05.04.2024
ENERGY

PowerBot: Wiener Startup ermöglicht automatisierten Handel an der Strombörse

Das Wiener Startup PowerBot automatisiert den physischen Stromhandel an Strombörsen. Damit leistet es auch einen wichtigen Beitrag zur Energiewende. CEO Helmut Spindler hat uns mehr über die Technologie erzählt.
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CEO Helmut Spindler, COO Maximilian Kiessler und Jakob Ahrer CTO (v.l.) (c) PowerBot
CEO Helmut Spindler, COO Maximilian Kiessler und Jakob Ahrer CTO (v.l.) (c) PowerBot

Mit den steigenden Energiepreisen aufgrund des russischen Angriffs auf die Ukraine geriet auch der Stromhandel vermehrt in den Fokus. Ein Experte im europäischem Stromhandel ist Helmut Spindler. Der CEO von PowerBot war jahrelang als Berater für Energiemarktfragen tätig. Als Spinoff eines Projekts aus dem Jahr 2017 entstand dann PowerBot, ein Wiener Startup, das europaweit dem Stromhandel verändert.

PowerBot statt 24/7-Schicht

Das SaaS-Unternehmen wurde 2020 gegründet und ist darauf spezialisiert, Handelsabläufe an den europäischen Strombörsen zu automatisieren und zu verbessern. Der physische Strommarkt in Europa ist aufgrund der vielen volatilen Erzeugungsanlagen und der beschränkten Übertragungskapazitäten zwischen Ländern komplex. Mittlerweile kommt viel Strom aus erneuerbaren Quellen wie Wind und Photovoltaik, diese sind aufgrund von Wetterschwankungen aber keine konstanten Stromlieferanten. Da das Stromnetz ständig auf 50 Hertz laufen muss, um europaweite Blackouts zu vermeiden, müssen die Schwankungen der Erneuerbaren in Echtzeit ausgeglichen werden. Dafür werden flexible Kraftwerke benötigt, wie beispielsweise Pumpspeicherkraftwerke oder Großbatterien. Diese können bei Bedarf, also wenn Wind und Sonne nicht genug Angebot liefern, in das Netz einspeisen oder aber überschüssigen Strom abnehmen.

Um diese laufende Frequenzhaltung zu ermöglichen, müssen Angebot und Nachfrage im Stromnetz laufend ausgeglichen werden. „Bei Energieversorgern gibt es dann Händler:innen, die 24/7 für den An- und Verkauf von Strom im Viertelstundenraster zuständig sind. Da sitzen dann Menschen vor einer Vielzahl von Bildschirmen, wie an der Wall Street, nur das dieser Markt nie schließt. Mit PowerBot automatisieren wir diese Vorgänge im Strommarkt“, sagt der CEO und Co-Founder Helmut Spindler zum brutkasten. „Dies führt dazu, dass sich die zuständigen Personen im Schichtdienst um andere Themen kümmern können, wie etwa die Verbesserung der Prognosen mit Hilfe von Data Science Tools oder die Implementierung eigener Handelsalgorithmen.”

Automatisierter Stromhandel als Beitrag zur Energiewende

PowerBot fokussiert sich rein auf den physischen Handel mit Strom, der Handel mit finanziellen Derivaten ist kein Geschäftsbereich des Unternehmens. Spindler stellt dabei klar, dass die Automatisierung des Handels einen notwendigen Schritt hin zur Energiewende darstellt. „Den Handel selbst kann man sich so vorstellen wie beim Aktienhandel mit offenem Orderbuch mit Bids und Asks. Nur mit 200 Instrumenten, die man alle gleichzeitig im Auge behalten und handeln soll. Das ist für die Händler:innen eigentlich kaum mehr zu schaffen und Automatisierungsunterstützung daher fast Pflicht“, sagt Spindler. Im physischen Handel führt an Automatisierung kein Weg vorbei, um den Ausbau von erneuerbaren Energien zu meistern.

Darüber hinaus bietet PowerBot eine Reihe datenbezogener Lösungen für Data Science an, denn Machine Learning ist auch im Stromhandel ein großes Thema. Darüber hinaus hilft das Startup Kund:innen bei der handelsbezogenen Umsetzung von komplexen energiewirtschaftlichen Projekten. wie zum Beispiel der kontinuierlichen Optimierung von Großbatterien oder Speicherkraftwerken. Außerdem bietet das Unternehmen Unterstützung bei der Implementierung von eigenen Handelsalgorithmen.

Vom Inhouse-Projekt zum Big Player

Spindler war schon lange vor der Gründung von PowerBot in der Branche tätig. Als Energiemarktexperte hat er jahrelang Wissen an Versorger oder energieintensive Industrie weitergegeben. Im Rahmen eines Projekts entstand die erste Basisversion von PowerBot im Jahr 2017. “Am Anfang ist das nebenbei gelaufen, hat aber über das eigene Branchennetzwerk erste Kund:innen gefunden. Irgendwann ist uns klar geworden, dass der europäische Energiemarkt genau so eine Lösung braucht und dass wir das größer denken sollten. Dann haben wir das Projekt ausgegliedert und haben PowerBot gegründet“, so Spindler.

Zu Beginn habe es laut dem CEO von PowerBot etwas gedauert, am Markt Fuß zu fassen. Die Branche wird von einigen großen Playern dominiert, die viel mehr Ressourcen zur Verfügung haben. Der Markteinstieg erfolgte daher Anfangs in einer Nische. Inzwischen ist PowerBot nach eigenen Angaben die Nummer zwei auf dem europäischen Markt. Das Unternehmen zählt nach eigenen Angaben rund 60 Großkund:innen quer durch Europa. Dabei ist es bisher ohne großes Investments ausgekommen und organisch gewachsen.

“Power Bot ist kein Unicorn-Case”

Unendlich wird das Wachstum aber nicht gehen. „Wir befinden uns zwar momentan in einer Scaleup-Phase, aber der Markt gibt uns ein gewisses Limit. In ganz Europa gibt es vielleicht 1500 Unternehmen, die groß genug für den Handel an einer Strombörse sind. Die Nische ist auf jeden Fall da, auch mit hohen Umsätzen. Bei uns gibt es aber sicherlich keinen Unicorn-Case“, sagt Spindler gegenüber brutkasten.

Potenzial gibt es aber noch genug. Allerdings außerhalb von Österreich. Insbesondere Südeuropa und die skandinavischen Länder werden von PowerBot als nächste Wachstumsmärkte definiert.

Für neue Kund:innen spricht auch eine weitere Entwicklung. “Wir sehen momentan eine Art Demokratisierung des Strommarktes. Es geht ein bisschen weg von den absoluten Big Playern und es entstehen neue Geschäftsmodelle. Deswegen denke ich, dass langfristig unsere potenziellen Kund:innen auf mehrere Tausend ausweiten werden”, sagt Spindler.

Videoarchiv: Helmut Spindler zu Gast im brutkasten Talk

PowerBot CEO im brutkasten-Talk
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Wie steht es um die Haltung und Aktivitäten rund um Nachhaltigkeit in der heimischen Wirtschaft? Ein umfassendes Bild liefert eine neue Befragung der Unternehmenberatung Deloitte, die gemeinsam mit Foresight im Herbst 2024 über 400 Unternehmen mit mehr als 25 Mitarbeiter:innen befragt hat.

Strategische Verankerung fehlt

Das Ergebnis: Unternehmen erkennen zunehmend die Relevanz von Nachhaltigkeit. So schätzen 86 Prozent der Befragten das Thema als entscheidend für ihren künftigen Geschäftserfolg ein. Zudem haben mehr als die Hälfte der Unternehmen Maßnahmen zur Dekarbonisierung eingeleitet, etwa durch Photovoltaikanlagen oder den Umstieg auf grünen Strom. Diese Maßnahmen bleiben laut Deloitte jedoch häufig oberflächlich. Die strategische Verankerung von Nachhaltigkeit im Kerngeschäft – inklusive klarer Zielsetzungen – ist oft nicht ausreichend ausgeprägt.

“Zwar setzen viele Betriebe bereits Einzelmaßnahmen um, aber es fehlen die strategische Verankerung sowie klar definierte und laufend überprüfte Nachhaltigkeitsziele. Die nachhaltige Transformation kann allerdings nur mit einem klaren strategischen Fokus gelingen“, so Karin Mair, Managing Partnerin Risk Advisory & Financial Advisory bei Deloitte Österreich.

Geschäftskunden üben Druck aus

Besonders der Druck aus den nachgelagerten Wertschöpfungsstufen treibt Unternehmen an. 60 Prozent der Befragten berichten, dass ihre Geschäftskunden (30 Prozent) sowie öffentliche und private Kunden die Haupttreiber für Nachhaltigkeitsmaßnahmen sind. Dieser Druck wird durch strikte Berichtspflichten und die zunehmende Nachfrage nach Transparenz verstärkt.

Im Fokus vieler Nachhaltigkeitsagenden steht vor allem die Reduktion der CO2-Emissionen. 61 Prozent der Befragten haben dazu zwar mit der Umsetzung konkreter Maßnahmen begonnen, hinsichtlich der erwartbaren Kosten für eine umfassende Dekarbonisierung herrscht aber große Unsicherheit. So kann oder will über ein Drittel (39 Prozent) derzeit keine Angaben über die diesbezügliche Kostenveranschlagung des Unternehmens machen.

Investitionsbereitschaft geht zurück

Gleichzeitig geht auch die Investitionsbereitschaft zurück: Der Anteil jener Betriebe, die von 500.000,- bis über fünf Millionen Euro pro Jahr für Maßnahmen zur Dekarbonisierung aufwenden wollen, ist von 26 Prozent im Vorjahr auf 17 Prozent gesunken.

Ein wesentlicher Stolperstein ist die fehlende Klarheit bei der Umsetzung europäischer Richtlinien in nationales Recht. Rund ein Viertel der Unternehmen in Österreich weiß noch nicht, ob sie von der neuen Berichtspflicht betroffen sind, was Unsicherheiten bei der Planung verstärkt. Gleichzeitig bleibt die Bürokratie für viele kleinere Unternehmen eine fast unüberwindbare Hürde.



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