18.10.2021

N26: Neobank holt 900 Mio. Dollar Investment zu 9 Mrd. Dollar Bewertung

N26 ist damit nun wieder das wertvollste deutsche Fintech. Drei neue Investoren kamen an Bord. Der brutkasten hat mit CEO Valentin Stalf über die neue Bewertung, die vom deutschen Regulator auferlegten Beschränkungen bei der Anzahl der Neukunden sowie über die Pläne für einen Börsengang gesprochen.
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N26-Cofounder Maximilian Tayenthal und Valentin Stalf
Die N26-Cofounder Maximilian Tayenthal und Valentin Stalf | Foto: N26

Jetzt ist sie doch etwas größer geworden als im Vorfeld von deutschen Medien berichtet worden war – die neue Finanzierungsrunde von N26. Über 900 Mio. Dollar (umgerechnet derzeit rund 775 Mio. Euro) nahm die von den beiden Österreichern Valentin Stalf und Maximilian Tayenthal in in Berlin gegründete Neobank in einer Series-E-Runde auf. Die Bewertung steigt von 3,5 Mrd. Dollar auf über 9 Mrd. Dollar (7,8 Mrd. Euro).

Angeführt wird die Runde von den US-Investoren Third Point Ventures und Coatue Management mit Sitz in New York. Ebenfalls beteiligt ist die Dragoneer Investment Group, zudem sind auch Bestandsinvestoren sind mitgezogen. Die Runde ist die bisher größte einer Digitalbank in Europa.

In der Vorwoche hatten “Der Spiegel” und das “Handelsblatt” unter Berufung auf Finanzkrise von einer 810 Mio. Dollar (700 Mio. Euro) schweren Finanzierungsrunde berichtet. “Die Bewertung von 9 Mrd. Dollar ist schon noch einmal ein Meilenstein”, sagte N26-Mitgründer und CEO Valentin Stalf im exklusiven brutkasten-Gespräch zur Finanzierungsrunde. “In den vergangenen zwei Jahren hat es einige Companies gegeben, die berechtigterweise in den Bereich von einer oder zwei Milliarden Dollar gekommen sind. Es wird aber nur wenige geben, die vom Geschäftsmodell, der Skalierbarkeit und der Größe der Industrie die Möglichkeit haben werden, auf über 9 Milliarden zu kommen – und wir gehören dazu”.

“N26 ist heute eine der führenden digitalen Banken weltweit. Wir freuen uns N26 zukünftig mit Kapital und Know-How zu unterstützen, um Retailbanking noch schneller zu digitalisieren und Millionen von KundInnen zugänglich zu machen”, kommentierte HeathTerry, Partner bei Third Point Ventures, das Investment. Der US-Fonds hat sich in der Vergangenheit unter anderem an Investmentrunden bei Lyft, Grab oder zuletzt bei der Kryptobörse FTX beteiligt. Coatue wiederum hat beispielsweise in Spotify, Snap, Ant Financial und in das weltgrößte Unicorn Bytedance, dem Unternehmen hinter TikTok, investiert. Als Berater bei der Finanzierungsrunde hat Goldman Sachs Europa fungiert.

N26 wieder wertvollstes deutsches Fintech

Mit der neuen Bewertung ist N26 nun wieder das wertvollste deutsche Fintech-Unicorn. Im Mai hatte der Neobroker Trade Republic vorübergehend diese Position eingenommen. Das Unternehmen hatte eine 800 Mio. Dollar schweren Series-C-Runde zu einer Bewertung von 5 Mrd. Dollar abgeschlossen. Außerhalb des Fintech-Sektors ist mit Celonis überhaupt nur ein Unicorn aus Deutschland höher bewertet. Das Münchner Datenanalyse- und Prozessoptimierungs-Unternehmen kommt auf 11 Mrd. Dollar.

Einen deutlichen Abstand bei der Bewertung gibt es dagegen zu Revolut. Die Neobank mit Sitz in London und N26-Konkurrent kam in einer 800 Mio. Dollar schweren Series-E-Runde vom Juli auf 33 Mrd. Dollar – nur Stripe und Klarna sind noch höher bewertet. N26 wiederum liegt nun weltweit unter den Top 20 der am höchsten bewerteten Fintech-Unicorns.

Mit dem aufgenommenen Geld will N26 nun das Angebot in seiner digitalen Banking-App weiter ausbauen und auch seine globalen Teams vergrößern. Konkret sollen in den nächsten Jahren weltweit 1.000 Mitarbeiter:innen eingestellt werden, der Schwerpunkt liegt dabei auf Technologie, Produktmanagement und digitale Sicherheit. Zum geplanten Krypto- und Wertpapier-Angebot von N26 vermeldete die Neobank vorerst keine Details. Diese sollen voraussichtlich Ende des Jahres kommuniziert werden.

Wachstumsbeschränkung von 50.000 bis 70.000 Neukunden pro Monat in Europa

Gleichzeitig mit der Finanzierungsrunde bestätigte N26 eine zuletzt medial bereits kolportierte Wachstumsbeschränkung: Man erwarte eine Anordnung des deutschen Regulators, die vorsehe, “über die nächsten Monate in Europa mit maximal 50.000 bis 70.000 Neukunden pro Monat zu wachsen”, heißt es in der Aussendung von N26. Als Folge könne es in einigen europäischen Märkten “zu einer zeitlich befristeten Warteliste für Neukunden” kommen.

“Wir sind eine der am stärksten wachsenden Banken in Europa – auch mit dieser Beschränkung”, sagte Stalf dazu gegenüber dem brutkasten. “Ich verstehe den Regulator, da mehr Übersicht haben zu wollen, deshalb ist das für uns auch in Ordnung”. Er gehe davon aus, dass die Beschränkung wahrscheinlich nicht länger als ein oder zwei Quartale aufrecht bleibe, sagte der N26-Mitgründer weiter.

In den vergangenen Monaten war N26 ins Visier der deutschen Finanzaufsicht BaFin geraten, weil diese bei der Neobank Defizite in der Betrugs- und Geldwäschebekämpfung geortet hatte. Die Neobank zahlte schließlich wegen Versäumnissen bei der Abgabe von Geldwäscheverdachtsmeldungen 4,25 Mio. Euro Strafe. Im September teilte N26 mit, alle Forderungen der BaFin umgesetzt zu haben und darüber hinaus zahlreiche weitere Maßnahmen ergriffen zu haben, um die Standards in diesem Bereich zu heben.

Mitarbeiterprogramm wird ausgeweitet

Ebenfalls mit der Finanzierungsrunde kommuniziert wurde eine deutliche Ausweitung des Mitarbeiterbeteiliungsprogramm, dem Employee Stock Ownership Plan (ESOP): Künftig werden sämtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von N26 die Möglichkeit haben, sich zu beteiligen. “Für uns ist es sehr wichtig, dass unsere MitarbeiterInnen an diesem Erfolg teilhaben können. Ohne sie wäre N26 nicht das Unternehmen, das wir heute sind”, wird N26-Mitgründer Maximilian Tayenthal in der Aussendung zitiert. Details zum Programm wird die Neobank in den nächsten Tagen noch einmal separat kommunizieren.

“Nicht der richtige Zeitpunkt für Börsengang”

In der Vergangenheit war auch immer wieder spekuliert worden, dass N26 anstatt einer weiteren Finanzierungsrunde gleich einen Börsengang anpeilen könnte. Dafür sei aber nicht die richtige Zeitpunkt gewesen, wie Valentin Stalf nun gegenüber dem brutkasten erläuterte: “Wir haben dieses Jahr das bei weitem erfolgreichste Jahr seit der Gründung von N26 – bei der Umsatzentwicklung, bei der Kundenentwicklung, bei der Profitabilitätsentwicklung. Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt, an die Börse zu gehen, weil ich jetzt schon sehe, dass wir uns in den nächsten Jahren in allen Dimensionen noch einmal verbessern werden”. N26 habe das Potenzial, einen Börsengang in den nächsten Jahren zu einer höheren Bewertung zu machen. “Mit dem Kapital haben wir jetzt Zeit zu wählen, wann wir an die Börse gehen wollen und diese Flexibilität ist extrem wichtig”, sagte Stalf weiter.

N26 hat nach eigenen Angaben aktuell über 7 Millionen Kunden in 25 Ländern. Das abgewickelte Transaktionsvolumen soll 2021 bei mehr als 90 Mrd. Dollar liegen. Stalf und Tayenthal hatte das Unternehmen 2013 gegründet und ihr Produkt 2015 in Österreich und Deutschland auf den Markt gebracht. Aktuell hat das Unternehmen 1.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an 10 Standorten. Neben Berlin und Wien unterhält N26 unter anderem auch Büros in New York und São Paulo.

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Die Verwendung von Kohlefaser in der Industrie hat in den letzten Jahren stark zugenommen – insbesondere in Bereichen wie der Luft- und Raumfahrt, dem Automobilbau und der Windenergie. Kohlefaser überzeugt durch ihre hohe Festigkeit bei geringem Gewicht, doch ihre Herstellung ist ressourcenintensiv und teuer. Ein großes Problem stellt der hohe Verschnitt bei der Produktion dar: In der Industrie landen im Durschnitt bis zu 30 Prozent der Rohstoffe im Abfall. Diese Materialverluste sind nicht nur ökonomisch ineffizient, sondern auch aus ökologischer Sicht problematisch, da Kohlefaser biologisch nur schwer abbaubar ist.

Carbon Cleanup setzt auf KI

Das 2020 gegründete Linzer Startup Carbon Cleanup rund um Gründer Jörg Radanitsch hat sich diesem Problem angenommen und zum Ziel gesetzt, Kohlenstofffasern aus Industrieabfällen aufzubereiten und wiederverwendbar zu machen. Konkret hat das Startup eine mobile Aufbereitungsanlage entwickelt, um Carbonfasern direkt vor Ort beim Kunden aufzubereiten. 

Zum Herzstück der Anlage gehört nicht nur die mechanische Aufbereitung der Kohlenstofffasern. Im Hintergrund läuft auch eine Software, die eine KI-gestützte visuelle Erkennung der zugeführten Rohstoffe ermöglicht.

“Wir haben ein KI-generiertes Datenblatt entwickelt, das automatisch die Charakteristika von eingehendem Material erkennt und den Wert des Rezyklats bestimmt“, so Radanitsch. “Bevor das Material in unsere Anlage kommt, wissen wir schon, welche mechanischen Eigenschaften es haben wird. Das ist entscheidend für die Qualität und den Marktwert des Endprodukts.”

Gründer Jörg Radanitsch | (c) Carbon Cleanup

Entwicklung der zweiten Generation an Anlagen

Während die erste Anlage des Unternehmens für R&D-Zwecke dient und über eine Kapazität von 30 Tonnen pro Jahr verfügt, konnte das Unternehmen über den Sommer eine zweite Anlage in Betrieb nehmen. „Unsere zweite Anlagengeneration ist im August fertiggestellt worden. Die Produktionskapazität ist dreimal so hoch wie bei unserer ersten Anlage. Damit sind wir jetzt in der Lage, deutlich mehr und auch verschiedene Kompositabfälle zu verarbeiten.“

Besonders stolz ist Radanitsch auf die gestiegene Materialqualität: „Das neue Aggregat ist viel stärker, was uns mehr Flexibilität bei der Verarbeitung der Materialien gibt. Wir können jetzt eine Vielzahl an Abfällen effizienter recyceln, was die Qualität der Produkte erheblich verbessert.“

Ein wichtiger Baustein für den Erfolg von Carbon Cleanup war die Unterstützung durch die Austria Wirtschaftsservice (aws). “Das Seed-Financing der Austria Wirtschaftsservice hat uns erlaubt, nicht nur unsere Forschung und Entwicklung voranzutreiben, sondern auch in Marketingaktivitäten zu investieren, die für uns als Hardware-Startup besonders wichtig sind“, erklärt Radanitsch.

Luftfahrtindustrie und Kooperation mit KTM Technologies

Eine der spannendsten Entwicklungen bei Carbon Cleanup ist der Einsatz ihrer recycelten Materialien im 3D-Druck, besonders in der Luftfahrtindustrie. “Wir liefern im Tonnenmaßstab Kunststoffgranulate, die mit unserer Rezyklatfaser verstärkt sind. Diese werden in großen 3D-Druckern verwendet, um Formen zu bauen, die dann für die Produktion von Flugzeugteilen genutzt werden”, so der Gründer.

Zudem arbeitet Carbon Cleanup mit dem österreichischen Motorradhersteller KTM zusammen. Gemeinsam arbeiten beide Unternehmen an einem geschlossenen Materialkreislauf, bei dem Post-Consumer- und Post-Industrial-Abfälle von KTM Technologies recycelt und für die Herstellung neuer Bauteile genutzt werden. Spezifisch handelt es sich um das Recycling der Teile des Rennmodells “X-Bow GT2”, dessen Rahmen zu 100 % aus Carbonfasern besteht. Durch Unfälle entsteht eine große Menge an beschädigtem Material, das normalerweise als Abfall betrachtet wird. Mit der Partnerschaft von KTM und Carbon Cleanup wird dieses Material zurück in den Kreislauf gebracht. 

(c) Carbon Cleanup

“KTM Technologies war von Anfang an ein Vorreiter. Sie testen unsere recycelten Materialien bereits erfolgreich in ihren Motorrädern“, betont Radanitsch.

Das Besondere an dieser Kooperation ist das sogenannte Closed-Loop-Material, das zu 100 Prozent aus dem Abfallstrom von KTM Technologies besteht. „Die Herausforderung ist, die Materialien zirkulär zu sammeln und in die Produktion zurückzuführen. Das Sammeln und die Qualität sind dabei entscheidend. Aber wir haben gezeigt, dass wir sogar leistungsfähigere Materialien aus Abfall herstellen können”, so der Gründer.

(c) Carbon Cleanup

Die nächsten Schritte von Carbon Cleanup

Das Geschäftsmodell von Carbon Cleanup basiert derzeit auf zwei Einnahmequellen: Zum einen bietet das Unternehmen Kunden einen Recycling-Service an, bei dem diese für die umweltgerechte Entsorgung des Materials bezahlen. Dafür wurde eine eigene Logistikstruktur aufgebaut. Zum anderen werden die Faserverbundkunststoffe an weitere Abnehmer verkauft. Derzeit liefert das Startup 98 Prozent der aufbereiteten Granulate ins Ausland. “Für eingehendes Material sind die Hauptmärkte neben Österreich vor allem Deutschland und Italien. Der Materialzufluss ist für uns derzeit jedoch kein Engpass, sodass wir gezielt das für uns passende Material auswählen können”, so der Gründer abschließend.


*Disclaimer: Das Startup-Porträt erscheint in Kooperation mit Austria Wirtschaftsservice (aws)

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