15.04.2021

Schokoriegel-Startup Neoh will sich über weitere offene Investorenrunde 1,4 Mio. Euro holen

Nach einer überzeichneten Runde im Vorjahr startet Neoh nun die nächste - zu einer Bewertung von 26 Mio. Euro. Ein Börsengang ist "zumindest ein geplantes Szenario" und könnte ab 2024 Realität werden.
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das Gründerteam von Neoh
das Gründerteam von Neoh | Foto: Neoh

Eine erste offene Investorenrunde im vergangenen Herbst war überzeichnet – nun will sich das Wiener Schokoriegel-Startup Neoh bei einer weiteren Runde bis zu 1,4 Mio. Euro holen. Mit dem Geld soll die Expansion in Deutschland und den USA sowie die Entwicklung neuer Produkte vorangetrieben werden. Neoh beansprucht für sich, die “innovativste Zuckerersatzformal am Markt” zu haben, weil sie bei “vollem Geschmack kaum Auswirkungen auf den Blutzucker” habe. Interessierte Investorinnen und Investoren können sich an der Runde beteiligen – angesetzt ist sie bis 4. Mai.

“Die Runde wird bis Anfang Mai offen sein, aber wenn’s schneller geht, dann geht’s schneller”, sagt Neoh-Gründer und CEO Manuel Zeller im Talk mit dem brutkasten. Schneller ging es jedenfalls schon bei der Runde im Herbst – diese wurde, wie berichtet, vorzeitig geschlossen, weil die angepeilte Finanzierungsumme von 880.000 Euro bereits deutlich übertroffen war. Das Startup nahm etwas über 1 Mio. Euro auf, mehr als die Hälfte davon kam dabei von Kleininvestoren.

Bewertung bei 26 Mio. Euro

In der nun gestarteten Runde wird als Ziele ein Spanne von 250.000 bis 1.447.870 Euro genannt. Allerdings: Bestandsinvestoren haben schon jetzt 750.000 Euro zugesichert. “Das freut uns natürlich besonders, denn die Bestandsinvestoren sehen, was funktioniert und was nicht. Und sie waren sehr schnell da mit ihren Investments”, sagt Zeller. Die Bewertung des Unternehmens liegt in dieser Runde bei 26 Mio. Euro – im vergangenen Herbst hatte sie 22 Mio. betragen.

Neoh Invest AG dient als Investmentvehikel

Abgewickelt wird die Runde, wie bereits die vorige, über die Plattform Invesdor. “Der große Unterschied zu üblichen Investorenrunden ist, dass wir viele kleine Investoren mit auf die Reise nehmen wollen”, sagt Zeller. Dazu wurde bereits im vergangenen September die Neoh Invest AG als Investmentvehikel gegründet – das operative Geschäft von Neoh liegt in der Alpha Republic GmbH. “Es ist auch für die Zukunft so geplant, dass wir ein bis zwei Mal pro Jahr eine Runde machen und dazu die Neoh Invest AG als Vehikel benutzen, um vielen Leuten die Möglichkeit geben, mitzumachen”, sagt Zeller.

Doch wie funktioniert dieses Modell genau? “Die Alpha Republic GmbH ist Neoh, dort sind die Operations drinnen, die Marke, die Umsätze”, erläutert Rechtsanwalt Johannes Frank von der Kanzlei Kanzlei Herbst Kinsky. Er hat Neoh bei der Umsetzung begleitet. “Um Investoren die Möglichkeit zu geben, sich zu beteiligen, wurde durch die Gründer mit der Neoh Invest AG ein neues Vehikel geschaffen, das sich an der GmbH beteiligt”.

Invest AG anderen Investoren gleichgestellt

Die Investoren der AG halten Vorzugsaktien – und es gibt eine “völlige Durchleitung der Dividenden”, wie Frank weiter ausführt. Komme es zu Ausschüttungen oder auch zu einem Exit, profitiere die AG davon wie ein ganz normaler Gesellschafter. Bei einem Verkauf des Unternehmens etwa bekämen die Investoren der AG auch die entsprechenden Erlöse ausbezahlt. Auf Ebene der Alpha Republic GmbH ist die Invest AG allen anderen Investoren gleichgestellt.

Nach der jüngsten Runde im Herbst war die AG an der GmbH mit rund 4 Prozent beteiligt. Nach der aktuellen Runde dürfte der Anteil auf etwa 7,5 Prozent steigen. Dass es sich dabei weiter nur um eine Beteiligung im einstelligen Prozentbereich handelt, ist für den Anwalt “nichts Ungewöhnliches”. Es gebe Kleininvestoren, die sich auch bei typischen Finanzierungsrunden in einem solchen Bereich beteiligen würden. Mit der Invest AG seien die Anleger in einer “geschützten rechtliche Position”.

Neoh-CEO Zeller weist außerdem auf einen anderen Aspekt hin: “Für Investoren ist das überhaupt erst die Möglichkeit, sich an einem solchen Unternehmen zu beteiligen”. Bei Neoh gebe es viele Klein- und Mittelanleger, die Summen zwischen 1.000 und 80.000 Euro investieren würden. Mit den geplanten weiteren Runden werde außerdem der Anteil der AG an der GmbH steigen: “Im aktuellen Plan sind das bis zu 20 Prozent, die die Neoh Invest AG an der Alpha Republic halten wird”.

Börsengang “aktuell ein geplantes Szenario”

“Der Vorteil für das Startup ist bei diesem Modell grundsätzlich die Flexiblität in der Investorenansprache, dass man Equity an die Crowd begeben kann”, sagt Anwalt Frank. “Ich kann ein Crowdinvesting also nicht nur im bekannten Bereich der Nachrangdarlehen oder der Genussrechte machen, sondern kann meine Investoren auf einer Equity-Ebene strukturell am unternehmerischen Erfolg beteiligen”, führt er im brutkasten-Talk aus. Der zweite große Vorteil: Ein Startup kann damit Investoren eine “strukturelle Handelbarkeit in der Zukunft” anbieten, weil Wertpapiere grundsätzlich leichter handelbar sind als GmbH-Anteile, sagt der Anwalt.

Das klingt nach Börsengang – und damit hat Neoh auch keine Berührungsängste: “Wir sagen ganz selbstbewusst, zumindest ist ein Börsengang aktuell ein geplantes Szenario”, sagt Neoh-CEO Zeller. Die Reise dorthin sei zwar noch eine “irrsinnig lange”, man müsse dazu in eine Umsatzregion von 40 bis 50 Mio. Euro vorstoßen, aber: “Bis 2024 wollen wir bereit sein, um um über einen Börsengang nachzudenken”. Neoh wolle zunächst Substanz schaffen – und dann, wenn man bewiesen habe, dass man mit den Investments in Richtung des genannten Umsatzes steuern könne, einen Börsengang anvisieren.

7 Mio. Umsatz für 2021 geplant

Für 2021 rechnet das Unternehmen inklusive dem US-Markt mit einem Jahresumsatz von rund 7 Mio. Euro – das wäre doppelt so viel wie im Vorjahr. Auch im ersten Quartal 2021 wurde der Umsatz gegenüber dem Vorjahresquartal fast verdoppelt. Starkes Wachstum meldete das Unternehmen vor allem bei der Eigenmarke Neoh mit einem Wachstum von 182 Prozent. Neben der Eigenmarke werden auch White-Label-Lösungen für andere Anbeiter produziert. Für das Jahr 2022 peilt Neoh aktuell ein Umsatzziel von 11 Mio. Euro an.

Dominic Thiem als Investor an Bord

Mit der aktuellen Runde kommt übrigens auch der österreichische Tennis-Star Dominic Thiem offiziell als Investor an Bord. Vertraglich vorvereinbart und kommuniziert war dies schon länger, jetzt wird es auch amtlich. “Er ist natürlich ein großartiger Athlet, ein toller Mensch und er hat für uns viele positive Schlagzeilen gebracht”, sagt Neoh-CEO Zeller. Thiem wird dem Unternehmen auch für einen Fernsehspot zur Verfügung stehen – und auch den Riegel bei Turnieren dabei haben. Thiem folgt damit einer ganzen Reihe an Sportlern, die bereits am Unternehmen beteiligt sind. Im Vorjahr waren beispielsweise der Crossfit-Star Noah Ohlsen und der deutsche Fußball-Nationalspieler Jonathan Tah eingestiegen.


Hier der vollständige brutkasten-Talk mit Neoh-CEO Manuel Zeller und Rechtsanwalt Johannes Frank von Herbst Kinsky:

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Rituale, Rituale der Startup-Welt, Ritual, Howard, Factinsect, Hadia, Storebox, Instahelp, monkee, Dental Armor, Coinpanion
(c) Hello Again/zVg/Hadia/Die Abbilderei/Storebox/schon nice gmbh/Victor Malyshev - (o.v.l.) Franz Tretter von Hello Again, Romana Dorfer von Factinsect, Anna Lauda von Hadia, Bernadette Frech von Instahelp/ Johannes Braith von Storebox, Saad Wohlgennannt von Dental Armor und Martin Granig von monkee.

Dieser Artikel ist im brutkasten-Printmagazin von Dezember 2024 erschienen. Eine Download-Möglichkeit des gesamten Magazins findet sich am Ende dieses Artikels.


Ein Pythonkopf aus Stein ragt aus der Dunkelheit hervor. In Kreisen angeordnete, farbenfrohe Speerspitzen verzieren den kalten Höhlenboden; manche davon stammen aus Hunderte Kilometer entfernten Gegenden. Am Ende der Höhle erstreckt sich ein kleiner, versteckter Raum, der Platz für eine Person bietet; üblicherweise versteckt sich ein Schamane darin und spricht zu seinem Stamm, sodass es scheint, die steinerne Schlange selbst lasse donnernde Worte erklingen.

Diese Verehrung des majestätischen Reptils fand vor rund 70.000 Jahren in der Kalahari-Wüste am Fuße der Tsodilo Hills im heutigen Botswana statt. Dies hat im Jahr 2012 die Archäologin Sheila Coulson herausgearbeitet und, so heißt es, damit das älteste wissenschaftlich belegte Ritual der Welt entdeckt.

Seitdem haben sich Rituale in Gesellschaften im Großen und Kleinen gehalten und weiterentwickelt – von religiösen Gepflogenheiten über politisches Zeremoniell bis hin zu privaten, sich wiederholenden Gewohnheiten sind sie in tausendfacher Weise etabliert. Das Küssen des Balls im Sport, das Aufstehen mit dem „richtigen Fuß“, Salz über die Schulter werfen, auf Holz klopfen, Dinge nicht verschreien, Braut und Bräutigam nicht vor der Hochzeit sehen, zu bestimmten Jahreszeiten fasten, den Jahreswechsel laut feiern oder die zum Ritual gewordene Morgen-Rou­tine wiederholen.

Spiritualität und Ordnung

All dies lässt sich komprimiert und per Definition in zwei Bedeutungen unterteilen: in eine spirituelle Handlung und in ein „wiederholtes, immer gleichbleibendes, regelmäßiges Vorgehen nach einer festgelegten Ordnung“. Exakt diese Ordnung (also die zweite Definition) ist es, die auch manchen Startup-Gründer:innen dabei hilft, den stressigen Joballtag zu bewältigen, Klarheit zu schaffen und Erfolge zu erreichen.

Sohlen und Poster

So zeigt sich etwa Johannes Braith vom österreichischen Scaleup Storebox als großer Anhänger davon, sich klare Ziele zu setzen und diese zu visualisieren.

„Dabei halte ich es für wichtig, einerseits eine große Vision zu definieren und diese in kleinere Meilensteine herunterzubrechen“, sagt er. „Diese verhältnismäßig kleinen Meilensteine sind leichter zu erreichen, greifbarer und man kann entsprechend auch früher Erfolge verbuchen. Das Wichtigste ist, konstant dranzubleiben. Erfolg ist kein Sprint, sondern ein Marathon.“

Das Visualisieren definierter Ziele wurde bereits früh als Ritual bei Storebox eingeführt: Im Office des Logistikunternehmens prangen Vision und Werte als Poster an der Wand und OKRs (Objectives and Key Results) werden in Echtzeit mittels Soll/Ist-Vergleich auf Bildschirmen angezeigt.

Zudem gibt Braith noch eine weitere Besonderheit aus seiner Ritualwelt preis: „Habe ich ein Etappenziel für mich definiert, schreibe ich es mir auf die Sohlen meiner Schuhe“, sagt er. „Das hilft mir, mich daran zu erinnern, dass jeder kleine Schritt zählt.“

Der Knopf des Erfolgs

Franz Tretter, Gründer des Kundenbindungs-Startups Hello Again, nutzt Rituale dazu, um Ziele und Kultur in seinem Team zu verankern. Dazu gehört ein „Global Success Button“, der bei jedem neuen Kunden gedrückt wird, mit anschließender Feier im Büro. Mitarbeiter:innen, die remote arbeiten oder unterwegs sind, werden per Mail oder Smartphone ebenso informiert; „einfach, damit man Bescheid weiß“, sagt Tretter.

Auch etwas namens „Howard 1000“ gehört zum regelmäßigen Ritual des Linzer Teams dazu. Dabei handelt es sich um eine Wand bestehend aus 1.000 Kästchen mit einer besonderen Bedeutung. „Wir haben diese aufgebaut, als wir 120 Kunden hatten. Mit jedem Kunden, den wir gewonnen haben, haben wir ein Logo hinzugefügt und haben nun knapp 900 Kästchen voll“, erklärt Tretter.

Und zu guter Letzt sind bei Hello Again die „Compliment Cards“ ein weiteres internes Ritual: „Wertschätzung ist total wichtig bei uns“, erklärt Tretter. „Wir haben eigene Kärtchen beim Eingang, da schreibt man gelegentlich etwas Nettes drauf und legt es am Abend Kollegen auf den Tisch. Die freuen sich am nächsten Morgen.“

An diesen beiden Beispielen bemerkt man bereits eine kleine Gemeinsamkeit, die zwischen den Zeilen mitschwingt: Wiederkehrendes, etwas Konstantes ist nicht bloß eine Orientierungshilfe für Startup-Gründer:innen, sondern kann als einer von mehreren Bausteinen eines spezifischen Mindsets gesehen werden; eines Mindsets, das von einem ruhigen Leadership-Skill zeugt und deutlich zeigt, dass manchmal das wilde Gefüge in einem selbst sowie auch das Äußere, das sich unter Mitarbeitenden am Arbeitsplatz entwickelt, gepflegt werden muss.

Gemeinschaft fördern

Das weiß auch Anna Maria Lauda von Hadia, einem Wiener Verein, der weibliches Unternehmertum in Afghanistan fördert. Ihr hilft eine tägliche zehnminütige Meditation, den Tag entschleunigt, entspannt und fokussiert zu beginnen.

„Dadurch kann ich klarere Prioritäten setzen und produktiver arbeiten“, sagt sie. „Früher lag mein Schwerpunkt vor allem auf individuellen Praktiken wie dem Selbstmanagement und der strikten Zeitplanung durch To- do-Listen. Doch im Laufe meiner Reise als Gründerin habe ich erkannt, dass Flexibilität und der wertvolle Austausch mit dem Team genauso entscheidend sind. Heute schätze ich Rituale, die nicht nur den persönlichen Fokus stärken, sondern auch das Gemeinschaftsgefühl fördern.“

Daher veranstaltet Lauda wiederkehrende Onlinemeetings mit ihren Weberinnen in Afghanistan. „Regelmäßige Check-ins mit den Frauen sind inspirierend und motivierend. Allzu leicht verliert man in der Hektik des Alltags den Bezug zu den Menschen, für die man arbeitet. Und diese Gespräche erinnern mich daran, was unser gemeinsames Ziel ist und wie viel wir schon erreicht haben“, sagt sie.

Saad Wohlgenannt, Gründer und CEO des Zahn-Startups Dental Armor und der Kryptobörse Coinpanion, hatte im Lauf der Zeit verschiedene Rituale, die er jedoch mittlerweile fast alle ab- gelegt hat; darunter eine wöchentliche „Rückschau“, um zu überlegen, was er besser machen könnte, oder Journaling (Anm.: Blick nach innen mit schriftlicher Aufzeichnung, was in einem vorgeht).

Heute plant er an jedem Geburtstag, was er im kommenden Jahr erreichen möchte. Meistens setzt sich der Founder dabei ein monetäres Ziel für sein Business sowie ein paar persönliche Ziele, wie etwa einen neuen Sport zu erlernen, ein Land zu bereisen oder ein bestimmtes Problem zu lösen.

„Die wichtigsten Rituale, die mir langfristig helfen, meine Ziele zu erreichen, haben meistens den Effekt, mich kurzfristig vom Arbeiten abzuhalten“, sagt er. „Zum Beispiel beginne ich meinen Tag mit ein paar Mobility-Übungen, Liegestützen, Klimmzügen und einer kalten Dusche – erst danach schaue ich in meine E-Mails und starte richtig durch. Ab 20.30 Uhr ist mein Handy auf ‚Nicht stören‘, und dann bin ich nur noch schwer erreichbar.“

Drei und nicht mehr

Romana Dorfer beschäftigt sich mit ihrem Startup Factinsect damit, die Fülle an Fake News im Netz aufzulösen und User:innen gesicherte Informationen zur Verfügung zu stellen. Sie selbst hat sich früher oft viele, unspezifische und große Ziele vorgenommen, die jedoch innerhalb eines Tages kaum zu erreichen waren. Dabei waren Fortschritte nur schwer messbar und am Ende des Tages wurde kein Ziel erledigt, wie sie gesteht. Dadurch ist oft das Gefühl entstanden, wenig erreicht zu haben.

Heute greift sie maximal auf drei Vorhaben pro Tag zurück. „Der Vorteil ist, dass ich fast immer alle Ziele für den Tag erreiche und dadurch meine Motivation steigt. Meistens arbeite ich dann noch an weiteren Themen“, sagt Dorfer.

Bei Martin Granig, Gründer der Spar-App monkee und Vater einer siebenjährigen Tochter, sehen die Morgen oftmals chaotisch aus. Um dem entgegenzuwirken, hat er eine Morgenroutine entwickelt: „Ich stehe meist 30 Minuten früher auf. Das gibt mir die Gelegenheit, mich in Ruhe im Bad fertig zu machen“, sagt er. „Während des Zähneputzens mache ich ein paar Übungen, um den Kreislauf in Schwung zu bringen, bevor ich Frühstück für meine Tochter und Kaffee für meine Frau und mich zubereite. So habe ich noch ein paar ruhige Momente für mich, bevor der Trubel beginnt.“

Am Ende seines Arbeitstags führt der Gründer einen kurzen Check-in durch und klärt für sich, was er heute schaffen möchte, was er tatsächlich geschafft hat und was er noch anpassen muss.

„Das hilft mir, mein Time-Boxing im Kalender zu optimieren, gerade für die Aufgaben, die zwar wichtig sind, aber erst in der Zukunft anstehen“, erklärt er. „Ich habe gelernt, dass es notwendig ist, solche Dinge bewusst zu planen, bevor sie von den dringenden, aber weniger wichtigen Aufgaben verdrängt werden.“

Raus aus der Bubble

Für Granig gibt es zudem noch ein persönliches Highlight der Woche: Freitagabend-Basketball. „Das mag zwar kein typisches Gründer-Ritual sein, aber für mich ist es essenziell. Es hilft mir, Stress abzubauen, den Kopf frei zu bekommen und in einer entspannten Atmosphäre mit Freunden zu lachen. Danach starte ich erfrischt ins Wochenende – und am Montag wieder voller Energie in die neue Woche“, so der Tiroler, der früher oft von „dringenden Dingen“ stark getrieben war, die dazu führten, dass wichtige strategische Aufgaben oftmals zu kurz kamen.

„Man arbeitet in so einem Fall zu viel ‚in the business‘ statt ‚on the business‘“, sagt er. „Heute habe ich meine Timeboxing-Routine deutlich verbessert, damit genau diese wichtigen Dinge nicht untergehen. Früher musste ich auch keine Rücksicht auf Familie und Kind nehmen. Das hat sich natürlich geändert, und ich musste Wege finden, trotz all der Verantwortung auch noch Zeit für mich zu schaffen. Daher meine Morgenroutine und mein Freitagabend-Basketball. Dort geht es einfach nur ums Spielen und um entspannte Gespräche über deutlich unkompliziertere Dinge als Startups, Karriere oder Business. Das tut gut und gibt mir Energie.“

Ankerpunkte fürs Wesentliche

Ähnlich ergeht es Instahelp-Founderin Bernadette Frech. Für die Gründerin des Grazer Health-Startups sind Rituale bewusste Ankerpunkte, um den Fokus auf dem Wesentlichen zu halten – im Beruf wie im Privatleben.

„Eines der wichtigsten Rituale habe ich mit meinen Kindern: Jeden Morgen beginnen wir den Tag mit einer vollen Minute Umarmung, ohne Worte, nur Nähe. Das stärkt unsere Bindung und gibt uns einen liebevollen Start in den Tag“, sagt Frech. „Abends reflektieren wir gemeinsam: Beim Rückenkraulen sprechen wir über Belastendes, bei der kitzligen Fußmassage teilen wir schöne oder lustige Momente und bei der Kopfmassage besprechen wir, wofür wir dankbar sind und was uns gut gelungen ist.“

Ambition vs. Balance

Auch bei ihr haben sich Rituale über die Jahre verändert und sich immer wieder ihren Lebensumständen angepasst. Früher, als berufliche Ambitionen im Vordergrund standen, hatten Frechs Rituale viel mit persönlicher Effizienz und beruflicher Zielerreichung zu tun. Heute, als dreifache Mama und Unternehmerin, haben sich die Prioritäten verschoben.

„Es geht mir jetzt viel stärker darum, eine Balance zwischen Karriere und Familie zu finden, ohne den Fokus auf meine eigene mentale Gesundheit zu verlieren“, erklärt sie. Das Ritual mit ihren Kindern sei ein Beispiel dafür, wie sich Rituale an neue Lebensphasen anpassen.

„Früher hätte ich vielleicht nicht gedacht, dass eine Umarmung am Morgen oder ein Ritual vor dem Schlafengehen so kraftvoll sein könnten. Heute sind es genau diese Momente, die mich erden und mir und meinen Kindern Energie geben“, erzählt sie. „Was sich jedoch nie geändert hat, ist meine wöchentliche psychologische Beratung. Sie ist seit Jahren eine Konstante, die mich sowohl beruflich als auch persönlich auf Kurs hält, auch wenn sich die Themen im Laufe der Zeit wandeln.“

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