07.07.2020

Regulatory Sandbox für Fintechs ist beschlossene Sache

Der Nationalrat hat die Einrichtung einer Regulatory Sandbox bei der FMA beschlossen. Hier können Fintech-Startups aus Österreich ihre Ideen weiter entwickeln.
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Sandbox
(c) Adobe Stock / PhotographyByMK

Fintechs – also Startups mit Tätigkeit im Finanzbereich – bekommen eine neue Spielwiese. Denn der Nationalrat hat heute die Einrichtung einer Regulatory Sandbox bei der FMA beschlossen. Fintechs können damit ihr Geschäftsmodell in Zusammenarbeit mit der FMA erarbeiten und so Konzessionen erwerben, heißt es dazu in einer Presseaussendung des Finanzministeriums. Das Gesetz tritt laut offiziellem Gesetztestext am 1. September 2020 in Kraft.

Laut Finanzminister Gernot Blümel will man dadurch zum “wirtschaftlichen Comeback Österreichs” beitragen: “Diese Maßnahme kann darüber entscheiden, ob sich ein Start-Up in Wien oder in Berlin niederlässt und ist daher eine nachhaltige Investition in den Innovationsstandort Österreich”, sagt er.

Was ist eine Regulatory Sandbox und wofür wird sie gebraucht?

Regulatory Sandboxes sind Testräume, die bei Aufsichtsbehörden eingerichtet werden, um Behörden für innovative Unternehmen möglichst niederschwellig zugänglich zu machen. Gleichzeitig sind Sandboxes eine Maßnahme, um zu gewährleisten, dass bestehende Regularien im Sinne des Kundenschutzes eingehalten werden, ohne Marktteilnehmer wegen potentiell hoher Strafen von der Erprobung innovativer Geschäftsmodelle abzuhalten, heißt es weiter in der Aussendung.

+++Fintechs und Finance+++

Durch die innovativen Geschäftsmodelle der Startups entstehen laut Blümel nicht nur für die Gründer selbst, sondern auch für die bestehenden Institutionen neue Fragestellungen und regulatorische Herausforderungen. “Hier braucht es gemeinsame Freiräume, um neue Wege zu gehen ohne die Rechtssicherheit für alle Beteiligten zu gefährden”, so der Finanzminister.

Die Bedingungen für die Teilnahme an der Rehulatory Sandbox

Bei der Finanzmarktaufsichtsbehörde soll eine Regulatory Sandbox eingerichtet werden. In Entwicklung befindliche, innovative Geschäftsmodelle können unter Rechtsbelehrung erprobt werden. Die Teilnahme an der Sandbox ist an bestimmte Voraussetzungen geknüpft.

Das Geschäftsmodell soll “einen erhöhten Innovationswert aufweisen” und “im volkswirtschaftlichen Interesse an einem innovativen Finanzplatz liegen”. Weiters muss Testreife vorliegen und die Marktreife kann durch Teilnahme an der Sandbox beschleunigt werden. Die Teilnahme ist entsprechend den Erfordernissen des Sandboxgeschäftsmodells auf höchstens zwei Jahre zu befristen, heißt es im Gesetzestext (detaillierte Anforderungen für die Aufnahme: siehe unten).

Ehrenamtlicher Beirat im Finanzministerium

Der beim BMF einzurichtende “Regulatory Sandbox Beirat” hat hinsichtlich der Beurteilung dieser Voraussetzungen gegenüber der FMA eine Stellungnahme abzugeben. Nach einer Zulassung in die Sandbox können für das Geschäftsmodell erforderliche Konzessionen mit Unterstützung der FMA auch gesondert beantragt werden.

Die Mitglieder des Beirats sind laut Gesetzestext:

1. Ein Vertreter des Bundesministeriums für Finanzen als Vorsitzender,
2. ein Vertreter des Bundeskanzleramtes,
3. ein Vertreter der FMA,
4. ein Vertreter der OeNB sowie
5. bis zu sechs weitere vom Bundesminister für Finanzen zu ernennende Mitglieder, die aufgrund
beruflicher Erfahrungen oder sonstiger einschlägiger Fachkenntnisse geeignet sind, zur
sachverständigen Prüfung einen Beitrag zu leisten.

“Die Mitglieder des Beirats üben ihre Funktion ehrenamtlich aus”, heißt es weiter: “[…] Alle Personen, die mit einer Stellungnahme befasst sind, sind verpflichtet, über alle ihnen in Ausübung dieser Tätigkeit bekanntgewordenen Amts-, Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse Verschwiegenheit zu bewahren.”

Die Finanzierung der Regulatory Sandbox

Die Regulatory Sandbox wird durch den Bund mit einem Beitrag in Höhe von 500.000 Euro pro Jahr zweckgebunden finanziert, welcher im geltenden BFRG bzw. in den geltenden Budgetansätzen des Ressorts seine Bedeckung findet. Die FMA hat diesen Betrag für die sich aus dem Betrieb der Sandbox ergebenden Aufwände zu verwenden.


Gesetzestext: Die Bedingungen für die Aufnahme in die Regulatory Sandbox im Wortlaut

1. Für das Sandboxgeschäftsmodell des Antragstellers, welches auf Informations- und Kommunikationstechnologie basiert,
a) ist eine Beurteilung als konzessions-, genehmigungs-, zulassungs- oder registrierungspflichtige Tätigkeit nach einem der in § 2 Abs. 1 bis 4 angeführten Bundesgesetze oder gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 zumindest denkmöglich oder
b) wurde dem Antragsteller bereits eine Konzession, Genehmigung, Zulassung oder Registrierung nach einem der in § 2 Abs. 1 bis 4 angeführten Bundesgesetze erteilt, wobei dieser auch gemeinsam mit nicht nach einem der in § 2 Abs. 1 bis 4 angeführten Bundesgesetze konzessions-, genehmigungs-, zulassungs- oder registrierungspflichtigen Unternehmen einen Antrag stellen kann;

2. die Ausführung des Sandboxgeschäftsmodells
a) erfordert eine aufsichtsrechtliche Beurteilung der FMA nach den in § 2 Abs. 1 bis 4 angeführten Bundesgesetzen und
b) ist nicht der ausschließlichen Beurteilung der Europäischen Zentralbank, des Einheitlichen Abwicklungsausschusses oder einer europäischen Aufsichtsbehörde gemäß § 21a Abs. 1 Z 1 bis 4 dieses Bundesgesetzes vorbehalten und
c) liegt insbesondere auf Grund erhöhten Innovationswerts im volkswirtschaftlichen Interesse an einem innovativen Finanzplatz und
d) lässt keine Gefährdung der Finanzmarktstabilität oder des Verbraucherschutzes erwarten;

3. für die Umsetzung des Sandboxgeschäftsmodells bestehen keine grundlegenden technischen oder rechtlichen Hindernisse (Testreife), mit Ausnahme der in der Sandbox abzuklärenden rechtlichen Voraussetzungen aus den in § 2 Abs. 1 bis 4 angeführten und jeweils anwendbaren Bundesgesetzen;

4. es ist zu erwarten, dass die Marktreife des Sandboxgeschäftsmodells aufgrund der Aufnahme in die Sandbox beschleunigt wird;

5. es ist zu erwarten, dass offene aufsichtsrechtliche Fragen im Rahmen der Sandbox abgeklärt werden können.


==> zum Gesetzestext und zu den Erläuterungen

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Lanbiotic, Neurodermitis
(c) Oliver Wolf - Patrick Hart und Katrin Susanna Wallner von Lanbiotic.

Das Grazer Startup Lanbiotic stellt medizinische Hautpflege-Produkte mit lebensfähigen Bakterien speziell für die von Neurodermitis geplagte Haut her. Dabei verwenden die beiden Gründer:innen Patrick Hart und Katrin Wallner den zum Patent angemeldeten Bakterienstamm “Lactococcus Lanbioticus“.

Lanbiotic: “Skalierung als neue Normalität”

“Mit unseren probiotischen Hautanwendungen bringen wir gesundheitsfördernde Bakterien direkt auf die Haut, um die natürliche Balance des Hautmikrobioms wiederherzustellen und Hautprobleme gezielt an der Ursache zu bekämpfen”, erklärt Wallner.

Das letzte Jahr fühlte sich für die Gründerin an, als sei ein Traum nicht nur wahr, sondern sogar übertroffen worden. Andererseits sei es eine “neue Normalität” an der Skalierung des Unternehmens zu arbeiten.

“Wir haben weitere Produkte mit unserem einzigartigen Bakterienstamm ‘Lactococcus Lanbioticus’ entwickelt, um umfassender auf die Bedürfnisse von Menschen mit zu Neurodermitis neigender Haut eingehen zu können. Neu hinzugekommen sind Flora Bath und Flora Sun”, erklärt Wallner.

Flora Bath ist ein spezieller Badezusatz, der für Menschen entwickelt wurde, die großflächig oder an der Kopfhaut von Ekzemen betroffen sind – ein Bereich, in dem Pflegecremen oft an die Grenzen ihrer Praktikabilität stoßen.

“Der Fokus liegt wie immer bei Lanbiotic auf der Ergänzung des Hautmikrobioms, also ‘der lebende Teil’ der natürlichen Schutzbarriere der Haut, die den gesamten Körper bedeckt, mit probiotischen Bakterien”, so Wallner weiter. “Eine Ausgewogenheit des Hautmikrobioms ist, wie auch im Darm, entscheidend, um die Gesundheit der Haut zu bewahren und Beschwerden zu lindern.”

Flora Sun hingegen ist ein weiteres Produkt, das auf die besonderen Herausforderungen empfindlicher Haut unter UV-Strahlung eingeht. Studien hätten gezeigt, dass das Hautmikrobiom die natürliche Fähigkeit der Haut verbessern kann, mit den Effekten – und häufig auch Schäden – durch Sonneneinstrahlung umzugehen.

EHI-Siegel für Onlineshop

“Parallel dazu haben wir auch international expandiert: Der Eintritt in den deutschen Markt war ein großer Schritt, der mit der Anpassung unserer Produktions- und Logistikkapazitäten verbunden war, um langfristig weitere internationale Märkte beliefern zu können. Unser Webshop wurde außerdem mit dem EHI-Siegel zertifiziert, um unseren Kund:innen einen sicheren und vertrauenswürdigen Einkauf zu ermöglichen.”

Auch das Team wuchs 2024, zudem konnte durch zahlreiche Medienauftritte und Messeteilnahmen Aufmerksamkeit für die eigenen Produkte und die Marke gewonnen werden.

“Als weiteres Highlight wurden wir von der Apothekerkammer mit unserer Fachfortbildung akkreditiert, was Apotheker dazu motiviert, unsere Fortbildungen zu besuchen und mehr über das noch recht ‘nischige’ Thema Hautmikrobiom zu erfahren”, sagt Wallner.

Neue Märkte im Fokus

Aktuell arbeitet das Startup intensiv daran, Lanbiotic als Unternehmen und Marke weiterzuentwickeln, strategisch zu positionieren und zu skalieren. Das oberste Ziel ist es, die Lebensqualität von Menschen mit Neurodermitis über ihre mikrobiombasierten Produkte zu verbessern.

“Wir möchten Lanbiotic in weiteren Märkten etablieren, insbesondere natürlich in Ländern, wo die Prävalenz für Neurodermitis hoch ist. Dafür arbeiten wir an effizienten Marketingprozessen, um unsere Markenbekanntheit zu steigern, und bauen unsere Vertriebsstrukturen aus”, erklärt die Founderin. “Um diesen Schritt bestmöglich zu unterstützen, suchen wir gezielt nach vertrauenswürdigen Partnern für den internationalen Vertrieb, die unsere Werte und Qualitätsansprüche teilen. Die Kooperationen sollen es uns ermöglichen, unsere Produkte nachhaltig in weiteren europäischen und außereuropäischen Ländern anzubieten und das Thema Hautmikrobiom international bekannter zu machen.”

Daneben optimiert das Team Produktionsprozesse, um der wachsenden Nachfrage nachkommen zu können. In der Produktentwicklung liegt dabei der Fokus auf der Entwicklung weiterer wissenschaftsbasierten probiotischen Pflegeprodukten, die speziell auf die Bedürfnisse von Menschen mit Neurodermitis und empfindlicher Haut zugeschnitten sind. Dazu steht man intensiv mit Industrie und Spitzenforschung in Kontakt.

Lanbiotic: Strukturen und Prozesse schaffen

Intern sei man vor allem stark mit dem Aufbau der Organisation beschäftigt. Man arbeitet daran, Strukturen und Prozesse zu schaffen, die das Wachstum langfristig stützen können. Ziel sei es, eine gesunde Organisation aufzubauen, die den Expansions- und Innovationszielen gerecht werde und das Unternehmen flexibel in die nächsten Entwicklungsstufen führt.

Lanbiotic wurde in der Vergangenheit unter anderem auch von der Austria Wirtschaftsservice (aws) unterstützt. So absolvierte das Unternehmen den aws First Incubator und erhielt über aws Innovationsschutz eine Förderung, um sein geistiges Eigentum zu schützen. Später folgte eine Preseed- und Seed-Förderung über aws Innovative Solutions. Mit diesem Seed-Förderprogramm unterstützt die aws innovative Gründungsideen, die über die Unternehmensgrenzen hinaus einen positiven gesellschaftlichen Impact bewirken. Der Fokus liegt auf skalierbaren Geschäftsmodellen. Im Fall von Lanbiotic war die Förderung essentiell, um die Produktentwicklung und Markteinführung zu finanzieren und sich allgemein zu professionalisieren.

“Eine bessere Förderung als aws Seed Innovative Solutions könnte es derzeit, meiner Meinung nach, für uns nicht geben”, sagt sie. “Es handelt sich um einen nicht rückzahlbaren Zuschuss von 400.000 Euro, der für unterschiedlichste Aktivitäten in der Markteinführung und Produkteinführung verwendet werden kann. Naturgemäß ist das Programm sehr kompetitiv, aber wenn man für die Finanzierung ausgewählt wird, hat man wirklich einen gewaltigen Booster, um ein nachhaltiges Unternehmen aufzubauen.”

Die weiteren Ziele von Lanbiotic

Im Allgemeinen habe ihnen das Programm bereits jetzt weit mehr gebracht als Geld. “Ich empfand den Bewerbungsprozess per se als wertvolle Erfahrung, um mir unser Business Model noch einmal ganz genau anzusehen und unsere Ziele zu definieren”, präzisiert die Grazerin. “Dass wir sie jetzt so scheinbar ‘locker’ übertreffen konnten, ist natürlich die Draufgabe.”

Durch die positive Resonanz der stetig wachsenden Stammkundenbasis sieht sich Wallner in ihrer Mission bestätigt. “Wir wissen aber auch, dass viele Menschen Lanbiotic noch nicht kennen und Neurodermitis in vielen Ländern nach wie vor ein großes Problem darstellt”, sagt sie. “Daher wollen wir gezielt skalieren, den Umsatz und Gewinn steigern, innerhalb und außerhalb Europas expandieren und unser Produktportfolio weiter diversifizieren.”

In Sachen Umsatzentwicklung wird Lanbiotic 2024 das gesetzte Umsatzziel voraussichtlich verdoppeln, wie Wallner erzählt. “Unser für 2025 gestecktes Ziel ist ambitioniert, aber wir sind zuversichtlich, dass wir hier wieder gute Arbeit leisten. Aktuell haben wir einen sechsstelligen Nettoumsatz erreicht, und dank der Unterstützung durch die aws Seed-Förderung werden wir auch heuer, wie jedes Jahr seit unserer Gründung, noch profitabler sein.”


* Disclaimer: Das Startup-Porträt erscheint in Kooperation mit Austria Wirtschaftsservice (aws)

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Regulatory Sandbox für Fintechs ist beschlossene Sache

  • Fintechs – also Startups mit Tätigkeit im Finanzbereich – bekommen eine neue Spielwiese. Denn der Nationalrat hat heute die Einrichtung einer Regulatory Sandbox bei der FMA beschlossen.
  • Fintechs können damit ihr Geschäftsmodell in Zusammenarbeit mit der FMA erarbeiten und so Konzessionen erwerben, heißt es dazu in einer Presseaussendung des Finanzministeriums.
  • Regulatory Sandboxes sind Testräume, die bei Aufsichtsbehörden eingerichtet werden, um Behörden für innovative Unternehmen möglichst niederschwellig zugänglich zu machen.
  • Gleichzeitig sind Sandboxes eine Maßnahme, um zu gewährleisten, dass bestehende Regularien im Sinne des Kundenschutzes eingehalten werden, ohne Marktteilnehmer wegen potentiell hoher Strafen von der Erprobung innovativer Geschäftsmodelle abzuhalten, heißt es weiter in der Aussendung.
  • Durch die innovativen Geschäftsmodelle der Startups entstehen laut Blümel nicht nur für die Gründer selbst, sondern auch für die bestehenden Institutionen neue Fragestellungen und regulatorische Herausforderungen.
  • Die Teilnahme an der Sandbox ist an bestimmte Voraussetzungen geknüpft.

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