17.11.2020

Krisen-Politik für Startups: Was die Parlamentsparteien wollen

Was brauchen die heimischen Startups, um die Coronakrise zu überstehen? Wir haben Vertreterinnen der Parlaments-Parteien gefragt.
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Hilfsmaßnahmen für Startups - Das sagen Politikerinnen
(vlnr.) Margarete Schramböck, Elisabeth Götze, Henrike Brandstötter, Sinja Hammerschmid (c) Andy Wenzel/Grüne/NEOS/SPÖ

Sie schreiben meist noch rote Zahlen, haben aber im Verhältnis zu Mitarbeiterzahl und Umsätzen einen hohen Kapitalbedarf. Wendet man im Rest der Wirtschafts-Landschaft gängige Parameter zur Unternehmens-Beurteilung bei Startups an, sieht es oft alles andere als gut aus. Klar: Es liegt einfach in ihrer Natur, auf möglichst starkes Wachstum ausgerichtet zu sein – Startups bauen eben für die Zukunft vor. Doch es sind die besagten Standard-Parameter, die für die meisten regulären Förderungen und somit auch für viele der in der Coronakrise ergriffenen Hilfsmaßnahmen für die Wirtschaft herangezogen werden. Das bedeutet: Es braucht spezielle Hilfsmaßnahmen für Startups, die sonst von vielen Möglichkeiten ausgeschlossen sind.

Hilfsmaßnahmen für Startups: 150 oder nicht 150?

Solche wurden auch in Österreich geschaffen, wo von der Regierung Mitte April ein eigenes Startup-Hilfspaket vorgestellt wurde. Das Volumen wurde mit 150 Millionen Euro beziffert – eine Angabe, die NEOS-Startup-Sprecherin Henrike Brandstötter so nicht stehen lassen will: “Die angekündigten 150 Millionen Euro sind etwas irreführend, da tatsächlich lediglich 50 Millionen Euro an Zuschüssen im Rahmen des Startup-Hilfsfonds ausgezahlt wurden – weitere 50 Millionen Euro wurden damit privat aufgestellt. Und bei der Umsetzung des Venture Capital-Fonds (Anm. “Runway-Fonds”), der mit 50 Millionen Euro an staatlichen Garantien gestützt wird, stand lange alles still“.

Tatsächlich war der Covid-Startup Hilfsfonds, mit dem Eigenkapitalinvestments bis zu 800.000 Euro unter bestimmten Bedingungen verdoppelt wurden, bereits im August aufgebraucht. Beim Runway-Fonds ging nach langem Warten erst im November wieder etwas weiter – wann er tatsächlich investieren kann ist noch unklar. Diese Pause sieht auch die ehemalige Bildungsministerin und nun SPÖ-Bildungs-, Forschungs- und Innovationssprecherin Sonja Hammerschmid problematisch: “Dass der Runway-Fonds Monate lang im Finanzministerium gelegen ist, ohne dass es weitere Informationen gab, wie damit weiter verfahren wird, ist inakzeptabel”.

Keine Aufstockung für beliebten Hilfsfonds

Sie ortet eine andere, in der Startup-Szene häufig vorgebrachte Möglichkeit, zu unterstützen: “Dass der Covid-Startup Hilfsfonds rasch ausgeschöpft war, zeigt, dass das Instrument gut gewählt und die Mittel dringend notwendig waren. Daher wäre auch eine Verlängerung und Aufstockung dringend notwendig”. Das sieht auch Henrike Brandstötter so: “Der Startup-Hilfsfonds war mit 50 Millionen Euro an staatlichen Zuschüssen viel zu gering dotiert. Das zeigt sich schon daran, dass er nach ein paar Monaten komplett ausgeschöpft war, obwohl man ihn grundsätzlich noch bis 15. Dezember beantragen könnte”. Die NEOS-Abgeordnete würde sich eine zweite Tranche mit zumindest der dreifachen Summe wünschen.

Doch von den Regierungsparteien wird – wie schon zuvor – abgewunken. “Es war nie eine Aufstockung vorgesehen, denn wir haben ja zugleich den Runway-Fonds für Startups gemeinsam mit dem Finanzministerium entwickelt. Ich freue mich, dass uns das gelungen ist und wir viele Startups dadurch auch weiterhin unterstützen können”, heißt es von Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) gegenüber dem brutkasten. Und die Wirtschafts- und Innovationssprecherin der Grünen, Elisabeth Götze, meint dazu: “Das war eine Erste-Hilfe-Maßnahme und zum gegebenen Zeitpunkt das richtige Hilfsmittel. Jetzt erscheinen andere Formen der Unterstützung sinnvoller, beispielsweise aws Creative Impact und Runway-Fonds”. Zu letzterem erklärt Götze: “Es ist uns ein Anliegen, Private Equity Investitionen nach dem erfolgreichen Vorbild anderer europäischer Länder – UK und Deutschland – zu fördern”. Auch hier hört man also eine Forderung der Szene heraus. Und, so die Grünen-Parlamentarierin, man wolle bei Startups generell “Lücken im System”, die sich nun durch die Krise besonders stark zeigen würden, schließen.

Langfristig…

Sie nennt dazu auch konkret geplante, längerfristige Maßnahmen, um die österreichische Wirtschaft “gründungsfreundlicher” zu gestalten: “Dafür haben wir bereits bei der Regierungsklausur im Sommer die Eckdaten eines ‘Gründer*innenpakets’ beschlossen, das wir nun im Detail ausarbeiten”. Damit wolle man rasch vorankommen, aber dabei für volle Rechtssicherheit sorgen. Ministerin Schramböck streicht als langfristige Lösung die Schaffung der neuen Kapitalgesellschaftsform (Anm. “Austria Limited“) heraus. Zudem sei mit dem im Juli beschlossenen Forschungsfinanzierungsgesetz ein wichtiger Meilenstein gelungen. “Es bringt eine langfristige Finanzierungs- und Planungssicherheit in den Bereichen Forschung, Technologie und Innovation mit sich. Und durch den Abschluss von dreijährigen Leistungs- beziehungsweise Finanzierungsvereinbarungen mit den zentralen Forschungs- und Forschungsförderungseinrichtungen – etwa FFG und aws – ist sichergestellt, dass Startup-Hilfsmaßnahmen langfristiger ausgerichtet werden können”.

Doch naturgemäß hat man in der Opposition andere Vorstellungen, was die Startup-Szene jetzt am dringendsten braucht. “Das Startup-Paket, das unter Bundeskanzler Kern mit einem Fördervolumen für Neugründungen und Jungunternehmen von rund 100 Millionen Euro dotiert wurde und von ÖVP unter Sebastian Kurz und Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck auf die Hälfte geschrumpft wurde, sollte – besonders jetzt in der Krisenbewältigung – wieder zum Leben erweckt werden”, meint Sonja Hammerschmid. Startups würden in ihrer Rolle als “Motor für Innovation, für den Wirtschaftsstandort und für die Wettbewerbsfähigkeit” besondere Förderung und Unterstützung verdienen. Das Motto “die öffentliche Hand ist dort gefordert, wo der private Markt versagt” würde insbesondere bei Startups zutreffen, so die Ex-Ministerin. Dazu nennt sie konkrete Punkte, die ein umfassendes Paket ihrer Meinung nach zumindest beinhalten sollte: “steuerliche Anreize für Startups in den ersten drei Gründungsjahren, z.B. Lohnnebenkostenförderung, Eigenkapitalgarantien, Risikokapitalprämie für Business Angels, Fund in Fund Instrumente zur Attraktivierung von Investoren und Aufstockung des Preseed- und Seedfinancing-Programms. Diese Instrumente braucht es zusätzlich zu dem Covid-Startup-Hilfsfonds und den weiteren Covid-Maßnahmen für die Wirtschaft”.

…oder doch weitere kurzfristige Hilfsmaßnahmen für Startups?

Und Henrike Brandstötter betont gegenüber dem brutkasten vor allem, was ihrer Ansicht nach kurzfristig notwendig ist: “Wir haben zu Stärkung von Unternehmen und Startups in der Krise schon zahlreiche Anträge eingebracht. Wesentlich ist dabei eine Verbesserung der Liquidität und Solvenz durch die Möglichkeit eines erweiterten Verlustrücktrages bis zum Jahr 2017. Dazu muss das Insolvenzverfahren nach dem Motto ‘Sanieren statt Schließen’ reformiert werden. Jetzt in der Krise muss verhindert werden, dass Know-How und Arbeitsplätze unwiderruflich verloren gehen. Und wer auch in Zukunft ein Unternehmerisches Österreich will, darf Scheitern nicht stigmatisieren”. Ein wichtiger langfristiger Aspekt sei die steuerliche Gleichstellung von Eigenkapital und Fremdkapital. “Davon würden insbesondere auch Unternehmen in innovativen, risikoreichen Branchen profitieren, ebenso wie durch die Schaffung eines KMU Equity Fonds zur Stärkung der Eigenkapitalausstattung von KMU”, so die NEOS-Startup-Sprecherin.

Von den Vertreterinnen der Regierungsparteien kommen allerdings auf die Frage, ob kurzfristig weitere Hilfsmaßnahmen für Startups geplant sind, eher ausweichende Antworten. “Es sind auch allgemeine Hilfsmaßnahmen für Startups attraktiv, wie beispielsweise die Investitionsprämie”, sagt Elisabeth Götze, die anfügt: “Hier ist die höhere Förderungsstufe von 14 Prozent für ökologisch sinnvolle Investitionen oder Maßnahmen zur Digitalisierung für Startups wohl besonders relevant”. Und Wirtschaftsministerin Schramböck streicht in diesem Zusammenhang die weiteren Angebote des aws für Startups hervor.

Anm.: Wir haben Vertreter aller Parlamentsparteien direkt und über die Pressestellen um Statements gebeten. Von der FPÖ gab es leider keine Antworten für uns.

Dieser Beitrag erschien in gedruckter Form im brutkasten Magazin #11 „Comeback des Pioniers“.

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Die Kurstafel:

📈 Bitcoin erstmals über 90.000 US-Dollar

In der Folgewoche hatten wir an dieser Stelle schon das Bitcoin-Rekordhoch thematisiert, das unmittelbar nach den Wahlen in den USA erreicht worden ist. Seither ging es weiter deutlich nach oben - zwischenzeitlich sogar über die 90.000-Dollar-Marke. Auf 7-Tage-Sicht liegt der Bitcoin-Kurs 18 Prozent im Plus. Und das nach einer bereits starken Vorwoche, die schon einen klaren Kursanstieg gebracht hatte.

Der Hintergrund ist klar: Die US-Kryptobranche hofft auf einen Kurswechsel in der Politik, nach dem Donald Trump die Präsidentschaftswahl für sich entschieden hatte. Trump hatte sich im Wahlkampf als Bitcoin- und Krypto-Befürworter positioniert. Dabei hatte er auch immer wieder den Kurs der Biden-Regierung kritisiert. Die Börsenaufsicht unter dem von Biden eingesetzten Behördenchef Gary Gensler war insbesondere in den vergangenen beiden Jahren scharf gegen viele Akteure aus der Branche vorgegangen. 

Gensler wird nun abgelöst werden, so viel ist klar. Wer ihm nachfolgt, ist noch offen. Die Stimmung in der US-Kryptobranche könnte so beschrieben werden: Jede andere Person ist besser als Gensler. Die Hoffnung ist aber natürlich, dass möglicherweise sogar eine explizit krypto-affine Person den Posten erhält. Noch ist dies aber offen. Wie auch vieles andere, was die neue Trump-Regierung angeht. 

Aber es geht nicht nur um die Regierung. Denn gleichzeitig mit den Präsidentschaftswahlen wurden auch zahlreiche Sitze im Senat und im Repräsentantenhaus neu gewählt. Und Auswertungen der US-Kryptobörse Coinbase zufolge reüssierten dabei viele Kandidat:innen, die der Branche aufgeschlossen gegenüber stehen (siehe Crypto Weekly #151). Dies erhöht die Chancen, dass die Regulatorik in den USA in den kommenden Jahren günstiger für die Branche werden wird.

🤔 Wann knackt Bitcoin die 100.000-Dollar-Marke? 

Zusammenfassend kann man sagen: Die US-Kryptobranche hofft auf einen Kurswechsel in der Politik - und damit auf bessere Zeiten. Wirklich Konkretes weiß man aber noch nicht. Der Markt ist aktuell also primär von Hoffnung getrieben. Diese ist durchaus berechtigt, aber eben auch mit viel Unsicherheit verbunden. In den kommenden Wochen und Monaten wird sich nach und nach zeigen, was alles Realität werden wird. Die Position des Chefs der Börsenaufsicht wird dabei sicherlich eines der zentralen Themen sein. Aktuell preist der Markt aber einfach eine Verbesserung gegenüber dem Status Quo ein.

Mit zwischenzeitlich über 90.000 US-Dollar hat sich der Bitcoin-Kurs auch schon der immer wieder beschworenen Marke von 100.000 Dollar angenähert. Im Bullenmarkt von 2021 entstand etwa der Social-Media-Trend, dass Bitcoiner:innen ihre Augen in ihren Profilbildern durch Laseraugen ersetzen - und zwar, so die Ankündigung, bis der Bitcoin-Preis 100.000 Dollar erreiche. 

Im damaligen Cycle war allerdings dann bei knapp über 70.000 Dollar Endstation - und ein “Kryptowinter” brach an, der auch den Bitcoin-Kurs massiv nach unten drückte. Im Zuge des Debakels rund um die Pleitebörse FTX sank er bis auf deutlich unter 20.000 Dollar. Zu diesem Zeitpunkt schien die 100.000-Dollar-Marke völlig unerreichbar.

Zwei Jahre später sieht die Situation ganz anders aus. Nach dem bereits starken Jahr 2023 mit einem Plus von rund 150 Prozent ging es 2024 noch einmal weiter nach oben. Schon im März wurde der Höchststand aus 2021 überschritten. Im November dann neuerlich. Dazwischen lag kein spektakulärer Bullenmarkt, der die Schlagzeilen dominierte - aber nach und nach rückte die 100.000er-Marke plötzlich näher. 

🤭 Warum die Antwort darauf egal ist

Mit einem Bitcoin-Kurs von aktuell knapp unter 90.000 Dollar bräuchte es nur noch einen Kursanstieg von etwas mehr zehn Prozent. Und einen solchen kann es am Kryptomarkt durchaus schon einmal an nur einem (starken) Tag geben. Dass die Marke in den nächsten Wochen überschritten wird, ist also durchaus wahrscheinlich. 

Zeigen wird sich dann aber auch wieder einmal etwas anderes: Dass es sich bei allen vielbeschworenen und genau beobachteten Kursschwellen um völlig willkürlich gewählte Marken handelt, deren Überschreiten in Wirklichkeit keine große Bedeutung hat. Klar, ein Bitcoin-Kurs über 100.000 Dollar ist schon ein Statement und zeigt natürlich auch, wie etabliert Bitcoin mittlerweile ist. Aber das tut ein Bitcoin-Kurs von 99.741 Dollar oder von 102.743 Dollar genauso. Zusammenfassend könnte man also sagen: Die 100.000er-Marke wird früher oder später erreicht werden - es bedeutet nur nichts. 


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