21.12.2018

Rück- und Ausblick: Startup-Szene, InvestorInnen und Politik über 2018 & 2019

Wir haben AkteurInnen der österreichsichen Startup- und Innovationsszene um einen Rückblick auf 2018 und einen Ausblick auf 2019 gebeten.
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Rückblick und Ausblick
Collage: Wir haben unter anderem von Florian Gschwandtner, Margarete Schramböck, Herbert Gartner und Lisa Fassl Statements eingeholt.

Im vergangenen Jahr hat sich in der österreichischen Startup-Szene wieder einiges getan. Es gab vielversprechende Newcomer, zahlreiche Millioneninvestments und große Exits. Die Digitalisierung bildet dabei die große Klammer, in der Neues entsteht. Auch vom kommenden Jahr ist nicht zu erwarten, dass es langweilig wird. Wir haben einige Player aus der österreichischen Startup- und Innovationsszene, InvestorInnen sowie PolitikerInnen um einen Rückblick und einen Ausblick gebeten. Dabei haben wir ganz unterschiedliche Blickwinkel eingeholt.

+++ Newcomer: Diese 55 Startups wurden 2018 in Österreich gegründet +++


Szene

Florian Gschwandtner, Founder Runtastic

Rückblickend war es ein sehr turbulentes Jahr. In der Startup-Welt ist viel passiert. Es hat einige große Finanzierungsrunden gegeben. Das Ökosystem ist gewachsen. Ob dabei auch die Qualität entsprechend gewachsen ist, weiß ich aber nicht. Es muss auch kommendes Jahr darauf geachtet werden, dass diese hochgehalten wird.

Was uns erwartet? Technologie wird nach wie vor eine sehr wichtige Rolle spielen. Vor allem im Bereich Artificial Intelligence, wo wir noch nicht so stark sind, und vielleicht im ersten Schritt auch noch nicht sein müssen.

Lisa Fassl, Geschäftsführerin aaia, Co-Gründerin Female Founders

Wir haben 2018 mehr Spezialisierung und Fokussierung gesehen, das heißt Programme und Aktivitäten werden besser auf bestimmte Zielgruppen zugeschnitten. Es gab viel Investmentaktivität, vor allem aus den Bundesländern – das zeigt hoffentlich den Wiener*innen, dass es sich lohnt über die Hauptstadt hinaus zu schauen.

Für 2019 habe ich eher Wünsche: Mehr Diversity im Ökosystem und eine tatsächlich gelebte Positionierung von Österreich als Gateway zwischen Ost- und Westeuropa. Und mehr Kooperation im Ökosystem. Wir können international nur aufzeigen und uns positionieren, wenn wir vor Ort gut aufgestellt sind. Ansonsten wünsche ich mir höhere Qualität und mehr Professionalität im Ökosystem und einen Fokus auf das, worum es wirklich geht: authentisches Unternehmertum.

Markus Raunig, Geschäftsführer AustrianStartups

2018 war in vielerlei Hinsicht das Jahr der Wahrheit. Bemerkenswerte Erfolgsstories, große internationale Finanzierungsrunden, aber auch einige bekannte Startups, die gescheitert sind – die Szene ist ohne Zweifel reifer geworden und für viele Teams hat sich ultimativ herausgestellt, ob sich die zentralen Hypothesen hinter der Gründung bewahrheiten. Mit dem Austrian Startup Monitor wurden dazu viele Bauchgefühle zur österreichischen Startup Szene endlich durch Zahlen, Daten und Fakten ersetzt – und die zeigen einmal mehr, wie viel Startups in Österreich schon bewegen.

2019 wird das Jahr der Serial Entrepreneurs. Ehemalige Startup Gründer und Mitarbeiter werden ihren wertvollen Erfahrungsschatz nutzen, um einige richtig spannende neue Unternehmen auf den Markt zu bringen. Ich würde mir dazu von der Politik ein echtes Commitment zum Startup-Standort Österreich wünschen – der europäische Tech-Sektor wächst mittlerweile fünf Mal schneller als der Rest der Wirtschaft und es ist höchste Zeit sich hier zu positionieren.

Irene Fialka, CEO INiTS

2018 war ein extrem spannendes Jahr. Es wurden mehrere Acceleration-Programme gelauncht bzw. weiter ausgebaut, bei denen sich etablierte Unternehmen engagieren. Health Hub Vienna, Legal Tech Hub Vienna, Pier4 oder TACC Salzburg sind einige Beispiele, die das zunehmende Interesse und Engagement der Corporates bei Startups und open innovation-Initiativen belegen. Mit der Beteiligung an Conda, Pioneers und Talent Garden hat startup300 gleich mehrere Coups geliefert, die die Szene bewegen werden – auch im kommenden Jahr. Der Austrian Startup Monitor hat erstaunliche Zahlen und Fakten aufgezeigt. Wir haben unzählige Investments in österreichische Startups gesehen, und auch einige Exits.

2019 könnte ein Jahr werden, wo es auch einmal einen IPO gibt, auch wenn aktuell die Kapitalmärkte sich gerade nicht so günstig darstellen. 2019 wird jedenfalls ein Jahr der zunehmenden Partnerschaften innerhalb der Szene aber auch am internationalen Parkett. Alleine INITS schlägt mit Start:IP und Health Hub Vienna Brücken zu internationalen Unis und Startup-Ökosystemen um F&E-basierte Deeptech Startups zu forcieren. Aber da gibt es viele Beispiele! INiTS hat 2018 begonnen in Startups zu investieren. STARTKapital wurde mit der Wirtschaftsagentur Wien als nachhaltiges Frühphasen-Finanzierungsinstrument entwickelt. Für uns ist das der Start eines ganz neuen Kapitels, das uns 2019 auch intensiv beschäftigen wird. Langweilig wird uns sicher nicht.

Christoph Richter, Serial Entrepreneur

Aktuell wäre natürlich mehr Startupfreundlichkeit der Regierung nett, sage ich jetzt in eigener Sache. Und kürzere Behördengänge. Was ich mir erwarte ist, dass 2019 wohl das Jahr der Internationalisierung wird. Ich glaube, dass wir mittlerweile es verstanden haben und unser Netzwerk gut genug ausgebaut haben, dass viele der nun gereiften Startups sich in internationalen Märkten etablieren können. Ich freue mich, dass die ganzen Aktivitäten von GIN über die Außenwirtschaft und das viele Networking der Angels langsam richtig gut funktionieren. Dies ist auch ein essentieller Schritt für weitere heimische Finanzierungen.

Was ich mir wünschen würde ist, dass der Zusammenhalt wieder etwas stärker wird. Sehr vieles ist nun “professionell” geworden – zu ungunsten der Community…

Lorena Skiljan, CEO Hackabu

2018 war für das Startup-Ökosystem in Österreich ein sehr spannendes Jahr! Vieles ist passiert, viele Übernahmen und auch neue Gesichter, die das Ökosystem bereichern. Besonders freut mich jedoch, dass viele Impulse, die seitens der Szene gesetzt wurden, von relevanten Playern der österreichischen Wirtschaft, Industrie und Wissenschaft aufgegriffen und umgesetzt wurden. Somit ist eine hohe Erwartungshaltung für weitere neue Impulse, kreative Ideen und Ansätze gesetzt worden.

Im kommenden Jahr erwarte ich mir, dass das Ökosystem noch weiter wächst und immer mehr an Potential für heimische Wirtschaft aber auch Forschung und Entwicklung entfaltet. Ich würde mich freuen, wenn die nächsten großen technologischen und wissenschaftlichen Errungenschaften aus Österreich kommen und die Welt erobern!

Oliver Csendes, CEO Pioneers

2018 haben zwei Punkte Pioneers geprägt: Die Entwicklungen rund um und mit unseren neuen Eigentümer startup300 und natürlich unsere Hauptveranstaltung Pioneers ’18. Besonders spannend ist, dass das Event im Vergleich zu allen anderen Startup-Veranstaltungen weltweit das mit der internationalsten Reichweite ist, und wir auf der anderen Seite 2018 zum zweiten Mal in Folge nach 2017 ein Startup mit Hauptsitz in Österreich zum Gewinner kürten. Es sind jedes Jahr 500 selektierte Startups dabei und wir bemerken, dass immer mehr davon aus Österreich kommen. Waren 2016 noch 18 Prozent der teilnehmenden Startups “Österreicher”, so waren es 2017 bereits 28 Prozent und 2018 34 Prozent.

Es zeigt sich also ganz klar, dass sich das österreichische Ökosystem rasch weiterentwickelt, und wir in den nächsten Jahren einige positive Veränderungen im internationalen Vergleich und der heimischen Community erwarten können. Das ist großartig und ich freue mich mit Pioneers hier aktiv mitzugestalten und diese Entwicklungen zu unterstützen. Um diesem Trend Rechnung zu tragen, haben wir für nächstes Jahr am zweiten Tag der Hauptveranstaltung eine Neuerung für die österreichische Startup-Community: Auf der zweiten Bühne gibt es einen eigenen Programmschwerpunkt für österreichische Startups mit vielen bekannten und prägenden Gesichtern der Szene, Vorträgen und Gesprächsrunden. Man darf also gespannt sein, was Pioneers nächstes Jahr wieder liefert.

Tanja Sternbauer, Co-Founder Startup Live & Female Founders

2018 war sicher eines der stärksten Jahre, wenn es um Startup-Investments geht und auch Event-technisch gab es viel Angebot. Man merkt, die Szene wächst und wird reifer. Am prägnantesten waren für mich klar alle Aktivitäten rund um startup300 mit dem Talent Garden-Opening, dem Pioneers-Kauf und der Conda-Übernahme, was die Szene nachhaltig verändern wird.

2019 steht für mich ganz klar im Zeichen von “the future is female” – neben unserem Accelerator-Launch und der geplanten Female Entrepreneurship Conference werden nicht nur wir mit Female Founders international Wellen schlagen. Auch andere Ökosystem-Player erkennen langsam das Potential und eröffnen (potentiellen) Gründerinnen so ganz neue Wege.

Thomas “Tosh” Schranz, Serial Entrepreneur & Developer

Für mich war 2018 ein bisschen wie das Snow Leopard Update bei macOS. Auf den ersten Blick sieht alles aus wie bisher. Gleichzeitig ist aber extrem viel wichtige strukturelle Arbeit passiert, die vermutlich erst in ein paar Jahren sichtbar wird.

Ein paar persönliche Highlights waren ua: Kira Zatsepina wird neben Natalie Korotaeva co-lead für den Facebook Developer Circle in Wien. Eva Lettner und Barbara Ondrisek starten Women && Code. Lena Hödl kommt zu Female Founders und baut den Accelerator “Grow F” auf. Die Sorority bringt das Buch “No Bullshit” heraus und stürmt damit gleich die Buch-Charts. Katharina Binder bringt über Elevate von The Ventury internationale Teams sowie Mentoren von Facebook, Poncho und Slack nach Wien. Birgit Hofreiter, Alexandra Negoescu & Nathalie Koeck etablieren bei i2c an der TU Wien ein Mentoring-Programm für Technical Founders mit extrem gutem Signal/Noise Ratio, das mit internationalen Accelerators und Incubators wie YCombinator, Seedcamp und Angelpad vergleichbar ist. Spannend mitzuerleben waren der g-tec br41n.io Hackathon beim Ars Electronica Festival und die Facebook f8 Developer Conference bei der viele Teams aus Österreich präsent waren.

Für kommendes Jahr habe ich eher einen Wunsch: Noch viel viel mehr spannende Projekte und Produkte von Teams die über den österreichischen Tellerrand in die bunte weite Welt hinaus schauen.


InvestorInnen

Herbert Gartner, Investor, Geschäftsführer eQventure

In Österreich wurden 2018 rund 200 Millionen und in Deutschland rund 5 Milliarden Euro Venture Capital investiert. Damit hinken wir im Vergleich zu Deutschland BIP-äquivalent um 100 Prozent hinterher und in Vergleich zu China oder den USA müssten wir BIP-äquivalent fünf bis zehn mal mehr investieren. Wir sehen in Österreich immer noch einen großen Aufholbedarf.

Michael Altrichter, Investor, Aufsichtsratsvorsitzender startup300

Der größte Meilenstein für das heimische Startup-Ecosystem war sicherlich der Aufstieg der startup300 AG zum führenden Ökosystem für Startups und innovative Corporates. Nicht zuletzt mit dem Kauf der Conda und der Pioneers hat das Unternehmen um Michael Eisler und Bernhard Lehner mit seinen 200 Aktionären eine hochkarätige Community aus leidenschaftlichen Unternehmern, Investoren, Startups und Visionären errichtet, die eine Plattform mit Know-how, Kapital, Ausbildung und Räumen betreibt, um neue Geschäfts­modelle im digitalen Wandel zu bauen oder bestehende zu verändern.

Auch der Ausblick ins nächste Jahr steht ganz im Zeichen der startup300: Gleich zu Jahresbeginn, am 21. Jänner, ist mit dem geplanten Listing der startup300 im “Direct Market Plus”, dem neuen Marktsegment der Wiener Börse, ein fulminanter Auftakt geplant. Dadurch sollen weitere Startups zur öffentlichen Notiz in Wien animiert werden.

Der zweite große Meilenstein 2018 war das Series C-Investment in TourRadar. Mit 50 Millionen Dollar das größte Investment des Jahres in ein österreichisches Startup hat TCV, einer der bekanntesten VCs in Silicon Valley (investiert u.a. in Facebook, Netflix, Spotify) das Reiseportal für Gruppenreisen in einen neuen Orbit geschossen und damit gezeigt, dass auch heimische Startups mit den großen internationalen Playern mithalten können. Für mich persönlich besonders erfreulich, da ich bei TourRadar mit dem frühen Einstieg schon sehr lange begleite. Gratulation an die Gründer-Brüder Pittman und das gesamte TourRadar-Team.

Selma Prodanovic, Investorin, “Grande Dame der österreichischen Startup-Szene”

Es war wunderbar viel los – mit allen den negativen und positiven Seiten davon bzw. entsprechend des Marktentwicklungsgrads. Es wird immer schwieriger für die Founders, es ist immer mehr Druck da. Deswegen werde ich persönlich 2019 ein paar “erfolgreiche” Founders die kurz vor Burnout stehen, oder schon so weit sind, beraten und coachen, wie sie erfolgreicher werden können. Die Headline: “Designing your lifestyle, business & impact”.

Bernhard Lehner, Investor, Co-Founder startup300

2018 hat sich das Ecoystem für Startups spürbar verbessert. Es entwickelt sich eine gute Auswahl an Supporting-Struktur für Gründer. Nicht zuletzt kann man das auch an den neuen physischen Hubs erkennen, die entstehen. Da gibt es nun eine gute Dynamik, es entwickelt sich sogar sowas wie Wettbewerb – das kann nur gesund sein für die Professionalisierung des Systems. Zweiter großer Trend war das weiter wachsende Interesse von Corporates an Startups, das nun weit über reines Scouting hinausgeht. Es entsteht ein offener Austausch und der Willen, auf Augenhöhe miteinander zu arbeiten und zu lernen.

Nächstes Jahr wird sich zeigen, wie ernst die Regierung das Thema “Startup” nimmt; ich bleibe optimistisch und hoffe, dass wir nun Rahmenbedingungen bekommen werden, die Startups wirklich fördern. Gespannt bin ich auch auf die weitere Entwicklung mit der Wiener Börse. Das neue Marktsegment Direct Market Plus könnte spannend für Startups werden.

Berthold Baurek-Karlic, Founder Venionaire Capital

Das Ökosystem wird reifer, die Angebote besser und es ist deutlich mehr Kapital verfügbar. Startups aus Österreich machen international immer stärker auf sich aufmerksam. Investoren schaffen es ebenfalls, deutlich besser sich grenzüberschreitend zu vernetzen – hier ist unser European Super Angels Club sicherlich eine der führenden Initiativen.

Nächstes Jahr erwarte ich, dass es weitere neue Corporate Accelerator und Venture Fonds geben wird – der Markt wird breiter und der Wettbewerb um die besten Talente höher und das wird sich nicht auf Österreich beschränken. Unsere Hubs werden langsam international wahrgenommen und unsere Investments und Co-Investments werden davon natürlich beeinflusst. Die Standortpolitik wird zeigen, ob es besonders gute Anreize gibt Talente nach Österreich zu ziehen und Kapital in unserm Land zu allokieren. Es wird spannend!


Politik

Margarete Schramböck, Ministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort

Die Startups sind 2018 erwachsen geworden und in der breiten Bevölkerung setzt sich das Verständnis durch, dass die Wünsche dieser Unternehmen genauso relevant sind, wie aus anderen Wirtschaftsbereichen.

Deshalb müssen wir nicht bei jeder Maßnahme, die dem Standort nutzt, den Startup-Stempel draufgeben. Natürlich profitieren auch Startups von der Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte, der regionalen Mangelberufsliste, flexiblen Arbeitszeiten und leichteren und elektronischen Gründungen. Mit den Erleichterungen für Crowd-Funding, den neuen Förder-Formaten bei der aws und der Ausweitung des GIN-Programms nach Mainland China haben wir auch noch spezifische Schwerpunkte für die Branche gesetzt. Mit Andreas Tschas bei der Digitalisierungsagentur und Mic Hirschbrich beim Thema Artificial Intelligence, um nur zwei Personen zu nennen, arbeiten Experten aus dem Startup-Bereich an Schnittstellen der Republik. Auch das zeigt die Qualität und den Stellenwert der Szene.

2019 werden wir mit den elektronischen Behördenwegen, den ersten Digital Innovation Hubs, den im Startup-Frühstück vorgeschlagenen Digi Bootcamps sowie dem Fokus auf digitale Kompetenzen, wichtige Schritte Richtung digitale Transformation setzen. Von großer Bedeutung für die Branche werden unsere geplanten Maßnahmen im Bereich Risiko- und Wachstumskapital sein. Hier braucht es einen leichteren Zugang für die Unternehmen. Auch bei den rechtlichen Rahmenbedingungen, sowohl im Bereich bestehender Bürokratie als auch bei der Erprobung neuer Technologien – Stichwort regulatory Sandboxes – müssen wir besser werden.

Das Fachkräftethema wird uns auch im kommenden Jahr begleiten, daher bauen wir die Austrian Business Agency zu einer Standortagentur mit weiterem Fokus auf Mitarbeiter aus dem Ausland um und ich werde wieder selbst im Ausland für den Standort und die besten Mitarbeiter werben. Ebenfalls beibehalten möchte ich das Format des Startup-Frühstücks, 2019 werden wir auch weiterhin gezielt Investoren einbinden, um Geschäftsmodelle und Kapital besser zu vernetzen. Darüber hinaus wird nächstes Jahr ein wichtiges Vorbereitungsjahr für die Steuerreform, hier werden wir uns entsprechend einbringen, um die wichtigsten Druckpunkte der Wirtschaft zu berücksichtigen.

Stephanie Cox, Digitalisierungssprecherin JETZT (vormals Liste Pilz)

Der Startup Monitor hat gezeigt: “Wir sind gekommen, um zu bleiben”, was sehr positiv ist. Die Szene ist am erwachsen werden. Es gibt aber noch viel zu tun, beispielsweise bei der Anzahl der weiblichen Gründerinnen. Wir leben im Zeitalter der Digitalisierung – es sind viele Chancen und Möglichkeiten da. Hier muss man aber auch die richtigen Rahmenbedingungen setzen, dass diese zum Wohle aller ausfallen kann. Ich denke im Allgemeinen, dass eine Politik der Ausgrenzung zu einer Atmosphäre führt die nicht innovationsfreundlich ist und auch nicht wichtige Talente aus dem Ausland anzieht. Die brauchen wir aber im Startup-Bereich.

Ministerin Schramböck ist durchaus sehr bemüht, aber es wird mir noch zu viel geredet und noch zu wenig umgesetzt. Ich möchte im Jahr 2019 noch mehr Taten sehen. Auch im Bereich der Künstlichen Intelligenz – ich habe hier ein Forderungspapier veröffentlicht. Von Regierungsseite muss hier viel mehr passieren. Die größte Developer-Konferenz in Österreich ist bereits nach Berlin abgewandert, das sagt einiges aus.

Im Jahr 2019 braucht es noch mehr Fokus auf Talente. Die Kernfrage ist: Wie können wir Talente in Österreich behalten und herbekommen? Bei der Rot-Weiß-Rot-Karte gibt es noch immer Aufholbedarf, beispielsweise bei der Abwicklungsdauer und bei den Bewertungskriterien. Viele Startups suchen händeringend nach Talenten. Wir müssen deswegen auch schon hier Bildungsbereich wichtige Akzente setzen: Die Schule muss ein Ort sein, wo Talente gefördert werden und zum gründen angeregt wird. Ein Ort wo auch Mädchen angeregt werden, in den MINT-Bereich zu gehen. Neueste Studien zeigen, dass Schülerinnen oft vom Informatikstudium abgeraten wird. Dazu braucht es auch weitere Ausbildungen, etwa Programmieren als Lehrberuf – nicht nur E-Commerce, wie zuletzt eingeführt.

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Anyconcept, AnyConcept, Automatiserung, Software testen,
(c) AnyConcept - Das AnyConcept-Team.

Rund 80 Prozent aller Unternehmen testen ihre Anwendungen und Software händisch. Entweder klicken sie sich mühsam durch ihre Software oder ihren Webshop, um zu sehen, was funktioniert und was nicht, oder sie coden sich ihre Tests. Beides langwierige, kostenintensive und mühsame Aufgaben. Das wissen Leander Zaiser, CEO, Manuel Weichselbaum, CTO, und Markus Hauser, die gemeinsam mit Kevin Intering und Pascal Goldschmied das KI-Startup AnyConcept gegründet haben.

AnyConcept und das Problem der No-code-Software

Die Founder haben sich deswegen dazu entschlossen eine Testautomatisierungs-Software zu entwickeln, um den Prozess für Unternehmen zu vereinfachen und günstiger zu gestalten.

Zaiser war sechs Jahre lang RPA-Experte (Robotics Process Automation) bei Raiffeisen und hat dort Automatisierungssoftware automatisiert. Der CEO musste dabei feststellen, dass vermeintliche No-code-Software ohne Entwicklungskompetenzen sich nicht erfolgreich einsetzen ließ. Für gelernte Softwareentwickler wiederum war das Arbeiten mit solch einer Anwendung keine attraktive Tätigkeit.

Weichselbaum indes forscht seitdem er 17 ist an Künstlicher Intelligenz. Und widmet sich dabei vor allem immer den aktuellen Herausforderungen der internationalen Forschung. Das passte hervorragend zu Zaisers erkanntem Problem: aktuelle Automatisierungssoftware ist zu komplex für Non-Coder und nicht attraktiv genug für Coder. Also fragten sich die Founder: Was, wenn man Automatisierung mit einem No-Code-Ansatz macht, mithilfe einer KI, die genau das tut, was man ihr auf dem Bildschirm zeigt? So war AnyConcept geboren.

Das Black Friday-Problem

“Jede Software, jeder Webshop, jede Applikation muss immer wieder getestet werden, ob sie richtig funktioniert. Und da sie auch ständig durch neue Updates von Entwicklern oder bei einem Webshop mit neuen Produkten gefüttert wird, verändern sich Applikationen dauerhaft. Das kann wieder zum Brechen der bisherigen Funktionen führen”, erklärt Hauser, ein per Eigendefinition fleischgewordenes Startup-Kind, das zuletzt Johannes Braith (Storebox) als rechte Hand begleiten und somit Entrepreneurship aus nächster Nähe beobachten und Mitwirken durfte.

Der Gründer präzisiert sein Argument mit einem Beispiel passend zum Black Friday. Jedes Jahr würden Unternehmen Milliarden US-Dollar verlieren, weil sie ihre Preise falsch definieren oder Prozente und Dollar verwechseln, ohne dass es wem auffällt. Außerdem könnten “Trilliarden US-Dollar” an Schäden durch fehlerhafter Software, die nicht richtig getestet wurde, vermieden und “50 Prozent der IT-Projektkosten” gesenkt werden, wenn Testen automatisiert mit No-Code abläuft, so seine Überzeugung.

“Durch unser KI-Modell, das ein User-Interface rein durch Pixeldaten, Mausklicks und Tastatureingaben erkennen und manövrieren kann, schaffen wir es Automatisierung No-Code zu gestalten”, sagt Hauser. “Das Ziel ist es unsere KI-Agenten zukünftig zum Beispiel einen Prozess wie UI-Software-Testing rein durch eine Demonstration, das bedeutet das Vorzeigen des Testfalles, automatisiert durchführen zu lassen. Sie werden sich dabei exakt so verhalten wie es ein Benutzer tun würde, orientieren sich nur an den Elementen des User-Interface und konzentrieren sich nicht auf den dahinterliegenden Code. Das ist unser USP.”

FUSE for Machine Learning

Dieses Alleinstellungsmerkmal fiel auch Google auf. Konkreter Google Cloud Storage FUSE for Machine Learning. Anfänglich noch ein Open Source-Produkt als “Linux Filesystem in Userspace” oder eben als “FUSE” tituliert, wurde die Software von Google in die Cloud integriert und hilft beim Verwalten von Unmengen von Trainingsdaten, Modellen und Kontrollpunkten, die man zum Trainieren und Bereitstellen von KI-Workloads benötigt.

Anwendungen können hierbei direkt auf die Cloud zugreifen (Anm.: anstatt sie lokal herunterzuladen); als wären sie lokal gespeichert. Es müssten zudem keine benutzerdefinierte Logik implementiert werden und es gebe weniger Leerlaufzeit für wertvolle Ressourcen wie TPUs und GPUs, während die Daten übertragen werden.

FUSE sei einfach ein Produkt für Unternehmen, so Weichselbaum weiter, um große Datenmengen bequem zu verwalten und sie verfügbar zu machen: “Wir verwenden es, um viele Terrabytes von Daten auf der Cloud zu lagern, was am Computer nicht möglich ist”, sagt er.

Google sagt Hallo

Weil AnyConcept das Service von FUSE sehr intensiv nutzte, wurde Google auf die Grazer aufmerksam. Und hat konkret nachgefragt, was sie für einen Use-Case mit ihrem Angebot entwickelt haben. “Wir waren einer der ersten, die das genutzt haben, um effizient unsere KI-Agents zu trainieren“, sagt Weichselbaum. “Das Produkt von Google ist ein Teil unserer Datenverarbeitung und des Trainings unserer ganz spezifischen KI und Google wollte wissen, warum und wie wir das so intensiv verwenden. Das hat dazu geführt, dass wir unsere Ideen für Produktverbesserungen und Skripts mit ihnen teilen durften.“

AnyConcept und seine Konzepte

Das Ziel von AnyConcept ist es, ein Foundation-Modell nicht für Texte oder Bilder, sondern für Interaktionen mit dem User-Interface zu entwickeln.

Im Detail reicht hierbei eine Demonstration von einem solchen Interface und AnyConcept analysiert es mit neuronalen Netzwerken. Es erkennt Strukturen, die das Startup seinem Namen getreu “Konzepte” nennt und die auf breites Wissen aufbauen, wie man mit einem Computer interagiert.

“So ein Konzept wäre etwa ein ‘Button’ auf einer Website”, erklärt es Zaiser in anderen Worten. “Die KI versteht dann, dass man ihn anklicken kann und was danach passiert. Oder wie lange eine Website braucht, sich zu öffnen und wie sie aussieht.”

Aktuell forscht AnyConcept an der Generalisierungsfähigkeit ihres Netzwerkes. Zaiser dazu: “Wir testen unsere KI bereits mit Pilotkunden bei der Anwendung von Software-Testautomatisierung und bekommen großartiges Feedback.”

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