurve hat eine Zeit lang gedauert, aber jetzt sehen wir viele reale Use-Cases und wir brauchen uns als Land nicht verstecken.“

Spar, Strabag, Uniqa: Use-Cases aus der österreichischen Wirtschaft

Lippert nennt etwa den Lebensmittelhändler Spar, der mithilfe von KI sein Obst- und Gemüsesortiment auf Basis von Kaufverhalten, Wetterdaten und Rabatten punktgenau steuert. Weniger Verschwendung, bessere Lieferkette: “Lieferkettenoptimierung ist ein Purpose-Driven-Use-Case, der international sehr viel Aufmerksamkeit bekommt und der sich übrigens über alle Branchen repliziert”, erläutert die Microsoft-Expertin.

Auch die Baubranche hat Anwendungsfälle vorzuweisen: Bei Strabag wird mittels KI die Risikobewertung von Baustellen verbessert, indem historische Daten zum Bauträger, zu Lieferanten und zum Bauteam analysiert werden.

Im Versicherungsbereich hat die UNIQA mithilfe eines KI-basierten „Tarif-Bots“ den Zeitaufwand für Tarifauskünfte um 50 Prozent reduziert, was die Mitarbeiter:innen von repetitiven Tätigkeiten entlastet und ihnen mehr Spielraum für sinnstiftende Tätigkeiten lässt.

Nicht immer geht es aber um Effizienzsteigerung. Ein KI-Projekt einer anderen Art wurde kürzlich bei der jüngsten Microsoft-Konferenz Ignite präsentiert: Der Hera Space Companion (brutkasten berichtete). Gemeinsam mit der ESA, Terra Mater und dem österreichischen Startup Impact.ai wurde ein digitaler Space Companion entwickelt, mit dem sich Nutzer in Echtzeit über Weltraummissionen austauschen können. „Das macht Wissenschaft zum ersten Mal wirklich greifbar“, sagt Lippert. „Meine Kinder haben am Wochenende die Planeten im Gespräch mit dem Space Companion gelernt.“

Herausforderungen: Infrastruktur, Daten und Sicherheit

Auch wenn die genannten Use Cases Erfolgsbeispiele zeigen, sind Unternehmen, die KI einsetzen wollen, klarerweise auch mit Herausforderungen konfrontiert. Diese unterscheiden sich je nachdem, wie weit die „KI-Maturität“ der Unternehmen fortgeschritten sei, erläutert Lippert. Für jene, die schon Use-.Cases erprobt haben, gehe es nun um den großflächigen Rollout. Dabei offenbaren sich klassische Herausforderungen: „Integration in Legacy-Systeme, Datenstrategie, Datenarchitektur, Sicherheit – all das darf man nicht unterschätzen“, sagt Lippert.

“Eine große Herausforderung für Unternehmen ist auch die Frage: Wer sind wir überhaupt?”, ergänzt Steirer. Unternehmen müssten sich fragen, ob sie eine KI-Firma seien, ein Software-Entwicklungsunternehmen oder ein reines Fachunternehmen. Daran anschließend ergeben sich dann Folgefragen: „Muss ich selbst KI-Modelle trainieren oder kann ich auf bestehende Plattformen aufsetzen? Was ist meine langfristige Strategie?“ Er sieht in dieser Phase den Übergang von kleinen Experimenten über breite Implementierung bis hin zur Institutionalisierung von KI im Unternehmen.

Langfristiges Potenzial heben

Langfristig stehen die Zeichen stehen auf Wachstum, sind sich Lippert und Steirer einig. „Wir überschätzen oft den kurzfristigen Impact und unterschätzen den langfristigen“, sagt die Microsoft-Expertin. Sie verweist auf eine im Juni präsentierte Studie, wonach KI-gestützte Ökosysteme das Bruttoinlandsprodukt Österreichs deutlich steigern könnten – und zwar um etwa 18 Prozent (brutkasten berichtete). „Das wäre wie ein zehntes Bundesland, nach Wien wäre es dann das wirtschaftsstärkste“, so Lippert. „Wir müssen uns klar machen, dass KI eine Allzwecktechnologie wie Elektrizität oder das Internet ist.“

Auch Steirer ist überzeugt, dass sich für heimische Unternehmen massive Chancen eröffnen: “Ich glaube auch, dass wir einfach massiv unterschätzen, was das für einen langfristigen Impact haben wird”. Der Appell des Nagarro-Experten: „Es geht jetzt wirklich darum, nicht mehr zuzuwarten, sondern sich mit KI auseinanderzusetzen, umzusetzen und Wert zu stiften.“


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