11.09.2015

Silicon Valley-Entrepreneur Mike Lin: “Man muss 110 Prozent geben”

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© WB/Eizinger: Gründer Mike Lin gibt Tipps für den Erfolg eines Startups.

Mike Lin ist Entrepreneur, berät niemand Geringeren als Al Gore und ist Vorreiter der Greenstart-Szene in Amerika. Der kalifornische Serien-Gründer hat zuletzt Fenix International erfolgreich ins Leben gerufen. Das Solar-Kit bringt Strom in Haushalte, wo er besonders benötigt wird: Das Produkt sorgt für Licht und lädt Telefone in zahlreichen afrikanischen Haushalten auf.

Mike Lin erzählt, ob es ihm rein um den Gewinn geht, welche Tipps und Tricks es gibt, um ein Startup erfolgreich zu machen und wie wichtig das Team ist.

 Sie haben als Designer begonnen. Wie wird man zum “Green Entrepreneur” und Gründer eines grünen Start-ups?

Mike Lin: Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung standen immer im Mittelpunkt meiner Aktivitäten, privat wie beruflich. Als ich 2009 im Rahmen einer Kooperation mit Google das Android-Handy nach Afrika brachte, habe ich gemerkt, welcher Unternehmergeist dort herrscht und wie viel neue Technologien verändern können: Man muss nicht mühsam die Entwicklungsschritte vom Telegrafen über das Wählscheibentelefon zum Smartphone durchmachen, sondern kann sofort mit der modernsten Technologie beginnen. Der Schritt zum sozialen Wandel ist dann nicht groß, denn Information ist Macht.

Versorger stehen in vielen afrikanischen Ländern am Anfang. Wie kann man ohne Stromnetz Handys aufladen?

Genau das ist das Geschäftsmodell vieler Gründer in Afrika: Sie brauchen nicht mehr, als eine Autobatterie, die über Autos, aber oft sogar durch das Treten eines Fahrrades, aufgeladen wird. An diese werden dann hunderte Handys angeschlossen und gleichzeitig geladen. Ein Mal aufladen kostet dann 20 oder 30 Cent, so finanziert der Unternehmer seine Investition. Dann dachte ich: Warum das Ganze nicht mit der Kraft der Sonne machen…

© Fenix International: Gründer Mike Lin gibt Tipps für den Erfolg eines Startups.

Genau das kann das Produkt von Fenix International. Geht es Ihnen damit um Gewinn oder um Nachhaltigkeit und sozialen Wandel?

Sowohl als auch, denn diese Faktoren schließen einander nicht aus, im Gegenteil. Ich denke, wenn wir das Leben von Einzelnen zum Besseren verändern, kommt der soziale Wandel quasi von selbst. Er kann unser Produkt auch über Mikrofinanz finanzieren. Außerdem kann unser Gerät Elektrizität auch für andere Zwecke liefern-dann kann man statt mit Kerzen mit Lampen Licht machen.

Ist Fenix dann eine Art soziale Organisation?

Nein, wir sind keine NGO. Das Verhältnis zwischen sozialem Impact und Rendite muss passen. Denn nur, wenn wir Gewinne erwirtschafteten, können wir wachsen und noch mehr Wandel bewirken. Wir haben in Ostafrika begonnen, wollen aber auch in andere Länder gehen, denn auch in Südamerika beispielsweise gibt es für das Produkt Potenzial.

Wie entwickelt sich der Bereich grüne Start-ups?

Es ist ein enorm wachsender und dynamischer Sektor, der auch für Investoren und Venture-Capital-Geber immer interessanter wird. Ich denke, dass gerade in den Bereichen Energie und Mobilität sehr viel Innovation passiert und dass wir künftig noch mehr davon sehen werden. So wird sich die Mobilität bald komplett wandeln, wie das erste Erfolge von Tesla und anderen zeigen.

Im Silicon Valley ist die Szene besonders aktiv. Muss man als grünes Start-up dort sein, oder geht es auch in Europa?

Ich glaube nicht, dass es wichtig ist, wo man ist-die Idee zählt. Im Silicon Valley zu gründen, ist Vor-und Nachteil zugleich: Natürlich gibt es dort eine aktive Szene, aber viele glauben, das schnelle Geld zu machen, das gefällt mir gar nicht. Interessanterweise kommen die meisten Kapitalgeber dort zurzeit aus Europa, insofern kann die Gründerszene in Europa auch nicht so schlecht sein.

Wie gründet man ein erfolgreiches Unternehmen?

Man muss 110 Prozent geben und bereit sein, gute wie schlechte Zeiten zu erleben. Auch Scheitern muss man positiv auffassen und versuchen, aus Fehlern zu lernen und weiter vorwärts zu gehen. Ich finde sogar, Unternehmen müssen möglichst viele Fehler machen, denn ein Start-up ist wie ein kleines Kind: Es muss hundertmal auf die Nase fallen, bevor es sicher gehen kann. Wir haben von unserem Produkt vor der Marktreife 16 verschiedene Versionen gehabt und tausende Zwischenstufen, die oft gar nicht funktioniert haben. Damit muss man leben können. Die ersten Gehversuche können mühsam sein, aber wenn man nicht aufgibt, gelingt auch der Wiener Walzer (lacht).

Ein Start-up ist wie ein kleines Kind: Unternehmen müssen möglichst viele Fehler machen, um aus ihnen zu lernen.

Wie wichtig ist das Team beim Gründen?

Das Wichtigste überhaupt! Die meisten Investoren geben ihr Geld lieber einem Top-Team mit einer schlechten Idee, als einem schlechten Team mit der besten Idee der Welt-denn nur wenn das Team gut ist, wird das Start-up Erfolg haben.

Wie stellt man ein gutes Gründungsteam zusammen?

Jeder Gründer muss seine Stärken und Schwächen kennen und Leute finden, die ihn gut ergänzen: Nur, weil jemand von der Technik keine Ahnung hat, kann er trotzdem ein Tech-Start-up gründen, wenn er die Idee hat und Leute für die technische Umsetzung findet. Es ist keine Schande, mit anderen zu kooperieren und eigene Schwächen zuzugeben, denn niemand kann in allen Bereichen gleich gut sein. Ich selbst habe unlängst eingesehen, dass ich kein Finanzgenie bin und bin jetzt auf der Suche nach einem CFO.

 

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Die Verwendung von Kohlefaser in der Industrie hat in den letzten Jahren stark zugenommen – insbesondere in Bereichen wie der Luft- und Raumfahrt, dem Automobilbau und der Windenergie. Kohlefaser überzeugt durch ihre hohe Festigkeit bei geringem Gewicht, doch ihre Herstellung ist ressourcenintensiv und teuer. Ein großes Problem stellt der hohe Verschnitt bei der Produktion dar: In der Industrie landen im Durschnitt bis zu 30 Prozent der Rohstoffe im Abfall. Diese Materialverluste sind nicht nur ökonomisch ineffizient, sondern auch aus ökologischer Sicht problematisch, da Kohlefaser biologisch nur schwer abbaubar ist.

Carbon Cleanup setzt auf KI

Das 2020 gegründete Linzer Startup Carbon Cleanup rund um Gründer Jörg Radanitsch hat sich diesem Problem angenommen und zum Ziel gesetzt, Kohlenstofffasern aus Industrieabfällen aufzubereiten und wiederverwendbar zu machen. Konkret hat das Startup eine mobile Aufbereitungsanlage entwickelt, um Carbonfasern direkt vor Ort beim Kunden aufzubereiten. 

Zum Herzstück der Anlage gehört nicht nur die mechanische Aufbereitung der Kohlenstofffasern. Im Hintergrund läuft auch eine Software, die eine KI-gestützte visuelle Erkennung der zugeführten Rohstoffe ermöglicht.

“Wir haben ein KI-generiertes Datenblatt entwickelt, das automatisch die Charakteristika von eingehendem Material erkennt und den Wert des Rezyklats bestimmt“, so Radanitsch. “Bevor das Material in unsere Anlage kommt, wissen wir schon, welche mechanischen Eigenschaften es haben wird. Das ist entscheidend für die Qualität und den Marktwert des Endprodukts.”

Gründer Jörg Radanitsch | (c) Carbon Cleanup

Entwicklung der zweiten Generation an Anlagen

Während die erste Anlage des Unternehmens für R&D-Zwecke dient und über eine Kapazität von 30 Tonnen pro Jahr verfügt, konnte das Unternehmen über den Sommer eine zweite Anlage in Betrieb nehmen. „Unsere zweite Anlagengeneration ist im August fertiggestellt worden. Die Produktionskapazität ist dreimal so hoch wie bei unserer ersten Anlage. Damit sind wir jetzt in der Lage, deutlich mehr und auch verschiedene Kompositabfälle zu verarbeiten.“

Besonders stolz ist Radanitsch auf die gestiegene Materialqualität: „Das neue Aggregat ist viel stärker, was uns mehr Flexibilität bei der Verarbeitung der Materialien gibt. Wir können jetzt eine Vielzahl an Abfällen effizienter recyceln, was die Qualität der Produkte erheblich verbessert.“

Ein wichtiger Baustein für den Erfolg von Carbon Cleanup war die Unterstützung durch die Austria Wirtschaftsservice (aws). “Das Seed-Financing der Austria Wirtschaftsservice hat uns erlaubt, nicht nur unsere Forschung und Entwicklung voranzutreiben, sondern auch in Marketingaktivitäten zu investieren, die für uns als Hardware-Startup besonders wichtig sind“, erklärt Radanitsch.

Luftfahrtindustrie und Kooperation mit KTM Technologies

Eine der spannendsten Entwicklungen bei Carbon Cleanup ist der Einsatz ihrer recycelten Materialien im 3D-Druck, besonders in der Luftfahrtindustrie. “Wir liefern im Tonnenmaßstab Kunststoffgranulate, die mit unserer Rezyklatfaser verstärkt sind. Diese werden in großen 3D-Druckern verwendet, um Formen zu bauen, die dann für die Produktion von Flugzeugteilen genutzt werden”, so der Gründer.

Zudem arbeitet Carbon Cleanup mit dem österreichischen Motorradhersteller KTM zusammen. Gemeinsam arbeiten beide Unternehmen an einem geschlossenen Materialkreislauf, bei dem Post-Consumer- und Post-Industrial-Abfälle von KTM Technologies recycelt und für die Herstellung neuer Bauteile genutzt werden. Spezifisch handelt es sich um das Recycling der Teile des Rennmodells “X-Bow GT2”, dessen Rahmen zu 100 % aus Carbonfasern besteht. Durch Unfälle entsteht eine große Menge an beschädigtem Material, das normalerweise als Abfall betrachtet wird. Mit der Partnerschaft von KTM und Carbon Cleanup wird dieses Material zurück in den Kreislauf gebracht. 

(c) Carbon Cleanup

“KTM Technologies war von Anfang an ein Vorreiter. Sie testen unsere recycelten Materialien bereits erfolgreich in ihren Motorrädern“, betont Radanitsch.

Das Besondere an dieser Kooperation ist das sogenannte Closed-Loop-Material, das zu 100 Prozent aus dem Abfallstrom von KTM Technologies besteht. „Die Herausforderung ist, die Materialien zirkulär zu sammeln und in die Produktion zurückzuführen. Das Sammeln und die Qualität sind dabei entscheidend. Aber wir haben gezeigt, dass wir sogar leistungsfähigere Materialien aus Abfall herstellen können”, so der Gründer.

(c) Carbon Cleanup

Die nächsten Schritte von Carbon Cleanup

Das Geschäftsmodell von Carbon Cleanup basiert derzeit auf zwei Einnahmequellen: Zum einen bietet das Unternehmen Kunden einen Recycling-Service an, bei dem diese für die umweltgerechte Entsorgung des Materials bezahlen. Dafür wurde eine eigene Logistikstruktur aufgebaut. Zum anderen werden die Faserverbundkunststoffe an weitere Abnehmer verkauft. Derzeit liefert das Startup 98 Prozent der aufbereiteten Granulate ins Ausland. “Für eingehendes Material sind die Hauptmärkte neben Österreich vor allem Deutschland und Italien. Der Materialzufluss ist für uns derzeit jedoch kein Engpass, sodass wir gezielt das für uns passende Material auswählen können”, so der Gründer abschließend.


*Disclaimer: Das Startup-Porträt erscheint in Kooperation mit Austria Wirtschaftsservice (aws)

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